Und dann, meine Herren, ist die Sache relativ unrund: Warum eigentlich nur in Schulen? Können Sie mir sagen, was in Kindergärten anders ist
und ob es nicht die kleineren Kinder sind, die in einem stärkeren Maße beeinflussbar sind als Schüler, gerade auch ältere Schüler?
Stellen Sie sich einmal vor, es gibt vielleicht auch einmal muslimische Richterinnen. Was wollen Sie dann tun? Es gibt so viele offene Fragen, dass man sich nicht zu genieren braucht, wenn man sagt, dass diese Fragen nicht durchleuchtet sind und wir noch etwas Zeit brauchen, um hier eine Debatte zu führen, die subjektive und möglicherweise und – da habe ich meine Zweifel – auch ob
Im Übrigen scheint mir, dass die Zeit, die Sie für Ihren Gesetzentwurf gewählt haben, Herr Frühauf, gerade nicht geeignet ist, ein solches Thema zu behandeln.
Denn wenn ich bei Ihnen aus einer bestimmten Richtung höre, dass das eine Kampfansage, eine Abgrenzung gegen alles Mögliche – Intoleranz und Teil der Islamisierung – sei, dann kann ich nur sagen: Du lieber Gott!
(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das habe nicht ich gesagt, sondern der Bi- schof!)
Unser Weihbischof – um darauf einzugehen – hat etwas sehr Kluges gesagt: Man sollte dieses Thema ruhig debattieren und klug aufeinander zugehen. Das ist ein sehr guter Rat, den alle beherzigen sollten.
(Beifall bei der SPD, der GAL, der CDU und der FDP – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das haben Sie in der Drogenpolitik auch jahrelang getan!)
Ich meine, dass eine Ausschussüberweisung dem Entwurf außerordentlich gut tun würde, weil man dann in Ruhe versuchen kann, Antworten zu finden und abzuwägen. Das Thema verdient es. Ich glaube, dass es Hamburg gut ansteht, sich gründlich, so objektiv, wie es geht, und klug zu entscheiden.
Soweit zum Kopftuch. Ich freue mich, dass wir in diesem Hause eine Debatte geführt haben, die über das Kommunale hinausgeht. Gestatten Sie mir, da ich an diesem Platz wahrscheinlich nicht mehr zu sehen sein werde, einige persönliche Worte.
(Beifall bei der SPD, der GAL, der CDU, der FDP und bei Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)
nicht nur für mich, sondern auch ein langer Weg Hamburger Politik. Er hat auch zu äußeren Veränderungen geführt. Die meisten werden sich daran kaum erinnern, aber einige wenige schon.
Als ich in dieses Haus kam, konnte man als Dame keine Hose tragen; das war vollkommen ausgeschlossen. Es war das Verdienst von Frau Schuchardt, die dieses Tabu mit einem sehr eleganten Hosenanzug überwandt.
Dann kam im Jahre 1982 die Grüne Alternative Liste dazu. Stricken und Stopfen wurde große Mode und das schwappte – das muss ich zugeben – in meine Fraktion über.
Ich habe den damaligen Präsidenten Peter Schulz einmal gefragt – er duldete dies –, was er sich dabei dachte. Er hat mir gesagt: Weißt du, Elisabeth, ich habe es mir überlegt. Die meisten Abgeordneten lesen ganz ungeniert ihre Zeitungen; dabei kann man nicht zuhören. Beim Stricken kann man es immerhin. Da hat er Recht gehabt.
1986 kam die Frauenliste mit Adrienne Goehler; einige kennen sie in anderer Funktion. Diese Frauen kamen alle in Frack und mit Zylinder. Das fiel auf, es wurde unterschiedlich beurteilt.
Sie hat einen sehr viel provokativeren Stil in unser Parlament gebracht und sie hat vor allem die Volksparteien dazu gezwungen, sich mit Themen intensiv zu beschäftigen, die früher nicht so ganz „in“ waren. Das werden Sie alle zugeben. Ich brauche nur das Wort Umweltschutz zu nennen.
Heute ist es wieder anders. Wir haben mit der Globalisierung zu tun, wir merken, dass es einen Wandel gibt, der uns als Landtag eher ohnmächtig als besonders handlungsfähig erscheinen lässt. Obgleich das ein schleichender Prozess ist, den wir eigentlich schon lange beobachten können, sind die Reaktionen darauf eher mager. Aber das ist kein Grund zum Jammern, man muss versuchen, trotzdem mitzugestalten, obgleich es gelegentlich wehtut. Frust und Jammern – das kann ich Ihnen zum Abschluss sagen – hilft überhaupt niemals. Man muss sehen, dass man die Dinge anpackt.
Natürlich ist es nicht so ganz leicht, aus diesem Haus zu gehen. Aber ich werde mich immer sehr gern an diesen langen Weg erinnern, der mich fast mein halbes Leben begleitet hat. Ich möchte auch sagen, dass ich sehr vielen Menschen in diesem Hause zu großem Dank verpflichtet bin. Alle diejenigen, die uns dienstbar helfen und die am Ende des Jahres meistens von der Präsidentin gelobt werden, haben auch jedem Einzelnen von uns geholfen, seien es die Ratsdiener, Parkplatzwächter, Bewachungspersonal oder sei es auch unsere Küche, die nicht immer so goutiert wird, wie sie es wahrscheinlich gern gehabt hätte. Sie alle haben zu meinem Wohlbefinden beigetragen.
Ich wünsche dem kommenden Parlament ganz viel Gutes. Ich hoffe, dass Sie alle und auch diejenigen, die das nächste Mal Mitglieder der Bürgerschaft werden, die Arbeit mit der gleichen Freude machen, wie ich sie die ganzen Jahre über gemacht habe. Ich habe noch einen kleinen Wunsch: Tun sie das Ganze in einem angemessenen Parlamentsstil.
(Lang anhaltender Beifall bei der SPD, der GAL, der CDU, der FDP und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß, wenn ich nach Frau Kiausch rede, muss ich das Pult wieder nach oben fahren.
Ich glaube, Sie haben dem Parlament einen gewissen Stil aufgedrückt. Man mag nicht immer mit ihm einverstanden gewesen sein, aber ich glaube schon, dass Sie ein Urgestein dieses Hauses sind. Deswegen schicke ich Ihnen
Lassen Sie mich dennoch wieder auf das Thema zurückkommen. Das Urteil, das in Frankreich gefällt worden ist, hat mich darin bestärkt, mich über die Weisheit des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu freuen, die Handlungsebene wieder an die Länder zurückzugeben, damit dort das getan wird, was Frau Kiausch hier angesprochen hat. Es liegt in der Verantwortung eines jeden einzelnen Abgeordneten, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen und sich in Abgrenzung oder auch durch die Einbeziehung anderer Religionen, deren Symbolik und auch – und das dürfen wir nicht vergessen – der dahinter verborgenen Rechtsordnungen zu positionieren. Das gilt auch für unsere eigene Rechtsordnung und eigene Religion. Hier sind wir manchmal ein wenig nachlässig.
Das berührt auch den Umgang mit der kulturellen Vielfalt und der Integrationsmöglichkeit. Das steht nicht im Gegensatz zu unserer Verfassung oder zu unserer Rechtsordnung, wohl aber, wenn indoktrinär und bevormundend mit der Religion umgegangen wird. Da haben wir eine höhere Sensibilität – zumal auch wegen unserer Vergangenheit – an den Tag zu legen.