[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Vermögen für nachfolgende Generationen sichern - das beste Verfahren einer Schuldengrenze finden! - Drs. 18/6393 -]
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Welcher Staat macht die beste Bildungs- und Sozialpolitik? - Ein schuldenfreier. Welcher Staat hat auch in Krisenzeiten die höchste Kompetenz für eine wirkungsvolle Wirtschaftspolitik? - Ebenfalls ein schuldenfreier. Lassen Sie uns einmal zusammenfassen. Welcher Staat ist eigentlich zukunftsfähig? Wie muss ein Staat sein, damit er für die nächsten Generationen Chancen bereithält?
Da Sie mich aufgefordert haben, philosophisch zu werden, nenne ich ein Zitat, das unterschiedlichen Leuten zugeordnet wird,
"Wir machen heute den ersten Schritt und Sie wissen, auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt."
- Danke Frau Dr. Schaal. Ich danke für diese Zustimmung. Das ist nicht ganz so häufig zwischen uns beiden.
Stellen wir uns einmal vor, wir hätten heute 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung. Es sollte den Verteilungspolitikern leichtfallen, sich etwas auszudenken, was man damit machen könnte. Aber wir wissen, dass es sehr, sehr viele Dinge in dieser Stadt gibt, die wir alle sehr gerne tun würden und die wir uns zurzeit nicht leisten können. 1 Milliarde Euro mehr nicht dadurch, dass wir etwa die Steuern erhöht hätten, auch nicht dadurch, dass wir Mehreinnahmen hätten, die aber konjunkturellen Schwankungen unterliegen, sondern strukturell 1 Milliarde mehr. Das ist genau die 1 Milliarde Euro, Sie wissen es, die wir jährlich an Zinsen zahlen. Das ist ein hoher Preis für die Lustbarkeiten der Vergangenheit.
Von dieser 1 Milliarde Euro Zinsen müssen wir herunter. Das ist der erwähnte lange, lange Weg, den wir natürlich möglichst zeitig beginnen müssen. Was den Zeitpunkt angeht - auch darauf möchte ich Sie hinweisen -, eine solche Strapaze sollte man sich in einer guten Phase auferlegen. Wir sind in einer guten Phase. In dieser guten Phase wollen wir konkret entscheiden, wie wir den Haushalt dauerhaft konsolidieren.
Wem kann man als Ratgeber folgen? Sicherlich nicht Ihnen, aber vielleicht dem Rechnungshof. Den erwähne ich natürlich deswegen, weil er immer der Freund der Opposition ist, in dem Sinne, weil er eine Quelle von Anregungen darstellt, wie man die Regierung zu Recht malträtieren könnte. Der Rechnungshof hat am 7. Februar 2007 in der Pressekonferenz zum Jahresbericht gesagt - das ist ein Zitat, deshalb lese ich es vor -
"Vor dem Hintergrund dieser langjährigen und strukturellen negativen Entwicklung der öffentlichen Haushalte haben wir 2004 im Verbund mit allen anderen deutschen Rechnungshöfen die Einführung einer bundesweiten verfassungsrechtlichen Schuldengrenze mit mehr Biss gefordert: Verschuldung nur noch in besonderen Ausnahmelagen und nur mit gleichzeitigem Tilgungsplan."
Genau das beantragt heute die CDU. Wir tun dies nicht auf verfassungsrechtlicher Ebene - da müssten Sie auch mitwirken -, wir tun es da, wo wir dies sicherstellen können, wie wir das immer in unserer Politik machen, dass wir heute das tun, was wir heute tun können.
Der Rechnungshof sagt weiter - Sie werden merken, dass ich vollständig zitiere, Sie können gern nachsuchen, darin steht eine nette Bemerkung über Sie, mehr aber auch nicht -:
"… Anträge vorliegen, die den dauerhaften Ausstieg Hamburgs aus der Verschuldungsspirale zum Ziel haben: Einer von ihnen will auch den Zeitpunkt gesetzlich festlegen. Wie vor einem Jahr von uns empfohlen, sollen ab 2013 grundsätzlich keine neuen Kredite aufgenommen werden."
