Ansonsten, Herr Müller-Sönksen, haben wir wieder einmal erlebt, wie Sie mit Ihren Leuten versuchen, hier Legendenbildung aufzubauen, angefangen damit, es würde kein Durchpeitschen dieses Gesetzentwurfs durch das Parlament geben. Als beispielsweise das jetzige Schulgesetz, das noch gilt, eingeführt worden ist, betrug die Beratungszeit zwei Jahre.
Für dieses Gesetz betrug die Beratungszeit zwei Monate. Das sagt im Grunde genommen alles aus über die relative Schnelligkeit, mit der Sie das hier machen wollen.
Eine zweite Legende, mit der ich gleich aufräumen möchte, ist die Protokolllegende. Es ist nämlich konkret so, dass wir uns bis in die Nacht hinein beeilt haben, die Protokolle und auch die Wortprotokolle durchzuarbeiten und weiterzuschicken. Herr Drews, Sie sind derjenige gewesen, das wollen wir klar und deutlich festhalten, der auf diesem Protokoll gesessen und es nicht weitergeleitet hat. So ist es nämlich gewesen.
Eine dritte Legende. Herr Woestmeyer, ich wäre gern dabei gewesen, als Sie mit den Praktikern, den Leuten vor Ort und beispielsweise den Eltern die Auseinandersetzung mit dem Schulgesetzentwurf gesucht haben. An mir ist das komischerweise völlig vorbeigegangen. Ich habe das nirgendwo in dieser Stadt erlebt.
Die nächste Legende, Herr Schinnenburg. Ihre Fraktion und Ihr Senator berufen sich immer wieder auf PISA und dass Sie daraus gelernt hätten. Bei der Anhörung und bei den erziehungswissenschaftlichen Debatten ist klar geworden, dass es keinen einzigen Wissenschaftler gibt – Sie werden auch keinen finden und Sie haben auch keinen gefunden –, der Ihrem Schulgesetzentwurf abnimmt, er sei die richtige Konsequenz aus PISA oder aus LAU.
Sie werfen uns, der GAL und anderen Kritikern vor, ideologisch verblendet zu sein. Das fällt voll auf Sie zurück.
Sie haben in der Tat nichts dazugelernt und all die Leute, die in den früheren Jahren auf uns eingehackt haben, haben nämlich entsprechend angefangen. Sie sind völlig am Zug der Zeit vorbeigelaufen, Ihre Position zu ändern. Sogar die Handwerkskammer in Hamburg,
nicht nur in Baden-Württemberg, hat angefangen, ihre Position zu verändern. Der Bundeselternrat, bisher ein Hort der Dreigliedrigkeit, hat angefangen, seine Position
zu überdenken und sich auch für eine Schule für alle auszusprechen. Selbst der konservative DLH hat sich zum Beispiel von einem entsprechenden Befürworter einer CDU-Position zu einem massiven Kritiker Ihrer Position entwickelt. Das müsste Ihnen doch unheimlich zu denken geben. Aber nein, das nehmen Sie gar nicht zur Kenntnis.
Sie behaupten, die Einführung des Abiturs nach zwölf Jahren hätte etwas mit PISA und LAU zu tun. Das ist lachhaft, das geht um die Internationalität. Das ist wahr. In diesem Punkt sind wir nicht auseinander.
Kommen Sie aber nicht immer wieder damit, das sei eine Konsequenz aus PISA und LAU. Das ist eine Legende, die Sie hier aufbauen.
Sie behaupten, Sie führten mehr Qualität ein, indem Sie die Zensierung jetzt noch früher verbindlich einführen. Wo leben Sie denn? Herr Drews, Sie haben ein so schlichtes Bild von Schule, Sie glauben tatsächlich, wenn die Zensierung früh einsetzt, schaffen Sie damit auch eine Vergleichbarkeit zur Schulleistung. Das ist spätestens durch PISA und die entsprechenden Auslegungen von Herrn Baumert endgültig ins Land der Träume geschickt worden. Das können Sie sich abschminken.
Sie erzählen uns, Sprachförderung und Sprachstandserhebung seien die großen Nummern. In Wirklichkeit ist dieses Thema erst in den letzten fünf Jahren virulent geworden. Wer hat vor fünf Jahren angefangen, daraus Konsequenzen zu ziehen? – Rotgrün.
(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Also haben Sie das schon fünf Jahre unterlassen! – Zurufe von der SPD – Unruhe – Glocke)
Wir haben Professor Reich noch unter Rotgrün mit der Sprachstandserhebung beauftragt. Das ist die Wahrheit und nichts anderes.
Sie täuschen die Öffentlichkeit, indem Sie behaupten, dieser Gesetzentwurf würde zu mehr Chancengleichheit führen. In Wirklichkeit geht es Ihnen nur darum, Elitebildung zu fördern. Das ist der wahre Kern, der dahinter steht.
Sie, insbesondere bei der FDP, glauben allen Ernstes, je weniger Abiturenten, desto besser das Abitur. So ist Ihr Schulgesetzentwurf konstruiert. Deswegen dürfen die Realschüler auch nach Möglichkeit kein Fachabitur mehr
machen. Anstatt sich international anzugucken, wie es ist. Deutschland braucht mehr und besser ausgebildete – mehr, wohlgemerkt – Leute, und Ihr Schulgesetzentwurf ist genau das Gegenteil davon.
Aber ich will Ihnen auch gern etwas Positives bescheinigen. Sie haben in einem Punkt dazugelernt. Es ist Ihnen nämlich nicht gelungen, ein Konzept für eine vernünftige Regelung als Ersatz für die Abschaffung der Lernmittelfreiheit zu schaffen. Daraus haben Sie immerhin die Konsequenz gezogen, dass Sie dieses tatsächlich erst einmal sein lassen wollen. Das ist ein ganz kleiner, aber deutlicher Vorteil. Das haben wir immerhin Herrn Silberbach zu verdanken. Ansonsten bin ich überhaupt nicht mit ihm einverstanden, aber hierfür werden ihm Hamburgs Eltern sicherlich danken.
Sie mussten sich erst einmal von einem NichtBildungspolitiker vorführen lassen, dass das alles Käse ist, was Sie machen wollten, und haben daraufhin diesen Kompromiss hinkriegen müssen.
Ich halte also für die SPD-Fraktion fest: Unser Bildungsgesetzentwurf, unsere Novellierung dieses guten Gesetzes von 1997, das jetzt verbessert werden musste, ist besser. Sie haben nirgendwo einen Punkt finden können, der nicht vom entsprechenden Zeitgeist durchweht ist. Was Sie vorschlagen, fährt die Zukunft der Bildung gegen die Wand. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zeit erlaubt mir nur, auf zwei Punkte einzugehen, die mir wichtig sind.
Erstens: Frau Goetsch, Sie hatten Ihre Rede darauf aufgebaut und gesagt, die Koalition hätte Chancen vertan. Wir können uns über Methoden, über Schulwahl und über Ziele sicherlich streiten, aber der Ausspruch, diese Koalition habe mit dem Schulgesetzentwurf die Chancen vertan, darf nicht aus Ihrem Munde kommen. Ich will jetzt nicht davon sprechen, dass Sie die Verantwortung dafür getragen haben, dass Sie in Ihrer vierjährigen Regierungszeit maßgeblichen Anteil daran hatten, dass Hamburg mit 13 Prozent bei der Anzahl von Schülerinnen und Schülern ohne jeglichen Schulabschluss bundesweit an der Spitze steht.