Protocol of the Session on February 25, 2004

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[Antrag der Fraktion der CDU: Philharmonie auf Kaispeicher A – Drucksache 17/4256 –]

Beide Drucksachen möchte die Ronald-Schill-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Ehlers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Selbstgänger, wie ich hoffe, am Ende dieser Legislaturperiode im kultur- und stadtentwicklungspolitischen Bereich.

Der erste Antrag beschäftigt sich mit der Einrichtung einer Info-Box für die HafenCity. Wir glauben, dass es vernünftig und sinnvoll ist, bei Bauaufgaben der Größenordnung wie hier die HafenCity in Hamburg, eine solche Info-Box vor Ort einzurichten, um sowohl einerseits die Vorstellung der Bürger dafür, was dort geschieht, zu wecken, als auch andererseits Investoren potenziell neugierig zu machen. Die HafenCity muss erfahrbar, erfassbar und erlebbar werden, sozusagen eine HafenCity zum Anfassen. Dabei darf man nicht kleckern, sondern man muss wirklich klotzen. Alles andere wäre lächerlich. Ein ausgedienter Container tut es nicht.

(Beifall bei der CDU und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Daher haben wir gedacht, dass das Vorbild Potsdamer Platz der geeignete Maßstab für ein im internationalen Geschäft spielendes Hamburg ist. Diese Info-Box muss mit Modellen, Filmen, interaktiven Videoinstallationen und Ausstellungen gefüllt werden. Alles, was dort die Fantasie hergibt, ist erlaubt. Es sind keine Grenzen gesetzt. Ich denke, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist und wir sollten das miteinander durchführen.

Der zweite Antrag beschäftigt sich mit dem Kaispeicher A. Er ist auf so breit angelegte Zustimmung in diesem Hause gestoßen, dass eigentlich darüber gar nicht mehr geredet werden muss. Das kann eigentlich nur noch zerredet werden. Wir alle in diesem Hause wollen es, aber ich bleibe dabei, dass es sauber finanziert werden muss. Zu dieser sauberen Finanzierung wünsche ich der Bürgerschaft und dem Senat viel Erfolg.

Eine Bürgerschaft – am Aschermittwoch ist alles vorbei – ohne Karl-Heinz Ehlers hat es lange nicht gegeben. 34 Jahre lang nicht, das ist mehr als mein halbes Leben und erlauben Sie mir, dass ich aus diesem Grunde ein paar persönliche Worte sage und sie mit drei Wünschen verbinde.

Eigentlich wäre die Karriere – wenn es denn eine war – in diesem Hause schon bei Beginn zu Ende gewesen. Im März 1970, als nämlich ein langhaariger junger Mann unten im Rathaus Einlass begehrte, wollten die Ordner ihn nicht hineinlassen. Das bedurfte einer mühsamen Erklärung, dass ich hier Abgeordneter sei und Zutritt hätte, denn einen Ausweis hatten wir noch nicht. Es war sehr mühsam, den Wählerwillen gegen den Willen der Ratsdiener durchzusetzen.

In der ersten Sitzung, während einer Rede des legendären Bürgermeisters Professor Weichmann, wagte ich als junger Abgeordneter einen Zwischenruf und diese Situation werde ich nie vergessen. Herr Weichmann nahm seine Brille ab, fixierte mich und sagte: „Wissen Sie was, junger Mann, wenn Sie mir hier dazwischen reden wollen, dann müssen Sie noch viel lernen.“ Zack, hatte ich einen weg und anschließend griff mich Jürgen Echternach, unser Fraktionsvorsitzender, und sagte: „Wenn Du nicht aufhörst, an das Denkmal Weichmann zu pinkeln, dann bekommst Du hier noch richtig Ärger.“ Das war damals schon Gotteslästerung, einen Zwischenruf zu machen, wenn der Bürgermeister sprach. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Sitten inzwischen nur positiv geändert haben.

