Die aufgezeigten Schwierigkeiten sind nur einige, die zum Niedergang ganzer Stadtteile geführt haben und weitere sind bereits auf dem Wege dahin. Dieses betrifft etwa 25 Prozent aller Hamburger Wohnquartiere. Ich werde einige aufzählen, damit man nicht glaubt, dass es nur sehr wenige sind. Angefangen im Hamburger Süden von Sandbek über Neuwiedenthal, Heimfeld-Nord, dem Phoenix-Viertel in Harburg, Wilhelmsburg, Veddel, Rothenburgsort, Billstedt, Jenfeld, Hamm-Süd, St. Georg, St. Pauli und die Altstadt von Altona. Diese Reihe könnte noch fortgesetzt werden. Die Wohnungsverteilung nach dem Bequemlichkeitsprinzip, das heißt, dort, wo aufgrund eines problematischen Umfelds Wohnungen frei geworden sind, werden weitere Problemfälle aus ganz Hamburg untergebracht, die zu diesen unhaltbaren Zuständen in diesen Stadtteilen geführt haben.
So hat man auch Russlanddeutsche in einigen Wohnquartieren konzentriert untergebracht und wundert sich nun, dass die Integration nicht klappt. Doch damit nicht genug. Diesen besagten Stadtteilen werden dann auch noch zusätzliche Bürgerkriegsflüchtlinge, Asylbewerber und Sozialhilfeempfänger zugewiesen. Ganz nach dem Vermeidungsprinzip: Wenn andere die Probleme haben, haben wir diese wenigstens nicht vor der eigenen Haustür.
Dann werden Stimmen aus den so genannten betuchten Stadtteilen laut, die sich darüber mokieren, dass in diesen benachteiligten Wohnvierteln bis zu 25 Prozent der Schüler keinen Schulabschluss erreichen und weitere 25 Prozent derart schlechte Zensuren haben, dass sie keine Chancen haben, einen Beruf zu erlernen. Da ist es schon beinahe zynisch, wenn in einigen Kreisen behauptet wird, die Vielzahl von Nationalitäten in einigen Stadtteilen sei eine Chance. Die Bewohner dieser Stadtteile sehen das offenbar nicht so, sondern verlassen lieber ihr angestammtes Viertel, als diese Chance zu nutzen. Dennoch bin ich dafür, dass ganz Hamburg die Chance hat, von der multikulturellen Vielfalt zu profitieren.
Auch Blankenese und die Walddörfer sowie andere vergleichbare Stadtteile dürften nicht chancenlos bleiben. Aus diesem Grund müssen die genannten Personengruppen auf alle Hamburger Stadtteile entsprechend der Einwohnerzahlen verteilt werden. Sozialwohnungen und Übergangswohnungseinrichtungen können in jedem Stadtteil errichtet werden. Stadtteile, die jetzt die Last für die ganze Stadt mitzutragen haben, würden durch solche Maßnahmen endlich entlastet werden. Zudem müssten Wohnquartiere, die bislang sozial benachteiligt waren, besonders im Bildungsbereich, stärker gefördert werden.
Auf unsere Initiative hin wurde im Bereich der Sprachförderung bereits damit begonnen. Des Weiteren ist es dringend notwendig, dass in diesen Gebieten Ganztagsschulen eingerichtet werden, denn in vielen sozial schwa
chen Elternhäusern erhalten die Kinder kaum oder gar keine Unterstützung. Bildung ist jedoch die Voraussetzung für Integration und das beste Mittel gegen Fundamentalismus.
nehmen Sie sich dieses Themas an, und zwar nicht nur im Wahlkampf. Wir haben hierzu bereits mit der Drucksache 17/1561 am 15. Oktober 2002 einen entsprechenden Antrag an den Senat gerichtet. Aber leider sind die entscheidenden Punkte des Antrages trotz Zusage bis heute nicht beantwortet worden.
Wissen Sie, es ist folgendermaßen: Bei so einem kritischen Thema wird natürlich erst eine Behördenabsprache notwendig und ich kann mir vorstellen, dass die CDU und die FDP nicht besonders begeistert gewesen sind, einen derartigen Antrag zu bekommen.
Herr Bürgermeister, es reicht nicht aus, nur Bürgermeister der Herzen zu sein, man muss auch das Herz haben, Entscheidungen zu treffen.
Ob es das Kopftuchverbot ist, die Probleme sozial benachteiligter Stadtteile oder das Chaos im Kita-Bereich, eine Schnellschussdrucksache, mit der mal eben 40 Millionen Euro herausgeworfen werden, ist keine Lösung. Wir haben den Mut, uns den Problemen der Bürger in sozial schwachen Stadtteilen anzunehmen.
Ich hoffe daher, dass Sie unserem Antrag zustimmen, denn dieses ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eines ist vollkommen klar. Das kann nur eine einzige Maßnahme sein, viele andere müssen folgen. Aber verstecken Sie sich bitte nicht hinter dem Argument, dass dieser Antrag gegen die Verfassung verstößt. Haben Sie den Mut, diesem Antrag zuzustimmen. Es sollte im Interesse aller sein.
