Doch, doch, das ist so. Vielleicht nicht in Ihrer Anwesenheit, Herr Grund, weil man weiß, daß Sie auch öffentlich Bedienstete professionell vertreten müssen, aber mir gegenüber hat man da weniger Skrupel. Ein berühmter Politiker – der Name ist mir jetzt entfallen – hat mal einen ganzen Berufsstand als faule Säcke apostrophiert.
(Ole von Beust CDU: Faule Säcke hat Herr Schrö- der gesagt! – Wolfgang Beuß CDU: Das war Herr Schröder!)
Die öffentliche Meinung ist da relativ schnell bei der Hand, und der eine oder andere von uns wird sicher auch die Erfahrung gemacht haben, daß diese Charakterisierung zum Teil durchaus zutrifft. Es gibt derartige Beamte und öffentlich Bedienstete, die man als wenig effizient bezeichnen kann, aber es gibt zum Glück auch öffentlich Bedienstete, die diesem Klischee überhaupt nicht entsprechen.
Das sind sogar mehr. In der Tat, Herr Grund, schön, daß Sie das sagen. Insofern wird jeder von uns, die wir hier im Raum sind, Erfahrungen mit dem öffentlichen Dienst gemacht haben, und zwar mit solchen und mit solchen öffentlich Bediensteten, also mit Faulen und mit solchen, die wirklich sehr viel leisten, sehr engagiert sind und einen guten Job machen.
Unter Fachleuten ist völlig unbestritten, daß es notwendig ist, Leistungsträger zu motivieren. Das bedeutet, ihnen Anerkennung zukommen zu lassen, und das darf und soll sich gerne auch finanziell auswirken.
Das ist ein modernes Personalmanagement, das in der Wirtschaft gang und gäbe ist. Glücklicherweise besteht seit 1997 nach dem Bundesbeamtenrecht die Möglichkeit, dieses auch im öffentlichen Dienst durchzuführen.
Man kann für öffentlich Bedienstete – wenn sie Leistungsträger sind – Prämien auszahlen, auf ein Jahr begrenzte Leistungszulagen gewähren und auch dafür sorgen, daß sie in der jeweiligen Dienstaltersstufe schneller aufsteigen. Das ist für maximal 10 Prozent des betroffenen Personenkreises möglich.
Gegenfinanziert wird dies durch den Umbau der Grundgehaltstabelle, was schon seit einigen Jahren praktiziert wird. Insofern ist beim Bund und bei den Ländern inzwischen auch ein finanzieller Ertrag eingetreten, der für die Gewährung von Leistungsanreizen eingesetzt werden soll; in Hamburg ist dies noch nicht geschehen. Der Senat hat erklärt, er wolle derartige Leistungsanreize bis zum Jahr 2000 einführen. Allerdings ist davon derzeit noch nichts in Sicht.
Der Bund hat finanzielle Leistungsanreize eingeführt. Auch viele Länder wie Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein handeln so. Sie gewähren den öffentlich Bediensteten Zulagen und finanzielle Leistungsanreize, die sich als Leistungsträger qualifiziert haben. In Hamburg ist es derzeit noch nicht der Fall.
Es ist unbestritten, daß dieses Vorgehen auch eine Vielzahl von Problemen mit sich bringt. Die Probleme stecken wie immer im Detail. Man muß eine Leistungsbewertung vornehmen, die im Einzelfall für Vorgesetzte schwierig ist. Denn wenn man dem einen eine Leistungsprämie zukommen lassen will, kann man dies im Umkehrschluß dem anderen nicht gewähren. Hier befinden sich die Vorgesetzten in einer großen Verantwortung.
Gleichwohl ist es die Aufgabe der Politik, diese Probleme zu lösen. Andere Länder haben das schon getan. Wir sind der Auffassung, daß in Hamburg dies schnellstens geschehen muß. Ich bin froh, daß dieses Thema aufgrund der Initiative der GAL an den Innenausschuß überwiesen wird, denn dort können wir das alles erörtern. Wir würden dann gern vom Senat erfahren, warum derartiges in Hamburg noch nicht umgesetzt wurde.
Zum Thema Mobilität, das wir auch in einem Antrag angesprochen haben. Wir stellen fest, daß es immer schwieriger wird, die Durchlässigkeit für Bedienstete von einer Behörde in die andere zu gewährleisten. Bei Lehrern ist das sicherlich ein nicht so großes Problem, denn sie werden in der Regel als solche arbeiten. Aber innerhalb der allgemeinen Verwaltung ist es schon sinnvoll, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer Fachbehörde in die andere und vom Bezirksamt in die Fachbehörde wechseln können und umgekehrt. Das ist sinnvoll, geschieht in den letzten Jahren aber kaum noch.
Durch die Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst ist jede Behörde peinlich darauf bedacht, möglichst keine Bewerberinnen und Bewerber von außen aufnehmen zu müssen, weil jede einzelne Behörde im Rahmen der Haushaltskonsolidierung damit befaßt ist, ihre eigenen Probleme zu lösen. Trotzdem ist das auf Dauer keine Lösung. Die Immobilität im hamburgischen öffentlichen Dienst ist inzwischen so weit fortgeschritten, daß man von Erstarrung reden kann.
Deshalb wollen wir auch dieses Thema im Innenausschuß erörtern. Ich freue mich auf die Diskussion und hoffe, daß in diesem Jahr endlich etwas geschieht und wir zum einen finanzielle Anreize für Leistungsträger bekommen und zum anderen etwas für die Mobilität des öffentlichen Dienstes tun. Denn das sind moderne Personalmanagementinstrumente, die wir dringend brauchen. Ansonsten hinken wir der Wirtschaft hinterher, und das kann sich der öffentliche Dienst in Hamburg am wenigsten erlauben. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal eine Debatte über leistungsbezogene Bezahlung im öffentlichen Dienst mitgemacht habe.
