Protocol of the Session on March 27, 2013

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Die beste Argumentation für den Antrag der SPD habe ich in der amtlichen Begründung für das nordrhein-westfälische Vergütungsoffenlegungsgesetz gefunden – ich zitiere –:

"Finanzieren sich Unternehmen der öffentlichen Hand aus öffentlichen Mitteln […], kommt dem Informationsanspruch der Allgemeinheit ein besonderer Stellenwert zu. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen berechtigten Anspruch darauf zu erfahren, wofür die öffentlichen Gelder eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Personalkosten in öffentlichen Unternehmen, also die Frage, welche Vergütungen Vorstände und Geschäftsführer sowie die Mitglieder von Aufsichtsgremien in öffentlichen Unternehmen für ihre Tätigkeit erhalten."

Zitatende aus der amtlichen Begründung.

Meine Damen und Herren! Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen. Es stellt sich die Frage, wer es

(Roland Heintze)

gemacht hat. Dies hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gemacht, und zwar die letzte, die schwarz-gelbe Landesregierung von FDP und CDU, und das schon im Jahr 2009, also zu einem Zeitpunkt, als die GRÜNEN etwa eine vergleichbare Transparenzregelung in der Hamburgischen Bürgerschaft noch abgelehnt haben.

(Beifall bei der FDP)

Wie wichtig Transparenz in dieser Frage ist, zeigt uns der schon angesprochene Fall der HHLA.

Wir erinnern uns, 2008 war die Finanzmarktkrise, deshalb dann 2009 das Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen. Zielsetzung dieses Gesetzes ist nachhaltige Unternehmensführung durch Deckelung von Boni und Tantiemen und mehrjährige Bemessungsgrundlagen für erfolgsabhängige Vergütung, also eben keine Selbstbedienungsmentalität. Was passiert stattdessen bei der HHLA?

(Wolfgang Rose SPD: Genau das!)

Wir erinnern uns erneut. Am 28. November 2010 knallt der schwarz-grüne Senat in Hamburg. Nur zwei Tage später, also am 30. November 2010, tagt die Senatskommission für Öffentliche Unternehmen und berät über eine Erhöhung der Vergütung der HHLA-Vorstände. Da kann man sich schon die Frage stellen, ob die damals nichts Wichtigeres zu tun hatten. Mit am Tisch waren Wirtschaftssenator Karan und Finanzsenator Frigge. Dann, nur zwei Wochen später, am 15. Dezember 2010, tagt der Aufsichtsrat. Er beschließt das neue Vergütungssystem. Mit am Tisch waren Arno Münster, Wolfgang Rose und der spätere Staatsrat Bernd Egert. Am 3. März 2011, also exakt drei Tage nach der Bürgerschaftswahl und vier Tage vor der Wahl des Ersten Bürgermeisters gab es dann die Unterzeichnung von zwei neuen HHLA-Vorstandsverträgen und im Juni die Unterzeichnung dreier weiterer Vorstandsverträge.

Das Ergebnis ist bekannt. Obwohl das Jahresergebnis der HHLA von 2010 auf 2011 nur um magere 4,3 Prozent gestiegen ist, explodieren die Vergütungen bei drei HHLA-Vorständen um sage und schreibe 117 Prozent, bei einem HHLA-Vorstand um 85 Prozent und beim Vorstandsvorsitzenden um 55 Prozent, im Schnitt jeweils um 200 000 Euro. Die Kollegen Münster und Rose können es Ihnen bestätigen, sie waren bei der Beschlussfassung mit dabei.

Meine Damen und Herren! Wer kann da eigentlich noch ernsthaft Zweifel daran haben, dass wir mehr Transparenz bei den Vergütungen in öffentlichen Unternehmen brauchen? Ich glaube, niemand.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich nenne Ihnen ein zweites kurzes Beispiel. In dem SPD-Antrag wird der Hamburg Corporate Go

vernance Kodex erwähnt. Ich will jetzt ausdrücklich nicht darauf hinaus, dass es dort unter Ziffer 2.1 heißt, es sei Aufgabe des Senats, diejenigen Unternehmen, an denen die Stadt beteiligt ist, zu steuern. Das ist gerade das, was wir bei den wichtigen Beteiligungen der Stadt wie der HSH Nordbank und Hapag-Lloyd vermissen. Steuern steht dort und nicht taumeln oder trudeln. Ich möchte aber auf Ziffer 4.2.5 des Kodex' hinaus. Da heißt es – ich zitiere –:

"Tätigkeiten in Organen von Beteiligungsgesellschaften werden grundsätzlich nicht gesondert vergütet."