Gerade an die SPD gerichtet möchte ich sagen, wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen werden, werden Sie in diesen Stadtteilen noch weniger Zuspruch finden. Und es reicht bei weitem nicht aus, Frau Duden, und man kann es auch nicht als Politik für Wilhelmsburg bezeichnen, wenn Sie nach Wilhelmsburg kommen und sagen, es könnten Teile des Hafens nach Georgswerder verlagert werden – was eventuell in zwanzig Jahren stattfinden könnte – oder der Erste Bürgermeister wird von dem Kandidaten für die Bürgerschaft nach Wilhelmsburg zum Besuch einer Moschee eingeladen. Das sind natürlich keine Zeichen, die für die Bürger in Wilhelmsburg, die immer noch aushalten und diesen Stadtteil nicht verlassen wollen, motivierend sind.
Haben Sie Mut und vor allen Dingen machen Sie den Menschen in den schwierigen Stadtteilen Hamburgs Mut, dass sie in ihren Stadtteilen bleiben und nicht noch Hamburg verlassen, denn zu einer wachsenden Stadt gehört auch Gerechtigkeit und davon sind wir in diesen Bereichen weit entfernt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Silberbach, das, was Sie hier gezeigt haben, war ja eine völlig neue Variante. Das war sozusagen Opposition in der Regierung.
Das kann man natürlich auch nur machen, wenn man sich ziemlich sicher ist, dass die Zeit – zumindest für Sie – hier in diesem Haus auch bald beendet ist.
Ich bin, das will ich auch noch einmal ausdrücklich sagen, sonst immer für lebhafte parlamentarische Debatten, weil ich finde, dass wir Abgeordnete das verdient haben, dass man merkt, wie unsere Reden ankommen. Bei dieser Debatte bin ich ausgesprochen froh darüber, dass nur so wenige Leute zugehört haben.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Na, dann können wir ja gehen!)
Ja, denn das, was Sie hier gemacht haben, Herr Silberbach, war "Biedermann und die Brandstifter". Das muss man doch noch mal ganz deutlich machen, weil eigentlich das, was Sie hier vortragen wollen, natürlich das Empfinden von Leuten in sozial schwachen Quartieren dieser Stadt ist. Aber Sie haben diese Vorurteile weiter geschürt und haben keinen einzigen Lösungsweg aufgezeigt.
Und das sage ich noch einmal in aller Deutlichkeit: Kein Lösungsweg ist von Ihnen aufgezeigt worden.
Ich stimme mit Ihnen nur in einer einzigen Beurteilung überein, das dürfte Sie nicht überraschen: Der Bürgermeister dieser Regierung hat in der Frage nichts gemacht. Nur, wir waren in der Opposition und Sie waren zumindest bis gestern oder vielleicht bis heute Morgen ein Teil dieser Regierung. Sie hätten es machen und sagen müssen: Hier muss gehandelt werden. Das habe ich von Ihnen außer in Sonntagsreden niemals gehört.
Daher glaube ich, dass das, was hier diskutiert wird, die populistische Verarbeitung eines Themas aller großen Stadtgesellschaften ist. Das ist nicht das WilhelmsburgProblem, das ist nicht das Problem von Jenfeld oder vielen anderen Stadtteilen. Das ist ein Problem, das wir in Europa in allen großen Stadtgesellschaften haben und das zum Teil auch dazu führt, dass es Rechtspopulisten gibt, die von diesen Leuten gewählt werden, weil sie nicht erkennen, dass alles, was sie ihnen erzählen, nicht die Lösung ist, sondern nur noch weitere Vorurteile schürt.
Daher, glaube ich, und das ist in Ihrer Rede heute auch allzu deutlich geworden, ernsthafte Lösungsansätze kann man nicht erkennen. Sie sagen in Ihren Reden immer die gleichen Versatzstücke, so will ich ein Versatzstück meinerseits aufgreifen, was ich auch schon mal gesagt habe:
Es sei denn, wir fordern alle gemeinsam sozialen Wohnungsbau an der Elbchaussee. Dazu bin ich dabei. Aber ich glaube, dazu haben Sie den Mut nicht.
Dann würde man natürlich davon reden können, dass alle Stadtteile gleiche Lasten tragen. Man muss aber auch überlegen, wie wir hier über den Wohnungsbau diskutieren. Wie diskutieren wir hier darüber, dass man immer dann, wenn man Sozialwohnungen baut, glaubt, da drinnen säße ein Problem. Da drinnen sitzen Bürger dieser Stadt.
Und die Antwort auf die Frage, wohin denn mit all denjenigen, die durch Ihr sehr grobmaschiges Netz fallen, die bleiben Sie schuldig. Wohnungsbau hätten Sie in dieser Stadt machen können. Sie hätten in dieser Stadt sozialen Wohnungsbau machen müssen. Das haben Sie zwei Jahre lang nicht getan. Fehlanzeige! Sie hätten dafür sorgen können, dass Mitbewohner auf der Veddel und in Wilhelmsburg keine Parallelgesellschaft bilden, sondern Sprache haben, Beratungsangebote. Was nützen denn den Eltern Ihre vielbeschworenen Sprachtests, wenn sie wissen, dass ihre Kinder Defizite haben, wenn Sie mit den Angeboten nicht herüberkommen?
(Beifall bei der SPD und der GAL – Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das haben Sie doch verschuldet!)
Sie hätten dafür sorgen müssen, dass wir in dieser Stadt Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten machen. Sie hätten zum Beispiel auch eine Antwort für Sprachförderung geben müssen.
Sie hätten dafür sorgen müssen, dass wir das Programm "Soziale Brennpunkte" und das Programm der "Sozialen Stadt" weiterentwickeln. Was haben Sie getan? Sie haben das als ungeliebtes Kind in die Bezirke abgeschoben und haben gehofft, dass es dort irgendwie eingeht.