Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen zu unserem Antrag ausdrücklich hervorheben, daß die CDU seinerzeit nach den tödlichen Vorfällen im Jahre 1979 das Verbot vom Alkoholausschank sehr unterstützt hat und nach den tragischen Ereignissen des Spie
les HSV gegen Bayern München im Juni 1979 auch das vom Senat entwickelte Gesamtkonzept mitgetragen hat. Wer, wie ich, damals Zuschauer im Stadion war, konnte im Hinblick auf die Ereignisse zu überhaupt keinem anderen Ergebnis gekommen sein.
Dieses Gesamtkonzept allerdings sah neben dem Alkoholausschankverbot im Stadion weitere sogenannte flankierende Maßnahmen vor. Ich will einige Beispiele geben.
Erstens: Kein Zutritt generell für alkoholisierte Besucher. Zweitens: Keine Mitnahme von alkoholischen Getränken ins Stadion. Drittens: Keine Zulassung von fliegenden Händlern um das Stadion herum.
Dieses Konzept galt für das gesamte Stadion und für alle Veranstaltungen im Stadion. Das war zu der Zeit und auch in den weiteren Folgejahren eine richtige Maßnahme, die wir auch mitgetragen haben.Übrigens hatte auch der Deutsche Fußballbund auf Vorfälle in und um Fußballstadien reagiert und in seinen Bestimmungen zum Lizenzspielerstatut, was diese Dinge regelt, entsprechend festgelegt – ich zitiere –:
„Der Verkauf und die öffentliche Abgabe von alkoholischen Getränken sind vor und während des Spieles innerhalb der Platzanlage untersagt.“
Diese Bestimmung, meine Damen und Herren, galt übrigens bis zum 31. Dezember 1999 ausnahmslos für alle DFB-Vereine und -Spiele.Hier, denke ich, ist es richtig, einzuhalten und festzustellen, daß es eine erste Ungereimtheit gibt.Trotz dieses DFB-Bierverbotes hat der Senat in Kenntnis dieser Bestimmung eine erste Ungleichbehandlung zugelassen und den FC St.Pauli sozusagen die ganzen Jahre für Vollbier konzessioniert, indem er sich über diese DFBBestimmung hinwegsetzte und den HSV insoweit benachteiligt hat.Dies ist, denke ich, doch unverständlich, und man muß feststellen, daß diese ungleiche Behandlung in der Vergangenheit auch ungerecht war, insbesondere auch deswegen, weil der Senat seine Beweggründe dafür nicht im Zeitablauf überprüft hat und auch nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt hat.
Soweit zunächst zur Historie.Nun gilt in der Tat mit Wirkung vom 1. Januar dieses Jahres eine neue DFB-Bestimmung – ich zitiere –:
„Der Verkauf und die öffentliche Abgabe von alkoholischen Getränken sind grundsätzlich untersagt.Mit ausdrücklicher, vom Verein nachzuweisender, Einwilligung der örtlich zuständigen Sicherheitsorgane, unter Einbindung der Polizei, können hiervon je nach örtlichen Gegebenheiten Ausnahmen zugelassen werden.“
Für den FC St. Pauli soll eine Genehmigung der Stadt vorliegen. Seit wann eigentlich und mit welcher Begründung? Das weiß keiner so ganz genau. Das muß man sicherlich noch einmal hinterfragen. Der HSV hat allerdings auf Antrag eine Ablehnung erhalten, und das hat zu den bekannten Irritationen geführt, wobei nach öffentlicher Berichterstattung und Antworten des Senates auf hier im Hause gestellte Anfragen von Abgeordneten als Begründung für diese ungleiche Behandlung primär zwei Argumente genannt worden sind, und zwar erstens: das unterschiedliche Fanverhalten, und zweitens: die unterschiedlichen baulichen Situationen.
Bei der kritischen Überprüfung dieser Argumente, meine Damen und Herren, sind meines Erachtens weitere Ungereimtheiten festzustellen.
Erstens: Zum Fanverhalten. Unstrittig hat Alkohol enthemmende Wirkung auf Menschen ganz allgemein und natürlich auch auf die Zuschauer bei Sportveranstaltungen und dann auch beim Fußball.
Herr Dr. Schmidt, Sie haben völlig recht, aber daß diese Wirkung sozusagen differenziert nach Zugehörigkeit, nicht zur GAL oder CDU, sondern HSV und St. Pauli, also nach Sympathie oder Mitgliedschaft zu einem Verein, sich entfalten soll, das ist nicht belegt und ist für mich auch nicht nachvollziehbar. Ich denke, das ist schlicht falsch.
Wer übrigens regelmäßig, meine Damen und Herren, auch Heimspiele beim FC St. Pauli am Millerntor besucht – auf mich trifft das ja zu –, wird feststellen, daß es durchaus Parallelen in der Entwicklung des Fanverhaltens gibt.Ich meine heute feststellen zu müssen und zu können, daß das Geld, das übrigens gemeinsam durch Senat, Bürgerschaft, den Hamburger Fußballverband und auch den HSV in eine Reihe von Fanprojekten über viele Jahre gesteckt worden ist, zur deutlichen Reduzierung der Gewaltbereitschaft beigetragen hat. Insofern sind das richtige Maßnahmen gewesen. Man muß dann auch nur bereit sein, die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen.
Zweitens: Zur baulichen Situation. Das Volksparkstadion mit rund 40 000 Sitzplätzen und rund 10 000 Stehplätzen ist eines der schönsten und modernsten Stadien Deutschlands.
