Protocol of the Session on December 16, 2014

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(Beifall bei der FDP)

Für beides, lassen Sie mich das deutlich sagen, steht in diesem Hause die FDP, und zwar nur die FDP.

(Beifall bei der FDP, Heiterkeit bei der SPD und Zurufe von der CDU – Philipp-Sebastian Kühn SPD: Eigenlob stinkt, Frau von Treu- enfels!)

Das kommt von genau dem Richtigen.

Ihr Haushaltsplan, Herr Senator Rabe, ist dagegen wieder einfach nur Zahlenverliebtheit, und das Ganze ohne Qualitätsanspruch.

(Jan Quast SPD: Also, Sie haben Probleme mit Zahlen!)

Die Zahlen müssen im Verhältnis zur Qualität stehen, das ist ein bisschen schwierig. Das sollten Sie noch verstehen, vielleicht beim nächsten Haushalt, wir werden darauf warten. Es geht hier nicht um Zahlenverliebtheit, sondern darum, die Zahlen richtig zuzuordnen. Das können Sie nämlich leider nicht. Das müsste der Haushalt aber eigentlich abbilden, und darum geht es uns, den Erfolg von Bildung messen zu können. Vorgestern – das haben wir heute schon zweimal gehört, lassen Sie es mich ruhig noch einmal sagen, denn Wiederholungen bringen Sicherheit – haben Sie nun endlich und plötzlich Qualitätsmanagement angekündigt.

Das fanden wir wirklich toll, und es freut uns sehr, dass Sie nach dreieinhalb Jahren dazu kommen, endlich einmal Qualität an die Hamburger Schulen zu bringen. Das ist kurz vor Ende der Legislaturperiode nichts als ein weiteres leeres Wahlversprechen. Es zeigt leider noch einmal deutlich, wie wichtig Ihnen bis jetzt das Thema Qualität war, nämlich leider gar nicht, sonst würden Sie es nicht erst jetzt anbringen.

(Beifall bei der FDP und bei Karin Prien und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Überall gehen Sie nach dem Motto "Quantität vor Qualität" vor. Das zieht sich ziemlich durch, und das kritisiert auch die gesamte Opposition seit dreieinhalb Jahren. Deshalb beantragen wir neue Kennzahlen, die nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ aussagekräftig sind. Immerhin liegen mit den KERMIT-Ergebnissen in Hamburg Vergleichswerte für alle Schulformen und mehrere Jahrgänge vor. Diese Ergebnisse müssen aber genutzt werden, und der Senat muss im Haushalt Rechenschaft darüber ablegen, ob die Mittel effizient – und da geht es tatsächlich um Zahlen – eingesetzt werden. Das möchten wir gern nachprüfen können.

Gleiches gilt für das Thema Inklusion. Trotz der großen Probleme bei der Umsetzung findet sich im Haushaltsplan-Entwurf lediglich die lapidare Information, wie viele Schüler nach wie vor eine Förderschule besuchen. Na prima. Sie geben quasi eine Exklusionsquote an, anstatt zu messen, wie Inklusion hier in Hamburg funktioniert – unfassbar.

(Beifall bei der FDP)

Meine Fraktion beantragt deshalb auch hier neue Kennzahlen. Wichtig zu wissen ist, wie viele Schüler inklusiv beschult werden. Das kann man sehr einfach herausfinden, wenn endlich Einzelfallgutachten erstellt werden. Genau das hat die FDP beantragt, und ehrlich gesagt, Herr Holster, hat mich erstaunt, was Sie gesagt haben. Hatten Sie nicht vor einiger Zeit verkündet, Sie wollten Einzelfallgutachten durchführen und jetzt doch wieder nicht? Wenn Sie das immer alles so schnell wieder zurücknehmen, dann wissen wir, wohin wir mit Ihren Wahlversprechen kommen. Das finde ich sehr schwierig.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Meine Damen und Herren! Zum Thema Inklusion ist noch eines wichtig, das haben auch die GRÜNEN sehr gut erkannt, nämlich die Ressourcenausstattung und konkret, wie viele Stunden doppelt besetzt sind. Da wird sich eines zeigen: Die Anzahl der Kinder und die Ressourcen passen überhaupt nicht zusammen; das haben Sie dann von Ihrem Gießkannenprinzip. Übrigens ist es sehr merkwürdig, Herr Senator Rabe, dass Ihre Rechenleidenschaft da, wo es einmal darauf ankommt, nicht

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

mehr so richtig durchkommt. Hier könnten Sie sie nämlich einsetzen.

