Folgendes liegt mir sehr am Herzen: Keiner von uns - weder von der SPD, noch von der GAL, noch von der CDU - hat irgendwelche Mitarbeiter diffamiert, die dort befragt wurden.
Es geht in einem Untersuchungsausschuss darum herauszubekommen, was in dieser Einrichtung falsch läuft. Wenn wir gesagt haben, Mitarbeiter waren nicht qualifiziert, dann bezog sich das - das wiederhole ich an dieser Stelle deutlich - auf die Mitarbeiter des SecuritasSicherheitsdienstes. U-Bahn-Wachen haben in einer Jugendhilfeeinrichtung nichts zu suchen, die sind pädagogisch nicht ausgebildet und die sind nicht qualifiziert.
Kommen wir zum Abschlussbericht, der uns heute vorliegt. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist das schärfste Schwert der Opposition, um ein Fehlverhalten des Senats aufzuklären. Das ist richtig. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass Opposition und Regierungsfraktion zu unterschiedlichen Bewertungen kommen.
Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Mathias Petersen SPD:* Frau Blömeke, ich wollte nur fragen, ob Sie mitbekommen haben, dass die Senatorin telefoniert, während Sie Ihre Rede halten?
Die Bewertung der Aussagen kann durchaus unterschiedlich sein, aber es sollte ein gewisses Maß an politischem Anstand gewahrt bleiben. Genau das ist hier nicht der Fall.
Wenn die CDU uns in Person von Herrn Voet van Vormizeele zunächst weismachen will, das Ergebnis des PUA sei mager - das hat er auch in der Presse geäußert - und der ganze Aufwand habe sich nicht gelohnt, dann ist das politisch unappetitlich. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Der Ihnen heute vorliegende Abschlussbericht ist das Ergebnis einer Mehrheitsfraktion, die ihre Macht ausgenutzt und frei nach der Devise gehandelt hat: Unerwünschtes wird gestrichen. Der Abschlussbericht ist geschönt, um der Senatorin einen Persilschein für ihre Verantwortungslosigkeit auszustellen. Das können wir nicht hinnehmen.
(Beifall bei der GAL und der SPD - Kai Voet van Vormizeele CDU: Nur weil er nicht Ihrer Auffas- sung entspricht!)
Mit den Ergebnissen aus zwei Jahren Arbeit im Untersuchungsausschuss hat das wenig zu tun. Die wirklichen Ergebnisse haben wir in einer ersten Fassung dieses Abschlussberichts gefunden, der von Juristen dieses Arbeitsstabs erstellt wurde. Es ist interessant zu wissen, dass diese Juristen im Arbeitsstab mehrheitlich von der CDU benannt worden sind. Wäre das nicht so, könnte ich verstehen, wenn man uns vorwerfen würde, das war die Opposition, die dem Abschlussbericht ihren Stempel aufgedrückt hat. Nein, es waren die Fakten aus zwei Jahren Untersuchungsausschussarbeit, die so eindeutig waren, dass auch die von der CDU benannten Juristen gar nicht daran vorbeisehen konnten. Das, was sie allerdings gesehen haben, wurde auf Anordnung oder per Mehrheitsbeschluss der CDU herausgestrichen und die erdrückende Wahrheit hat dort keinen Platz mehr gefunden.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Zur Vergabe von Psychopharmaka heißt es ursprünglich in der ersten Fassung:
"In den Übergabebüchern ergeben sich Sanktionen, die für den Fall der Einnahmeverweigerung verhängt werden sollen."
Dieser Passus wurde von der CDU ersatzlos gestrichen. Das kann ich mir vorstellen, dieser Satz gefällt Ihnen nicht.
An einer anderen Stelle heißt es in der ersten Fassung zur Rückführung eines entwichenen Jugendlichen durch Sicherheitsdienstmitarbeiter:
"Der geschilderte Ablauf markiert einen offenkundigen Verstoß gegen die Ziffer 6 der Dienstanweisung. Die Mitarbeiter haben somit eindeutig ihre Kompetenzen überschritten."
"Die genauen Umstände dieser Rückführung konnte der Ausschuss nicht mit hinreichender Sicherheit klären."
Von solchen Beispielen könnte ich noch mehr nennen, Herr Voet van Vormizeele. Es ist kein Wunder, wenn Sie sagen, das Ergebnis sei mager und beim PUA sei gar nicht richtig etwas herausgekommen. Wenn man das so verändert, ist das mager.
(Kai Voet van Vormizeele CDU: Sie können sich doch die Wahrheit nicht so hinreden, wie Sie sie haben wollen!)
Sie machen sich damit unglaubwürdig, meine Damen und Herren der CDU, aber ich meine, das ist die Art demokratischen Verständnisses, das wir von der CDU gewöhnt sind und was uns an allen Ecken immer wieder begegnet.
