Protocol of the Session on March 6, 2003

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(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Ingo Egloff SPD: Wer 26 Prozent hat, soll in Demut gehen!)

Aber es hat doch einen Grund, Herr Egloff, dass Sie jetzt nicht mehr wiedergewählt worden sind. Das müssen Sie schon erkennen!

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich komme zurück zur Diskussion über die Große Anfrage. Ich finde, dass die Antworten auf Ihre Fragen hinreichend gegeben sind. Die Bilanz der Wohnungslosenhilfe meines Hauses kann sich sehen lassen. Hilfen für Wohnungslose bilden einen Schwerpunkt in der Sozialpolitik dieser Stadt. Vor dem Hintergrund Ihrer Anfrage scheint es offensichtlich notwendig zu sein, diese Bereiche auch noch einmal ganz deutlich zu machen. Das will ich hier gerne tun.

Wir haben das Hilfesystem für Wohnungslose in dieser Stadt einer kritischen Prüfung unterzogen.

(Wolf-Dieter Scheurell: Das streitet auch niemand ab!)

Die Behörde für Soziales und Familie wird für Hilfen zur Verhinderung und Überwindung von Obdachlosigkeit in diesem Jahr – es ist vorhin schon einmal gesagt worden – 37,8 Millionen Euro ausgeben

(Petra Brinkmann SPD: Das war immer so!)

und – das dürfte für Sie ein Weg sein, der von lieben, alten Gewohnheiten abweicht – wir stellen dabei die Frage nach der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes dieser Haushaltsmittel.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ihre langjährig gewohnte Praxis sah anders aus. Es wäre schön, wenn Sie sich diesen Tatsachen einmal stellen würden.

In diesem Zusammenhang, Herr Scheurell, finde ich es unglaublich interessant, dass Sie unsere Zusammenarbeit mit den Mietervereinen kritisieren. Sie finden es offensichtlich wirklich gut, dass an der einen oder anderen Stelle zu viel Mietnebenkosten, zu hohe Mieten auf Kosten des Sozialhilfeträgers berechnet werden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Wolf-Dieter Scheurell SPD: Das habe ich nicht gesagt, das lesen Sie im Protokoll nach! Ich wollte eine Kosten-Nutzen- Analyse!)

Dann lesen Sie einmal nach, was Sie gesagt haben.

Im Übrigen: Das Hilfesystem für Wohnungslose und die Hilfen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit in Hamburg waren unter Ihrer Verantwortung eben nicht effektiv organisiert und die Hilfeangebote eben nicht ausreichend miteinander vernetzt.

Ein Satz zum Konzept des Deutschen Städtetages. Manche von Ihnen wissen, dass ich in den Jahren 1986 bis 1994 in diesem Hause als Abgeordnete gesessen habe. Schon damals, nämlich spätestens im Jahre 1988 haben wir hier dieses Konzept diskutiert. Was ist unter Ihrer Verantwortung seither mit diesem Konzept passiert? Nichts.

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

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(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Doris Mandel SPD: Natür- lich!)

Wir sind uns ja in diesem Hause einig, dass großer Handlungsbedarf besteht, um die Lebenssituation und Integration wohnungsloser Menschen in Hamburg grundlegend zu verbessern. Aber SPD und GAL ist es nicht gelungen, die Zahl der obdachlosen, auf der Straße lebenden Menschen und die Zahl der öffentlich untergebrachten Menschen zu verringern. Dies kann nur mit einer umfangreichen Neuorganisation des gesamten Hilfesystems für Wohnungslose gelingen. Dazu müssen sämtliche Strukturen, sämtliche Angebote des bestehenden Systems auf den Prüfstand gestellt werden und deren Effektivität und Effizienz kritisch hinterfragt werden. Was über Jahrzehnte versäumt wurde, wird auch in diesem Fall nicht von heute auf morgen zu richten sein.

(Doris Mandel SPD: Dann kündigen Sie es doch nicht an!)

Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde durch die damalige BAGS geplant, im Rahmen einer einjährigen Modellphase mit wissenschaftlicher Begleitung in einem Bezirk neue Strukturen der Wohnungslosenhilfe zu testen. Die konkreten Planungen zu diesem Modellversuch waren fachlich, Frau Brinkmann, weder ausreichend noch waren sie geeignet, die festgestellten Defizite zu beseitigen und effektive Strukturen zu schaffen.

(Petra Brinkmann SPD: Das müssen Sie ja so sagen!)

Sie warfen fachliche Fragen auf, ohne Antworten auf die bestehenden Probleme im Hilfesystem zu liefern.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Das wussten Sie schon im Februar 2002!)