Dieser eine Antrag ist unser. Nun mag es sein, dass man gleiche Zielvorstellungen hat. Nur, was ist ein Ziel? Ein wesentliches Kriterium ist, dass ein Ziel messbar sein muss, und zwar in Zeit und in Volumen. Wenn Sie nur angeben, wo Sie hin wollen, aber nicht sagen, wann, dann ist es kein Ziel, sondern eine Vision. Damit kommt man nicht weit. Sie müssen in die Umsetzung gehen. Das tun wir. Darum sagen wir, wo wir hin wollen - nämlich zum Stopp der Neuverschuldung -, und wir sagen Ihnen auch, wann. Das hat nämlich Rückwirkung auf das Heute. Wenn Sie 2013 dort ankommen wollen, dann reicht es nicht, 50 Millionen Euro jährlich zu tilgen, sondern wir müssen mindestens 100 Millionen Euro tilgen. Das wissen wir. Das geschieht zu der Zeit, in der wir regieren, das heißt, wir begrenzen uns selbst. Auch das zeigt die Ernsthaftigkeit.
(Ingo Egloff SPD: Das werden wir noch sehen! - Dr. Willfried Maier GAL: Ernsthaft wissen Sie das nicht!)
- Ja, das wissen Sie. Das mögen Sie nicht. Deswegen kommen wir zu Ihrem Antrag, dem gemeinschaftlichen mit der GAL. Was wollen Sie eigentlich? Geht es Ihnen wirklich um Zielerreichung? Was wollen Sie heute beschließen? Sie wollen eine Änderung der Landeshaushaltsordnung. Aber dann sagen Sie auch, dass Sie sie nicht wollen, weil Sie erst einmal von der Finanzbehörde hören wollen, ob es geht und zu wann man es machen könnte. Nun können Sie nicht sagen, wir hätten über dieses Thema nicht ausführlich beraten. Dieses Thema steht mindestens seit der letzten Aufstellung des Haushalts im Raum. Wir haben im Haushaltsausschuss eine Anhörung gehabt. Gestern kommen Sie mit diesem Papier und sagen, wir wüssten gern noch einmal, wie es geht.
Die Finanzbehörde ist immer bereit, auch in kleinen Klassen Nachhilfeunterricht zu erteilen. Aber das Parlament sollte sich davon nicht aufhalten lassen. Das Schweizer Modell, das Sie erwähnen, ist akademisch interessant. Sie sagen, das wäre gut, sagen aber auch gleich, es geht nur leider jetzt nicht, wir brauchen bundesrechtliche Rahmenrichtlinien, es muss sich erst einmal etwas auf Bundesebene verändern. Dann sagen Sie, die Opposition, der Senat möge doch einmal gucken, ob man so etwas im Bund erreichen könnte. Ist das nicht die schwächste Formulierung? Stellen Sie sich vor, wir hätten so etwas gesagt. Sie würden uns in der Luft zerreißen. Zu Recht. Was steckt dahinter? Weil es nicht so ist, dass Sie Anträge ohne Plan machen, denke ich, Sie wollten es von Anfang an nicht. Dann haben Sie in Diskussionen in der Öffentlichkeit gemerkt, dass der Bürger ein Ende der Verschuldungsspirale will. Das heißt, Sie haben gelernt, jetzt müssen Sie es auch wollen.
Er möchte auch, dass dieser Staat nicht über seine Verhältnisse lebt, wie er es auch nicht tut. Er möchte, dass dieser Staat gerecht zu seinen Kindern ist. Deswegen haben wir unseren Antrag gestellt. Sie hingegen wollen auf Zeit spielen. Sie wollen das Problem nicht heute angehen, sondern irgendwann im nebulösen Morgen.
Wir kommen zur Frage der Verschuldung, die Sie erlauben. Für Investitionen haben Sie einen Grenzbegriff. Ob
Sie sich verschulden dürfen, wie Sie es in der Vergangenheit immer gern getan haben, nur um den Betriebshaushalt zu sanieren? Sie sagen kein Wort dazu. Sie sagen auch kein Wort dazu, ob Sie, wenn Sie Schulden aufnehmen - sei es für Investitionen -, einen Tilgungsplan vorlegen. Sie haben keine Regelung genannt, wie wir es getan haben, dass man, wenn man abweichen muss, vor das Parlament treten muss. Nein, das wollen Sie alles nicht. Sie möchten wieder zurück in die Zeit, die Sie ungefähr 1967 eröffnet haben, als man begonnen hatte, sich zu sagen, es ist viel schöner, heute schon das zu tun, was man eigentlich erst morgen bezahlen könnte, und hat dies mit dem Geld anderer Generationen bezahlt.
