Protocol of the Session on January 22, 2015

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(Beifall bei der FDP)

Sie können den Bürgermeister auf den Plakaten verstecken wie Sie wollen, Sie können ihn sogar von hinten fotografieren, aber jeder weiß, dass die Hamburger Hochschulen schlechte Karten haben, seitdem dieser Bürgermeister regiert. Das ist die Situation, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann sind es die Kapazitätsvereinbarungen, die vor zwei Wochen zwischen der Universität und der Behörde abgeschlossen wurden. Darin stehen die Zahlen, die Sie aber nicht wahrhaben wollen: fast 400 Studienanfängerplätze weniger, eine drastische Senkung der Professorenstellen und trotz all dieser drastischen Kürzungen wird die Universität Hamburg in den Jahren 2015 und 2016 ein operatives Minus von nicht weniger als 55 Millionen Euro haben. Anders ausgedrückt: Die Universität Hamburg lebt dank dieser Senatorin und dieses Bürgermeisters von der Substanz. Das ist Ihre Hochschulpolitik.

(Beifall bei der FDP)

Nun ist die Frage, wer eigentlich daran schuld ist. Wenn man die SPD hört, dann ist es vielleicht der böse Professor Lenzen von der Uni oder der böse Herr Schinnenburg von der FDP.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

Nein, meine Damen und Herren, in der Kapazitätsvereinbarung steht genau, wer schuld daran ist, dass die Universität Hamburg Studienplätze und

(Jens Kerstan)

Professorenstellen abbaut und trotzdem Minus macht. Wörtliches Zitat auf Seite 7:

"Dies erfolgt in Reaktion auf budgetär nicht abgebildete Kostensteigerungen der UHH […]"

Dieses Papier kommt nicht von dem bösen Professor Lenzen oder dem bösen Herrn Schinnenburg, es ist von Ihrer Senatorin Dr. Stapelfeldt persönlich unterschrieben. Diese Senatorin bescheinigt sich selbst, dass sie die Uni kaputtspart. Das ist die Wahrheit, von Ihnen selbst bestätigt.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Eva Gümbel, Jens Kerstan, beide GRÜNE, und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Es ist schon ein beachtlicher Kontrast: Derselbe Senat, der bereit ist, über 400 Millionen Euro in eine Reederei zu investieren, schafft es nicht einmal, 30 Millionen Euro, von Berlin kommend, in Hamburg bei den Hochschulen abzuliefern. Das ist typische SPD-Politik. Die Staatswirtschaft wird gefördert, aber für Bildung und Wissenschaft, für unsere Zukunft hat man kein Geld. Meine Damen und Herren, das muss geändert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE und Dr. Walter Scheuerl fraktions- los)

Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu dem Titel der CDU: Wenn wir von Wirtschaft sprechen, dann reden wir nicht nur über das Bruttoinlandsprodukt und über Wachstumsraten, sondern wir reden auch über Arbeitsplätze.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD – Diet- rich Wersich CDU: Genau, das war das Ers- te, was ich genannt habe!)

Und wenn wir uns das in Hamburg anschauen, dann müssen wir leider feststellen, dass wir es hier mit einem sehr negativen Phänomen zu tun haben, nämlich mit einer ausgedehnten prekären Beschäftigung, was wir ausgesprochen stark kritisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie, Herr Dr. Dressel, davon sprechen, dass 50 000 Arbeitsplätze mehr geschaffen worden sind, dann ist das zwar richtig, aber wir müssen uns fragen, was denn das für Arbeitsplätze sind. Das Problem ist, dass wir in Hamburg eine sehr hohe Anzahl von Aufstockern haben und dass der der Landesmindestlohn 8,50 Euro ausmacht. Sie werden sagen, das sei besser als gar keiner, aber eines müssen Sie zugeben, und das hat auch der DGB schon öfter vorgerechnet: Ein Mindestlohn

von 8,50 Euro bedeutet nicht, dass man ein Leben in Würde führen kann. Er hat zur Konsequenz, dass man ein Leben in Armut führt, und das kritisieren wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben in Hamburg die Situation, dass wir eine viel zu hohe Anzahl an Minijobs haben, und viele dieser 50 000 Arbeitsplätze fallen genau in den Bereich prekäre Beschäftigung, Aufstocker und Minijobs. Das ist kein Grund zum Jubeln, das muss geändert werden.

Wir sind der Auffassung, dass es viel zu viel prekäre Beschäftigung gibt, und das Problem ist, es trifft Frauen, es trifft Alleinerziehende, es trifft Ältere, es trifft Migranten und es trifft vor allen Dingen junge Leute, insbesondere auch in der Universität und in den Hochschulen. Nun hat die CDU als Titel heute angemeldet: "Alarmierende Wirtschaftsdaten, Kürzungen bei der Uni […]". Von dem Zweiten habe ich bei Ihnen, Herr Wersich, irgendwie gar nichts gehört.

