Protocol of the Session on December 13, 2007

Login to download PDF

Sie geben heute also gleichzeitig den parlamentarischen Startschuss für ein Klimaschutzprogramm und den Baubeginn eines unsäglichen Klimakillers. Das passt für mich nicht zusammen. Der Bürgermeister und der Umweltsenator machen sich hiermit schlichtweg unglaubwürdig.

(Beifall bei der GAL)

Wenn es Ihnen mit dem Klimaschutz wirklich ernst wäre, dann müsste doch die Konsequenz sein, dass man auch in dem Bereich, der nun wirklich der wichtigste ist, nämlich der Bereich der Energieerzeugung, ein ganz konsequentes Umdenken an den Tag legt.

Wir haben uns schon mehrfach über das Kohlekraftwerk Moorburg unterhalten. Aber Sie haben noch nie klarmachen können, wie denn über das Jahr 2020 hinaus bundesweit - ich rede nur von einer bundesweiten Betrachtung - mit Kohlekraftwerken die Klimaschutzziele noch erreichbar sein sollen.

Die Betrachtung, die allein darauf setzt, dass es irgendwie zu schaffen ist, das CO2 unter die Erde zu bringen, ist schlichtweg verantwortungslos. Daher muss ich ehrlich zugeben, dass ich ein großes Problem damit habe, Ihnen das wirklich als glaubhaften Politikwechsel abzukaufen.

Sie haben immerhin schon mal das Ziel richtig erkannt. Daher stimmen wir auch dem Ziel zu, wenn Sie erklären, bis 2012 2 Millionen Tonnen einzusparen. Nur Sie müssen dann auch ernst machen und dieses Ziel fortschreiben, und zwar so konsequent fortschreiben, wie es die Klimawissenschaft verlangt. Das bedeutet nun einmal minus 80 Prozent bis zum Jahre 2050.

Daher können Sie bei 2020 nicht aufhören. Aber hier hört es mit Ihrer Betrachtung auf, denn mit dem Kohlekraftwerk kommt man über einen bestimmten Effizienzgewinn einfach nicht hinaus, als ungefähr 20 Prozent. Sie sagen selbst, dass es gegenüber dem alten Kohlekraftwerk ein Gewinn ist. Ich würde mir wünschen, dass Sie das richtig erklären. Aber ich befürchte, dass Sie das nicht können.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Was man dem Bürgermeister auch vorwerfen muss, ist, dass diese Erleuchtung relativ spät gekommen ist. Man könnte natürlich zynischerweise auch sagen: "Passend zur Wahl und passend zur Welle der Klimaschutzbegeisterung, die jetzt um die Welt schwappt". Vorher hat man ziemlich viel verpasst und sich in diesem Senat gegen den Klimaschutz entschieden. Man muss nüchtern bilanzieren, dass heute beim Klimaschutz nicht viel auf dem Haben-Konto steht.

Am Dienstag ist die Klimaschutzverordnung erlassen worden, die meiner Meinung nach überhaupt nicht ausreichend ist. Ich habe Ihnen gestern vorgerechnet, dass absehbar ist, dass die Bebauung, die unter der Klimaschutzverordnung durchgeführt werden darf, Sanierungsfälle für die Zukunft sind. Das kann eigentlich nicht sein.

Das Zweite, was auf der Habenseite - so wie Sie es sehen - steht, ist der Baubeginn des Kraftwerks Moorburg. Das ist ehrlich gesagt viel zu dünn für jemanden, der sich Klimaschutzweltmeister nennen will, wie diese Stadt und dieser Senat es will.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie also im Bereich Energieerzeugung noch nicht wirklich viel vorweisen können und Sie im zweitwichtigsten Bereich Gebäudebeheizung - das gestehe ich immerhin zu - allenfalls einen ersten kleinen Schritt gegangen sind, dann bleibt noch der dritte Bereich, und zwar der Verkehrsbereich. Wie sieht es dort aus?

