Protocol of the Session on December 12, 2012

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(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Herr Schwieger, warum gab es das bis zum Regierungswechsel in Hamburg nicht? – Ksenija Bekeris SPD: Warum gibt es das jetzt in CDU-regierten Ländern nicht?)

Das gibt es auch in CDU-geführten Ländern nicht, Herr Wersich. Sie müssen uns einmal erklären – ich kann aber auch gern eine Schriftliche Kleine Anfrage stellen –, wie Sie bei der Bundeshaushaltsordnung die Mittel übertragen haben, was uns jeder erzählt.

(Dietrich Wersich CDU: Nein, ausgegeben! Für die Arbeitslosen ausgegeben!)

Sie können das gern noch einmal erläutern, Herr Wersich, dafür ist das Rednerpult da.

Wir werden in unseren Aktivitäten jedenfalls nicht nachlassen. Unser Ziel ist es, den Menschen ein Leben ohne Transferleistungen zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich muss ich darauf hinweisen, dass die Kürzungen der Bundesregierung bei den Instrumenten zur aktiven Arbeitsmarktpolitik unsere Handlungsmöglichkeiten in Hamburg einschränken. Die Bundesregierung spart bei den Hamburger Arbeitslosen bis 2013 circa 100 Millionen Euro ein, 100 Millionen Euro von einst 190 Millionen Euro. Diese Kürzungen der Bundesregierung können nicht ohne Folge für die Betroffenen bleiben. Mit Einführung der Schuldenbremse ist eines klar: Diesen Kahlschlag kann Hamburg nicht kompensieren.

Vor dem Hintergrund sich verfestigender Langzeitarbeitslosigkeit legen die Fraktionen von CDU und FDP Anträge auf eine weitere Reduzierung arbeitsmarktpolitischer Fördermittel vor. Ich möchte hier auf die Drucksache 20/6065 eingehen, ein Antrag der CDU zur Absicherung ehrenamtlicher Tätigkeit. Dies passt nicht wegen des Feldes dazu, sondern wegen des Deckungsvorschlages, den Sie dort machen. Mich wundert schon, dass sowohl Herr Wersich gestern als auch Frau Dr. Föcking heute das Hohelied singen, dass wir nicht genug für die

Arbeitslosen tun, und gleichzeitig den Deckungsvorschlag machen, zweimal 500 000 Euro aus den innovativen und flankierenden Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik zu nehmen.

(Jan Quast SPD: So ist es! – Dirk Kienscherf SPD: Schlimm, ganz schlimm!)

Die FDP zeigt sich besonders hellseherisch. Trotz sich eintrübender Konjunktur glaubt sie, Arbeitsmarktmittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro einsparen zu können. Das zeigt eigentlich nur eines: CDU und FDP verstehen die Problematiken auf dem Arbeitsmarkt nicht oder wollen sie nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion und der Senat stehen dagegen für eine aktive Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Das Haushaltsvolumen der BASFI steigt bis 2014 um 169 Millionen Euro. Dabei haben wir im Rahmen finanzpolitischer Möglichkeiten für eine angemessene finanzielle Ausstattung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Arbeitsmarktprogramm gesorgt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Föcking, das Arbeitsmarktprogramm ruht nicht sanft, wie Sie gerade gesagt haben, sondern das Arbeitsmarktprogramm wird ständig evaluiert. Maßnahmen, die nicht greifen, werden herausgenommen, und neue Maßnahmen, wie Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen, werden aufgenommen. Senat und Jobcenter haben ein Programm für ältere Langzeitarbeitslose aufgelegt. Aus Bundesmitteln werden rund 320 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse mit 75 Prozent bezuschusst. Wir setzen damit auf eine längerfristige Integrationsstrategie. Wir steuern nach unter der Prämisse: Wichtig ist, was den Betroffenen hilft.

(Beifall bei der SPD)

Zusätzlich setzen wir auf präventive Maßnahmen; hier möchte ich nur an die Umsetzung einer Jugendberufsagentur erinnern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vergangenheit mahnt uns doch. Ganz besonders schwer fällt uns die nachhaltige Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Kein Schulabschluss und ein verpasster Einstieg in eine Ausbildung bedeuten, Runde um Runde in Warteschleifen zu verbringen und abhängig von Transferleistungen zu werden. Das wollen wir ändern und auch dort setzen wir an.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend muss ich feststellen, dass die Anträge der Oppositionsfraktionen weder arbeitsmarkt- noch finanzpolitisch überzeugen. Wir werden diese daher ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Der SPD-Senat hat unsere Stadt sozial- wie arbeitsmarktpolitisch gut aufgestellt. Wir werden die soziale Balance in der Stadt und auf dem Arbeitsmarkt wiederherstellen; das ist unser Ziel. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Träum mal weiter!)

Das Wort hat jetzt Frau Demirel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am letzten Sonntag habe ich mir einen Teil der Bundesparteitagsrede von Sigmar Gabriel angeschaut. Es war eine gute Rede.

(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Sigmar Gabriel oder Peer Steinbrück?)

Von Sigmar Gabriel, Sie haben richtig verstanden.

Die Inhalte seiner Rede, was den sozialen Arbeitsmarkt angeht, kann ich fast ausnahmslos unterstreichen. Die Frage ist nur, warum Sie diese guten Absichten nicht in Hamburg umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben hier erklärt, ein Landesmindestlohngesetz für Hamburg einführen zu wollen. Da klopfen wir GRÜNEN und DIE LINKE uns auf die eigene Schulter, weil wir Sie auf diese Initiative gebracht haben und dazu, dass Sie sich endlich einmal bewegen.

