Protocol of the Session on July 11, 2001

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Schließlich haben die Koalitionspartner für den Renovierungsstau – so möchte ich ihn einmal bezeichnen – bei Bau- und Instandhaltungsvorhaben zusätzlich 2 Millionen DM vereinbart. Das müssen Sie sich einmal am Ende der Legislatur vorstellen. 2 Millionen DM sind nicht irgendwelche Peanuts. Es geht natürlich nicht darum – wie immer wieder vorgeworfen wird –, daß diese 2 Millionen DM jetzt durch 44 Schulen geteilt werden. Da müssen Sie dann vielleicht doch einmal Rechnen lernen, Herr Beuß. Wenn 45 000 DM überbleiben, geht es nicht darum, daß jede Schule 45 000 DM bekommt, um ihr Lehrerzimmer zu streichen – diesen Zynismus kann man uns wirklich nicht unterstellen –,

(Jan Ehlers SPD: Das kann man ja selber machen!)

sondern es geht darum, die schlimmsten Engpässe erst einmal zu beheben.

Mit einem Zusatzantrag hat nun die GAL-Fraktion gemeinsam mit der SPD dafür Sorge getragen, daß sich der Aus

bau der Ganztagsangebote der Schulen in freier Trägerschaft nicht nur auf obligatorische bezieht. Der Kompromiß bedeutet ganz klar, daß das Gesetz kein Nullsummenspiel mehr ist. Die GAL-Fraktion hat einige Punkte aus der Haushaltsneutralität herausnehmen können. Inzwischen hat dann, nachdem Sie das monatelang nicht beantragt haben, eine öffentliche Anhörung im Schulausschuß stattgefunden, und wir begrüßen es ausdrücklich, daß sich die Eltern da engagieren. Nur, lieber Herr Beuß, gegenüber der Expertenanhörung – und das ist dann wiederum scheinheilig – gibt es überhaupt keine neuen Erkenntnisse. Die Anhörung hat fachlich keine neuen Erkenntnisse gebracht.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie verstehen das nicht, weil Sie Wahrnehmungsstörungen haben!)

Für mich war allerdings etwas ganz anderes neu, etwas, was überhaupt nicht im Gesetz zu regeln ist, nämlich, daß es in der Schullandschaft und in der Zusammenarbeit, auch mit der BSJB, eigentlich um Akzeptanz und um das Ernstnehmen von Schulen in freier Trägerschaft geht, daß zum Beispiel Schulen in freier Trägerschaft nicht automatisch wie alle anderen Schulen in die Infopostverteiler der Behörden aufgenommen werden. Schulen in freier Trägerschaft sind nicht im Programm „Schulen ans Netz“. Lehrer und Lehrerinnen – und das fand ich skandalös, das wußte ich vorher auch nicht –, die ihre Videofilme für den Unterricht im Landesmedienzentrum ausleihen, müssen dafür bezahlen. Das sind Dinge, die nicht im Gesetz zu regeln sind, sondern hier geht es um fehlende Akzeptanz, daß Schulen in freier Trägerschaft Teil des öffentlichen Schulwesens sind, und hier besteht Handlungsbedarf, aber kein Gesetzesbedarf.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weiter zur CDU, zu Ihnen, lieber Herr Beuß. Ich wollte auch – ebenso wie Herr Frank – ansprechen, wie ehrlich es mit Ihren Versprechungen ist, mit der 80-Prozent-Förderung. Das muß man wirklich einmal deutlich sagen. Sie wollen mehr für den Straßenbau ausgeben, Sie wollen für die Justiz mehr Stellen, für die staatlichen Schulen mehr Stellen.

(Wolfgang Beuß CDU: Wir können das ja mal bei den Gesamtschulen versuchen!)

Das sind nicht ein paar Millionen DM, sondern Herr Frank hat 1 Milliarde DM geschätzt, ich habe ein paar Hundert Millionen DM ausgerechnet. Das ist unredlich. Und diese Hunderte von Millionen DM werden Sie nicht durch den Verkauf der Landesbank bekommen. Sie springen da auf den Zug auf, und die Finanzierung ist Ihnen anscheinend wurscht.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Opportunist!)

Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes ist für uns das Thema der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft nicht beendet, und zwar nicht aus irgendwelchen wahlkampftaktischen Gründen, sondern weil wir uns schon die ganze Legislatur mit der Frage der Festsetzung der Schülerkostensätze beschäftigt haben. Das ist in jeder Haushaltsausschußberatung und auch in Kleinen Anfragen meinerseits wunderbar nachlesbar. Wir haben in dieser Legislatur mehrfach versucht, für Klarheit zu sorgen. Deshalb werden wir die Frage der Berechnung der Kostensätze für Schülerinnen erneut auf die Tagesordnung bringen. Das Ziel ist dabei, den Schulen in freier Trägerschaft für die baulichen Maßnahmen vergleichbare Kosten zu erstatten, wie sie für die Schülerinnen im staatlichen Schulwesen aufgewendet werden. Wir halten dieses Ziel für bildungspolitisch richtungweisend.

(Günter Frank SPD)

Zum Schluß noch ein kleines Aperçu am Rande,

(Wolfgang Beuß CDU: Was ist das denn?)

was in der Zwischenzeit dazu passiert ist, weil Sie, Herr Beuß, von Sonderungen sprachen. Es gibt eine erfreuliche Nachricht aus dem Bundestag. Im Kontext mit den Beratungen zum Zweiten Gesetz zur Familienförderung haben Bündnis 90/Die Grünen durchgesetzt, daß in Zukunft auch weiterhin 30 Prozent des Schulgeldes steuerlich geltend gemacht werden können.

(Wolfgang Beuß CDU: Wir sind hier nicht im Wahl- kampf!)

Auch das trägt dazu bei, daß das Problem der Sonderung nicht noch weiter erhöht wird.

Meine Damen und Herren! Wir werden dem Kompromiß zustimmen. Das Bewußtsein, daß Schulen in freier Trägerschaft ein Teil des öffentlichen Schulwesens und keine Closed shops und keine Eliteeinheiten sind, ist, glaube ich, im letzten halben Jahr geschaffen worden. Ich denke aber, daß weiterhin noch sehr viel Akzeptanzarbeit notwendig sein wird, um Schulen in freier Trägerschaft tatsächlich materiell besser auszustatten, das heißt, sie als Teil dieses öffentlichen Schulwesens zu begreifen. Wir werden daran arbeiten. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Koppke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wenn ich mir zu Beginn damit möglicherweise nicht so viele Freunde mache,

(Uwe Grund SPD: Das sind Sie ja gewohnt!)

möchte ich trotzdem – zumindest einleitend – für den REGENBOGEN bemerken, daß wir Privatschulen genauso wie auch Privathochschulen nicht für notwendig erachten, weil wir eigentlich davon ausgehen, daß staatliche Bildungssysteme, so auch das deutsche und das hamburgische, in der Lage sein müßten, verschiedene pädagogische Ansätze und so weiter abzudecken.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das ist natürlich ein Wunschdenken, denn die Realität sieht anders aus. Es existieren Schulen in freier Trägerschaft. Sie sind Teil der Vielfalt des Bildungssystems und als solche gewünscht. Sie sind es auch, die sich vielfach durch innovative Konzepte auszeichnen, die im staatlichen System weitaus länger brauchen, um sich durchzusetzen, oder auch an systembedingten Hürden scheitern, die also pädagogische Unterrichtskonzepte ausprobieren und durchaus Anregungen für das staatliche Schulsystem darstellen, und der Staat fördert sie auch finanziell.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Opportunistisch!)

Vor diesem Hintergrund ist unsere Position zu dem SPD/GAL-Antrag auch eindeutig, denn, wenn der Staat – wie es der Fall ist – sich verpflichtet, Schulen in freier Trägerschaft finanziell zu unterstützen, dann muß er sich natürlich auch an die Gesetze halten und diese Schulen angemessen finanzieren.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Insofern ist es natürlich ein Unding, daß Hamburg den Schulen in freier Trägerschaft erst jetzt den Baukostenzuschuß gewährt, es ist aber ein noch größeres Unding, daß Rotgrün damit quasi ein Nullsummenspiel betreibt – und das ist und bleibt es, Frau Goetsch – und die neuerlichen Ausgaben für die Baukosten mit einer Kürzung bei den Lehrergehältern kompensiert.

Wir werden den Antrag ablehnen,

(Thomas Böwer SPD: Oh!)

und wir lehnen auch den darin enthaltenen Kompromißvorschlag ab. Dazu möchte ich noch ein paar Sätze sagen.

