Protokoll der Sitzung vom 29.11.2000

„Sich selbst vergessen sie dabei nie.“

Stimmt auch. Und der Stern-Redakteur Wolfgang Bartels schildert, weshalb in Hamburg nur Karriere macht, wer ein Genosse ist.Ich wiederhole:Der „Stern“ schreibt ganz richtig: Sie verteilen das Geld und die Posten, und damit kommen wir zum Thema, meine Damen und Herren.

Der Machtmißbrauch der ehemaligen Senatorin FischerMenzel durch die Bevorzugung der Stiftung ihres Ehemannes, der Alida-Schmidt-Stiftung, wo er Geschäftsführer ist, führte nicht nur zum Rücktritt der Senatorin Fischer-Menzel, sondern war Anlaß für die CDU, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu fordern.Ich weise hier noch einmal darauf hin, daß es der 39. Untersuchungsausschuß während Ihrer Regierungszeit in dieser Stadt ist. Soweit zu dem Thema Verfehlungen in dieser Stadt.

(Dr.Rolf Lange SPD: Das ist doch nicht von uns be- antragt worden!)

Herr Dr. Lange, irgendwie mißverstehen Sie das Ganze. Ich dachte immer, ein Untersuchungsausschuß soll Mißstände aufdecken, und dieser Untersuchungsausschuß hat auch Mißstände aufgedeckt. Hören Sie nur zu.

(Beifall bei der CDU)

Der Fall von Frau Helgrit Fischer-Menzel sollte mit anderen Filzfällen durch die umfassende Untersuchung der BAGS und ihrer politischen Führung aufgeklärt werden. Das heutige vorliegende Ergebnis des PUA hat ein für uns erschreckendes Bild über den Zustand der Hamburger Verwaltung am Beispiel der BAGS zutage gebracht, wie wir es uns in den schlimmsten Vorstellungen haben nicht träumen lassen.Herr Frank hat hier ja nur einen kurzen Überblick zur Aktenführung und ähnlichem gegeben. Ich darf Ihnen sagen, daß die CDU fast 48 Anfragen zu dem Thema Verwendungsnachweise gestellt hat.Es hat eine Eingabe einer Angestellten der BAGS gegeben, die sich über die Zuwendungssachbearbeitung beschwert hat. All dieses war Thema, und Sie tun heute so, als sei das das alleinige Ergebnis des Untersuchungsausschusses, daß wir zu diesen Ergebnissen gekommen sind.

Dieses ist seit 1988 bekannt. Lesen Sie die Berichte des Rechnungshofes, lesen Sie die Berichte der Innenrevision, die von Bürgermeister Runde als damaligem Sozialsenator selbst eingerichtet worden ist. Wenn die schlichte Beachtung dieser Berichte, die Kritik, die Beanstandungen, die Anregungen und die Verbesserungsvorschläge umgesetzt worden wären, würden wir hier heute nicht stehen müssen und nicht vor diesem Desaster stehen, wie es zur Zeit ist.

(Beifall bei der CDU)

In Ihrer unendlichen Weisheit, meine Damen und Herren, haben Sie von dem Ihnen formal zustehenden Recht, den Ausschußvorsitz zu besetzen, natürlich entgegen allen Warnungen Gebrauch gemacht.

(Ole von Beust CDU: So sind sie!)

Die Befürchtungen durch das Beharren der SPD auf die Besetzung des Ausschußvorsitzes haben sich leider bestätigt.Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ist seiner Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität nicht nachgekommen.

(Beifall bei der CDU – Horst Schmidt SPD: Frech- heit!)

Dies wurde in seiner Verhandlungsführung während der Zeugenvernehmungen, der Obleutegespräche, seiner par

teipolitisch motivierten Prüfaufträge zu CDU-Pressekonferenzen der CDU-Mitglieder im Untersuchungsausschuß, der Unterdrückung...

(Günter Frank SPD: Nur einmal!)

Nur einmal? Das war die erste Pressekonferenz, Herr Frank. Ich muß nicht übertreiben. Das war ausdrückliches Thema. Sie sollten sich erinnern, wie Sie gehandelt haben, und die Mitglieder des Arbeitsstabes haben leidvolle Erfahrungen damit gemacht. –

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

... Unterdrückung von Beweisanträgen sowie der politisch motivierten Zurückhaltung bei der Wahrnehmung der Interessen des Ausschusses gegenüber dem Senat sehr deutlich. Ihre Parteilichkeit zeigte sich auch besonders klar bei der Zeugenvernehmung des Ersten Bürgermeisters. Ein besonders schwerer Mißbrauch der Rolle als Vorsitzender war die Herabwürdigung des Zeugen Meiers in der Öffentlichkeit, nachdem dieser Herrn Runde schriftlich belastet hatte. Sehr merkwürdig, muß ich sagen.

(Günter Frank SPD: Unsinn!)

Sie haben eine Presseerklärung dazu herausgegeben.

Außerdem hat der Vorsitzende die Klärung der Frage, welche Rolle politische Funktions- und Mandatsträger bei der Vergabe und Kontrolle von Zuwendungen gespielt haben, unterdrückt. Es entstand hier deutlich der Eindruck, daß Herr Frank ausschließlich als SPD-Obmann aufgetreten ist und seine Parteigenossen schützen wollte.

(Beifall bei der CDU – Dr. Rolf Lange SPD: Unver- schämt!)

