"Die Feststellung der Pläne durch Rechtsverordnung des Senats kann nur erfolgen, wenn die örtlich zuständige Bezirksversammlung dem Planentwurf zugestimmt hat."
Es muss also entweder die Bezirksversammlung beschließen oder die Bürgerschaft stellt Bebauungspläne durch Gesetz fest. Das heißt: Nicht der Senat kann evozieren, sondern es bleibt lediglich die Frage, ob die Bezirksversammlung oder die Bürgerschaft entscheidet.
In Bezug auf die Wandsbeker Bürgerbegehren ist jetzt folgender lustiger Fall eingetreten: Dort hat man sich an dem Trick-Verfahren à la Stresemannstraße orientiert. Das heißt, man hat in der Bezirksversammlung eine unechte Zustimmung zu einem Bürgerbegehren produziert, das man nicht will.
Dieselbe Koalition, die in Wandsbek gegenwärtig die Mehrheit hat, kommt aber nun in die Lage, dass ihr vom Senat der B-Plan vorgelegt werden muss, den dieser möchte. Sie muss also einige Wochen später just das Gegenteil von dem beschließen, was sie vorher aus formalen, aus Torpedierungsgründen, beschlossen hat. Mehr kann sich Politik nicht lächerlich machen.
Oder aber Sie müssen vorweg als Koalition hier im Hause sagen, wir ziehen es von vornherein in die Bürgerschaft und machen unsere Wandsbeker von hier aus lächerlich, indem wir sagen, was ihr im Einzelnen alles macht, ist uns als Parlament sowieso völlig wurscht.
Damals haben wir in Verfolgung einer Zusage, die das Parlament dem Investor einstimmig gegeben hat, versucht, die Ehre der Hamburger Bürgerschaft zu retten, gegen Sie, die Sie damals in der Angelegenheit mit dem jüdischen Friedhof versucht haben, populistisch Stimmen zu machen.
Jetzt die Causa Wellinghausen. Im Sommer 2001 gab es in der Bürgerschaft eine einstimmige Beschlussfassung, nach der künftig pro Bürgerbegehren nicht mehr gut 1 Million DM aufgewandt werden sollten, um alle Hamburgerinnen und Hamburger zu benachrichtigen. Darum wurde beschlossen – wiederum einstimmig –, die Initiativen sollen selber Unterschriften sammeln können. Jetzt erklärt Herr Wellinghausen, das, was hier einstimmig per Gesetz verabschiedet worden ist, solle abgeschafft und die Initiativen wehrlos gemacht werden. Das ist ein direkter Versuch zur Abschaffung dieses Verfahrens.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was der Senat von Bürgerbeteiligung hält, hat er in den letzten Tagen deutlich gemacht, nämlich gar nichts. Erst hört man aus der Finanzbehörde, dass kurz nachdem 110 000 Unterschriften gegen den Verkauf des LBK zusammengekommen sind, man sich darum nicht scheren wolle, sondern den Verkauf unter Dach und Fach bringen werde, bevor es zum Volksentscheid kommt.
Jetzt verkündet der Innenstaatsrat, dass er Unterschriften künftig nur noch durch Senatsangestellte in Behörden und Amtsstuben sammeln lassen wolle, wahrscheinlich auch nur während der Öffnungszeiten.
Als Höhepunkt beschließt der Senat ganz formal, dass er künftig noch während der Sammlung von Unterschriften über die Evokation entscheiden wolle und so den Initiativen den Wind aus den Segeln nehmen will.
In der dazugehörigen Erklärung des Senats heißt es dann auch noch, die Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Bürger würden verbessert; das klingt wie Hohn und Spott.
Erst sagen Sie, ihre Meinung interessiert uns nicht, wir werden evozieren, und dann behaupten Sie, man werde die Beteiligung der Bürger verbessern. Ehrlicher ist da schon Ihre Aussage, der Senat schaffe mehr Klarheit bei Bürgerbeteiligungsrechten, denn jeder, dem noch nicht klar war, was Sie von Bürgerbeteiligungsrechten halten, der weiß es jetzt: Sie halten nichts davon.
Der Senat braucht offenbar keine Bürgerbeteiligung. Es stellt sich die Frage, ob Sie eigentlich Bürger brauchen. In anderthalb Jahren hat dieser Senat wohl mehr Bebauungspläne evoziert als der sozialdemokratische Senat in vier Jahrzehnten und dabei ist es der Stadt eigentlich ganz gut gegangen. Sie ist gewachsen wie keine andere deutsche Großstadt und gehört zu einer der reichsten Regionen Europas.