Eine besondere Förderung, also eine Erhöhung des Schülerkostensatzes um einen Zuschlag auf die Höhe des Satzes, den auch öffentliche Schulen bekommen, für solche private Schulen, die sich für die Integration behinderter Kinder, die Förderung von Kindern nichtdeutscher Muttersprache oder auch um den Ausbau des Ganztagsangebotes einsetzen, halten wir im Gegensatz zur CDU, die darin immer den Spaltpilz sieht und gesehen hat, für einen richtigen Reformansatz. Aber natürlich müßte der Basisbetrag unterhalb dieses Zuschlages stimmen. Das tut er aber nicht, und insofern ist der Kompromiß für uns auch als unredlich oder faul oder lächerlich einzustufen, weil es um eine Anhebung der Regelfinanzierung unterhalb dieses Zuschusses hätte gehen müssen. Das findet sich in diesem Antrag eben leider nicht.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Frau Senatorin Pape.

Meine Damen und Herren! Wir führen die Debatte über das neue Gesetz zum Privatschulwesen in Hamburg das erste Mal heute hier in der Bürgerschaft. Das hat seinen Grund darin, daß dieses Gesetz bereits im Juli vorigen Jahres der Bürgerschaft überwiesen worden ist. Ich hatte die Präsidentin gebeten, es sofort in den Schulausschuß zu überweisen, damit das Parlament sich sofort damit befassen kann. Wenn man sieht, wie die Debatte gelaufen ist, erweist sich das im nachhinein eher als kein glücklicher Umstand. Man wäre besser beraten gewesen, schon damals das Gesetz in der Bürgerschaft zu debattieren, aber so haben wir heute eine erste Debatte über das Modernisierungsvorhaben zum hamburgischen Privatschulrecht, womit auch den Neuregelungen des Hamburgischen Schulgesetzes von 1997, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sowie den Anregungen des Rechnungshofes nach mehr Gerechtigkeit unter den privaten Schulträgern Rechnung getragen werden soll.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und den Versuch nicht ungenutzt lassen, etwas zur Versachlichung dieser Debatte beizutragen, die in den vergangenen Wochen innerhalb und auch außerhalb des Parlamentes mit sehr viel Emotionen geführt worden ist.

Der Rechnungshof hatte bei seiner Prüfung Regelungen im geltenden Privatschulgesetz moniert, die einzelne Träger nach seiner Auffassung unangemessen begünstigt, nämlich – ich darf sie noch einmal nennen – den Berechnungsmodus für die Beobachtungsstufe und für die Klassen 11 und 12 der Rudolf-Steiner-Schule, die Berechnung des Schülerkostensatzes für Integrationsklassen, das so

(Christa Goetsch GAL)

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genannte Beamtenprivileg und die Anerkennung von 10 Prozent für sogenannte sonstige Lehrertätigkeiten.

Diese Monita des Rechnungshofes wurden vom Senat umgesetzt, aber – und das wird zur Zeit gerne verschwiegen – sie belaufen sich auf ein Fördervolumen von zusammen 6 Millionen DM und wären eigentlich zu Lasten der betroffenen Schulträger gegangen. Es ist in Zeiten der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nicht selbstverständlich, es ist kein Selbstgänger, daß der Senat die nicht eingespart hat, sondern den finanziellen Handlungsspielraum benutzt hat, um neue zusätzliche Akzente zum Wohle der Privatschulen zu setzen. Hierzu hat der Senat der Bürgerschaft nach umfänglichen, ausführlichen Erörterungen mit allen Schulträgern, die dem Gesetzentwurf vorausgegangen sind, im vergangenen August diesen Gesetzentwurf zukommen lassen, in dem das Fördervolumen beibehalten wird und den Schulen neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die möchte ich gerne an dieser Stelle nennen.

Erstens: Soweit private Schulträger Schüler aus sozial schwachen Familien aufnehmen, von denen kein Schulgeld erwartet werden kann oder auch keine nennenswerte Kirchensteuer zu erwarten ist, beteiligt sich der Staat mit einem Betrag von 1200 DM jährlich. Diese Mittel sind nicht gedeckelt, sondern mit jedem Schüler mehr, der dieser Gruppe zugehört, steigt auch entsprechend die Finanzhilfe für die Schulen.