Zugegeben, die Niedergänge und die Tribünen sind steiler und höher als auf dem Heiligengeistfeld, aber ein Alkoholverbot auf den baulichen Zustand im Vergleich der beiden in Rede stehenden Stadien zurückzuführen, müßte eigentlich zu einem umgekehrten Ergebnis führen, und ich will Ihnen auch sagen, warum.
Das St.-Pauli-Stadion ist baufällig und hat gravierende bauliche Probleme, und dazu möchte ich Ihnen einige Beispiele geben.
Drittens: Daß noch keine Zuschauer aus den Bäumen in der Nordkurve heruntergefallen sind, Herr Dr. Schmidt, wenn sie nach der Halbzeit mit der Bierdose wieder raufgeklettert sind,
(Dr. Martin Schmidt GAL: Zu St. Pauli gehe ich nur einmal im Jahr, nämlich, wenn der „Club“ spielt!)
Viertens: Im gegnerischen Fanbereich sind meines Erachtens doch recht wenig Drängelgitter angebracht, und das
Fünftens:Die seitlichen Niedergänge der Haupttribüne sind bessere Stolpersteine, auch für normale Bürger in Turnschuhen.
Insoweit kann man St. Pauli nur wünschen, daß das neue angedachte Stadion recht bald kommen mag, damit das alte nicht irgendwann gesperrt werden muß, denn das droht sonst in der Tat.
Meine Damen und Herren! Zusätzlich zu diesen beiden Punkten sind weitere ungerechtfertigte Ungleichheiten zu Lasten der Fans des HSV festzustellen.
Erstens: Es gibt leider eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Stadion, und zwar dadurch, daß in den Logen und in den VIP-Bereichen neben Vollbier auch andere alkoholische Getränke und Speisen ausgeschenkt werden. Man möge sich einmal in Erinnerung rufen: Bei einem ausverkauften Spiel sind das rund 2,5 Tonnen Nahrungsmittel, 300 Flaschen Champagner, 600 Flaschen Wein und 18 Hektoliter Bier, Vollbier übrigens, allerdings nur in ausgewählten Bereichen zu Lasten der übrigen Fans im Stadion. Ich denke, das kann es nicht sein. So kann man das nicht stehen lassen. Darüber muß man auch aus solchen Gründen einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren! Der zweite Punkt, der auch sehr kritisch anzumerken ist, ist der, neben den HSV-Spielen gibt es andere Veranstaltungen im Stadion, bei denen Vollbierausschank erfolgt, zum Beispiel bei Spielen der Blue Devils.Wie will man das eigentlich erklären? Wie ist es zum Beispiel bei Musik- und Showveranstaltungen, wie Petry und wie sie alle heißen? Ich kenne mich in dem Metier nicht so gut aus und gehe da auch nicht hin. Ja, warum gelten denn für andere Veranstalter andere Bedingungen, andere Regeln, obwohl sie im selben Stadion durchgeführt werden? Die Niedergänge und die Tribünen haben den gleichen Steilheitsgrad bei einer Veranstaltung der Blue Devils wie beim HSV.Das kann doch nun wirklich keiner mehr verstehen, und deswegen wollen wir das auch ändern.
Aus all diesen Gründen, meine Damen und Herren, hat auch jüngst die Bezirksversammlung Altona, die örtlich zuständig ist, mit großer Mehrheit – übrigens mit dem einstimmigen Votum der SPD-Fraktion – den Bezirksamtsleiter aufgefordert und sich bei ihm dafür eingesetzt, den Vollbierausschank zunächst befristet zu genehmigen, übrigens auch vor dem Hintergrund, daß Tausende anständige HSV-Fans nicht für einzelne Chaoten in Sippenhaft genommen werden können. So darf es in der Tat nicht zu Ende geführt werden.
Meine Damen und Herren! Wenn wir heute den Vollbierausschank im Stadion zunächst befristet genehmigen – ich kann mir vorstellen, daß man das für ein Jahr oder eine Serie gestatten sollte –, dann tun wir das nicht mit einer Verschiebung der Präferenzen „Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit“. Nein, das kommt für uns nicht in Frage. Sicherheit hat weiterhin Priorität vor Wirtschaftlichkeit, aber, Herr Senator Wrocklage, gerade Sie als Innensenator wissen sehr genau, daß es eine absolute Sicherheit nicht gibt. Jedenfalls haben Sie das hier häufig schon vorgetragen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang.
Ich stelle also fest, die Ungleichbehandlung des HSV im Vergleich zum FC St. Pauli ist aus den genannten Gründen
ungerechtfertigt. Sie ist auch ungerecht und muß korrigiert werden. Herr Senator, Sie haben sich in Ihrer Argumentation verrannt. Wenn Sie dem HSV wirklich helfen wollen, dann formulieren Sie doch einen Kriterienkatalog, wie diesem Übel abgeholfen werden kann, statt einfach abzulehnen. Ich denke, in dem Stil und in der Diktion kann man das nicht machen. Es ist nicht zumutbar. Es gibt – ich habe das ausgeführt – in beiden Stadien vertretbare Probleme bei der Sicherheit, die allerdings eine Ungleichbehandlung dieser Art nicht rechtfertigen. Wir vertrauen auf den HSV, angemessen für die Sicherheit zu sorgen, und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, eine befristete Genehmigung des Bierausschanks zu erteilen, die dann auch im Zeitablauf jederzeit überdacht werden muß. – Ich danke Ihnen.