Hier ist zum einen der Bereich der Fahrradpolitik. Wir haben bereits mehrfach erklärt, dass wir es vernünftig finden, dass zumindest auf der rhetorischen Ebene die Einsicht angekommen zu sein scheint, dass dort in den letzten Jahren richtig etwas schief gelaufen ist und dass tatsächlich ein Umschwung passieren muss, indem das Radwegenetz massiv ausgebaut wird. Aber ehrlich gesagt, ich bin, was die Umsetzung betrifft, ziemlich skeptisch.

Die Kfz-Stellplätze konkurrieren im Straßenraum schlichtweg mit dem Raum für andere Verkehrsmittel, wie Fahrräder, aber auch für Fußgänger. Wenn ich mir anschaue, wie Ihre Partei bisher um jeden Kfz-Stellplatz gekämpft hat, als ob es sich um eine heilige Kuh handeln würde, dann kommt noch ziemlich viel auf Sie zu.

Wenn wir den Stadtumbau wirklich anstreben und wir das Fahrrad wirklich aus der Nische holen und zu einem Hauptverkehrsmittel machen wollen, wie das in Kopenhagen, Amsterdam, aber auch in einigen kleineren deutschen Städten längst selbstverständlich ist - also wenn wir den Radverkehrsanteil verdoppeln und perspektivisch auch verdreifachen wollen -, dann muss ein riesiger Kulturwechsel vor allem in Ihrer Partei stattfinden. Das würde ich mir wünschen, aber diesen erforderlichen Kulturwechsel sehe ich nicht.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Machen Sie doch die Augen auf!)

Herr Senator, Sie sollten vielleicht noch einmal ein richtiges Bekenntnis, auch von Ihrer Partei, einfordern.

(Beifall bei der GAL - Klaus-Peter Hesse CDU: Was Sie nicht sehen wollen, sehen Sie nicht!) - Herr Hesse, in den nächsten vier Jahren werden wir Sie an Ihren Taten messen. Ihre Worte, das kennen wir bereits, sind manchmal mehr heiße Luft, als tatsächlich dann am Ende hinten herauskommt. (Beifall bei der GAL)

Schauen wir uns den Nahverkehr an, der im Bereich Verkehr mindestens ebenso wichtig ist. Sie haben gestern den Zugewinn an Fahrgästen gefeiert. Aber einen richtigen massiven Zugewinn an weiteren Fahrgästen werden Sie nur erhalten, wenn Sie das Netz tatsächlich ausbauen. Die Taktverdichtung ist sicherlich ein Punkt, den man durchführen sollte. Aber die Ausweitung des Netzes auf die Bereiche, die bisher vor allem nicht an das Schienennetz angebunden sind, muss doch den richtigen Quantensprung bringen, um hier den Modal Split deutlich zu verändern.

Was haben wir bei Ihnen denn an Ausweitung des Netzes? Wir haben die U 4. In Ihrem Wahlprogramm steht aber nichts mehr davon, dass Sie die U 4 nach Steilshoop weiterbauen wollen. Es steht nur etwas von Verbesserung des Nahverkehrs in den Bereichen Osdorf, Steilshoop, aber es ist nichts mehr von einer Bahn zu lesen. Die Bahn wird auch nicht mehr gewollt, weil sie einfach nicht finanzierbar ist. Das hat uns gestern Herr Lühmann vorgerechnet.

Der nächste Punkt wäre die Stadtbahn, die Sie einführen könnten. Das wollen Sie aber aus ideologischen Gründen nicht. Die Absicht bestand einmal und ich habe nie verstanden, warum Sie diesen Plan wieder verworfen haben.

Dann bleibt noch der Bereich Busse. Es gab einmal eine Kleine Anfrage von einem Kollegen - ich glaube aus der SPD-Fraktion - wie es mit dem "Bornexpress" sei und ob er jetzt kommt oder nicht. Hierauf hat der Senat vorgerechnet, dass die zwei Minuten Einsparung viel zu teuer ist und am Ende nichts bringt.