Das ist als Regelung ziemlich eindeutig. Es ist schon interessant, wie man das zur Deckung bringt mit dem Umstand, der jetzt aufgrund der Anfrage des Kollegen Heintze bekannt geworden ist, dass nämlich der Geschäftsführer von HAMBURG WASSER neben seinem Geschäftsführergehalt auch noch ein Geschäftsführergehalt bei HAMBURG ENERGIE bezieht.

(Dirk Kienscherf SPD: 20 000 Euro!)

Wie bringt man das zur Deckung? Ich glaube, gar nicht.

(Beifall bei der FDP)

Nun wird vielleicht jemand einwenden, ich solle mir genau anschauen, dass sein Gehalt bei HAMBURG ENERGIE doch ziemlich niedrig sei, umgerechnet auf die Stunde hart an der Grenze des gesetzlichen Mindestlohns, den wir zurzeit beraten und demnächst beschließen sollen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Den Sie ja gar nicht wollen!)

Aber dann sind wir schon bei einem anderen, spannenden Thema, nämlich der Quersubventionierung zwischen dem Monopolisten HAMBURG WASSER und dem Wettbewerbsunternehmen HAMBURG ENERGIE, ein Thema, das den Landesrechnungshof gegenwärtig aufgrund unseres Prüfungsersuchens schon beschäftigt. Wir sind auf die Ergebnisse der Prüfung gespannt.

Wir brauchen also mehr Transparenz bei den Vergütungen von Vorständen und Geschäftsführern in öffentlichen Unternehmen. Wir werden daher sowohl den Antrag der SPD-Fraktion als auch den Zusatzantrag der CDU und den Überweisungsantrag unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Kluth. – Das Wort hat Herr Hackbusch.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben zwei Themen. Bevor ich auf das Transparenzthema eingehe, will ich kurz etwas zu den öffentlichen Beteiligungen in dieser Stadt sagen.

Wir selbst haben im Parlament festgestellt, dass die Kontrolle der öffentlichen Beteiligung insgesamt in dieser Stadt schwächelt. Aufgrund dessen haben wir den Ausschuss eingesetzt. Ich möchte als Bilanz trotz allem feststellen, dass wir große Schwierigkeiten haben, die verschiedenen Aktivitäten, die dort stattfinden, als Parlament vernünftig kontrollieren zu können. Da zeigt sich – wir haben solche Diskussionen beispielsweise im PUA Elbphilharmonie gehabt, wo es auch um eine Beteiligungsverwaltung ging und die Kontrolle dessen –, wie schwierig es ist, indirekte Beteiligungen politisch kontrollieren zu können. Das ist immer noch ein Thema, das bisher nicht ausreichend erledigt wurde. Das zeigen für uns auch die Diskussionen dort. Ich denke, hierin sind wir auch einer Meinung. Ich weiß noch nicht genau, wie man das lösen kann, aber ich will es hier auf jeden Fall als Problem genannt haben.

Natürlich freue ich mich darüber, wenn es mehr Transparenz gibt, und dementsprechend werden wir dem Antrag der SPD auch zustimmen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass es mir zu sehr Selbstbeweihräucherung der SPD ist nach dem Motto, sie hätte es schon mal vor drei Jahren gewollt, aber die CDU hätte das abgelehnt. Frau Rugbarth, Sie als wichtige Initiatorin haben wahrscheinlich auch festgestellt, dass es noch einen Antrag der LINKEN gibt, der im Ausschuss Öffentliche Unternehmen liegt. Hierin sind 14 Punkte enthalten, wie die Transparenz insgesamt im Hafen und in öffentlichen Unternehmen verstärkt werden kann. Einer dieser 14 Punkte ist genau das, was Sie geschrieben haben. Dementsprechend freuen wir uns, dass wir immerhin einen dieser 14 Punkte in gewisser Weise mit durchbekommen, das ist wenigstens ein Schritt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben aber auch eine Schwäche, denn Sie haben leider nicht alles abgeschrieben, was wir dort aufgeführt haben. Wir haben unter anderem auch darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, auf die Pensionszusagen einzugehen, das muss ein wichtiger Bestandteil sein. Wir glauben nicht so richtig, dass der Senat das von sich aus machen wird. Ich fände es jedoch richtig, wenn man das mit aufgezählt hätte. Da schwächelt Ihr Antrag ein bisschen, und deswegen wäre es vernünftiger gewesen, das im Ausschuss öffentlich zu machen und dort auch noch einmal zusätzlich zu behandeln.

