Herr Grund, Ihre Nerven glänzen besonders. Ihnen geht es nicht – und Ihnen, Dr. Schmidt, da ich Sie persönlich schätze, möchte ich das nicht absprechen – um die Wahrhaftigkeit und die Besorgnis, um die politische Moral, Ihnen geht es nur um Machterhalt und nichts anderes,
Herr Dr. Schmidt, Sie haben alles sehr feinsinnig analysiert. Ich habe jetzt nicht die Möglichkeit, alles nachzuprüfen. Das werden Sie mir nachsehen können.
Aber Entschuldigung. Wenn Herr Dr. Schmidt hier einen Mitschnitt aus einer Fernsehaufzeichnung zitiert, die ich gar nicht zitiert habe, dann kann ich das nicht vorher nachprüfen. Ich weiß doch nicht vorher, was er sagt. Ich bin doch kein Prophet.
Herr Dr. Schmidt, bei all Ihrer menschlich nachvollziehbaren hohen Einschätzung, die Sie von sich selber offensichtlich haben, bitte ich Sie, zumindest einmal zu fragen: Glauben Sie denn wirklich, daß alle Journalistinnen und Journalisten, die über diese Pressekonferenz geschrieben haben, von der „taz“ bis hin zur „Bild“-Zeitung unisono berichtet und kommentiert haben, auch über die Stimmung dort, sich irren und Opfer einer gigantischen Verschwörung gewesen sind? Diese Behauptung ist doch abenteuerlich.
Aber, Herr Dr. Schmidt, wenn das alles nicht so gewesen ist, warum hat sich Frau Roth denn hier dafür entschuldigt? Das verstehe ich beim besten Willen nicht.
Da ist sogar dem Kollegen Röder – das habe ich noch in Erinnerung – der Vorwurf gemacht worden, daß er, obwohl Frau Roth gesagt hat, daß es ihr leid täte und sie sich entschuldigt hat, trotzdem noch einmal darauf hingewiesen hat. Ihm ist gesagt worden, das sei unerhört, die Frau entschuldigt sich, bringt die Sache in Ordnung und Herr Röder sagt das noch einmal. Jetzt hat sie alles nicht so gesagt. Ja, was denn nun, Dr. Schmidt? So einfach ist das nun auch nicht. Man wird sich doch nicht für etwas entschuldigen, was man nicht gemacht hat.
Aber ich habe, weil ich persönlich die Entschuldigung akzeptiere, diese Geschichte gar nicht mehr angesprochen.
Nein. Ich rede von heute, Herr Dr. Schmidt. Bei allem Bemühen um Wahrhaftigkeit, das gilt auch für Sie selber. Ich zitiere von heute. Ich habe heute zu diesem Vorfall überhaupt nichts getan und werde es auch nicht tun, weil mit der Bemerkung von Frau Roth für mich die Sache aus der Welt ist. Die ist für mich in Ordnung.
Dann möchte ich gerne dazu Stellung nehmen, was Sie zu den Anfragen gesagt haben. Das war sophistisch, feinsinnig, aber völlig unpolitisch, denn, meine Damen und Herren, Anfragen müssen natürlich dem Geiste nach genau beantwortet werden und nicht der sophistischen Auslegung nach einzelnen Kommatavorschriften. Das ist völlig unpolitisch.
Sie, der in den vergangenen Jahren immer – und das erinnere ich noch gut – für die Abgeordnetenrechte mit Feuer und Schwert eingetreten ist, versuchen nun zu rechtfertigen, daß auf die erste Anfrage gesagt wurde, es gab nur anonyme Hinweise und die seien vom November 1999, und bei der nächsten Anfrage gesagt wurde, nein, es gab nicht nur anonyme, es gab auch konkrete Hinweise, und bei der dritten Anfrage gesagt wurde, es gab konkrete Hinweise und die waren nicht vom November 1999, sondern schon vom März 1998. Dann zu sagen, das ist nun alles in Ordnung, das hat mit politischer Wahrhaftigkeit nichts mehr zu tun. Hier sollte vertuscht werden.
Wenn, lieber Dr. Schmidt, so schwerwiegende Vorwürfe des Mißbrauches einer Arbeitsloseninitiative kommen, einer Arbeitsloseninitiative, die Steuergelder erhält, die vom Arbeitsamt mit unterstützt wird, wo es um Schicksale von Menschen geht...
Wenn es Hinweise gibt, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist, und Sie sagen, aufgrund dieser Hinweise ist ein Brief geschrieben worden, und der Verein gesagt hat, nein, es ist alles in Ordnung, und da hat die Behörde gesagt, prima, ich habe ja gesagt, es ist alles in Ordnung, also ist nichts. Das ist Ihre Art von Prüfung, die Sie von der Behörde verlangen. Das ist ja kümmerlich, Dr. Schmidt. Man muß doch solchen Dingen vernünftig nachgehen.
Wenn es in dem Schreiben von Herrn Pumm nicht nur allgemein heißt, alle Unterlagen seien überstellt worden – und ich bin überzeugt, aber das mag die Prüfung ergeben, da will ich nichts behaupten, was ich nicht weiß,
damit mir nicht etwas vorgehalten wird, daß der Verein auch Berichte über seine Aktivitäten gemacht hat, unter
anderem auch die Demonstrationen –, so bin ich mir ziemlich sicher, daß diese Berichte auch an die Behörde gegangen sind und bereits vor diesem Hinweis – hätte man diese Berichte gelesen – hätten bekannt sein müssen. Das wird die Prüfung ergeben. Das behaupte ich.
Nur, Herr Pumm sagt in dem Schreiben in bezug auf die Buchungsunterlagen, es liegen sämtliche Prüfungsordner vor und in diesen Buchungsordnern befanden sich auch die Rechnungsstellungen gegenüber den Gewerkschaften für in Rechnung gestellte Lebensmittel einschließlich der Empfangsscheine, die bei der Belieferung einzeln aufgeführt wurden. Sie sagen nun, das lag alles vor, aber leider lag es im falschen Ordner, darum konnten wir es nicht wissen. Wie prüfen Sie eigentlich Unterlagen? Wie machen Sie das eigentlich? Ungründlich, oberflächlich, eine Hand wäscht die andere. Das ist Ihre Art der Politik.
(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Unterstel- lungen sind das, nichts anderes! – Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)
Das heißt, es lagen die Unterlagen vor und man sagt kleinlaut, sie lagen vor, wir haben nur nicht reingeguckt. Es lagen Beschwerden vor, und man sagt kleinlaut, ja, wir haben doch nachgefragt, ob alles in Ordnung ist, und das reicht Ihnen, lieber Dr. Schmidt, als parlamentarische Kontrolle der größten Behörde dieser Stadt aus. Was ist eigentlich aus den Grünen geworden? Ein Jammertal ist das.