Von daher zeigt allein die Dauer der öffentlichen Debatte, daß wir uns auf einem bemerkenswerten, vielleicht komplexen Terrain bewegen.
Um Ihnen die Komplexität dieses Terrains deutlich zu machen, erlauben Sie mir einige historische Reminiszenzen. Sie reichen mehrere hundert Jahre zurück.
Wie wir alle wissen, wird gemeinhin in jeder Großorganisation und auch in jedem Unternehmen nach Funktionen bezahlt, die als Leitungsverantwortung und Aufgabenbeschreibung verstanden werden. Im öffentlichen Dienst wird aber eigenartigerweise nach Funktion und Dienstalter be
Meine Damen und Herren! Sie können raten. Sie reicht zurück bis in die Zeiten des Absolutismus. Es ist – wenn wir nur Deutschland betrachten – ein Vermächtnis des deutschen Adels im preußischen Heer.
Bekanntermaßen wurde das preußische Heer von seinem Adel geführt. Offiziere waren Adlige, und der Adel war nach seiner eigenen Betrachtung die Elite des Volkes. In sich war er aber bemerkenswerterweise egalitär, nämlich gleich.
Der deutsche Adel hatte die Fiktion, daß nicht kognitive Fähigkeiten, sondern lediglich das Alter die Menschen unterscheidet. Und da das Alter Erfahrung bedeutete, war der jeweilige Kommandeur älter als seine Untergebenen. Es verwundert eigentlich nicht, daß das Anciennitätsprinzip des preußischen Adels aus der preußischen Armee auf das preußische Beamtentum übertragen wurde. Es ist verwunderlich, daß wir dies auch noch nach Hunderten von Jahren haben.
Insofern kam die alte Bundesregierung, als sie beschloß, leistungsbezogene Anreize im öffentlichen Dienst einzuführen, in die Nähe von Revolutionärem. Da dies bei der alten Bundesregierung aber nicht zu vermuten ist, kam sie zumindest in einem ersten Schritt zu einem Systemwechsel. Lassen Sie mich das einfach so sagen.
Es ist relativ verständlich, daß jeder Systemwechsel – wie in diesem Bereich mit jahrhundertelanger Tradition – gewisse Widerstände und Schwierigkeiten aufwirft. Ich komme zunächst zu den Schwierigkeiten.
Der öffentliche Dienst ist heute kein einheitliches Gebilde mehr, sondern eine ziemlich komplexe Organisation. Er erfüllt einerseits hoheitliche Aufgaben bis hin zu beratenden und fürsorgerischen Tätigkeiten einer modernen Sozialstaatsverwaltung. Insofern stellen sich die Fragen, was eigentlich eine bewertbare Leistung ist – das ist sehr unterschiedlich – und ob wir nicht ein sehr differenziertes System brauchen.
Wie schwierig das ist, können wir bereits in der Praxis studieren. Es gibt nämlich ein Land, Herr Vahldieck, das Sie vergessen haben, nämlich Berlin. Ich erlaube mir, Ihnen über das System in Berlin aus einer hervorragenden Veröffentlichung – der „Informationen für Beamtinnen und Beamte“ – zu zitieren, die völlig unverdächtig ist. Die Überschrift lautete:
Mit Ablehnung haben ÖTV, GEW und GdP auf den Beschluß des Berliner Senats reagiert, Leistungsstufen bei der Besoldung einzuführen. Die GdP befürchtet Demotivation und schlechteres Arbeitsklima. Die Polizei müsse intim arbeiten. Es sei unmöglich, einzelne für besondere Leistungen herauszupicken.“
Soweit die GdP. Diese kurze Illustration zeigt vielleicht, daß es schwierig ist, denn das, was die GdP sagt, hat einen harten Kern. Es wäre zweifellos schwierig, einzelne Beamte aus einer Hundertschaft auszuwählen und ihnen eine einmalige Leistungsprämie zu geben. Aber es spricht ausgesprochen nichts gegen eine leistungsbezogene Bezahlung. Es zeigt allerdings, daß wir ein sehr differenziertes
System benötigen, das auf die verschiedenen Bereiche des öffentlichen Dienstes zugeschnitten ist. Nun vielleicht ein Beispiel des Widerstandes.
Wir kommen zur GEW. Die GEW macht folgende Rechnung auf: Wenn man pro Leistungsbeurteilung nur fünf Stunden ansetze, seien in Berlin 400 Arbeitskräfte nötig, um alle Beamtinnen und Beamte zu beurteilen. Diese Argumentation hat zweifellos einen harten Kern. Wenn man nämlich leistungsgerechte Bezahlung einführen will, braucht man ein gutes Beurteilungssystem, jedoch kein Arbeitsbeschaffungsprogramm. Insofern würde ich dieses Zitat aus dem Bereich der GEW unter Widerstand und Verhinderung einordnen.
Es ist zweifellos schwierig, ein solches System nach Hunderten von Jahren einzuführen, aber es gibt einfache Überlegungen, gegen die nichts spricht.
Wenn jemand im öffentlichen Dienst zweimal weit überdurchschnittlich beurteilt wurde, was spricht dagegen, diesen Menschen eine Dienstaltersstufe überspringen zu lassen? – Gar nichts. Es wäre auch kein revolutionärer Vorschlag. Es wäre nur anders, als es bisher war. Jene egalitäre Fiktion, daß das Alter und die Erfahrung Kompetenz erzeugt, würde damit etwas außer Kraft gesetzt. Von daher sind wir in der Pflicht, leistungsgerechte Bezahlung im öffentlichen Dienst durchzusetzen.