(Ksenija Bekeris SPD: Ach, Frau Demirel! – Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Aber Ihr Landesmindestlohngesetz, liebe SPD, wird ein Symbolgesetz bleiben, wenn Sie unsere Ergänzungen und Änderungen nicht aufnehmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Sie haben ein Arbeitsmarktprogramm gemeinsam mit der Arbeitsagentur und dem Jobcenter erstellt, aber nach außen macht der Senat den Eindruck, als ob er überhaupt keinen Einfluss auf die Entscheidungen hätte. Seit zwei Jahren hören wir die Geschichte, dass der Bund kürze und der Senat dagegen machtlos sei. Im letzten Jahr musste Hamburg 20 Millionen Euro Eingliederungsmittel an den Bund zurückzahlen, weil der SPD-Senat nicht in der Lage war, diese Mittel sinnvoll im Interesse der Arbeitslosen einzusetzen. Der Senator lernt nicht aus eigenen Fehlern. Auch dieses Jahr wird Hamburg mehr als 10 Millionen Euro zurückgeben müssen. Auf den letzten Drücker versucht Senator Scheele jetzt im Bundesrat, die Eingliederungsmittel auf das nächste Jahr zu übertragen, aber wir alle wissen, dass Beschlüsse des Bundesrats für die Bundesregierung nicht bindend sind. Sie hätten sich viel früher darum kümmern müs

sen, Herr Senator. Unter dieser fehlerhaften Politik leiden wieder besonders die Langzeitarbeitslosen. Mit Ihren Maßnahmen verfolgen Sie eine Politik, die auf marktnahe Kunden fixiert ist. Sie verstecken sich hinter monatlichen Arbeitsmarktstatistiken und reden schlechte Zahlen schön. Die Realität sieht aber ganz anders aus. Hamburg hat immer mehr Langzeitarbeitslose. Mehr als Zweidrittel der Arbeitslosen in Hamburg sind im SGB-II-Bezug, und 19 000 von ihnen sind länger als zwei Jahre arbeitslos. Wer keine Arbeit hat und abhängig von Transferleistungen lebt, kann nur beschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Ein Theaterbesuch mit den Kindern oder ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt ist fast ausgeschlossen.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Sollen die Kin- der Glühwein trinken?)

Glühwein dann ohne Kinder.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Es gibt auch Kin- derpunsch!)

Ich habe keine Kinder, Herr Dressel, Sie kennen sich da besser aus.

Gerade hier bringen die sozialen Einrichtungen in den Stadtteilen für diese Menschen unverzichtbare Leistungen. Aber als Folge Ihrer Rotstiftpolitik wurden die sozialen Strukturen in den Stadtteilen zerstört. Um diesen Fehler zu korrigieren, mussten Sie letztes Jahr 500 zusätzliche AGH-Stellen und einen Feuerwehrfonds für die Stadtteile einrichten. Dieses Jahr erklären Sie sogar stolz, diesen Quartiersfonds auf anderthalb Millionen erhöht zu haben; also gibt es wieder Notlösungen statt nachhaltiger Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jens-Peter Schwieger SPD: Was ist daran nachhaltig?)

Sie praktizieren den Kahlschlag bei denjenigen, die sich am wenigsten wehren können. Es ist richtig, dass wir immer weniger Geld haben. Gerade deshalb ist es wichtig, das Geld im Interesse aller Betroffenen einzusetzen. Wir brauchen nachhaltige Lösungen, ein Gesamtkonzept gegen die Langzeitarbeitslosigkeit, für Ältere, für Frauen, für Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Ziel ist, die Arbeitslosen wieder in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, wo die Menschen von ihrem Lohn leben können, ohne Transferleistungen beanspruchen zu müssen. Da sind wir uns alle einig, denke ich. Aber gleichzeitig ist es eine Illusion zu glauben, dass alle Langzeitarbeitslosen es schaffen würden. Es geht kein Weg an der Realität vorbei.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Schön, dass Sie die schon abstempeln!)

(Jens-Peter Schwieger)

Wir müssen einen sozialen Arbeitsmarkt für die Gruppe einrichten, die es bei allen Bemühungen aus verschiedenen Gründen nicht schaffen werden, im Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ein langfristig angelegter sozialer Arbeitsmarkt bedeutet, dass die Langzeitarbeitslosen individuell gefördert und qualifiziert werden, und zwar in einer sozialversicherungspflichtigen, öffentlich geförderten Beschäftigung. Das wollen wir mit unserem Antrag als Modellprojekt bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro in Hamburg umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Beschäftigung wäre ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der sozialen Strukturen in den Stadtteilen und würde den Arbeitslosen wohnortnahe Beschäftigung, Betreuung und Qualifizierung anbieten. Wir befürworten auch die Beschäftigung nach Paragraf 16e, Herr Schwieger, aber nicht so, wie Sie es, Herr Senator, in Ihrer Pressemitteilung angekündigt haben. Sie wollen die Zusätzlichkeit bei den Stellen nach Paragraf 16e in der freien Marktwirtschaft aufheben. Wenn diese Klausel aber wegfällt, dann besteht die Gefahr, dass die Betriebe ihre Beschäftigten gegen die geförderten Stellen einfach austauschen, und das geht nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)