Protocol of the Session on February 4, 2015

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"Lediglich einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 318,6 Millionen Euro hat der Neueigentümer bislang gezahlt. Aufgrund vertraglicher Regelungen hat die Stadt jedoch bereits 108,4 Millionen Euro zurück überwiesen, weil die Ertragslage des Unternehmens den garantierten Umsätzen nicht ansatzweise entsprach. Für das Geschäftsjahr 2007 musste Hamburg 39,2 Millionen Euro an Asklepios zahlen."

Zitatende.

Die Gewinngarantie des Hamburger Senats lief mit dem Jahr 2007 aus. 2008 war dann auch das Jahr, in dem sich erstmals Gewinne in Millionenhöhe bei Asklepios einstellten – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der 2010 noch ausstehende Betrag in Höhe von 118,6 Millionen Euro wurde um 75 Millionen Euro reduziert. Grund für die Kaufpreisminderung soll die wirtschaftliche Entwicklung der Kliniken unter dem neuen Eigentümer Asklepios gewesen sein. Schaut man in den Beteiligungsbericht, stellt man allerdings fest, dass in 2010 ein Gewinn von 53,6 Millionen Euro gemacht wurde. Zeitgleich erklärte ein Asklepios-Sprecher, dass ein Festpreis von 243,6 Millionen Euro vereinbart sei. Es sind Ungereimtheiten über Ungereimtheiten, und das erfordert, dass die Verträge offengelegt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Gesamtentwicklung von Asklepios wies nach eigenen Angaben für 2008 einen Überschuss von 52 Millionen Euro und für 2009 einen Überschuss von 88 Millionen Euro aus. Dem Beteiligungsbericht ist aber zu entnehmen, dass in 2008 1,207 Millionen Euro und in 2009 23,6 Millionen

Euro erzielt wurden. Auch hier Fragen über Fragen, Widersprüche über Widersprüche.

In 2012 schnellte laut Beteiligungsbericht das Jahresergebnis dann auf satte 58,44 Millionen Euro hoch. Trotz dieser hohen Gewinne erhielt Asklepios eine Steuerrückerstattung von 11,6 Millionen Euro. Insgesamt addieren sich die Steuererstattungen bis 2012 auf über 21 Millionen Euro. Auch hier Fragen über Fragen und keine Antworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Private Krankenhauskonzerne haben Anspruch auf Investitionsförderung durch die Länder, wie alle Krankenhäuser. Vom hohen Niveau der Investitionsförderung in Hamburg profitierte Asklepios ganz erheblich. Von 2005 bis 2010 wurden insgesamt 652,3 Millionen Euro an Investitionen getätigt. Die Eigenmittel von Asklepios betrugen 309,9 Millionen Euro. Das heißt, die Stadt hat 342,4 Millionen Euro Steuermittel in Asklepios investiert. Hinzu kommt, dass das Areal mit den Gebäuden 60 Jahre miet- und pachtfrei von der Stadt zur Verfügung gestellt wird – wieder Fragen über Fragen.

Bei einer Beteiligung von 25,1 Prozent könnte man auf die Idee kommen, dass es auch eine Gewinnbeteiligung gibt. Fehlanzeige. Jens Kerstan hat eine Schriftliche Kleine Anfrage dazu gestellt. Er hat die Antwort bekommen – Zitat –:

"Die in den Geschäftsjahren 2007 bis 2013 entstandenen Jahresergebnisse sind jeweils durch Beschluss der Gesellschafterversammlung auf neue Rechnung vorgetragen worden. Die erwirtschafteten Mittel sind im Unternehmen verblieben, um zur Finanzierung von Investitionen aus Eigenmitteln zur Verfügung zu stehen."

