Protocol of the Session on May 7, 2014

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[Große Anfrage der GRÜNEN Fraktion: Naturnahe Pflege der öffentlichen Grünflächen und Parks – Drs 20/11012 –]

Die Drucksache möchte die GRÜNE Fraktion gern an den Umweltausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Bill, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon einige Debatten gehabt, die die bezirklichen Kompetenzen und somit auch die Grünanlagen betrafen. Und so kann man als erstes Resümee vielleicht festhalten, dass im Grunde alle Fraktionen unsere Grünanlagen und Parks erhalten und auch fördern wollen.

(Glocke)

Das sehen Sie so, Herr Bill, das scheint aber noch nicht allen Abgeordneten klar zu sein. Vielleicht gehen Sie entweder hinaus oder setzen sich hin. Das wäre dem Redner gegenüber fair und dem Thema auch angemessen. – Fahren Sie fort, Herr Bill.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Bei der Förderung der Erhaltung der Grünanlagen setzt jede Fraktion ihre Schwerpunkte. Die SPD muss natürlich das eigene Handeln und das des Senats preisen, die CDU, so haben wir gehört, fühlt sich eher von Müll verunsichert und gestört. Und wir GRÜNEN sind der Auffassung, dass wir

unsere Parks und Grünanlagen auch in der ökologischen Werthaftigkeit weiterentwickeln können und weiterentwickeln müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Doch bevor ich auf diese Debatte eingehe, müssen wir ein paar Worte zum allgemeinen Zustand unserer Grünanlagen verlieren, denn dieser Zustand ist leider nach wie vor schlecht. Die Grünanlagen leben nur von ihrer Substanz, die Qualität und der Zustand nehmen kontinuierlich ab. Das ist nicht nur so ein Gefühl, sondern das ist schlicht objektiv überprüfbar; die Zahlen des Rechnungshofs und auch die Vergleichszahlen der Gartenamtsleiterkonferenz belegen das jährlich. Besonders erschreckend – und ich möchte fast schon sagen beschämend – ist dabei immer ein Vergleich mit Berlin. Die investieren pro Kopf nämlich weit mehr als das Doppelte.

(Sören Schumacher SPD: Sind aber auch pleite!)

Nun sagt die SPD wahrscheinlich gleich in ihrem Beitrag, schaut doch her, ihr GRÜNEN, wir geben doch dieses Jahr schon wesentlich mehr Geld für die Grünanlagen aus als die Jahre davor.

(Dirk Kienscherf SPD: Als Sie das gemacht haben!)

Das ist richtig, aber wer genau hinschaut, der sieht, dass es einmalige Mittel anlässlich des 100. Geburtstags des Stadtparks und des Volksparks sind, die Sie aus SIP-Mitteln bereitgestellt haben. Einmalige Mittel lösen aber nicht das strukturelle Problem, sondern erheben die Substanz, die dann in den nächsten Jahren wieder abgebaut werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Dennis Thering CDU)

Was wir jetzt brauchen, wäre ein parteiübergreifender Konsens für eine dauerhafte Pflege und eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Grünanlagen und Parks in Hamburg. Wir brauchen dafür als Erstes eine Aufgabenkritik. Bis zu einem Viertel der Zeit verwendet das Personal in den Bezirksämtern für die Müllbeseitigung. Ich frage mich, ob es Aufgabe der Gärtner ist, Müll zu sammeln. Das ist es natürlich nicht, es ist wertvolle Zeit, die eigentlich in die Grünpflege gehen müsste. Ist es nicht gerade Aufgabe der Stadtreinigung, Müll zu sammeln? Müllentsorgung ist doch die Kernaufgabe der Stadtreinigung.

Auch eine Gegenfinanzierung wäre da durchaus möglich. Nach dem Auslaufen der Verträge über die Müllverbrennungsanlage hat die BSU gerade durch eine Gesetzesänderung Ende letzten Jahres 4 Millionen Euro Zahlungen an die Stadtreinigung eingespart. Abgesehen davon, dass das sozialpolitisch äußerst falsch war, wäre es sinnvoll gewesen, zumindest einen Teil dieses Geldes für ein

(Kersten Artus)

zentrales Müllkonzept in den Grünanlagen bereitzustellen. So hätte man zumindest den Bürgerinnen und Bürgern ansatzweise erklären können, warum man auf eine Senkung der Müllgebühren verzichtet hat.