Nach unserer Meinung muss derjenige, der sich seiner Verantwortung stellen will und das tun will, was wir heute tun können, seine Zustimmung dem CDU-Antrag geben. Jener aber, der die Verantwortung auf andere und zukünftige Generationen delegieren will, der mag Ihrem Antrag zustimmen. - Danke sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kruse, Sie haben ein interessantes Verständnis von dem, was Sie für den besten Staat halten, und sagen, das sei der schuldenfreie Staat. Der beste und handlungsfähigste Staat ist jener mit ausreichenden Einnahmen. Der kann dann auch schuldenfrei sein, aber das Wichtige sind ausreichende Einnahmen, damit der Staat etwas ausgeben kann.
Der heute zu beratende CDU-Antrag ist bemerkenswert, denn er ist wie viele Teile der Senatspolitik: Es wird viel versprochen und es ist doch wenig dahinter, wenn man etwas genauer hinschaut.
Anfang des Jahres hatte die CDU diesen Antrag zur Neuverschuldung eingebracht. Die SPD-Fraktion hat einen eigenen Antrag eingebracht und beide Anträge sind an den Haushaltsausschuss überwiesen worden. Uns wurde eine ernsthafte Diskussion im Haushaltsausschuss versprochen. Die gab es auch. Es gab auch eine interessante Sachverständigenanhörung, bei der im Prinzip alle Sachverständigen - Herr Kruse, da waren Sie anscheinend gerade einmal nicht da oder haben nicht zugehört oder haben das Protokoll nachträglich nicht gelesen -, nicht nur Herr Zurbrügg aus der Schweiz, auch die von der CDU genannten Sachverständigen, das Modell der Schweizer Schuldenbremse als das sinnvollere betrachtet haben.
Die Sachverständigen haben auch gesagt, es sei zurzeit mit dem bundesdeutschen Verfassungsrecht nicht vereinbar.
Aber sie haben gesagt, es ist ein Ziel, auf das man hinarbeiten sollte. Genau das sieht der Antrag von GAL und
SPD vor. Wenn ich es richtig verstanden habe, wollen Sie diesen Antrag ablehnen. Ich verstehe es nicht, Frau Ahrons, Sie müssten diesem Antrag doch zustimmen, weil das Ziel der Schuldenbremse richtig ist.
Der Antrag der CDU, der gleich beschlossen wird, bedeutet im Prinzip nur, dass wir beschließen sollen, bei gutem Wetter möge es in Hamburg nicht regnen. Der Beschluss ist selbst in Hamburg nicht weiterführend. Die einzige echte Verschärfung ist, dass die Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder der Bürgerschaft der Kreditermächtigung zustimmen soll. Wenn also wieder ein Abstimmungsergebnis wie gestern bei Herrn Harder zustande kommt, dann setzt beim Senat das Zwangssparen ein. Wir Sozialdemokraten haben sehr wohl eingesehen, dass zurzeit in Hamburg vor dem Hintergrund der Gespräche zur Föderalismusreform eine Schuldenbremse noch nicht sinnvoll eingeführt werden kann. Aber wir können den Senat beauftragen, sich bei der Föderalismusreform für diese einzusetzen. Diesen Schritt wollen Sie nicht mit uns gehen.
Es wäre für unsere Stadt hilfreich, wenn es bei einer so wichtigen Frage wie der künftigen Kreditaufnahme und Schulden eine Einigkeit der Fraktionen gäbe. Vor einem knappen halben Jahr hat die CDU bei der Diskussion im Prinzip zugesagt, sie sei durchaus bereit, solche Gespräche zu führen. Das haben Sie nicht gemacht, das wollten Sie nicht, Sie wollten Ihren Antrag pur durchsetzen. Sie wollten keine Gemeinsamkeit der Fraktionen. Das ist bei einer grundsätzlichen Frage des Parlamentarismus ärgerlich.