(Beifall bei der CDU – Barbara Duden SPD: Der Bürgermeister redet ja nicht mehr!)

Das tut er schon noch. Aber es ist schon in Ordnung, wir haben ja Wahlkampf.

(Beifall bei Rolf Kruse CDU)

Parallel zur Berufsaufnahme und zur Gründung einer Familie bin ich in dieses Parlament gekommen und daran schließt sich mein erster Wunsch an. Ich glaube, dass ich beurteilen kann, Frau Duden, wie schwierig, aber auch befriedigend das ist, Beruf und Parlament nebeneinander auszuüben. Daher ist meine herzliche Bitte an Sie: Erhalten Sie dieses Nebeneinander von Beruf und Mandat. Es ist zu leisten und es ist richtig.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Erlauben Sie mir auch einen Zweifel daran, ob wir uns mit der Einführung von Wahlkreisen nicht in eine Richtung bewegen, die der Auflösung dieser Verbindung von Beruf und Mandat Vorschub leistet. Noch einmal mein Wunsch, erhalten Sie das parlamentarische Nebenamt – in Anführungszeichen.

Mein zweiter Wunsch ist an Sie alle gerichtet, dass Sie in diesem neuen Parlament vernünftige, parlamentarische und solide Mehrheiten haben mögen. Die Verhältnisse, die ich mir wünsche, sind kein Geheimnis, aber es mögen vernünftige und solide Mehrheiten in diesem Parlament sein.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Das kann ich nach der letzten Runde ver- stehen!)

Als Drittes wünsche ich uns allen: Nie wieder ein Parlament, dass sich unter derartigen Umständen auflöst wie dieses.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der GAL, der FDP und vereinzelt bei der Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive)

Das betrifft sowohl den Anlass der Auflösung als auch die Umstände, unter denen sich die Auflösung in der letzten Sitzung und auch während dieser momentan vollzieht. Ich glaube, das war keine besonders würdige Veranstaltung, die wir hier alle miteinander abgeliefert haben.

Ich sage zum Schluss: Dank an Sie alle und an die vielen Menschen, denen ich als Abgeordneter begegnen durfte. Sie haben mein Leben bereichert. Nicht alle Begegnungen waren positiv. Es gab auch parteiübergreifend, vor allen Dingen in der etwas ferneren Vergangenheit, sehr viele Enttäuschungen. Ich entschuldige mich für viele

Verletzungen, die ich vielleicht zugefügt habe. Das geschah unabsichtlich, aber es ist wohl in nennenswertem Umfange geschehen. Es tut mir Leid.

(Beifall bei Dr. Ingrid Stöckl SPD)

„Warum hast du dir das angetan?“ ist eine typische Journalistenfrage, die einem jetzt nach 34 Jahren Parlament gestellt wird. Diese Frage ist falsch gestellt. Einem Politiker dürfen Sie diese Frage nicht stellen, weil er sich nichts angetan hat.

(Beifall bei Rolf Kruse CDU und bei Dr. Willfried Maier GAL)

Ich habe das für eine Sache getan, von der ich glaube, dass sie jede Mühe lohnt, nämlich für die Demokratie und für die freiheitliche Gesellschaft. Für eine Gesellschaft, der ich persönlich alles verdanke und von der ich glaube, dass ich ihr etwas schuldig bin. Sicherlich habe ich nicht alles richtig gesehen, und gemacht schon gar nicht, aber es wenigstens versucht zu haben, befriedigt mich tief. Machen Sie es alle gut, so oder so, man sieht sich.