(Finn-Ole Ritter FDP: Vielleicht kommt das noch!)

Vielleicht kommt das noch, wollen wir mal sehen, aber auf jeden Fall haben Sie dazu nichts gesagt.

Ich will einmal zitieren, was die Senatorin in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses gesagt hat, als wir die Kapazitätsvereinbarungen besprochen haben. Sie hat auf die Vorhaltungen der Opposition, dass im Hochschulbereich entschieden zu wenig Finanzen zur Verfügung stehen, gesagt, ich habe es mitgeschrieben: Wir haben eine sehr gute wirtschaftliche Lage an den Hamburger Hochschulen, dort befinden sich 300 Millionen Euro Rücklagen. Das ist dahergesagt und es stimmt in keinem Punkt, denn in diesen Kapazitätsvereinbarungen selbst findet sich folgender Absatz:

"Die grundfinanzierten Bachelor-Anfängerplätze werden in einigen Fakultäten in 2014 gegenüber den Vorjahren geringfügig absinken. Dies erfolgt in Reaktion auf budgetär nicht abgebildete Kostensteigerungen der Hochschulen und dient dem Ziel, die Qualität des Studiums auf hohem Niveau aufrecht[zu]erhalten […]"

Dieses budgetär nicht Abgebildete heißt, dass es eine Erhöhung von 0,88 Prozent gibt, die Tarifsteigerungen aber bei 2,5 Prozent liegen. Ich habe nachgefragt, wie hoch denn der Anteil sei, der budgetär nicht abgebildet werden könne. Daraufhin hat die Senatorin gesagt, dazu könne sie leider nichts sagen, und es war dauernd von den Entwicklungspfaden in der Hochschulpolitik die Rede. Und das hat Herr Schinnenburg richtig benannt: Die Entwicklungspfade in der Hochschulpolitik dieses Senats bestehen darin, dass Professorenstellen, Doktorandenstellen und Studierendenzahlen

(Dr. Wieland Schinnenburg)

abgebaut werden und dass insgesamt den Universitäten und der Hochschule viel zu wenig Finanzen zur Verfügung stehen. Am 9. Dezember sind ungefähr 5000 Studierende und Professoren auf die Straße gegangen und haben einen Sternmarsch durchgeführt, und der Vorsitzende des Personalrats des wissenschaftlichen Personals der Universität, Professor Dr. Burger, hat noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass die Hochschulfinanzierung nichts anderes beinhaltet als eine konstante und stabile Unterfinanzierung, die von Jahr zu Jahr größer wird. Er hat vorgerechnet, dass bis 2018 voraussichtlich eine Unterfinanzierung von rund 10 Prozent allein an der Uni bestehen wird. Das sind nur für die Universität Hamburg ungefähr 30 Millionen Euro. Auch wir fordern, dass die BAföG-Millionen, 30 bis 35 Millionen Euro, entsprechend dem Anteil der Studierenden, sprich 90 Prozent dieses Betrags, in die Hochschulbildung gehen, und zwar nicht in Beton, sondern in die Köpfe. Wir fordern, dass es eine Übernahmegarantie für Bachelor-Absolventen in Master-Studiengänge gibt, und zwar 1:1, und wir fordern auch, dass die Lehrverpflichtungen verringert werden, damit die Qualität des Studiums stimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, Sie haben schon angemerkt, dass auch das Thema Kürzungen bei der Universität Teil der Themenanmeldung ist, und es gehört nicht so viel dazu, zu erkennen, dass Wirtschaftsdaten, die langfristige wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und der Metropole und die Entwicklung der Hochschulen und Kürzungen bei den Hochschulen zusammengehören. Das steht in einem Zusammenhang, und deshalb haben wir das auch bewusst zusammen angemeldet. Ich fand die Argumentation von Ihnen, Herr Dressel, ziemlich bezeichnend. Sie haben gesagt: Was wollt ihr denn? Die Steuereinnahmen sind doch in Hamburg gestiegen. Natürlich sind diese seit dem konjunkturellen Einbruch 2009/2010 massiv gestiegen, aber wir dürfen doch nicht nur die Hamburger Binnensicht haben. Wir müssen uns doch anschauen, dass die wirtschaftliche Entwicklung in anderen Bundesländern wesentlich dynamischer war und dass anderswo die Steuereinnahmen deutlich stärker gestiegen sind. Das muss uns als Metropole doch zu denken geben, wenn wir mit anderen Regionen im Wettbewerb stehen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich anschaut, was im Unibereich und an den Hochschulen gelaufen ist, dann gab es in dieser Legislaturperiode von Anfang an eine Kette gravierender Fehler. Einiges ist schon angespro

