Protocol of the Session on December 17, 2014

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Der zweite und wichtigste Punkt: Es ist eigentlich relativ unklar, wie man Qualität misst. Sie erinnern sich, ich hatte verschiedene Fragen dazu gestellt. Meinen Sie Ergebnisqualität, meinen Sie Prozessqualität oder Strukturqualität? Die Erkenntnis war, dass es extrem schwierig ist, Qualität zu messen. Wenn Sie das nicht erkennen, verweise ich auf das "Hamburger Abendblatt"; Herr Rybarczyk hat es vor ein oder zwei Wochen in seinem Kommentar sehr richtig geschrieben. Das ist außerordentlich schwierig, und wenn es möglich ist, kann man es mit Sicherheit nicht Ihrem Gesetz entnehmen. Also auch hier greift Ihr Gesetz viel zu kurz.

(Beifall bei der FDP)

Der dritter Punkt: Sie wollen, dass in allen Krankenhäusern Qualitätsbeauftragte eingeführt werden. Als Sie der Fachmann der Ärztekammer fragte, welche Qualifikation der Qualitätsbeauftragte haben müsse

(Finn-Ole Ritter FDP: SPD-Mitglied!)

so schlimm ist es nicht –, kam heraus, dass es sogar der Pförtner sein könnte. Mit anderen Worten: Es gibt keinerlei Qualitätsanforderungen an

den Qualitätsbeauftragten. Das ist doch einfach nur peinlich.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen anerkennen, dass Sie zwei unserer Änderungsanträge übernommen haben. Wir haben als FDP sieben Änderungsanträge gestellt, zwei davon haben Sie übernommen; vielen Dank dafür. So konnten wir im Bereich Notfallaufnahme eine Verbesserung erzielen. Die wesentlichen Kritikpunkte blieben aber unverändert. Damit ist nur eines sicher: Sie haben mehr Kosten und mehr Bürokratie erreicht, eine Qualitätsverbesserung aber wahrscheinlich nicht. Das ist der Grund, warum wir uns damals enthalten haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Eine mutige Ent- haltung!)

Wir wollen etwas für die Qualität tun, gar keine Frage, wir wollen aber kein Bürokratiemonster. Anders als Sie, Herr Dressel, und fast alle anderen, die sich in diesem Parlament zur Gesundheitspolitik äußern, mache ich jeden Tag Gesundheitspolitik, und zwar in praktischer Art und Weise.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie sind ja befangen!)

Wir Ärzte und alle in den Krankenhäusern Beschäftigten leiden an der ständig steigenden Bürokratie. Dank dem, was die Große Koalition in Berlin derzeit veranstaltet, gibt es noch ein massives Mehr an Bürokratie. Sie sollten sich schämen. Seien Sie froh, dass wir nicht gleich mit Nein gestimmt haben.

(Beifall bei der FDP)

Es bleibt bei unserem Haushaltsantrag. Wir können, grob gesagt, 500 000 Euro einsparen, wenn die Behörde, statt wilde und nicht durchdachte Gesetzesvorschläge oder Morbiditätsatlanten zu erstellen, einmal bei sich selbst anfangen würde zu sparen. Folgen Sie unserem Haushaltsantrag. Wir können 500 000 Euro sparen. 32 Quadratmeter pro Mitarbeiter sind viel zu viel, 25 tun es auch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Artus das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Die Gesundheitssenatorin hat einen Konsolidierungshaushalt im Zeichen der Schuldenbremse vorgelegt; so hat sie ihn in der ersten Beratung zum Haushalt angekündigt. Zum Teil geht es ihr wie dem Sozialsenator: Einen großen Teil des Etats machen gesetzliche Leistungen aus. Da wird der politische Handlungsrahmen immer kleiner, wenn man sich selbst diktiert hat, keine Schulden mehr machen zu wollen.