Nun ist die Frage: Hat die Vertreterin der Stadt auch dafür gestimmt – dafür stimmen müssen –, oder wurde sie aus der Sitzung entfernt? Das wäre doch einmal interessant zu wissen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der ZEIT KONFERENZ Gesundheitsstandort Deutschland am 28. November 2014 hat der Gründer und Gesellschafter der Asklepios-Kliniken, Herr Broermann, auf die – ich zitiere – "gewaltige Arbeitsverdichtung" in den deutschen Kliniken hingewiesen. Im Vergleich zu den städtischen Krankenhäusern investiere sein Unternehmen als private Einrichtung mehr und setze auf Innovationen in der Krankenhausführung. Und dann heißt es weiter:

"Das Wissen, keine Steuergelder zu erhalten"

keine Steuergelder zu erhalten –

"übe einerseits einen großen Druck aus, andererseits mache Not erfinderisch."

So Herr Broermann, wiedergegeben von "Der Zeit". Die Frage ist doch, welche Not das sein soll. Das ist nicht nachvollziehbar. Transparenz würde helfen, aber Asklepios erteilt regelhaft keine Auskünfte zu den parlamentarischen Fragen, die wir als Abgeordnete stellen. Stets beruft sich der Konzern auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Wir sagen: Öffentliche Beteiligung ohne umfassende Information ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Veranstaltung von Attac im Jahr 2011 mit Dr. Martin Schäfer von der SPD trug den Titel "Asklepios plündert den Hamburger Haushalt". Danach hat der Abgeordnete Schäfer es sich zur Aufgabe gemacht – ich zitiere –:

"[…] diese Privatisierung nach und nach aus dem Dunkel ans Licht zu bringen."

(Beifall bei der LINKEN)

Dann sind wir schon zwei, die das wollen. Wenn ich den Zusatzantrag von den GRÜNEN richtig verstanden habe, sind es drei Fraktionen, die das wollen, es werden also immer mehr.

Es stimmt, die Privatisierung der Krankenhäuser ist Hamburg teuer zu stehen gekommen, und es nimmt keine Ende, wenn nicht gehandelt wird. Auch deshalb wollen wir die Rekommunalisierung auf den Weg bringen.

Ein Mitarbeiter eines Asklepios-Krankenhauses hat neulich bei einer Veranstaltung in Lurup gesagt, dass jeder Patient als willkommene Geldquelle betrachtet werde. Ich finde, besser kann man es eigentlich nicht kritisieren. In unserem Gesundheitssystem sollte nicht die Rendite, sondern der Mensch im Mittelpunkt stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch deshalb wollen wir die privatisierten Krankenhäuser in Hamburg wieder zu 100 Prozent in die öffentliche Hand bringen. Das öffentliche Eigentum an Krankenhäusern ist zwar keine Garantie für fehlerfreie Behandlungen und vorbildliche Arbeitsbedingungen, aber öffentliche und freigemeinnützige Krankenhäuser erhalten der Politik Gestaltungsräume, die Krankenhauslandschaft nach Bedarfsgesichtspunkten und nicht nach Marktgesetzen zu steuern. Nach dem Sozialstaatsprinzip sind Kliniken nicht wie gewöhnliche Unternehmen zu betrachten, die gewinnorientiert wirtschaften. Krankenhäuser müssen sich grundsätzlich am Bedarf der Menschen nach diagnostischen, medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Leistungen orientieren, und nicht an privatwirtschaftlichen Interessen der Kapitalverwertung. – Wir bitten um die Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schäfer von der SPD-Fraktion.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Er muss jetzt ja 'Ja' sagen!)

Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es muss einiges richtig gestellt werden, und zwar in alle Richtungen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das Zitat stimmt schon mal!)

Zum einen: Der Verkauf damals war noch viel schlimmer, als Sie glauben. Er war ein Teil der finanzpolitischen Schneise der Verwüstung, die der damalige Finanzsenator Peiner in dieser Stadt geschlagen hat.

(Beifall bei der SPD)

Es beginnt mit der Lüge, mit der der Abschnitt …

(Glocke)

Herr Abgeordneter!