Wir brauchen auch eine Weiterentwicklung der Grünanlagen. Hamburg hat die Deklaration "Biologische Vielfalt in den Kommunen" unterzeichnet. Aufgabe ist es, die Artenvielfalt auch in den Parks zu sichern, weil intakte und artenreiche Natur schlicht die Grundlage für unsere Gesundheit und auch für unsere Erholung ist. Im agrarpolitischen Konzept haben wir eben schon über den Naturschutz diskutiert. In einer wachsenden und sich verdichtenden Stadt ist der Naturschutz gerade in den Grünanlagen, in den Quartieren und in den Parks immer wichtiger, um noch einen Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere zu gewährleisten.

Doch seit der Unterzeichnung 2010 ist leider wenig passiert. Die naturnahe Grünpflege sucht man immer noch vergebens. Man findet immer noch komplett auf den Stock gesetzte Sträucher, statt nur Teilbereiche auszulichten. Man findet immer noch Kurzrasenpflege statt Wildblumenwiese, und auch neu gepflanzte Alleen werden leider teilweise noch mit exotischen Zierkirschen statt mit einheimischen Arten bepflanzt. Auch Obstbäume sind noch sehr spärlich zu finden. Wieder einmal zeigt sich hier, eine Erklärung ist schnell unterschrieben und Papier ist nun einmal sehr geduldig.

Keine Konsequenzen zeigen sich auch daran, dass die Pflege- und Entwicklungspläne in den letzten Jahren überhaupt nicht erweitert wurden. Wir brauchen für die Umsetzung dieser Deklaration eine Qualifikation für naturnahe Grünpflege und die Etablierung von anderen Vegetationstypen, so, wie sie im Leitfaden und in der Argumentationshilfe für Vegetationstypen auch eigentlich formuliert ist. Da schließt sich der Kreis zu den Finanzmitteln. Wir haben schlicht zu wenige Ressourcen. Die Bezirke müssen sich auf die Verkehrssicherheit konzentrieren. Im Stadtpark beispielsweise ist es mittlerweile so, dass nur der Stadtparkverein und der NABU, zusammen mit ehrenamtlicher Arbeit der Verwaltungsmitarbeiter, für eine naturnahe Pflege sorgen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen kontinuierlich Mittel, die Geiz-ist-geil-Mentalität in den Grünanlagen muss endlich aufhören.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Das war bei Ihnen so!)

Wir brauchen keinen übertriebenen Luxus, aber wir brauchen Qualität und vor allen Dingen Kontinuität in der Grünpflege. Und wir müssen die Grünanlagen auch kontinuierlich im Sinne des Natur- und Artenschutzes weiterentwickeln.

Der nächste Haushaltsplan-Entwurf wird zeigen, ob der Senat es ernst meint oder ob es nur Sonntagsreden und Wahlplakate sind.

(Dirk Kienscherf SPD: Das haben wir schon ernst gemeint!)

Ein erstes gutes Signal wäre meiner Meinung nach, die jetzt einmaligen SIP-Mittel in den Rahmenzuweisungen zu verstetigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Albrecht von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bill, in den vergangenen Jahren – und da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich – haben sich die bezirklichen Rahmenzuweisungen für die Grünflächenunterhaltung von 14,9 Millionen Euro auf 18,8 Millionen Euro erhöht. Das mag in der Tat vielleicht noch nicht auskömmlich sein, aber es zeigt doch, dass wir das Thema sehr ernst nehmen und versuchen, hier eine Verstetigung herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD)

Zusätzlich ist es uns gelungen, für die Instandsetzung weitere 6,1 Millionen Euro aus den SIP-Mitteln herbeizuführen, aus dem Sanierungsfonds, unter anderem auch für den Stadtpark und den Volkspark, die beide dieses Jahr 100 Jahre ihres Bestehens feiern. Insofern macht es durchaus Sinn, hier einmalige Finanzierungen beizufügen. Es handelt sich dabei nicht um Unterhaltungsmittel, sondern um Investitions- und Sanierungsmittel. Ich glaube, wenn wir das durchgeführt haben, sind zumindest unsere großen Parkanlagen wieder auf einem Stand, den man den Menschen zur Verfügung stellen kann, die diese Parks sehr gern besuchen.

