Protocol of the Session on February 6, 2003

Login to download PDF

ob es den Erfolg gebracht hat und ob die Kosten – ich meine nicht die monetären Kosten – einer so deutlichen Einschränkung gerechtfertigt sind.

Spätestens Ende 2000, ein Jahr nach Verabschiedung des Hamburger Gesetzes, wäre ein Bericht fällig gewesen. Besonders gut wäre es gewesen, das sage ich ganz offen, wenn schon im Sommer 2001 ein solcher Bericht existiert hätte. Aber, ob wir das damals, mitten in einem, wie Sie sich sicher erinnern, sehr aufgeheizten Wahlkampf, hätten sachlich debattieren können, wage ich zu bezweifeln.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Frau Abgeordnete! Mir wird signalisiert, dass Sie schlecht zu verstehen sind. Vielleicht liegt das am Geräuschpegel.

(Rolf Harlinghausen CDU: Oder am Inhalt!)

Herr Harlinghausen, Sie sollten das Thema ernster nehmen und nicht glauben, dass dieser Inhalt so unwichtig wäre, dass das Parlament darüber hinwegquatschen könnte.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit jedem der inzwischen 15 Monate, die seitdem verstrichen sind, hat der Senat die verfassungsmäßigen Rechte auf Unterrichtung und die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments weiter verschleppt. Das muss jetzt ein Ende haben. Deswegen stellen wir diesen Antrag. Wir stellen diesen Antrag auch, damit er hier und heute in diesem Parlament beschlossen wird. Es geht nicht um ein Konzept, das einer langwierigen Beratung in einem Ausschuss bedarf. Es geht hier nicht um ein Gesetz, dessen Folgen wir beraten müssten, zu dem wir eine Anhörung haben müssten, um unseren parlamentarischen Pflichten nachzukommen. Es geht darum, dass ein unstrittig vorhandenes Gesetz in dieser Stadt umgesetzt wird und dass dieser Bericht vorgelegt werden muss.

Ich habe mir aus dem Unterausschuss „Datenschutz“, in dem dieser Bericht in anderer Form zur Diskussion stand, berichten lassen, dass auch dort völlig unstrittig ist, dass es einen solchen Bericht geben muss. Es geht auch nicht darum, dass hier ein von der Opposition ungeliebtes Recht eingefordert wird, sondern es geht darum, dass wir eine Pflicht erfüllen, die im Grundgesetz festgeschrieben wird, und zwar möglicht sofort.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich möchte noch einmal an diejenigen Abgeordneten appellieren, die Anfang dieser Legislaturperiode mit mir in das Kontrollgremium gewählt worden sind. Herr Lüdemann, Sie werden dazu gleich ebenfalls etwas sagen. Sie sind, wie Herr Ehlers aus Ihrer Fraktion, wie Herr Schenk von der Schill-Partei, wie Herr Mahr von der GAL, wie Herr Neumann, wie Herr Christier

(Carsten Lüdemann CDU: Und Sie auch, Frau Drä- ger!)

und ich, Mitglied dieses gewählten Gremiums. Dieses Gremium soll eine parlamentarische Kontrolle in einem hoch sensiblen Bereich gewährleisten. Damit wir das tun können, brauchen wir den Bericht. Nehmen Sie diesen Auftrag, diese Pflicht ernst, ernster jedenfalls als die parteipolitische Scheu, einem Oppositionsantrag auch einmal gleich zuzustimmen. Unser Antrag soll uns sieben Mitglieder in die Lage versetzen, endlich dieser Pflicht nachzu

kommen. Deswegen stimmen Sie zu, heute und hier. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Lüdemann.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sag ja!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gleich vorweg klarstellen, dass es um die akustische Wohnraumüberwachung geht oder, wie immer gerne gesagt wird, den Lauschangriff. Es geht nicht um die Möglichkeit, die wir gerade vor zwei Monaten hier eingeführt haben, für den Bereich des Verfassungsschutzes.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wissen wir!)

Ich glaube, nach zwei Monaten Verfassungsschutz kann man kaum einen Bericht einfordern.

