Protocol of the Session on November 13, 2003

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Jedes Bundesland hat gegenüber der Kunst und allen Kunstschaffenden eine besondere Verantwortung. Unsere SPD-geführten Senate haben es geschafft, Hamburg einen internationalen Ruf als Kunst- und Kulturmetropole zu verschaffen. Dieser gute Ruf ist wegen der schädlichen Kehrtwendung in der Kulturpolitik, die der neue Senat zu verantworten hat, in Gefahr. Es wird der Eindruck erweckt, als ob die Kulturbehörde nur noch eine Untergliederung der Tourismuszentrale geworden sei und die Rentabilität das einzige Kriterium für die Kunstförderung darstelle. Die derzeitige Senatspolitik zerstört nach innen die langsam gewachsenen künstlerischen Infrastrukturen. Sie verspielt nach außen das Ansehen der Stadt bei allen an Kunst interessierten Menschen und sie verhindert insgesamt das Gedeihen der bildenden Künste in unserer Stadt, meine Damen und Herren.

(Elke Thomas CDU: Also, Herr Buss, ein bisschen mehr erwarte ich schon! – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Dann gehen Sie doch mal ins Theater! Dann sehen Sie, was da läuft!)

Dem Verlust an Stil und Verbalität, der in dieser Hamburger Kulturpolitik Einzug gehalten hat, setzen wir Sozialdemokraten eine Haltung der Offenheit und der grundsätzlichen Sympathie für alle Beteiligten der Kulturszene entgegen.

(Martin Woestmeyer FDP: Sympathien beruhen nicht immer auf Gegenseitigkeit!)

Wir von der Hamburger SPD setzen uns für Dialog, für Abbau von Distanz und Misstrauen ein und verstehen uns als der Ansprechpartner, um der Kunst und der Kultur in unserer Stadt den Rücken zu stärken.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ehlers.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Buss, der Untergang des Abendlandes, den Sie beschworen haben, wird nicht stattfinden und der Untergang Hamburgs vor dem Untergang des Abendlandes erst recht nicht.

(Beifall bei Karen Koop, Elke Thomas und Dietrich Wersich, alle CDU)

Im Gegenteil. Ich bin den Damen und Herren der Opposition ausgesprochen dankbar, dass Sie diese Anfrage gestellt haben, denn Sie hatten ja ursprünglich etwas völlig anderes im Sinn. Das bezweckt man als Opposition gelegentlich mit Großen Anfragen. Sie hatten im Sinn, den Senat und insbesondere die Senatorin vorzuführen.

(Zuruf von der SPD: Nie, niemals! – Barbara Du- den SPD: Auf den Gedanken kämen wir gar nicht!)

Das Gegenteil haben Sie mit dieser Anfrage und mit den Antworten erreicht. Darüber sind wir ausgesprochen froh.

Sie fragen, welches kulturpolitische Konzept der Senat hinsichtlich der bildenden Künste hat. Der Senat bekennt sich zu einer kontinuierlichen Förderung und bindet damit auch private Förderung ein. Das ist gut, das ist richtig, das ist wichtig und das ist ein Bekenntnis zur bildenden

Kunst in Hamburg. Auch die private Förderung hat in Hamburg eine lange Tradition. Dieses fortzusetzen, kann doch nicht falsch sein.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Wenn es denn kommt!)

Sie fragen nach den verschiedenen Preisen, die in Hamburg ausgelobt werden: Stipendien, Künstlerhäusern, nach institutioneller Förderung und nach der Projektförderung. Der Senat antwortet mit einer ausführlichen Aufzählung, wie und auf welche Weise in Hamburg Künstler ausgezeichnet und gefördert werden und siehe da, es ist eine Fülle an Preisen und Stipendien, an Künstlerhäusern, an Einrichtungen, an Projekten, die gefördert wird. Es wurde nichts gestrichen, seit Sie die Regierungsverantwortung nicht mehr haben. Es wurde nichts gekürzt. Es läuft alles so weiter, jedenfalls im Moment noch,

(Wilfried Buss SPD: Aha, aha!)

wie Sie es in den letzten Jahren hier betrieben haben. Was beschweren Sie sich eigentlich, wenn es denn so weitergeht? Was wollen Sie denn, Herr Buss?

Sie fragen danach, wer um private Sponsoren wirbt? Der Senat tut das natürlich auch.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Erfolgreich!)

Aber dass Sponsorengelder nicht mehr so sehr fließen wie in Zeiten, als Sie hier regiert haben, da sollten Sie vielleicht einmal fragen, ob das an Ihrem Bundeskanzler in Berlin liegt, dass nicht mehr so gesponsert wird,

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Elke Thomas CDU: Genau!)

weil es nämlich konjunkturelle…

(Zurufe von der SPD: Ach was!)

Ja, schön. Immer, wenn Sie heulen, macht es mir deutlich, dass ich da etwas Richtiges gesagt habe.

(Petra Brinkmann SPD: Wir heulen ja nicht!)

Das hat natürlich etwas mit der konjunkturellen Situation in Deutschland zu tun, dass Sponsoren hier alles andere vorrangig in der Birne haben, als Geld für Sponsoring im Bereich der Kunst auszugeben. Aber gleichwohl bemüht sich der Senat darum. Wir unterstützen gerne die bildenden Künste in der Stadt durch Werbung von privaten Förderungen.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie wollen sich wohl aus der Verantwortung ziehen!)

