Protocol of the Session on December 12, 2012

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Drittens, und das ist geradezu erschreckend, findet keinerlei Überprüfung dieses Index anhand der tatsächlichen Kostenentwicklung statt. Das wird zwar immer hinter dem Geschäftsgeheimnis versteckt, aber es kann doch nicht sein, dass die vielen Unternehmen im HVV Hunderte von Millionen Euro aus der öffentlichen Hand bekommen und sich niemals für ihre tatsächlichen Kosten rechtfertigen müssen. Das ist Verschwendung und ein unverantwortlicher Umgang mit Steuergeldern. Das lehnen wir ab.

Viertens ist die Tariferhöhung beim HVV völlig überflüssig. Von 2010 auf 2011 stiegen die Einnahmen des HVV ohne Tarifanpassung, das können Sie nachlesen in der Drucksache 20/5770, um 29,2 Millionen Euro oder um 4,8 Prozent. Dann frage ich mich, wozu Sie dann eine Tariferhöhung um 3,5 Prozent brauchen. Ganz nebenbei wollen Sie durch den Einstieg vorn im Bus weitere 6 Millionen Euro Mehreinnahmen generieren. Die HVV-Tariferhöhung ist nichts anderes als ein Abkassieren der Bürger, sie ist nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei der FDP)

Aus diesen Gründen gibt es drei Haushaltsanträge der FDP zum Verkehrsbereich. Erstens die Drucksache 20/6139, mit der wir fordern, zunächst nur Planungsmittel für die Busbeschleunigung bereitzustellen. Planen Sie erst einmal vernünftig, dann können wir erneut darüber reden. Der zweite Antrag bezieht sich auf die Mahatma-Gandhi-Brücke. Hier haben Sie uns netterweise mitgeteilt, wo man im Verkehrsetat etwas einsparen kann. Genau die Kosten sollten wir auch senken, natürlich ohne die Mahatma-Gandhi-Brücke zu bauen. Und drittens wollen wir für die KOST, Herr Hesse, zwei Fachleute mehr, aber auch 2 Millionen Euro für Technik, denn wir haben durch die Schriftliche Kleine Anfrage herausgefunden, dass die KOST offenbar gar nichts kann, sie kann noch nicht einmal eine Verkehrssimulation machen. Es ist sinnlos, das Personal zu erhöhen, ohne die Technik zu verbessern. Das ist unser dritter Haushaltsantrag.

Ich fasse zusammen: Erstens reicht es nicht, Unsinn zu verhindern, so gut das ist, zweitens muss man auch etwas Vernünftiges tun und drittens lassen Sie uns auf die zweite Halbzeit des Senats hoffen. Ich habe keine große Hoffnung, aber probieren können wir es. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann hat das Wort.

Außerhalb des Protokolls bin ich geneigt zu sagen: Viertens halte ich jetzt meine Rede und werde drittens darauf hinweisen, warum diese Rede so wichtig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir kommen zum Thema Verkehrspolitik. Was mir bisher total fehlte, war der Hinweis darauf, was Verkehrspolitik im Jahr 2012 und fortfolgenden eigentlich sein kann: eine Politik, die zeigt, wie ökologische Fortbewegung aussehen und vor allen Dingen, wie diese ökologische Fortbewegung sozial gerecht sein kann.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Diese beiden wichtigen Punkte kann ich beim SPD-Senat nicht finden. Sie sind weit davon entfernt, ökologische und sozial gerechte Verkehrspolitik zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fange mit einem Beispiel an, das Sie vielleicht etwas überraschen wird. Gestern hat Herr Wersich sich darüber beklagt, dass der SPD-Bürgermeister die U4 eröffnet habe, als sei diese sein Verdienst. Er hat recht, es ist ein Verdienst des CDU/FDP/ Schill-Senats, dass es diese U4 gibt. Was aber Herr Wersich nicht gesagt hat, ist, welches Versprechen der CDU-geführte Senat mit dieser U4 verbunden hat, nämlich – einige werden es noch

(Dr. Wieland Schinnenburg)

wissen – eine U4 von Bramfeld über Steilshoop, das seit Jahrzehnten auf eine U-Bahn-Anbindung wartet, in die HafenCity zu bauen. Alle aufgeweckten Menschen haben damals schon gesagt: Das ist ein reiner Kostentrick, Sie wollen die Finanzierung retten. Genauso ist es gekommen. Dieser Bilanztrick hat aber nicht dazu geführt, dass dieser unterirdische, saumäßig teure Stummel in die HafenCity irgendwie sinnvoll wäre. Deswegen gibt es keinen Grund zur Freude, dass die U4 eröffnet wurde.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auch die gestrige Aussage von Herrn Scholz, die U4 werde weitergebaut, sie solle verkehrspolitisch nicht unsinnig bleiben, man wolle einen Anschluss an die S-Bahn finden, erfüllt mich nicht unbedingt mit Freude, weil damit auch ein großes Versprechen gebrochen wird.