Meine Damen und Herren! Bis heute müssen die Schulen – das geht jetzt einmal an CDU und GRÜNE – die Spätfolgen der völlig übereilten schwarzgrünen Inklusion aushalten. Noch verantwortungsloser – das habe ich hier schon gehört, aber da Sie den Antrag noch einmal einreichen, sage ich es auch noch einmal – finde ich die Forderung der CDU nach einem sogenannten Neustart der Inklusion. Wollen Sie die Kinder aus den allgemeinbildenden Schulen wieder herausnehmen, Klassen trennen und neu zusammenwürfeln, damit jetzt Ihre Idee der Schwerpunktschulen umgesetzt werden kann? Das ist doch jetzt viel zu spät, das finde ich völlig verantwortungslos. So kann man doch ein bildungspolitisches Scheitern zusammen mit den GRÜNEN wirklich nicht aufarbeiten. Das finde ich nicht gut von der CDU, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Bei der nächsten Bürgerschaftswahl, wir wissen es alle und werden alle darauf zuarbeiten, dürfen erstmals auch 16- und 17-Jährige wählen. Deshalb muss es unser aller Anliegen sein, die politische Bildung an den Schulen zu stärken. Außerdem zeigen auch die besorgniserregenden Berichte über die Salafismusprobleme an Hamburgs Schulen, dass eine umfassende Demokratiebildung unerlässlich ist. Die Kooperation mit außerschulischen Partnern muss deshalb gestärkt und gefördert werden. Genau das wollen wir im Bereich der politischen Bildung und haben dazu einen Antrag gestellt.

Ein Letztes: Schüler wünschen sich Lehrer, die sie begeistern. Das ist allgemein bekannt, und das wissen wir von uns selbst noch von früher. Damit aber guter Unterricht gelingt, braucht es die richtigen Lehrer. Sie sind zentral für den Bildungserfolg. Deshalb hat meine Fraktion einen Antrag zu Lehrereignungstests gestellt, den wir im Schulausschuss hoffentlich beschließen werden. Ich freue mich in diesem Zusammenhang, dass die SPD diese Idee aufgreift und Ähnliches für Schulleitungen fordert. Das unterstützen wir.

Meine Damen und Herren! An Geld mangelt es, auch wenn man es nicht glauben sollte, im Hamburger Schulsystem eigentlich nicht. Dennoch werden wir im Bundesvergleich, obwohl wir vergleichsweise hohe Summen ausgeben, immer mit schlechten Ergebnissen belohnt. Wie kommt das eigentlich? Das gilt zum Beispiel, lassen Sie mich nur eines auswählen, immer noch für die gravierenden Probleme bei der GBS. Das hat selbst der von der Behörde vorgelegte Sachstandsbericht noch einmal ganz deutlich gemacht. Und was ist die Antwort der SPD zu diesem Thema? Das finde ich gut: Investitionen in mehr Reinigungspersonal.

Das ist natürlich nie verkehrt, aber das wird doch das Problem nicht lösen. Wie können Sie denn da nicht mehr tun? Das gibt es doch nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Aber an einer Stelle halten Sie immerhin Wort, und das muss ich noch einmal erwähnen, weil mir das wirklich gefallen hat, liebe Kollegen von der SPD. Sie erkennen den Grundsatz der Halbtagsbeschulung an, der auf Initiative der FDP im Schulgesetz verankert wurde.

(Dirk Kienscherf SPD: Ui!)

Das finden wir gut, und das ist mehr als wichtig, denn die Eltern möchten nicht gezwungen werden. Die CDU hat das ein bisschen verpasst, denn Ihren Vorschlag, Vor- und Nachmittag vollständig zu verzahnen, können wir nicht anders lesen – das haben die Bürger auch so gesehen, im Ausschuss wurde es richtig gesagt –, als ob Sie die Ganztagspflicht durch die Hintertür an den Gymnasien einführen wollten. Mit uns wird das nicht gehen.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Summa summarum: Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben. Qualität ist das, worauf es ankommt, aber eben nicht Wiederholungen und ellenlange Zahlenkolonnen vom Senat, und die Qualität muss messbar werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Mit Zahlen!)