chen worden. Sie haben die Hochschulen gleich Anfang 2011 auf einen Abbaukurs geschickt, indem Sie aufgekündigt haben, was jahrelang Konsens war, nämlich Tarifsteigerungen beim Personal auszufinanzieren. Sie sind den Hochschulen von Anfang an mit großem Misstrauen begegnet. Sie haben sich jahrelang mit einem Hochschulgesetz beschäftigt, in das Sie viele kleine Regelungen hineingeschrieben haben. Gegen jegliche Expertenkritik haben Sie dieses Gesetz durchgedrückt, anstatt einfach einmal vernünftig mit den Hochschulen zu reden und sich bei dem Gesetz aufs Wesentliche zu beschränken.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben die Infrastruktur für die Forschungsförderung und auch das Volumen der Forschungsförderung, das mit der Wissenschaftsstiftung gerade aufgebaut worden war, gleich wieder plattgemacht. Wichtige Bereiche, um Schwerpunkte an den Hochschulen auszubauen, um neue Ideen voranzubringen und auch neue Forschungsbereiche zu fördern, haben Sie kaputtgemacht. Drei Jahre passierte gar nichts, jetzt wurden kleinere Förderlinien wieder ausgeschrieben. Das ist Ihr Ansatz, immer weniger Geld immer mehr in die Breite zu investieren. Das verpufft, das hat keine Wirkung, und das kann nur im Desaster enden.

Und last, but not least das Thema BAföG-Mittel. Sie reduzieren die Landesmittel im Wissenschaftshaushalt um 30 Millionen Euro und kassieren die BAföG-Mittel für andere Zwecke. Jahrelang haben diese Senatorin und dieser Senat geklagt, hätten wir doch mehr Bundesmittel, dann könnten wir mehr bei den Hochschulen finanzieren. Jetzt kommen die Mittel, und sie fließen an den Hochschulen komplett vorbei. Das ist doch ein Totalversagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP)

Herr Schinnenburg ist auf die Kapazitätsvereinbarung mit der Universität eingegangen, und die spricht wirklich Bände. Die Lehrleistung wird binnen kurzer Zeit um 5 Prozent reduziert, die Studienanfängerplätze um 7 Prozent. Wenn man sich anschaut, wo die Studienplätze besonders gekürzt werden, auch aufgrund der Leitlinien und Vorgaben dieser Behörde, dann ist das doch bezeichnend: An der MIN-Fakultät mit den Naturwissenschaften ist es zweistellig, mehr als 10 Prozent in einem kurzen Zeitraum. Das ist der Bereich, wo wir die zwei Exzellenzcluster in Hamburg haben. Das ist doch schon sehr merkwürdig. In der Betriebswirtschaftslehre werden die Bachelor-Anfängerplätze in einem sehr kurzen Zeitraum um 15 Prozent reduziert. Diese Fakultät ist im Forschungsranking bundesweit gerade auf Platz 2 in Deutschland gelandet. Sie hat sich sukzessive verbessert, und anstatt zu sagen, hier haben wir starke Bereiche, die stärken wir und die bauen wir auf, wird Erfolg bei

(Dora Heyenn)

Ihnen bestraft. Das ist doch merkwürdig, und so funktioniert die Zukunftsausrichtung des Hochschulstandorts nicht.

(Beifall bei der CDU)

Die Hochschulen selbst haben in der vergangenen Woche eine Studie vorgestellt, wo sie noch einmal dargelegt haben, welche enorme wirtschaftliche Bedeutung die Hochschulen für den Standort, für die Bruttowertschöpfung, die hier erwirtschaftet wird, haben. Für jeden Euro, den wir hineinstecken, fließen im Prinzip zwei zurück. Ich will die Hochschulen nicht nur auf ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt reduzieren, weil sie eine viel größere Bedeutung haben, aber allein die wirtschaftliche Bedeutung spricht doch für sich, und das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. Im Umkehrschluss heißt das doch auch, wenn der Multiplikatoreffekt 1:2 ist, dass es dann entsprechend deutliche negative Effekte hat, wenn der Etat um 30 Millionen Euro abgesenkt wird. Das ist kurzsichtig und verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP)

Deshalb sagen wir sehr deutlich: Für uns spielen Wissenschaft und Forschung eine Schlüsselrolle für die zukünftige Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit der Stadt. Viele andere Städte und Metropolen haben sich hier auf den Weg gemacht, und Hamburg darf sich heute nicht auf Zufriedenheitswerten ausruhen, Herr Dr. Dressel, sondern Hamburg muss auch in die Zukunft blicken und mittelund langfristige Perspektiven verfolgen. Wir wollen einen Zukunftspakt für die Hochschulen und die Wissenschaft in dieser Stadt, wir wollen eine Sanierungsoffensive und eine klare Schwerpunktsetzung für diesen Politikbereich.