Es geht um eine andere akustische Wohnraumüberwachung. Es ist gut, dass ich hier noch einmal deutlich sagen kann, dass es die akustische Wohnraumüberwachung in Hamburg bereits seit 1991 gibt und sie nicht erst durch den Gesetzentwurf zum Verfassungsschutz eingeführt worden ist.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Das ist bekannt!)

Insofern muss ich Ihnen widersprechen, Frau Dräger, wenn Sie sagen, dass die akustische Wohnraumüberwachung erst 1998 durch die Grundgesetzänderung eingeführt worden ist. Wie erklären Sie sich dann, dass Sie sie bereits 1991 in Hamburg eingeführt haben? Da widersprechen Sie sich. Die Diskussion, die 1998 zur Grundgesetzänderung geführt hat, ging nur um rechtliche Grundlagen, aber nicht um die Einführung an sich. Im Zuge dessen sind auch in Artikel 13 Absatz 6 die so genannten Berichtspflichten eingeführt worden,

(Gesine Dräger SPD: Reden Sie doch mal zum Antrag!)

und zwar für zwei Bereiche: Einmal für den Bereich Polizei – die Polizei darf es zur Vermeidung schwerer Straftaten – und zum anderen für den Bereich der Strafprozessordnung zur Aufklärung schwerer Straftaten; also einmal präventiv, einmal repressiv. So weit, so gut.

(Vizepräsidentin Rose-Felicitas Pauly übernimmt den Vorsitz.)

Frau Dräger hat es schon gesagt, im Juli 2000 gab es in Hamburg das Umsetzungsgesetz, wonach die Berichtspflichten erforderlich sind. Es ist offensichtlich, dass Sie mit Ihrem Antrag nicht die konkreten Zahlen abfragen wollen – das könnten Sie im parlamentarischen Kontrollausschuss tun oder auch durch eine Anfrage –, sondern in Ihrem Antrag geht es darum, zu prüfen oder vorzuführen, dass hier ein angebliches Versäumnis des Senats vorliegt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: So ist es!)

Es ist aber auch die juristische Frage, ob überhaupt ein Versäumnis vorliegt. Muss der Senat auch berichten, wenn keine akustische Wohnraumüberwachung stattgefunden hat? Muss er beispielsweise in einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, DIN A4, auf einem weißen Blatt, berichten, er habe keine Maßnahmen durchgeführt?

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ich finde, Sie kaspern ein bisschen!)

(Gesine Dräger SPD)

A C

B D

Oder könnte er im Umkehrschluss auch sagen, es wurden mehrere hundertausend Wohnungen in Hamburg – ich weiß die konkrete Zahl nicht – nicht belauscht? Wie groß ist denn die Berichtspflicht? Da wir 2001 für das Jahr 2000 keinen Bericht bekommen haben, bin ich davon ausgegangen, dass es in dieser Zeit auch keine Maßnahmen gegeben hat. Das ist meine persönliche Einschätzung gewesen. Was hilft dabei? Man muss sich den Wortlaut des Gesetzes angucken. Für den präventiven Einsatz der Polizei heißt es im Gesetz, dass über die erfolgten Einsätze zu berichten sei. Heißt das, dass kein Bericht zu erstellen ist, wenn keine Einsätze erfolgt sind? Das ist gesetzlich nicht ganz klar geregelt. Bei der Strafverfolgung heißt es, über die durchgeführten Maßnahmen sei zu berichten. Heißt das, wenn keine Maßnahmen durchgeführt wurden, ist nicht zu berichten? Das ist alles nicht ganz klar.

Im Jahr 2001 für das Jahr 2000 hieße dies, es sei ein Fehler des damals noch amtierenden rotgrünen Senats gewesen, dass er gegebenenfalls nicht über das Jahr 2000 berichtet habe, was er hätte machen müssen. Das wäre dann schon ein Fehler des rotgrünen Senats gewesen, den der neue Senat fortgeführt hat. Wir haben uns zwar bemüht, viele Fehler des alten Senats zu korrigieren, aber vielleicht haben wir da etwas übersehen und wir haben diesen Fehler noch nicht korrigiert. Da kommt es aber erst einmal auf die juristische Auslegung an.