Die Doppelrolle als Vorsitzender und SPD-Obmann hat damit der Erfüllung des Untersuchungsauftrages geschadet.

Aber es geht noch weiter, meine Damen und Herren. Die Rolle Bürgermeister Rundes in der Zeit nach Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Filz“ im Frühjahr 1988 gleicht merkwürdigerweise dem dargestellten Verhalten von Herrn Frank.

Herr Frank, Sie wollten nicht den Filz in der Behörde und die Zuwendungsvergabe untersuchen, sondern Sie wollten CDU-Pressekonferenzpapiere durch den Arbeitsstab und nicht durch Ihre eigenen Mitarbeiter Ihrer Fraktion untersuchen lassen. Dies ist – Gott sei Dank – verhindert worden.

Aber was hat Herr Runde im Februar 1999 gemacht? Der Parlamentarische Untersuchungsausschuß war schon über ein halbes Jahr im Amt.Herr Runde stand, glaube ich, ein oder zwei Wochen vor der Zeugenvernehmung im PUA. Zu diesem Zeitpunkt fanden sich Unterlagen über die CDU in der Senatskanzlei, und mit dieser Dreistigkeit setzt der Bürgermeister Runde die Tradition vorheriger SPD-Bürgermeister in Hamburg nahtlos fort.

Ich darf daran erinnern, Herr Runde – Sie waren immer dabei –, in der Vergangenheit sind bereits Dossiers über den damaligen Landesvorsitzenden der F.D.P., Robert Vogel, und auch des damaligen Oppositionsführers Hartmut Perschau erstellt worden.Das war übrigens – hören Sie gut zu, meine Damen und Herren von der GAL – zu Zeiten der Koalition. So geht man mit Koalitionspartnern um. Jedes Mal befanden sich diese Unterlagen nicht etwa in der Parteizentrale, immer zufällig in der Senatskanzlei. Soweit zur Trennung von Partei und Staat.

Meine Damen und Herren von der GAL, Herr Hackbusch gehört ja nicht mehr zu Ihnen, aber in der BAGS hat sich trotzdem nichts geändert, als Herr Hackbusch noch Koalitionspartner war. Auch dort gab es wertende beziehungsweise abwertende Äußerungen auf Große Anfragen Ihres ehemaligen Fraktionskollegen und damaligen Koalitionspartners Hackbusch. Die Beamten in der BAGS haben auch im vergangenen Jahr noch nicht gelernt, daß sie parteipolitische Zurückhaltung am Arbeitsplatz sicherzustellen haben. Herr Dr. Schmidt, vielleicht wollen Sie deshalb so stark das erweiterte Akteneinsichtsrecht, damit Sie es dann selbst kontrollieren, ob es denn überall so umgesetzt wird.

Die Liste der Verfehlungen und der Verfilzungen ließe sich endlos verlängern. Ich sagte Ihnen schon, daß ich viel gelesen habe.

(Antje Möller GAL: Wovon sprechen Sie? – Petra Brinkmann SPD: Sie erzählen doch viel!)

Ja, es nervt, das kann ich mir vorstellen. Das würde mir auch weh tun.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es langweilig ist, brauchen Sie nicht dazwischenzurufen.Dann üben Sie sich in Geduld, und Sie können ja antworten.

(Beifall bei der CDU)

Aber keine Sorge, ich komme jetzt zu den Konsequenzen, und da wird es richtig interessant. Da können Sie vielleicht tatsächlich noch etwas lernen. Es ist nämlich ganz einfach: Trennen Sie Partei und Staat, denn die Stadt gehört nicht der SPD, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Distanzieren Sie sich als SPD und dort auch auf der Senatsbank von derartigem Fehlverhalten, und erklären Sie hier und heute, daß es derartige Dossiers in den Behörden nicht mehr geben wird.

(Beifall bei der CDU)

Nutzen Sie die vorhandenen Instrumente des Landesrechnungshofs und der Innenrevision. Legen Sie die Berichte nicht weg, meine Damen und Herren von der Senatsbank, sondern lesen Sie sie und setzen Sie sie endlich um. Denn das, was Sie in der Vergangenheit gemacht haben, Frau Senatorin Roth, hätte schon vor zehn Jahren in die Wege geleitet werden müssen. Dann wäre dieses alles nicht passiert.

(Beifall bei der CDU)

Herr Runde, Sie haben 1998 in einem Artikel in der „Zeit“ gesagt, wenn es Filz in Hamburg gibt, dann wären Sie eine geadelte Filzlaus. So wörtlich in der „Zeit“ gebracht. Ich möchte Ihnen einiges dazu sagen.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte dieses gerne am Beispiel Ihrer Vita deutlich machen. Sie sind 1970 als Wissenschaftlicher Angestellter in die Behörde für Arbeit und Soziales eingetreten. 1978 sind Sie Leiter für Heime geworden, 1981 sind Sie Leiter des Amtes SR geworden, 1988 sind Sie Senator der BAGS geworden, 1993 Finanzsenator und 1997 Bürgermeister.

(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Schmidt GAL: Und wann wurde er Bürgermeister?)

Haben Sie ja gerade gehört. Eine erstaunliche Karriere, aber wenn Sie jetzt noch die Parteikarriere daneben legen,

(Antje Blumenthal CDU)

denn das ist ja Filz: 1976 Mitglied des Landesvorstandes, vom November 1978 bis April 1983 stellvertretender Landesvorsitzender und von April 1983 bis Juli 1988 Landesvorsitzender.