(Beifall bei der SPD)

Ich war selbst einmal Landschaftsgärtner in Berlin

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Finn-Ole Ritter FDP)

und möchte Ihnen ausdrücklich widersprechen – Sie zogen den Vergleich zu Berlin –, dass dort die Bezirke auskömmlich finanziert werden bei ihrer Grünunterhaltung. Gegenüber Berlin sind wir in Hamburg sehr gut aufgestellt. Sie haben dort einfach andere Rechnungsgrundlagen. In Berlin genauso wie in Hamburg ist für das öffentliche Straßenland die Stadtreinigung zuständig, um den Müll zu beseitigen, und für die Parkanlagen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünflächenämter beziehungsweise externe Firmen zuständig. So ist es leider, das hat mir als Landschaftsgärtner auch nicht immer gefallen, da gibt

(Martin Bill)

es eine ganz klare Trennung, und so ist es auch richtig.

Ich freue mich, Herr Bill, wenn wir im Herbst darüber diskutieren werden, wie wir vielleicht die Grünflächen noch ein bisschen auskömmlicher gestalten können. Wir sind auch auf Vorschläge von Ihnen angewiesen und würden uns natürlich freuen, wenn Sie da zur Gegenfinanzierung beitragen würden. Wir werden aus diesem Grund auch die Überweisung dieses Antrags zum jetzigen Zeitpunkt ablehnen. Wie gesagt, wir haben im Herbst die Haushaltsberatungen, und dann können wir das auch im Umweltausschuss ordentlich besprechen.

Ich möchte noch kurz den Hinweis geben, dass wir bei den Grünflächen das Problem haben, dass sie unterschiedliches Nutzungsverhalten und unterschiedliche Nutzungskonzepte haben. Auf der einen Seite dienen sie natürlich der Natur, Flora und Fauna, die geschützt werden sollen, inklusive der Naturschutzgebiete et cetera. Auf der anderen Seite unterliegen die Parkanlagen auch einem Nutzungsverhalten im Bereich von Freizeit und Sport, dienen aber auch als Naherholungsflächen. Da gibt es tatsächlich das Problem, dass es häufig genug unterschiedliche Nutzungsinteressen sind.

An allererster Stelle steht natürlich die Bereitstellung der Verkehrssicherheit, Sie haben es schon genannt. Aber an zweiter Stelle stehen die Gehölzund Baumschneidearbeiten, meist saisonal bedingt und sehr unterschiedlich. Es ist aber leider so, dass die Müllbeseitigung auch dazu gehört, durchschnittlich 20 bis 25 Prozent in Hamburg, wie wir aus der Großen Anfrage erfahren haben. Das bedeutet natürlich in Bereichen wie dem Stadtpark, aber auch bei anderen zentral gelegenen Parkanlagen, dass es zur Sommerzeit durchaus einmal 60 bis 70 Prozent sein können, wenn sich dort nicht sogar rund um die Uhr um die Müllentfernung gekümmert werden muss. Da stellt sich natürlich schon die Frage, wie wir das weiterführen wollen. Ich glaube, da müssen wir uns alle selbst an die Nase fassen und sehen, dass es schon deutlich weiterhelfen würde, wenn der eine oder andere einmal seinen Einweggrill mit nach Hause nehmen würde, um ein bisschen besser die Anlagen zu schützen. Dann könnten sich die Landschaftsgärtner auch anderen Aufgaben widmen.

(Beifall bei der SPD)

Umgekehrt erschweren Sie natürlich mit den naturnahen Flächen die Möglichkeit der Reinigung der Parkanlagen, wenn Sie eine große Sommerwiese haben, die einen halben Meter hoch ist, und Sie dort überall die Einweggrille wieder herausholen müssen. Dann haben Sie natürlich eine wesentlich stärkere Arbeitsbelastung, als wenn Sie einen sauber gemähten Rasen haben; das ist leider so.

(Robert Bläsing FDP: Da spricht der Fach- mann!)

Da spricht der Fachmann.

Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, dass wir mit dem Konzept des Senats zum Biotopenverbund dort, wo es möglich ist, bereits schauen, dass wir Biotope miteinander verbinden, dass wir Brücken bauen, damit Flora und Fauna sich gegenseitig austauschen können. Damit hat der Senat ein Konzept vorgelegt, das wir auch weiterhin verfolgen sollten. Dann schauen wir uns im Einzelfall an, wo dies möglich ist und es keine Gegensätze gibt. Ich finde, das ist ein richtiger Ansatz.

Wir sollten die restlichen Dinge mit Ihnen im Haushalts- und Umweltausschuss anlässlich der Haushaltsberatungen besprechen. Aus diesem Grund lehnen wir eine Überweisung der Großen Anfrage ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat Herr Thering von der CDU-Fraktion das Wort.