Wenn Sie die Zahlen haben wollen, Frau Dräger, brauchen Sie nicht nur den Hamburger Bericht zu nehmen. Wenn es Ihnen wirklich darum geht, dann nehmen Sie den Bericht der Bundesregierung, denn die Hamburger Behörde – jedenfalls im Bereich der Strafverfolgung – muss der Bundesregierung die Fälle melden. Sie können zum Beispiel den Bericht der Bundesregierung für das Jahr 2001 aus dem August 2002 nehmen. Gucken Sie dort in die Tabelle, Hamburg ist da nicht aufgeführt. Daraus muss man schließen, dass es im Jahr 2001 in Hamburg keine akustische Wohnraumüberwachung im Bereich der Strafverfolgung gegeben hat. Es ist nun einmal so. Damit muss man sich auseinander setzen. Das ist eine schwere juristische Frage.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Ich weiß nicht, warum Sie da lachen.

(Ingo Egloff SPD: Wenn Sie das nicht wollen, sagen Sie es doch!)

Nein, Herr Egloff, es hat nichts mit Wollen oder Nichtwollen zu tun. Bei der Auslegung solcher Gesetze hilft immer, was man als Jurist gelernt hat. Man sagt erst einmal, na ja gut, ich weiß jetzt nicht mehr weiter, dann gucken wir uns an, wie es die anderen Bundesländer machen.

Ich habe in den letzten Tagen mit Hilfe meiner Mitarbeiterin in den anderen Bundesländern herumtelefoniert, um zu erfragen, wie es dort mit den Berichtspflichten gehandhabt wird, um zu sehen, ob es ein Versäumnis ist oder nicht. In einigen Ländern ist das Ausführungsgesetz zum Teil noch gar nicht umgesetzt, die können über Berichte gar nicht sprechen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Voran! Voran!)

In Hamburg ist es umgesetzt. Im Übrigen ist die Handhabung auch in den Ländern, in denen es umgesetzt ist, sehr uneinheitlich, sodass sich die Justizministerkonferenz schon damit beschäftigt hat, ein einheitliches Berichtswesen zu erreichen.

Auch in der Kommentierung zum Grundgesetz finden Sie keine Details, wie die Berichte umzusetzen sind, da es ein relativ neues Gesetz ist. Der Datenschutzbeauftragte, Herr Dr. Schrader, liegt ebenfalls mit dem Senat im Streit darüber, wie ein solcher Bericht auszusehen hat. Ein Indiz dafür, dass es sich nicht um ein Versäumnis des Senats handelt, ist allein die Tatsache, dass die Meldeformulare dafür vorhanden sind. Wir streiten uns im Unterausschuss „Datenschutz“, was Inhalt dieser Meldeformulare sein muss. Wenn dann tatsächlich berichtet werden muss, gibt es jedenfalls schon die Formulare. Es ist nicht so, dass die Tatsache, dass gemeldet werden muss, von vornherein nicht vorgesehen ist. Der Datenschutzbeauftragte möchte noch bestimmte Angaben darüber haben, wer Drittbetroffener ist, wie die Maßnahme genauer aussieht und ob es einen Rechtsanspruch für diesen Bericht gibt. Diese Fragen müssen alle noch geklärt werden. Sie sind nicht nur im Unterausschuss „Datenschutz“ aufgetaucht, sondern sind auch mir bei der Quellenexegese für dieses neue Gesetz aufgefallen. Es gibt also viele rechtliche Fragen. Der Bericht selbst kann hier ja gar nicht zur Diskussion stehen, Frau Dräger, da es noch gar keinen Bericht gab. Wie können Sie über den Inhalt der Berichte sprechen?

Ich gehe davon aus, dass es bislang keine meldepflichtigen Fälle gab. Ein Indiz dafür ist allein der Bericht der Bundesregierung, in dem zu sehen ist, dass es zumindest in dem einen Jahr keine akustische Wohnraumüberwachung im Wege der Strafverfolgung gegeben hat. Für das Jahr 2002 kann man es noch nicht sagen, da es viel zu früh ist, schon den Bericht für das Jahr 2002 abzuschließen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist aber schon vorbei!)