Es beginnt damit, dass Abschnitt F.5.2 der Drucksache 18/ 849, in dem es um die Verkaufsmodalitäten geht, mit dem Satz beginnt, der Kaufpreis für die Krankenhäuser des Landesbetriebs Krankenhäuser betrage 318,625 Millionen Euro. In dem Moment, in dem dieser Satz gedruckt wurde, wussten die Verantwortlichen – dort hinten steht einer von ihnen; Herr Wersich war damals Staatsrat für Gesundheit –,

(Gerhard Lein SPD: Herr Wersich hört gar nicht zu!)

dass diese Zahl falsch ist und um 75 Millionen Euro verringert werden würde. Ich will das gern begründen.

Die Frage, ob der Kaufpreis um 75 Millionen Euro verringert werden könne, wurde festgemacht an einer betriebswirtschaftlichen Maßzahl, dem EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibun- gen) für die fünf Jahre von 2005 bis 2009. Die tatsächlichen Werte lagen, wie sich später herausstellte, irgendwo zwischen 1 und 8 Millionen Euro pro Jahr. Im Jahr 2010, dem ersten Jahr danach, waren es über 50 Millionen Euro. Damals dachten wir: Hoppla, was ist da passiert? In einer Sitzung des Ausschusses Öffentliche Unternehmen haben wir das Ganze aufgerollt. Es stellte sich heraus, dass selbst dann, wenn in jedem dieser fünf Jahre 50 Millionen Euro erreicht worden wäre, die Schranke nicht erreicht worden wäre; der Kaufpreis hätte trotzdem um 75 Millionen Euro vermindert werden können. Das heißt, in dem Moment, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde, wusste

man – Herr Wersich, Herr Peiner, Herr Dräger, sein Chef –, dass diese Zahl 318 Millionen Euro falsch war und verringert werden würde.

(Beifall bei der SPD)

Das stand im Moment des Verkaufs fest. Das war die erste Falschaussage bezüglich dieses ganzen Vertragswerks.

Die nächste Sache. Sie haben recht, es gab dieses Nettoumlaufvermögen-Darlehen, eine Art Dispokredit, bis zur Höhe von wiederum 75 Millionen Euro. Hier ist interessant, wie das verzinst wurde; das ist in der Verkaufsdrucksache nachzulesen: 120 Basispunkte über 3-Monates-EURIBOR, was immer das sein mag; man kann googeln. Heute wären das 1,25 Prozent, damals, Anfang 2005, waren es 3,35 Prozent. Das heißt, alles, was von der Stadt an Darlehen in den Betrieb reingegangen ist, wurde von ihr zu höheren Zinsen aufgenommen, als sie von Asklepios zurückbekommen hat – ein wunderbares Geschäft. Dieser Vertrag war in der Tat, ich sage es noch einmal, eine Furche der finanzpolitischen Zerstörung in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das ist von einem Finanzsenator zu verantworten, der damit – darauf bestehe ich – seinen Amtseid gebrochen hat. Er hat Schaden von dieser Stadt nicht abgewendet, er hat ihr Schaden zugefügt.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE und Dora Heyenn DIE LINKE)

Es geht noch weiter. Es war klar, dass diejenigen Beschäftigten, die schon im Jahr der Gründung beim LBK beschäftigt waren, weiterhin bei der Stadt bleiben dürfen, wenn sie es möchten. Das sind die Rückkehrer. Es wurde vereinbart, dass mit jedem Rückkehrer 25 000 Euro mitgehen. Das wurde aber gedeckelt, auf 15 Millionen Euro insgesamt. Jetzt können Sie sich ausrechnen, dass diese Summe die Rückkehr von 600 Menschen abdeckt. Wie viele kamen? Mehr als 1600. Die Kosten für die Stadt betragen pro Jahr fast 50 Millionen Euro, und das seit sieben Jahren. Sie können sich ausrechnen, was die Stadt aufwenden muss, und das in Bezug dazu setzen, was sie bekommen hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Stimmt! – Chris- tiane Schneider DIE LINKE: Pfui!)