Aber ist es – ehrlich gesagt und jenseits aller Polemik – nicht auch Aufgabe der Künstler selbst, sich um Sponsoren zu kümmern, für das, was sie tun? Ist es nicht auch ein Indiz dafür, wie sehr die Arbeit eines Künstlers geschätzt wird, wenn es ihm gelingt, für seine Arbeit Sponsoren zu gewinnen? Ich stelle die Frage, weil ich glaube, dass das Gewinnen von Sponsoren in der Tat auch eine Frage der Akzeptanz der Kunst ist, die dafür geliefert wird.

Sie beklagen den bescheidenen Umfang der mit den angesehenen Preisen verbundenen Dotierungen. Der Senat – das haben Sie selber zitiert – legt Wert auf die Hochrangigkeit des Preises selber, auf die Auswahl der Preisträger und auf das Ansehen, das der Künstler durch

die Verleihung eines solchen Preises erfährt. Die Forderung nach höheren Dotierungen dieser Preise halte ich angesichts der Haushaltslage eher für unseriös.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Wenn Sie sagen, Herr Buss, klammheimlich sei die Einstellung des Edwin-Scharff-Preises im Gespräch, dann kann ich nur sagen, wenn das alles so klammheimlich läuft, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie der Letzte sind, der davon erfährt. Dieses hier zu sagen, ist eine blanke Unterstellung.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Man kann es ja mal probieren!)

Aber wir haben erhebliches Engagement in dieser Regierung für Künstler und Künstlergruppen und haben beispielsweise die Unterbringung von Künstlern ins Leben gerufen. Denken Sie an die Künstler der Weidenallee, die mit einem hohen Förderungsbetrag durch die Kulturbehörde in einem staatlichen Gebäude untergebracht sind. Das gilt im Übrigen auch für einzelne Künstler. Ich kann Ihnen das nachher einmal erzählen, wo das stattfindet.

Sie fragen nach dem Stand der Dinge bei der Kunst im öffentlichen Raum. Der Senat sagt, die notwendigen Kürzungen sind zumindest teilweise durch eine Verlagerung auf andere Schwerpunkte aufgefangen. Wo gekürzt wurde, gibt es Alternativen. Wir konzentrieren uns auf Schwerpunkte. Das ist auch notwendig, wenn die Mittel insgesamt nicht mehr so fließen, wie sie ursprünglich geflossen sind. Wir konzentrieren uns angesichts der bescheidenen Haushaltslage auf Schwerpunkte und halten es für angebracht, die Mittel konzentriert einzusetzen, anstatt mit der Gießkanne unkoordiniert Wildwuchs ohne Konzept zu fördern.

(Wilfried Buss SPD: Sie haben doch gar kein Kon- zept!)

Sie fragen nach der Gestaltung des Spielbudenplatzes und befürchten wieder einmal, dass doch wohl auch die Attraktivität für Tourismus eine Rolle spielen könnte. Sie nicken dazu. Manchmal, Herr Buss, habe ich den Eindruck, dass Kunst für Sie nur dann wertvoll ist, wenn sich kein Mensch dafür interessiert. Das ist bei uns in der Tat anders. Auch dieser Aspekt spielt für uns eine Rolle. Wir sind nicht der Meinung, dass Kunst umso wertvoller wird, je esoterischer die Künstler mit ihr selber umgehen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Natürlich gab es Diskussionen im Rahmen der Projekte von Koons und die eine oder andere Meinungsverschiedenheit, nicht nur in Bezug auf das Verfahren. Doch beteiligt – und das ist, was Sie hier bemängeln – wurden die Betroffenen und die an diesem Verfahren zu Beteiligenden. Ich bin heute noch dankbar, dass jetzt ein anderer Prozess für die künftige Gestaltung des Spielbudenplatzes gewählt worden ist, als wir es vorher hatten.

Sie befürchten im Zusammenhang mit der Kunstmeile wieder einmal den Wegfall von Fördermitteln, den Verlust an Attraktivität und die Schließung von Museen. Nein, nein, nein zu allen drei Punkten, antwortet der Senat. Es wird nicht gekürzt. Die Attraktivität der Kunstmeile – die Zahlen belegen das – steigt kontinuierlich und es wird kein Museum geschlossen. Ich muss Sie leider enttäuschen. Auch hier befürchten Sie wieder Anschläge auf das Hamburger Kulturleben. Aber es reicht eben nicht,

mit solchen Unterstellungen zu arbeiten und zu versuchen, Unruhe zu stiften, sondern es zählt, was faktisch der Fall ist, und nichts wird zugemacht.

Damit will ich es denn auch bewenden lassen, weil das, was ich gesagt habe, deutlich macht, wie sehr Sie mit Ihren Anwürfen falsch liegen.

Sie sehen, meine Damen und Herren von der Opposition, um Stand und Perspektiven der bildenden Kunst in Hamburg ist es gut bestellt. Insofern ist uns Ihre Große Anfrage sehr willkommen, denn die Antwort belegt – ich habe es gesagt –, wie falsch und unbegründet Ihre Befürchtungen sind. Aber Eigentore sind uns – wie im Sport – am liebsten, wenn der Gegner sie schießt.