Sie wollen zum einen keinen Ausbau der Schienennetze und machen zum anderen keine Vorschläge, wie Sie den Buss-Bereich hinbekommen wollen, obwohl es beispielsweise für den Osdorfer Born hierauf ankommt. Ehrlich gesagt, ich höre ziemlich viele Ankündigungen und ziemlich wenig Konkretes. Herr Senator, heute wäre noch einmal die Gelegenheit, ein bisschen nachzulegen.

(Beifall bei der GAL)

Für meine Fraktion - ich könnte auch sagen für uns Bündnisgrüne -

(Heiterkeit bei der CDU - Klaus-Peter Hesse CDU: Fast so gut wie die SPD!)

ist entscheidend, dass wir wieder die Kontrolle über die städtischen Energienetze erhalten. Das sagen wir Bündnisgrüne ganz eindeutig.

(Beifall bei der GAL)

Im Ernst, wir haben mit dem Verlust der Kontrolle über die Energienetze einen ganz wesentlichen Einflussfaktor, auch der Politik, aus der Hand gegeben.

Es sind schon viele Krokodilstränen über den Verkauf der damaligen HEW vergossen worden. Es gibt jetzt aber für die nächsten 20 Jahre die einmalige Möglichkeit, diesen Fehler wieder rückgängig zu machen. Diese Möglichkeit besteht in der Ausschreibung der Gaskonzessionen, der Neuvergabe des Betriebs des Gasnetzes. Wir haben im nächsten Jahr die einmalige Chance, die Kontrolle über das Gasnetz wieder zurückzugewinnen und damit auch wiederum Energiepolitik zu betreiben.

Es ist doch so, dass der derzeitige Gasnetzbetreiber längst nicht alle Chancen ausnutzt, die die Kontrolle über das Gasnetz bietet. Wenn wir es im Bereich der KraftWärme-Kopplung, der kleinen KWK-Anlagen und im Bereich der Biomasseeinspeisung schaffen, wieder einen städtischen Player mit ins Spiel zu bringen, der uns im Übrigen auch noch richtig Einnahmen generieren kann, mit denen wir dann wiederum Klimaschutz betreiben können, dann wären wir dem Klimaschutz wirklich einen riesigen Schritt nähergekommen. Dann sind auch wir so weit, wie es beispielsweise München ist, die mit ihren Stadtwerken richtig Klimaschutzpolitik betreiben können.

Daher mein Appell: Lassen Sie uns in der nächsten Legislaturperiode über die Parteigrenzen hinweg versuchen, einen richtig großen Schritt zu gehen, um die Kontrolle über das Gasnetz für die Stadt wieder zu erhalten und Einnahmen zu generieren, damit wir endlich auch in diesem Bereich ein Stück Ordnungs- und Klimaschutzpolitik betreiben können. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Gedaschko.

A C

B D

(Jens Kerstan GAL: Geben Sie doch einfach die Rede von gestern zu Protokoll!)

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Ein Jahr ist es her, als der Bürgermeister angekündigt hat, ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm vorzulegen.

(Ingo Egloff SPD: So lange ist das schon her?)

Sie haben erklärt, dass das in dieser Zeit nicht zu schaffen wäre. Nun haben wir heute ein Klimaschutzprogramm vorgelegt, das bundesweit Beachtung verdient hat und auch erhält.

(Beifall bei der CDU)

Im August dieses Jahres wurde bereits dieses Klimaschutzpaket vorgelegt. Ich möchte an dieser Stelle den vielen Mitarbeitern herzlich danken, die in einer enorm kurzen Zeit ein solches Paket mit 170 Einzelmaßnahmen aufgelegt haben. Das verdient Respekt und Anerkennung.

(Beifall bei der CDU)

Nach einer Expertenanhörung und den Beratungen in den Ausschüssen liegt es jetzt an Ihnen, das erste bundesweite Klimaschutzpaket in einer solchen Dimension zu beschließen. Ich freue mich darauf, dass sicherlich alle mit heißem Herzen ein solches Paket beschließen, weil es ein solches Paket an keinem anderen Ort in einem derartigen Umfang gibt.

(Jens Kerstan GAL: Da träumen Sie von!)