(Langanhaltender Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Ehlers. Herr Dr. Christier.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts des Antrages kann man ja nur eines tun, nämlich den Hut ziehen, denn so macht man das ja wohl, wenn man guten alten Bekannten begegnet. Und bei diesem Antrag handelt es sich um einen guten alten Bekannten, zweifelsfrei, denn wir haben ihn ja nahezu identisch schon im letzten Herbst beschlossen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz)

Aber wenn es denn der Antragsteller so wünscht und weil diese Debatte so nett angefangen hat, sei's drum. Also noch einmal zu Protokoll und mit Betonung: Jawohl, lieber zukünftiger Senat, wer immer dir angehört, komme in die Hufe, setze dich mit den Investoren zusammen, schaffe die Voraussetzungen für dieses wunderbare Projekt. Die Argumente sind klar, der Wille der Bürgerschaft ist klar, die Stimmung in der Stadt ist klar. Jetzt muss man nur das Allerleichteste mit dem Allerschwersten verbinden, man muss es machen. Wir wollen, dass es gemacht wird.

(Beifall bei der SPD, der GAL, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es geht mir wie einigen Kolleginnen und Kollegen auch. Ich stehe heute zum letzten Mal an diesem Rednerpult. Weil das so ist und weil ich hier keineswegs mit dem Verzweiflungsschrei „Hilfe, ich bin ein Politiker, holt mich hier raus!“ ausscheide, bitte ich um Nachsicht für ebenfalls einige wenige persönliche Bemerkungen. Ehrfürchtige 34 Jahre, wie meine geschätzte Kollegin, Frau Kiausch, oder Sie, Herr Ehlers, habe ich nicht zustande gebracht, aber auch 22 Jahre sind eine lange Wegstrecke.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Als ich 1982 anfing, war Helmut Schmidt noch Bundeskanzler und – man glaubt es kaum, es ist wie eine Botschaft aus einem anderen Leben – der HSV war gerade Deutscher Meister geworden. Ja, das ist etwas aus den

Geschichtsbüchern. 1982 wurde ich als Parlaments-Azubi dann gleich in den Eingabenausschuss gesteckt, mit der Begründung, „da musst du erst einmal die Verwaltung kennen lernen“. Da bin ich dann elf Jahre geblieben. Da sehen Sie, wie lange es dauert, die Hamburger Verwaltung kennen zu lernen.

(Beifall bei der SPD, der GAL, der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Aber ich habe das aus Überzeugung getan und möchte auch die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, für die Kolleginnen und Kollegen gerade des Eingabenausschusses eine Lanze zu brechen. Sie sind selten in der Öffentlichkeit, machen aber eine verdienstvolle, sehr schöne Arbeit. Das liegt mir wirklich am Herzen, sie wieder ins Licht zu stellen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive, der FDP und der Ronald- Schill-Fraktion)

Dann wird es manchen vielleicht überraschen, aber ich empfinde es eigentlich als durchaus angenehmen Zufall, dass wir beide, Herr Ehlers, uns in dieser letzten Debatte noch einmal begegnen. Immerhin waren wir fast anderthalb Jahrzehnte in Sprecherfunktionen aneinandergekettet, im Parlamentarischen Kontrollausschuss, sechs Jahre im Innenausschuss, kurzfristig beim Untersuchungsausschuss, jetzt zweieinhalb Jahre in der Kultur. Ich glaube, wir waren eher selten einer Meinung, wenn ich das so vornehm ausdrücken darf. Aber vielleicht ist es deswegen oder gerade trotzdem, dass ich glaube, dass das vielleicht nicht die schlechtesten Wortgefechte waren,

(Dr. Michael Freytag CDU: Und nie langweilig!)

hart, aber klar an der Sache. Vor allen Dingen habe ich als größten Vorteil geschätzt, dass man immer wusste, was man voneinander zu halten hat. Ich glaube, diese Form der Klarheit ist nicht der schlechteste Teil des Parlamentarismus.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Über uns allen schwebt ja nicht nur die Überschrift des Rathauses, sondern auch der schöne Satz „suchet der Stadt Bestes“, wenn Sie so wollen, ein regionalisierter kategorischer Imperativ, sozusagen Kant für die Waterkant.

(Heiterkeit im Hause – Beifall bei Rolf Kruse CDU)