Protocol of the Session on April 17, 2002

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(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD – Rolf Kruse CDU: Es kommt alles rechtzeitig!)

Weitere Wortmeldungen zum Bereich Bau- und Stadtentwicklung? – Die gibt es jetzt nicht mehr.

Dann rufe ich den Bereich Verkehr auf. Das Wort wünscht Herr Dose.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der erste Haushalt für die neue Verkehrspolitik ist ein Fehlstart. Die selbst gesteckten Ziele des neuen Senats können so nicht erreicht werden; die angekündigten Maßnahmen sind sogar für diese erklärten Ziele kontraproduktiv.

Nehmen wir Herrn Reinert – der sich gerade geäußert hat – und seine vielen Reden zu dem Bereich Straßenbauunterhaltung. Die meisten von uns werden sich daran erinnern. Nun ist aber festzustellen, dass diese Straßen- und Unterhaltungsmittel ganz überraschend nicht erhöht, sondern drastisch gekürzt worden sind. Diese Fehlentscheidung des Senats wird auch nicht dadurch wieder gutgemacht, dass die Investitionsmittel für die Grundinstandsetzungen von Straßen erhöht werden. Dahinter verbirgt sich keine verkehrspolitische Konzeption, sondern nur ein finanzpolitischer Trick.

(Beifall bei der SPD)

Investitionsmittel können nämlich über Kredite finanziert werden. Aber das bedeutet auch höhere Zinsaufwendungen. Sollen künftig reparaturbedürftige Straßen so lange weiter abgefahren werden, bis der Unterbau kaputt und deshalb eine zeit- und kostenaufwendige Reparatur nicht mehr möglich ist, sondern eine Grundinstandsetzung aus Investitionsmitteln erforderlich wird? Das ist sicherlich nicht im Interesse der Hamburger Autofahrerinnen und Autofahrer.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die dramatische Kürzung der Mittel für den Fahrradverkehr scheint weniger durch eine rationale Verkehrspolitik als durch eine sehr schlechte Stammtischideologie motiviert, die die Radfahrer als rotgrüne Spinner ansieht, die nicht zu fördern, sondern zu bekämpfen seien.

Auch bei der CDU gibt es – wie zum Beispiel Herrn Ploog – aktive Radfahrer. Herr Ploog, Sie haben ein starkes Rad und ich hoffe, dass es in diesem Jahr bei den HEW-Cyclassics nicht nur rote und grüne, sondern vielleicht auch schwarz schillernde Mannschaften von Radlerinnen und Radlern gibt. Das würde ich mir wünschen.

(Jürgen Mehlfeldt CDU)

(Michael Neumann SPD: Das muss ja nicht sein!)

Denn das schafft ein Bewusstsein, um vielleicht eine etwas fahrradfreundlichere Politik des Senats zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegensatz zum Senat haben klügere Köpfe von der Handelskammer und des ADAC schon längst den Zusammenhang zwischen schnellem Wirtschaftsverkehr und der Förderung des Radverkehrs erkannt. Die Förderung des Radverkehrs bedeutet insbesondere auf kürzeren Wegstrecken eine Entlastung der Straßen und dient so der Aufrechterhaltung des notwendigen Wirtschaftsverkehrs.

Der Senat ist zu konstruktiven Entscheidungen bei wichtigen und kurzfristig erforderlichen Maßnahmen nicht in der Lage. Das Hin und Her bei der Ortsumgehung Finkenwerder und die Anbindung des Airbus-Werkes...

(Ekkehard Rumpf FDP: Das dauert ja schon 20 Jahre!)

Dieses momentane Hin und Her ist kaum zu ertragen, Herr Rumpf; das wissen Sie doch auch.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Bernd Reinert CDU: Das dauert! – Michael Neumann SPD: Schlimmer denn je!)