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, ja!)

Ich möchte Ihnen einmal etwas zeigen, liebe SPD, vielleicht erkennen Sie es noch. Das ist ein Wahlplakat der SPD aus dem Jahr 1974. Zu sehen ist eine U4, als Zielhaltestelle der Osdorfer Born und unten steht: Kommt schon in zwei Jahren.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das ist mittlerweile fast 40 Jahre her, und bevor sich irgendein Senat, irgendeine CDU oder eine grüne Partei – von der FDP gar nicht zu reden – hier hinstellt und sagt, er oder sie werde dafür sorgen, dass diese U4 verlängert wird, stehen Sie alle im Wort, erst einmal eine vernünftige Anbindung für Steilshoop und den Osdorfer Born zu schaffen. Vorher darf nichts anderes passieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Apropos ungerecht, es war eben schon einmal Thema. Über die Mahatma-Gandhi-Brücke haben wir letztes Jahr zweimal im Verkehrsausschuss beraten, und immer waren SPD und Senat sehr ablehnend und sagten, das werde alles viel zu teuer und das solle irgendwie so bleiben. Und dann hat diese SPD, die Kürzungen von 3 Millionen Euro im Jugendbereich, Kürzungen im Sozialbereich und in anderen Bereichen vertritt, die Unverfrorenheit besessen, im Haushaltsausschuss anzukündigen, diese Brücke für 10 Millionen Euro ausbauen zu wollen, obwohl Ihnen selbst Ihre eigenen Verkehrsgutachter gesagt haben, dass das nicht notwendig ist. Das ist ungeheuerlich für eine sozialdemokratische Partei, und das muss abgelehnt werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Till Stef- fen GRÜNE)

Nun zum Thema Busbeschleunigung. Frau Koeppen, ich glaube, Sie haben die Oppositionsanträge nicht korrekt gelesen. Sie finden bei uns keinen einzigen Antrag, der sich aus der Busbeschleuni

gung finanzieren will. Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen sagen wir, die SPD hat eine Fehlentscheidung getroffen – da sind wir uns doch alle einig –, als sie sich gegen die Stadtbahn entschieden hat.

(Dorothee Martin SPD: Nein!)

Sie hatte Ihre Gründe, die ich nicht richtig finde, aber Sie haben angekündigt, eine richtige Busbeschleunigung machen zu wollen. Mittlerweile entpuppt sich diese Busbeschleunigung mehr und mehr als Mogelpackung. Wo fangen Sie eigentlich ernsthaft an? Sie beginnen jetzt mit der MetrobusLinie 5, aber Sie machen keine Anstalten, diese Busbeschleunigung, die ihren Namen für ganz Hamburg trägt, flächendeckender umzusetzen, denn dafür reicht das Geld nicht. Gleichzeitig wollen Sie aber den Verkehr verlagern. Wenn Sie das wirklich machen wollen, dann muss die Busbeschleunigung zügiger kommen und Sie müssen vor allen Dingen auch die Bezirke Harburg und Bergedorf und die anderen Stadtteile berücksichtigen. Das tun Sie bisher nicht, und Sie sind nicht in der Lage, im Verkehrsausschuss auf die Frage zu antworten, was aus diesen Geldern eigentlich alles finanziert wird. Mittlerweile kommen immer mehr Rückmeldungen aus den Bezirken, dass die Busbeschleunigung ein verkappter Straßenausbau für den Autoverkehr sei. Ich bin gespannt, ob Sie uns einmal darlegen, was wirklich in die Busbeschleunigung geht und was in den Straßenausbau für den Autoverkehr. Wir sind dafür, den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken und nicht den Autoverkehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Bleiben wir beim Thema soziale Gerechtigkeit und kommen zu den HVV-Fahrpreisen. Unter SchwarzGrün hat ein ganz unseliger Rhythmus jährlicher Fahrpreissteigerungen seinen Anfang genommen. Ich habe bei den schwarzen und grünen Vorrednern nicht gehört, dass das einmal selbstkritisch angemerkt wurde. Sie haben mit dieser Spirale angefangen. Sich jetzt damit herausreden zu wollen, dass der HVV anders rechne als vorher, zählt nicht.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Warum nicht?)