Die Hilfen zur Pflege steigen auf 203 Millionen Euro in 2015 und auf 208 Millionen in 2016 an. Der Maßregelvollzug kostet von Jahr zu Jahr mehr Geld, und auch die Eingliederungshilfen für Suchtkranke steigen, wenn auch diese beiden Posten weniger umfangreich sind. Die Verbraucherzentrale muss sich mit 850 000 Euro begnügen und der Hamburger Tierschutzverein wird 2 Millionen Euro bekommen. Das ist vor allem für die Verbraucherzentrale viel zu wenig, wenn man sich die gesellschaftlichen Leistungen anschaut, die von diesen beiden Einrichtungen erbracht werden.

Am Gesundheitsetat wird besonders deutlich, wohin der Kurs der SPD führt. Die vielen Einrichtungen, die Zuwendungen empfangen, bekommen ihre Tariferhöhungen nicht ausgeglichen. Das ist nichts anderes als Tarifflucht, verehrte SPD-Fraktion, und ich finde es beschämend, dass ausgerechnet die SPD diesen Kurs beibehält.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist durchaus als ein Zeichen anzusehen, dass GRÜNE, CDU und LINKE zusammen einen Antrag zur AIDS-Hilfe gestellt haben. Lieber Martin Schäfer, Ihre Rede war streckenweise witzig, sie war aber im Grunde wirklich purer Klamauk.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Roland Heintze und Birgit Stöver, beide CDU)

Sie stellen sich hin und tun so, als wüssten Sie nicht, was gemeint ist. In der ersten Haushaltsberatung haben wir Sie darauf hingewiesen, dass die AIDS-Hilfe Kündigungen aussprechen muss, wenn die Finanzierung so beibehalten wird, wie es im Haushaltsplan-Entwurf vorgesehen ist. Sie haben das mit Nichtwissen kommentiert, genauso wie die Senatorin, und anscheinend haben Sie sich bis heute nicht die Mühe gemacht, bei den Kolleginnen und Kollegen der AIDS-Hilfe nachzufragen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Das finde ich wirklich peinlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Katharina Fegebank GRÜNE)

DIE LINKE möchte mehr Investitionen in die Gesundheit und in den Verbraucherschutz, und sie möchte mehr Einblick in Entscheidungsspielräume in der gesundheitlichen Versorgung. Wir möchten, dass die gesetzlichen Leistungen langfristig nicht mehr steigen, sondern sinken, damit Politik wieder Handlungsspielräume bekommt, aber sie werden erst sinken, wenn die Pflege für die betroffenen Menschen bezahlbar wird, auch wenn sie kein großes Einkommen haben. Der Antrag der SPD zu neuen Wohn- und Pflegeformen ist daher aus unserer Sicht auch nicht ehrlich, weil er die Probleme in der Pflege und von pflegebedürftigen Menschen nicht benennt. Stattdessen soll ein Programm für Wohn- und Pflegeformen aufgelegt werden, von

(Dr. Wieland Schinnenburg)

dem Sie der Bürgerschaft noch nicht einmal grob umrissene Vorstellungen vermitteln. Dafür sollen Umschichtungen von 1,5 Millionen Euro erfolgen. So ein Antrag müsste gründlich diskutiert werden. Sie würden uns so einen Antrag um die Ohren hauen. Das tun wir jetzt auch, einen Freifahrtschein bekommen Sie von uns dafür nämlich nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die CDU-Anträge finden wir teilweise unterstützenswert. Der Stärkung der Suchtberatung stimmen wir zu, auch der Sicherung und dem Ausbau im Bereich Lebensmittelrecht; da haben Sie sich wirklich sehr engagiert, und das wissen wir auch zu würdigen. Aber Ihr Vorschlag bezüglich der Seniorengenossenschaften findet bei uns keine Zustimmung, das habe ich Ihnen auch schon im August des letzten Jahres gesagt. Seniorenpolitik erschöpft sich nicht in Klienteldenken, sondern man sollte sie einbetten in allgemeine Sozial- und Stadtentwicklungspolitik, und hier im Konkreten in den sozialen Wohnungsbau. Und dann wollen Sie einen Koordinator oder eine Koordinatorin für das Wohnen im Alter installieren und damit quasi eine Parallelstruktur schaffen.

(Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

Melden Sie sich doch, Herr Ritter.