Es ist also ein Schritt voran. Ich finde auch den Antrag der CDU richtig, und ich finde etliches von dem, was Herr Heintze und Herr Dr. Kluth gesagt haben, ein deutliches Zeichen dafür, dass wir die Frage der Tantiemen, die dort gezahlt werden, und die Geschäftsführervergütungen genauer besprechen müssen.

Eigentlich hat Herr Kluth das im Zusammenhang mit der HHLA toll ausgeführt, aber ich sage deutlich: 2005 haben die HHLA-Vorstände und der Vorstandsvorsitzende 500 000 Euro bekommen. Das wird gegenwärtig auch bei der HSH Nordbank gezahlt. Bis zum Jahr 2011 hat er sein Einkommen verdoppelt und das bei einem Unternehmen, das im Wesentlichen ein öffentliches Unternehmen ist. Damit hat er mehr als fünfmal so viel wie der Bürgermeister erhalten. Dieses Thema muss noch einmal behandelt werden, ebenso die verschiedenen Umstände, die Herr Dr. Kluth aufgeführt hat. Ich finde es nicht richtig, dass ein im Wesentlichen in öffentlicher Hand befindliches Unternehmen solche Geschäftsführerpreise zahlt. Das ist unsinnig, das ist der gleiche Mensch, warum soll er also doppelt so viel verdienen. Und das ist keine Neiddebatte, sondern es ist eine Gerechtigkeitsdebatte, die auch hierhin gehört. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Dr. Tschentscher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte dem Wunsch des Parlaments nach mehr Transparenz bei den Vorstandsvergütungen gar nicht entgegentreten, sondern ihn ausdrücklich begrüßen. Deswegen haben wir auch diesen HCGK, den Hamburger Corporate Governance Kodex 2012, geändert, damit die Veröffentlichung von Vorstandsvergütungen auch ein Maßstab für eine gute Unternehmenslenkung wird.

Nun ist das unterschiedlich einfach oder schwierig. Bei den direkten Mehrheitsbeteiligungen ist es etwas leichter, das umzusetzen. Bei den indirekten Beteiligungen und bei den Minderheitsbeteiligungen wollen wir uns auch sehr gern dafür einsetzen, dass es möglich ist. Das funktioniert entweder über eine Veränderung der Geschäftsführerverträge, wenn dies eine Gelegenheit ist. Es kann aber auch als eine freiwillige Vereinbarung mit den Geschäftsführern erfolgen, sodass wir ziemlich sicher sind, dass wir sehr viele Vorstandsvergütungen schon in den Geschäftsberichten 2012 nachlesen können.

Frau Hajduk, vielen Dank dafür, dass Sie so einen klaren Satz sagen, das ist ein großer Fortschritt. Es hilft in so einer Diskussion, dass wir an dieser Stelle vorankommen. Und da besteht auch ein kleiner Unterschied zu Herrn Heintze, denn hier kann

man nur feststellen, dass Opposition beflügelt. Bei dem Engagement, mit dem Herr Heintze jetzt auftritt und sagt, das müsse alles veröffentlicht werden, wundere ich mich doch, dass der HCGK nicht schon seit zehn Jahren eine solche Ergänzung erhalten hat, bei den Vorstandsvergütungen die Dinge auch zu veröffentlichen. Das ist ein kleiner Widerspruch, Herr Heintze. Aber das macht nichts, wir werden das alles nachholen.

Wir haben als Senat auch entschieden, Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie sich die Vorstandsgehälter in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Es ist nämlich eine ganz bemerkenswerte Entwicklung nach oben eingetreten. Und weil das in den letzten Jahren nicht Jahr für Jahr nachvollziehbar war, werden wir uns bemühen, das alles für die letzten zehn Jahre in der Gesamtentwicklung darzustellen, damit Sie eine Beurteilungsgrundlage haben, ob es eine gesunde Entwicklung war oder ob man hier in eine andere Richtung arbeiten muss. Insofern unterstützen wir diese Bemühungen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich will noch etwas zu dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage sagen. Ich bin nicht präzise vorbereitet, aber Sie scheinen entdeckt zu haben, dass möglicherweise an einer entscheidenden Stelle in zwei Verträgen etwas nicht ergänzt wurde. Das sollten wir alles im Ausschuss noch einmal besprechen, vielleicht kann man das klären. In einem Fall kann ich heute schon sagen, dass es ein besonderer Fall ist.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kleibauer?