Kommen wir zum zweiten Vorwurf, der PUA sei überflüssig gewesen. Fast jede Sitzung begann damit, dass ein Gestöhne durch die Reihen der CDU ging und es hieß: Wieder eine Sitzung, das, was ihr macht, ist doch alles überflüssig, schon wieder neue Zeugen.
(Zurufe von der CDU) - Ich verstehe, dass Sie das nicht hören mögen, aber es ist so. Dieser PUA wäre überflüssig gewesen, wenn Senatorin Schnieber-Jastram ihre Aufgabe als Sozialsenatorin wahrgenommen (Beifall bei der GAL und der SPD)
Erinnern wir uns daran, warum der PUA eingesetzt wurde: Im Dezember 2004 gelang zwei Vierzehnjährigen die Flucht aus dem geschlossenen Heim. In den Medien erhoben sie schwere Vorwürfe. Viele von Ihnen können sich sicherlich noch daran erinnern. Die Jugendlichen machten Interviews und behaupteten, sie seien mit Medikamenten ruhiggestellt worden, die Medikamente hätten sie nicht vertragen, ihnen sei es danach schlecht gegangen, sie seien gefesselt und angebrüllt worden. Der LEB, der stadteigene Träger dieser Einrichtung, dementierte damals diese Vorwürfe. An dieser Stelle hätten Frau Senatorin Schnieber-Jastram und dieser Senat noch die Möglichkeit gehabt, diesen Untersuchungsausschuss abzuwenden, wenn sie gehandelt und sich mit den Zuständen und den Vorwürfen der Minderjährigen auseinander gesetzt hätte. Das ist eine Selbstverständlichkeit als zuständige Senatorin. Aber sie hat es versäumt und sie hat nicht gehandelt. In ihrer Befragung haben wir auch erfahren, warum. Das möchte ich Ihnen einmal vortragen.
Wir haben die Senatorin gefragt, warum sie damals nicht gehandelt hat. Wissen Sie, was Sie gesagt hat? Die Glaubwürdigkeit dieser jungen Menschen sei für sie in Frage gestellt gewesen, sie habe sich mehrfach darüber informiert, was das für Jungen seien, die in so einer Einrichtung säßen. Bevor man als junger Mensch, als Kind, in eine solche Einrichtung kommt, müsse man schon eine gewaltige Liste von Dingen haben, die man auf dem Kerbholz hat.
Das ist das traurige Bekenntnis einer Sozialsenatorin, die ihr Amt nicht ausfüllt und nicht für das Wohl der Jugendlichen sorgt, egal, ob sie Straftaten begehen oder nicht.
Weil die Senatorin nicht gehandelt hat, haben wir Akteneinsicht beantragt. Wer einmal in diese Akten gesehen
hat - Akteneinsicht haben SPD und GAL reichlich genommen -, der kann nur zu dem Entschluss kommen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. An den zahlreichen Anhaltspunkten bei den Mängeln der Betreuung, an den Rechtsverstößen und an dem hohen Maß von Gewalt in der Einrichtung kommt keiner vorbei. Zwangsläufig war die Folge ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Aber das können Sie nicht der Opposition anlasten, sondern dieser handlungsunfähigen Senatorin.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Erzähl doch kein dummes Zeug!) - Das war jetzt eine sehr qualifizierte Zwischenbemerkung. Immer, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, werden Sie ein bisschen dummerhaft. (Beifall bei der GAL und der SPD)
Für die GAL kann ich nach zwei Jahren Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss feststellen, dass sich unsere Vorwürfe leider komplett bestätigt haben. In diesem Heim herrschte streckenweise Chaos. Ich will nur kurz einige Punkte wiederholen, weil Thomas Böwer sie bereits ausreichend aufgeführt hat:
Die Betreuung war unzureichend, weil pädagogisches Personal fehlte. Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma ersetzten die fehlenden Pädagogen und übernahmen auch gleich noch die Medikamentenausgabe. Pech für einige Jugendliche, dass die Absprache zwischen den Pädagogen und den Sicherheitsmitarbeitern auch mal nicht klappte. So haben die Jugendlichen manchmal auch die doppelte Dosis an Psychopharmaka erhalten. Jugendliche wurden ohne ihr Wissen auf HIV getestet. Fünf Jugendlichen wurde Blut abgenommen, ohne dass eine Einverständniserklärung vorlag oder ohne dass sie wussten, wofür ihnen Blut abgenommen wurde. Jugendliche wurden dort aufgenommen, die aufgrund ihrer Problemlage und ihrer schwerwiegenden psychischen Störung nie in die Feuerbergstraße gedurft hätten. Wir hatten vorhin das Fallbeispiel des Jugendlichen gehört, der zwei Selbstmordversuche begangen hat. Es kam von Gewalteskalationen bis zu Selbstmordversuchen. Im Untersuchungszeitraum von zwei Jahren gab es 153 besondere Vorkommnisse. Das ist die Hälfte aller Meldungen von allen Jugendhilfeeinrichtungen in ganz Hamburg. Es ging immer um Gewalt untereinander und um Entweichungen.