Protocol of the Session on November 8, 2007

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Das Wort bekommt Frau Veit.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die chinesischen Philosophen haben derzeit Konjunktur, wobei die verschiedenen Senatsmitglieder sie dann auf den Pressekonferenzen auch gern einmal durcheinanderwerfen. Ich zitiere einmal:

"Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu jammern."

Das hat auch ein kluger alter Chinese gesagt.

(Rolf Harlinghausen CDU: Sind Sie denn ein klei- nes Licht?)

- Ich habe grundsätzlich nichts gegen ein kleines Licht, Herr Harlinghausen, aber die Menschen und besonders die Eltern und Familien dieser Stadt warten darauf, dass endlich die großen drängenden Probleme angepackt werden und dass bei Kinderarmut, bei teilweise verschlechterten Bedingungen in den Kindertagesstätten, bei etlichen katastrophalen Ergebnissen in der Schulpolitik sowie bei stetig wachsender Jugendgewalt nicht kleine Lichter, sondern Scheinwerfer angehen, um bildlich zu bleiben. Und hierauf warten die Eltern und Familien bei Ihnen und Ihrer Politik vergeblich.

(Beifall bei der SPD)

Wer den Hamburgerinnen und Hamburgern und insbesondere Familien neben Steuern, Gebühren und Abgaben immer neue Lasten auferlegt, der muss auch etwas bieten. Aber die 725.775 Euro aus dieser Drucksache sind wahrlich kein bedeutender Ansatz, der zu feiern wäre. Ich vermute, die Lärmschutzmauer ist nicht wesentlich günstiger.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Selbstverständlich sind wir dafür, dass diese angesichts der gravierenden Probleme in diesem Bereich sehr kleine Maßnahme bei den Spielhäusern in Angriff genommen wird, weil das ein klitzekleines bisschen hilft. Aber es bleibt nur ein kleines Licht.

Ein Punkt liegt mir zu diesem Thema noch am Herzen. Wenn man Presseverlautbarungen glauben darf, dann hat der Bürgermeister im Rahmen seiner Feierstunde zur angeblichen Sanierung des Haushalts unter anderem ausgeführt, dass für ein solches Ziel, also die Haushaltskonsolidierung, die Bürger schon schmerzhafte Opfer bringen müssten. Als Beispiel hat er das Büchergeld, also die von der CDU verfügte Aufhebung der Lernmittelfreiheit angeführt. Abgesehen davon, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass es eigentlich lächerlich ist, erst das von Generationen tüchtiger Hamburgerinnen und Hamburgern zusammengetragene Staatsvermögen zu verscherbeln, um dann erstaunt festzustellen, dass man etwas im Portemonnaie hat.

(Jörn Frommann CDU: Thema Spielhäuser!)

Aber wenn Herr von Beust, der unter anderem die Verantwortung für ein 300 Millionen Euro Grab namens U 4, für eine teure Umgestaltung des Jungfernstiegs, der jetzt schon wieder aufgerissen wird, für das zum Glück verworfene Protzobjekt auf dem Domplatz und für jede Menge Schickimicki hier und dort zu übernehmen hat, also wenn ausgerechnet dieser Bürgermeister den Hamburger Müttern und Vätern sagt: "Schade, aber künftig müsst ihr für die Vorschule eurer Kinder zahlen, für die

Schülerinnen und Schüler tief in die Tasche greifen und studieren können eure Kinder auch nicht mehr so ohne Weiteres",

(Lars Dietrich CDU: Zu welchem Thema reden Sie eigentlich?)

dann war das mindestens geschmacklos, wenn nicht zynisch. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Meyer-Kainer, ich lasse erst einmal Ihre Lobdudeleien auf die lebenswerte Stadt weg und beschäftige mich mit dem eigentlichen Thema. Und das sind die Spielhäuser.

Die Drucksache und Ihr Vorhaben sind aus unserer Sicht in zweierlei Hinsicht kritikwürdig, und zwar erstens hinsichtlich der finanziellen Ausstattung, vor allem mit Blick auf das neue Aufgabenspektrum der Spielhäuser, sowie zweitens im Hinblick auf die Ausweitung des Aufgabenspektrums als solches.

Ich fange mal mit dem Aufgabenspektrum an. Was ist überhaupt ein Spielhaus? Ich will Ihnen das noch einmal kurz zitieren, was die Spielhäuser selbst von sich sagen.

(Lars Dietrich CDU: Das brauchen Sie nicht, das wissen wir selbst!)

"Ein Spielhaus ist eine auf einem Spielplatz gelegene pädagogisch geleitete Freizeitbegegnungsstätte für Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 14 Jahren. Es ist ein idealer Treffpunkt zum kommunikativen Austausch. Die Freizeit der Kinder wird pädagogisch begleitet. Spielhäuser sind Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Der Besuch dieser Einrichtung ist freiwillig und kostenlos."

(Lars Dietrich CDU: Niedrig schwelliges Angebot!)

Nicht mehr, aber keinesfalls auch nicht weniger ist ein solches Spielhaus. Hiermit wird eigentlich die Funktion der Spielhäuser bereits klar definiert und vor allen Dingen werden ihre Grenzen deutlich. Spielhäuser - und das betone ich ganz deutlich - sind ein wichtiger Bestandteil der offenen Kinder- und Jugendarbeit und verdienen als solche bereits eine optimale Förderung. Aber, Frau Meyer-Kainer, die Spielhäuser können einfach kein Ersatz für den Besuch einer Kita sein.