Für die Koalition spielt aber Bürgerbeteiligung keine Rolle und deshalb fragen Sie auch nicht, warum es überhaupt zu der Fülle von Bürgerbegehren gerade gegen die Bauleitplanung in den letzten anderthalb Jahren gekommen ist. Sie haben nämlich der Stadt ein Leitbild von oben verordnet, wie es der Zukunftsrat bezeichnet hat. Es wurde ohne die Mitwirkung der Bürger festgelegt und verkündet und wird vielerorts jetzt gegen sie umgesetzt. Gefragt ist aber der Dialog mit den Bürgern. Ihnen scheint es am Selbstvertrauen zu fehlen, die Menschen für dieses Leitbild begeistern zu können, deswegen verordnen Sie es. Die Zukunft der Stadt kann aber nur tragfähig gestaltet werden, wenn dies gemeinsam mit den Menschen geschieht, die in dieser Stadt leben.
Meine Damen und Herren! Das Handeln des Senats fordert stattdessen auf, ein auf Misstrauen basiertes Protestverhalten an den Tag zu legen. Sie haben Misstrauen gesät; der Bürgermeister hat im Wahlkampf in den Walddörfern versprochen, was dort geschehen wird und was nicht; jetzt geht diese Saat auf.
Der Senat geht mit seinem Beschluss zur Evokation den falschen Weg. Wir wollen aber die Bürgerrechte stärken. Die SPD-Fraktion steht dafür, dass die Bezirksversammlungen künftig zwei Jahre an ihre Beschlüsse gebunden sind und nicht Bürgerbegehren durch Scheinbeschlüsse ausgehebelt werden können, wie es in Wandsbek und Altona geschehen ist.
Was in Wandsbek geschieht, hat Dr. Maier schon dargelegt. Es wird in der weiteren Entwicklung noch recht spannend werden. Wir wollen, dass Schluss ist mit dieser Trickserei. Herr Dr. Maier meinte, der Senat wäre nervös. Mein Eindruck ist vielmehr, dass der Senat Angst vor der politischen Meinungsäußerung der Bürger dieser Stadt hat, Angst davor, dass er reihenweise Abstimmungsniederlagen erleiden wird, weil seine Politik tatsächlich nicht mehrheitsfähig ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Konzept der Wachsenden Stadt ist ein ganz zentrales Element der Politik dieses Senats und der Fraktionen, die ihn tragen. Ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit und Offenheit: Auch weil wir dieses Konzept verfolgen, sind wir gewählt worden.
(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Ingo Egloff SPD: Das ist Ihnen doch hinterher eingefallen! – Michael Neu- mann SPD: Mit 26 Prozent, die Sie bekommen haben! Das ist doch lächerlich!)
Wir sind angetreten, um Hamburg nach vorne zu bringen, und deshalb gilt dieses auch auf diesem Gebiet.
Wir befinden uns gegenwärtig, Herr Egloff, in der Situation, dass versucht wird, mit lokalen und örtlichen Instrumenten, nämlich dem Instrument des Bürgerbegehrens, die Durchsetzung eines Gesamtkonzepts für die Stadt zu verhindern, und dies oft genug aus durchsichtigen Motiven, indem man nämlich sagt, wir sind im Grundsatz für die wachsende Stadt, nur soll sie bitte schön nicht in meiner Nachbarschaft wachsen. Das ist das SanktFlorians-Prinzip, das wir durch entschlossenes Handeln des Senats letzten Endes verhindern werden.
Die Umsetzung des Senatskonzepts findet natürlich in den Bezirken statt. Von daher ist formal das Bürgerbegehren zulässig. Unsere Aufgabe und Aufgabe des Senats ist es aber zu verhindern, dass örtliche Gesichtspunkte oder örtliche Egoismen die Gesamtentwicklung der Stadt beeinträchtigen.
Lieber Herr Dr. Maier, eines hat mich an Ihrer rechtlichen Darstellung doch sehr geärgert, dass Sie hier gesagt haben, der Senat dürfe gar nicht evozieren.
Dass der Senat evozieren darf, hat ein gewisser Senator Dr. Maier in der letzten Wahlperiode in Sachen Holzhafen nachgewiesen.