DIE LINKE möchte hingegen bestehende Strukturen in den Bezirken stärken und ausbauen. Sie aber wollen einen Posten schaffen, dessen Aufgabenvolumen ich mir wirklich nur ganz ungefähr vorstellen kann und das faktisch nicht zu bewältigen ist.

DIE LINKE fordert auch im Rahmen des neuen Doppelhaushalts für den Aufgabenbereich der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz eine vollständige Übernahme der Tarifsteigerungen, des Weiteren eine Stärkung der Beratungszentren für Seniorinnen und Senioren, des Verbraucherschutzes, eine bessere finanzielle Ausstattung der Selbsthilfegruppen und der Suchtselbsthilfe sowie eine Stärkung des´ öffentlichen Gesundheitsdienstes; danke, dass Sie die konkreten Zahlen noch einmal genannt haben, Herr Dr. Schäfer. Außerdem wollen wir, dass Hamburg ein Zeichen setzt und sich bei der reproduktiven Gesundheit besser engagiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Die von den Vereinten Nationen einberufene Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo begründete 1994 das Recht auf reproduktive Gesundheit, das aber immer noch nicht verwirklicht ist, auch nicht in diesem Land. Daher wollen wir 1,5 Millionen Euro für kostenlose Verhütungsmittel; ich will das noch einmal erläutern, weil es vielen nicht so transparent ist. Für Gesundheitspflege – dazu gehört es nämlich – werden im Hartz-IV-Regelsatz lediglich 16,80 Euro

monatlich berücksichtigt. Allein die Pille kostet 13 Euro im Monat. Sichere Verhütung darf aber nicht am Geldbeutel scheitern. Andere Städte wie Berlin, Flensburg, Lübeck oder Dortmund haben mit diesem Programm beste Erfahrungen gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

An der Gesundheit zu sparen, ist nicht richtig, aber jede dritte frei werdende Stelle in der Gesundheitsbehörde soll nach Auskunft der Senatorin PrüferStorcks nicht mehr wiederbesetzt werden. Das wird sich fatal auswirken; vermutlich werden sich dann sogar bald die Prophezeiungen der FDP erfüllen, dass die Gesundheitsbehörde sich selbst abschafft. Sie werden das meiner Meinung nach aber überhaupt nicht einhalten können, was Sie sich da vorgenommen haben.

Solange Sie sich vom Diktat der Schuldenbremse scheuchen lassen, werden Sie keine Politik entwickeln, die die Gesundheit wirklich sozial definiert, sondern eher die Gesundheit als Ware definiert; das wäre schade. Drehen Sie Ihren Kurs bei, machen Sie es vernünftig, Sie können es.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Frau Senatorin Prüfer-Storcks.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe neulich in einem Zeitungsbericht über die Haushaltsberatungen gelesen, dass die Doppik dazu führen würde, dass Abgeordnete den Haushalt nicht mehr verstünden. Ich bin geneigt, das zu glauben, nachdem ich die Einlassungen von Frau Stöver gehört habe. Wie man eine Steigerung von 426 Millionen Euro auf 458 Millionen Euro – das sind 7,5 Prozent – als Kürzung bezeichnen kann, ist mir ein Rätsel. Das kann auch nicht nur mit Doppik erklärt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir investieren deutlich mehr Geld in gute Pflege, wir bleiben bundesweit Spitze bei den Krankenhausinvestitionen, wir fördern weiterhin eines der bundesweit am besten aufgestellten Suchthilfesysteme, und wir halten einen leistungsfähigen Arbeits- und Verbraucherschutz vor. Das bleibt auch weiter so.

(Beifall bei der SPD)

Dafür wird auch die demografische Entwicklung sorgen, die bewirkt, dass gute gesundheitliche Versorgung und gute Pflege an Bedeutung gewinnen.

Ich will nicht unterschlagen, dass wir mit der Gesundheitsbranche in Hamburg inzwischen einen Wirtschaftszweig haben, der zu denen gehört, die sich am dynamischsten entwickeln. Wir haben schon mit dem Hafen gleichgezogen, und die Stei

(Kersten Artus)