Das ist der Kern unserer Haushaltsanträge, und ich wünsche mir Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt bekommt Frau Heyenn von der Links-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich würde gerne da anfangen, wo Herr Holster aufgehört hat. Auch wenn man das nach dem Auftritt von Frau von Treuenfels nicht glaubt, war die Zusammenarbeit im Schulausschuss wirklich gut.

(Beifall bei der SPD)

Vor Kurzem wurde der Hamburger Bildungsbericht veröffentlicht, und er dokumentiert, dass wir in Hamburg nach wie vor ein sozial ungerechtes Bildungswesen haben. Man kann das daran festmachen, dass in den armen Stadtteilen der Anteil von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf doppelt so hoch ist wie der Anteil der Gymnasiasten, und d er ist nur halb so hoch wie im Durchschnitt. Nur 7 Prozent der Fünftklässler mit einer Gymnasialempfehlung besuchen eine Stadtteilschule. Das ist ein großes Problem für eine Schule, die gleichwertig zum Abitur führen soll. Der

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

Anteil der abgeschulten Schülerinnen und Schüler in Klasse 6 hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt, weil, wie es vom Senat heißt, eine strengere Leistungsselektion durchgeführt wird. Das ist falsch, es handelt sich nach wie vor um eine soziale Auslese. Das Elternhaus bestimmt nach wie vor, ob die Kinder in der Schule gut vorankommen oder nicht, und das muss aufhören.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Der SPD-Senat schreibt zu diesem Befund, die soziale Benachteiligung sei noch nicht überwunden. Tatsächlich wird sie durch die Politik des Senats im Grunde stärker, und das Zwei-Säulen-Modell, so wie es jetzt ausgestattet ist, verstärkt die soziale Auslese. Für die Stadtteilschulen wird es immer schwerer. 2014 wurden 54 Prozent der Viertklässler für die fünften Klassen an Gymnasien angemeldet, und 92 Prozent der Kinder mit Gymnasialempfehlung wählten das Gymnasium an, aber nur 8 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Klasse 5 an der Stadtteilschule hatten eine Gymnasialempfehlung. Die Stadtteilschulen müssen fast ganz allein die Inklusion stemmen, darauf ist schon aufmerksam gemacht worden, und 95 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehen auf die Stadtteilschule, nur 5 Prozent sind am Gymnasium. Besonders dramatisch ist die Feststellung, wenn man einen ganzen Jahrgang von Klasse 5 bis Klasse 10 betrachtet, dass im Laufe eines Schullebens 23 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in Klasse 5 auf dem Gymnasium angekommen sind, bis Klasse 10 wieder abgeschult wurden. Nun hat die CDU unter Punkt 2 in ihrem Antrag "Schulqualität steigern – Ressourcen besser nutzen" unter anderem vorgeschlagen, dass es eine bessere Beratung und Kriterien für die weiterführenden Schulen geben soll. Ich habe das Gefühl, dass Sie die Geister, die Sie riefen, nicht wieder loswerden. Wenn Sie das wirklich ernst meinen, dann müssen Sie den Wählern auch sagen, dass Sie für die Einschränkung des Elternrechts sind. Das lehnen wir grundsätzlich ab; die Eltern müssen die freie Wahl behalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotz des sogenannten Schulfriedens von CDU, SPD und GRÜNEN ist die Unruhe an den Schulen groß. Wir haben uns in unserem Antrag zum Einzelplan 3.1 auf zwei besonders gravierende Probleme beschränkt, auf die Inklusion und auf den Übergang Schule/Beruf. Der SPD-Senat will die Inklusion, das können wir an der Drucksache 20/4336 sehen, kostenneutral umsetzen, und zudem will er sie weiterhin allein den Stadtteilschulen aufbürden. Die SPD hatte in ihrem Wahlprogramm 2011 aber versprochen, dass sie die Stadtteilschulen zu einem Erfolgsmodell machen will. Weiterhin hatte sie versprochen, dass für die Inklusion nach dem Vorbild der seit Jahren erfolgreichen und