Jeden Tag kann man über neue Entwicklungen in der Zeitung lesen. Wir verfolgen das mit großem Interesse. Es ist ziemlich peinlich, was dort zurzeit abläuft.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein ähnlich schwaches Bild bietet der Senat bei der Verkehrsanbindung der HafenCity. Hier weiß er zwar, was er nicht will, nämlich die Anbindung mittels der Stadtbahn, aber sonst weiß er nichts.

Herr Rumpf, zu Ihrem Argument vom abgehängten Charme: Sie waren schon einmal besser.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sind gespannt, wann sich der Senat hier einmal zu einer Entscheidung durchringen kann. Hoffentlich passiert das vor Fertigstellung der ersten Gebäude. Weil sich der Senat nicht auf konstruktive zukunftsweisende Lösungen verständigen kann, muss er auf die Aufarbeitung der Vergangenheit ausweichen, nach dem Motto: Wo waren wir schon immer mal dagegen?

Beim Zurückdrehen der mehr als zehn Jahre alten Entscheidung zur Stresemannstraße wird der Bürgerwille mit peinlichen Verfahrenstricks ausgehebelt. Beim Grindelhof ist es ähnlich. Ich möchte noch auf die bundesweit sinkende Zahl der Verkehrstoten kommen und muss feststellen, dass ausgerechnet Hamburg mit dieser neuen Verkehrspolitik, unter dem Motto „Ungebremste freie Fahrt für freie Bürger“, einen ganz anderen Trend hat. Dabei muss ich, Frau Weber, noch einmal auf Ihre schöne Rede von gestern zurückkommen. Sie haben da von Blut an den Händen gesprochen. Ich werde diese Replik, die ich jetzt bei der Zahl der Verkehrstoten leicht machen könnte, nicht machen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Wie bei Frau Duden, keine Zwischenfrage.

Es ist so, dass wir das Gemeinsame im Parlament nicht außer Acht lassen sollten. Vielleicht sollten Sie sich noch einmal überlegen, wie Sie das von gestern wieder gutmachen können.

Insgesamt möchte ich sagen, dass die gegenwärtige Verkehrspolitik Hamburgs Zukunftschancen gefährdet. Die Hamburgerinnen und Hamburger haben etwas Besseres verdient, aber sie bekommen es erst in dreieinhalb Jahren. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Reinert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Dose, man könnte Sie aufgrund der Größe Ihrer Tränen in Sachen Ortsumgehung Finkenwerder fast mit einem Krokodil verwechseln. 20 Jahre lang

(Erhard Pumm und Michael Neumann, beide SPD: 44 Jahre!)

haben Sie dieses Thema vermarmelt, nichts ist passiert, und wenn es jetzt bei uns ein paar Wochen dauert, dann regen Sie sich auf.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Zuruf von Uwe Grund SPD)

Diese Koalition wird entscheiden, Herr Grund, und sie wird zügig entscheiden.

(Krista Sager GAL: Hoffentlich auch richtig!)

Nicht jeder wird mit der Entscheidung hinterher glücklich sein, aber wir wissen alle gemeinsam, dass gehandelt werden muss, und bei uns wird dann auch gehandelt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ansonsten ist bemerkenswert, lieber Herr Dose, dass die SPD es immerhin fertig gebracht hat, ihre Alternative zur Verkehrspolitik des Senats in einem Antrag zu formulieren, und der beschränkt sich auf den Fahrradverkehr. Mehr haben Sie in der Tat nicht zu bieten.

(Michael Neumann SPD: Aber Sie fahren doch auch Fahrrad!)

Die Koalition ist angetreten, um Ihre jahrzehntelangen Versäumnisse im Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, in der Modernisierung und in der Substanzerhaltung zu korrigieren. Unser vorrangiges Ziel – so steht es auch im Koalitionsvertrag –

(Erster Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

ist die Verbesserung und Beschleunigung des Verkehrsflusses und die Beseitigung von Verkehrsschikanen in Hamburg.