Sie tragen dazu bei, dass der HVV teurer wird. Sie tragen dazu bei, dass Leute, die überlegen umzusteigen, eben nicht umsteigen werden. Das ist in meinen Augen keine ehrliche Politik. Wir haben deswegen beantragt, das Geld, das der HVV ohne Fahrpreissteigerungen mehr einnehmen wird – nach Angaben des Senats ungefähr 20 Millionen Euro –, für die Kunden und Kundinnen dahingehend zu nutzen, die Fahrpreise zu senken. Zurzeit werden nämlich die Mehreinnahmen von den Kunden und Kundinnen bezahlt, diese haben aber gar nichts davon, dass immer mehr Leute HVV fahren.

So geht es nicht, liebe Genossinnen und Genossen der SPD.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zum Thema Radverkehr. Herr Steffen hat schon viele Kritikpunkte genannt. Dass Sie von dem noch nicht einmal sehr hoch gesteckten Ziel, einen Anteil von 13 oder 14 Prozent Radverkehr am Gesamtverkehr zu erreichen, abgerückt sind, mag noch angehen, aber was tun Sie eigentlich für den Radverkehr? Sie werden nicht müde aufzuzählen, welche Strecken Sie irgendwann einmal planen wollen. In den Haushaltsberatungen habe ich gefragt, warum wir eigentlich so viele Reste haben und nicht alle Gelder für den Radverkehr ausgegeben worden sind. Die Antwort: In den Bezirken sei wohl Personalmangel. Ihr Antrag, den Bezirken mehr Geld für den Radverkehr zu geben, ist deswegen einerseits zwar gut, aber auf der anderen Seite wenig hilfreich, wenn das Personal fehlt. Es ist besonders perfide, dass Sie durch Personalabbau noch einmal mehr im Haushalt kürzen, weil das Geld gar nicht ausgegeben werden kann und Sie noch mehr Geld – aus Ihrer Sicht – sparen können. Das ist ein ganz schlechter Weg für die Radfahrer und Radfahrerinnen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Till Stef- fen GRÜNE)

Meine letzte Minute möchte ich dafür nutzen, um noch einmal zu werben. Im Verkehrsausschuss hat die Links-Fraktion vorgeschlagen, eine gemeinsame Reise zu machen. Reisen bildet, deswegen fährt der Erste Bürgermeister ja auch oft mit Delegationen los, schaut sich andere Städte an und berichtet dann, was man von ihnen lernen kann. Wir haben vorgeschlagen, nach Kopenhagen zu fahren. Kopenhagen hat einen Radverkehrsanteil von 30 bis 40 Prozent. Ich glaube, davon können wir lernen. Ich möchte noch einmal an Sie appellieren: Lassen Sie uns gemeinsam nach Kopenhagen fahren und schauen, was Hamburg von dieser Stadt lernen kann, um eine gute, ökologische Verkehrspolitik zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Herr Senator Horch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn ich zu schnell werde, müssen Sie mich bremsen; ich stehe ein bisschen unter Zeitdruck.

Hamburg ist eine dynamische Stadt, die in internationale Verkehrsströme eingebunden ist und dies aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung auch bleiben soll. Zum einen ist Hamburg ein wichtiger Wirtschaftsstandort, zum anderen aber auch Wohn- und Lebensort für seine Bürgerinnen und Bürger und Arbeitsort für die Pendler aus dem Um

land; auch ökologische Belange müssen in der Verkehrsentwicklung stark berücksichtigt werden. Das alles zusammen ist eine große Herausforderung für die Verkehrspolitik,

(Beifall bei der SPD)

doch der Senat wird dem gerecht und wird zum Wohle Hamburgs die Situation für alle Verkehrsteilnehmer weiter verbessern.

Meine Damen und Herren! Zwei prominente wie aktuelle Beispiele dafür, dass sich in Hamburg etwas tut, sind die Einweihung der U4 und, ganz aktuell, die Eröffnung der Umgehungsstraße in Finkenwerder.

(Beifall bei Jan-Hinrich Fock SPD)

Es ist also weiterhin möglich, große Infrastrukturmaßnahmen in Hamburg zu realisieren.

(Beifall bei der SPD)

Es ist aber auch ein Beleg dafür, dass Erfolge nicht immer unmittelbar zu sehen sein können, sondern gerade im Verkehrsbereich häufig einen langen Planungs- und Umsetzungszeitraum benötigen.