für Hamburg geradezu charakteristischen Methode der Integrationsklassen und integrativen Regelklassen weitere Angebote geschaffen werden sollten. Dieses Versprechen hat der SPD-Senat gebrochen. Deshalb gibt es auf der einen Seite einen Trend zurück zu den Sonderschulen, da man den Kindern mit sozialpädagogischem Förderbedarf in den Stadtteilschulen oft nicht gerecht werden kann, weil die Ressourcen nicht reichen, und auf der anderen Seite schicken immer mehr Eltern nach Klasse 4 ihre Kinder aufs Gymnasium, und die bestehenden Integrationsklassen und integrativen Regelklassen schafft der SPD-Senat aus Kostengründen ab. Die Inklusion ist zu wichtig, als dass sie an der Sparideologie des Senats scheitert, und da sind Sie leider auf dem besten Weg.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Herr Holster, Sie sollten nicht nur prüfen, ob die Gymnasien in irgendeine andere Form der Ganztagsschule übergehen, sondern der Senat sollte auch dringend prüfen, in welcher Form die Gymnasien an der Inklusion gleichberechtigt beteiligt werden. Das wäre eine wichtige Aufgabe.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Stefanie von Berg und Christa Goetsch, beide GRÜ- NE)

Nun zu den Finanzen: Die Frage ist, wo man die finanziellen Mittel hernehmen will und wie sie sinnvollerweise eingesetzt werden sollen. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Schulinspektion die Schulqualität keinen Deut verbessert. Wir haben uns in unseren Anträgen aber, sowohl was die besonderen Probleme als auch was die Finanzierung anbetrifft, auf bestimmte Dinge konzentriert. Sie haben es schon erwähnt, Hamburg ist Spitzenreiter unter allen Bundesländern bei der Subventionierung von Privatschulen. Nach dem Hamburgischen Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft erhalten private Regelschulen Finanzhilfen in Höhe von mittlerweile 85 Prozent des Schülerkostensatzes. Das gibt es in keinem anderen Bundesland, auch in keinem Bundesland, in dem die SPD in der Regierung ist. Private Sonderschulen bekommen sogar 100 Prozent, und damit hat sich die Subventionierung von Privatschulen in den letzten 10 Jahren in Hamburg von 68 Millionen Euro auf 138 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Außerdem wird – ich zitiere – "das am besten ausgestattete Schulgebäude Deutschlands", so hat das "Hamburger Abendblatt" am 21. Oktober 2009 tituliert, nämlich die Internationale Schule, mit 1,7 Millionen Euro gefördert. 2008 waren es noch 1,1 Millionen Euro, und für 2014 sollen es sogar über 2 Millionen Euro sein. Außerdem gibt es gegen die Internationale Schule durchaus verfassungsrechtliche Bedenken. Das kann man nachlesen in dem Buch von Avenarius "Die Herausforde

rung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen".

Wir sind da mit unserer Kritik nicht allein. Für eine derartig großzügige Subventionierung von Privatschulen gibt es gerade in Zeiten der Schuldenbremse keine Rechtfertigung. Sie sparen am falschen Ende, und Sie geben das Geld auch am falschen Ende wieder aus, das muss Ihnen eigentlich klar sein. Wir möchten die Mittel, die an die Privatschulen gehen, auf den bundesweiten Durchschnitt zurückfahren. Und wenn Sie von Chaos reden, Herr Holster, dann müsste in Schleswig-Holstein, NRW und allen anderen Bundesländern das Chaos ausgebrochen sein. Der Durchschnitt liegt bei 70 Prozent, und auf diesen Durchschnitt möchten wir das zurückführen. Das Geld würden wir dann gern im allgemeinbildenden Schulwesen untergebracht wissen, vor allem für die Ausstattung der Inklusion.

Ich weiß nicht, ob Ihnen eigentlich klar ist, Frau von Treuenfels, wenn Sie hier immer anführen, die Qualität im Schulwesen sei so schlecht, dass Sie damit die Lehrerinnen und Lehrer angreifen. Das finde ich wirklich voll daneben, weil diese mit ganz viel Engagement arbeiten.