Genau hier liegt der Kritikpunkt an dem Senat. Der Senat hat nämlich den Spielhäusern eine Aufgabe aufgedrückt, die diese mit ihrer eigentlichen Bestimmung gar nicht erfüllen können und auch nicht erfüllen sollen. Eine pädagogisch geleitete Freizeitstätte kann nicht zum Ersatz einer Kita werden.

Die 39 in Hamburg vorhandenen Spielhäuser sollen jetzt ganzjährig in der Zeit von 9.00 bis 12.30 Uhr Vormittagsöffnungszeiten sicherstellen. Unser Wunsch ist aber, dass die Kinder genau in der Zeit in eine Kita oder in eine andere vorschulische Bildungseinrichtung gehen. Unser politisches Anliegen muss doch sein, möglichst viele Kinder und vor allem auch Kinder von bildungsfernen

Schichten in die Kita hineinzuholen, damit sie dort optimal gefördert werden.

Vielleicht für alle noch einmal zur Erinnerung: Um diesen hohen Anforderungen einer Kita gerecht zu werden, haben wir im Parlament die verbindlichen Bildungspläne für die Kitas mühsam verabschiedet und zunächst auch viel daran kritisiert. Wir streiten zwar, sind uns aber eigentlich über eine Ausbildungsoffensive, die für Erzieherinnen und Erzieher auf Hochschulniveau aufgehoben werden soll, einig.

Kitas haben eine verbindliche Sprachförderung zu leisten und wir arbeiten gemeinsam an dem Übergang KitaSchule. Für Spielhäuser gelten alle diese Anforderungen nicht. Das heißt keineswegs, dass sie schlechter arbeiten, aber ihr Arbeitsauftrag ist ein komplett anderer und nicht mit der Kita zu vergleichen.

(Lars Dietrich CDU: Ja, das wissen wir!)

Genau darum sollte es auch hier nicht zu einer Vermischung kommen. Frau Meyer-Kainer, anstatt parallel zur Betreuung der Kita und Familienzentren oder Eltern-KindZentren, wie Sie sie nennen, die wir auch noch haben, noch zusätzlich ein Betreuungsangebot für Drei- bis Sechsjährige zu schaffen, sollte sich der Senat lieber darauf konzentrieren, dass alle Kinder frühzeitig und unabhängig von der Lebenslage ihrer Eltern eine Kita besuchen können sowie vor allem auch Kinder unter drei Jahren ein Anrecht auf einen Kita-Platz haben.

(Lars Dietrich CDU: Da wurde ja schon was gemacht!)

- Aber das kommt doch nicht, Herr Dietrich. Das grenzen Sie immer noch aus.

Anstatt Eltern mit kostenlosen Betreuungsangeboten in Spielhäusern zu reizen - der Eintritt der Spielhäuser ist kostenfrei - muss es doch darum gehen, dass wir kostenfreie Bildungsangebote in dem Jahr vor der Schule schaffen, dass wir den Beitrag für die Mindestbeitragzahler streichen und dass wir für einkommensschwache Familien den Beitrag senken.

Meine Fraktion und ich sind der Ansicht, dass der Senat sich hier aus seiner Verantwortung stiehlt und versucht, möglichst kostengünstig die Löcher seiner verfehlten KitaPolitik zu stopfen.

Und hiermit komme ich zu meinem zweiten Punkt. Schauen wir uns doch einmal die Zuwendungen an, die die Spielhäuser erhalten. Rund 730.000 Euro sollen im Konzept "Lebenswerte Stadt" für den Ausbau der Vormittagsbetreuung in der Kita zur Verfügung stehen. Bei 39 Spielhäusern sind das pro Spielhaus etwa 18.000 Euro. Wissen Sie, was hierbei täglich herauskommt? Es kommt die ironische - ich will sie mal nennen - große Summe von 51 Euro heraus. Was glauben Sie denn, Frau MeyerKainer - Frau Senatorin Schnieber-Jastram ist nicht mehr anwesend -, wie weit ein Spielhaus mit diesem Betrag kommen kann, um diesen Bildungsauftrag und den Betreuungsauftrag zu erfüllen, den Sie jetzt den Spielhäusern zuschustern?

(Lars Dietrich CDU: 51 Euro mehr als Sie je finan- ziert haben!)

Das ist einfach unehrlich sowie unseriös und der Arbeit der Spielhäuser nicht würdig.

(Beifall bei der GAL - Lars Dietrich CDU: Sie haben nichts für die Spielhäuser gemacht!)

- Herr Dietrich, wie wäre es, wenn Sie sich melden würden. Dann haben Sie hinterher noch die Möglichkeit, zu reden.

Aber es ist typisch für diesen Senat und auch für Herrn Dietrich, dass er sich hier nur echauffiert, anstatt hinter das Pult zu kommen und dann seinen Kommentar abgibt, damit wir in die Debatte treten können.

Es ist typisch für diesen Senat, dass er sich in der KitaPolitik nicht an einem roten Faden orientiert,

(Lars Dietrich CDU: Peinlich!)

sondern lieber Klein-klein-Konzepte in Angriff nimmt, die natürlich in die Hose gehen müssen, weil er hierfür nur Spielgeld anstatt reelle Summen vergibt, die dringend benötigt werden.