Bei der Neuorganisation der Wohnungslosenhilfe handelt es sich um ein ehrgeiziges und großes Projekt, dessen erfolgreiche Umsetzung gründliche Planung wie auch eine umfassende Beteiligung und Abstimmung des Konzeptes mit den betroffenen Behörden und Trägern erforderlich macht. Es handelt sich dabei eben nicht um eine modellhafte, sondern um eine fachlich umfassende, flächendeckende, das heißt, sich auf alle Bezirke erstreckende Neustrukturierung. Schwerpunkt wird die Bildung von zentralen Anlaufstellen in allen Bezirken sein. Hilfen sollen aus einer Hand kommen. Die Prävention, die Integration und die Begleitung im Wohnraum sollen verstärkt werden. Aufsuchende Sozialarbeit soll bei drohendem Wohnungsverlust frühzeitiger reagieren und Obdachlosigkeit effektiver verhindert werden können. Wir verkennen dabei nicht, dass eine durchaus beachtliche Anzahl von Menschen auf der Straße lebt, die aufgrund ihrer besonderen Problemlagen eben nicht in Wohnraum zu integrieren ist. Anders als früher wird auch dieses übrigens in unserem Konzept berücksichtigt werden.

Lassen Sie mich noch auf den Anfang der Ausführungen zurückkommen. Die Neuorganisation der Wohnungslosenhilfe in Hamburg ist ein umfassendes Projekt, für das wir uns die notwendige Zeit nehmen müssen. Nur dann können wir die notwendigen Hilfen für die betroffenen Menschen auf der einen Seite und angemessene Kosten für ein funktionierendes Hilfesystem auf der anderen Seite sicherstellen. Für die Hilfsbedürftigen in der Stadt sollten auch Sie, sehr geehrte Abgeordnete der Opposition, sich auf das eingangs erwähnte Motto besinnen: In der Ruhe liegt die Kraft.

(Petra Brinkmann SPD: Nicht in der Stille!)

Sie werden feststellen, dass man damit viel mehr erreicht als mit aufgeregtem Geschrei. Ein gutes Konzept und wirksame Hilfen werden sichergestellt sein.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Kienscherf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, das, was Sie hier geboten haben, war schwach und es war billig. Ich glaube, Sie können künftig nicht immer weiter so fortfahren, dass Sie immer so tun, als ob wir 44 Jahre lang Misswirtschaft betrieben hätten.

(Beifall bei Christian Brandes Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Das können Sie vielleicht zwei, drei Jahre machen, aber irgendwann ist damit Schluss.

(Dr. Michael Freytag CDU: Auf 40 Jahre können wir uns verständigen!)

Es geht auch in diesem Fall um Folgendes und das müssen wir jetzt einmal politisch betrachten: Vor anderthalb Jahren sind Sie angetreten, Konzepte vorzulegen. Es waren nicht die Sozialdemokraten, die das hier eingefordert haben, sondern Sie waren es im Ausschuss, die gesagt haben, Sie würden innerhalb von zwei, drei Monaten ein Konzept vorlegen. Wir warten heute noch immer auf dieses Konzept.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist ein schwieriges Thema. Das wissen wir. Es geht nicht nur um Wohnraum, es geht auch um eine psychologische Hilfe und es geht darum, diese Konzepte auch entsprechend zu diskutieren. Dass wir sie im Sozialausschuss nicht diskutieren können, liegt vielleicht auch daran, dass Sie kaum zugegen sind, denn nur an 10 Prozent der Ausschusssitzungen haben Sie bisher teilgenommen. Das halte ich, ehrlich gesagt, für einen politischen Skandal in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es war ja den Rednern der Regierungsfraktionen deutlich anzumerken, dass es ihnen schon etwas peinlich ist. Herr Schira hat drum herum geredet,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Mir war überhaupt nichts peinlich!)

Herr Schinnenburg hat ja einmal wieder in seiner altbekannten Manier die Bundesebene herangezogen und auch Herr Rutter hat ja so’n büschn rumgedruckst.

„In der Ruhe liegt die Kraft.“ Das ist richtig. Aber diese Menschen erwarten von uns und die Stadt erwartet insbesondere von Ihnen, denn Sie sind an der Regierung und Sie haben versprochen, entsprechende Konzepte vorzulegen, dass Sie endlich Ihren Reden und Ankündigungen Taten folgen lassen. Ich glaube, mit diesem Signal sollten wir hier alle herausgehen und Sie sollten endlich davon lassen, immer und immer wieder auf das alte Thema „44 Jahre“ zurückzukommen. 44 Jahre sind vorbei, seit anderthalb Jahren sind Sie in der Verantwortung und seit anderthalb Jahren haben Sie nichts getan. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Senatorin Birgit Schnieber-Jastram)