Meine Damen und Herren! Genau dieser Forderung, die von vielen Frauenorganisationen in der Zwischenzeit auch in Hamburg übernommen worden war, kommen wir mit dem Gleichstellungspolitischen Programm endlich nach.
In Hamburg wird die Frage der Geschlechtergerechtigkeit nun frühzeitig und behördenübergreifend in die Behördensteuerung einbezogen und findet Berücksichtigung in allen Programmen, in der Personalentwicklung, bei neuen Gesetzen, bei Kooperationen und vielem mehr. Das, meine Damen und Herren, ist Gender Mainstreaming, und das ist eine Veränderung im System, die überfällig war.
Frau Artus, Sie haben das in Ihrem Antrag mit der Formulierung, das Programm habe "Anstöße" gegeben, zusammengefasst. Das trifft es aus meiner Sicht wirklich nicht. Wir haben es hier mit einer neuen Verbindlichkeit auf staatlicher Ebene zu tun, mit der wir konkrete Fortschritte für die Gleichstellung erzielen wollen und bereits erzielt haben. Wir haben das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, wir haben ein Gremienbesetzungsgesetz. Uns wurde nun, nach mehr als 20 Jahren wirklich überfällig, ein Gleichstellungsgesetz vorgelegt, das uns endlich wieder auf die Höhe der Zeit bringt.
Wir haben größere und kleinere Maßnahmen wie die zur Wahrnehmung und Sichtbarkeit, die Sie erwähnt haben, zum Ausbau von Sanitäranlagen, zu Gender Budgeting und so weiter vorgelegt. Ich weiß, Sie haben davon jeden Millimeter abgefragt, und das ist auch völlig in Ordnung und gut so.
Es ist wahr, es gibt noch sehr viel zu tun und ohne weitere kontinuierliche Anstrengung wird das nicht zu haben sein. Deshalb ist das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm verankert und als kontinuierlicher Prozess angelegt. Die Bretter sind zu dick, als dass man im ersten Anlauf mit einem Federstrich alles bereinigen könnte; das wissen Sie auch. Aber, und das muss ich betonen, selten hat sich in so kurzer Zeit etwas so grundlegend in der Frage der Durchsetzung von Gleichstellung bewegt wie in dieser Legislaturperiode in Hamburg.
Ich nenne dazu nur ein Beispiel: Geschlechterquote und Gremien. Wir haben bereits jetzt 40 Prozent Frauenanteil bei den Senatsvertretungen erreicht. Das ging nach Vorlage des Gesetzes und eigentlich auch schon vorher plötzlich sehr einfach und sehr schnell. Frau kann sich natürlich wundern, warum das früher nicht möglich gewesen ist, aber so war es eben. Auch bei den Aufsichtsräten ist der Anteil der Frauen bereits seit Anfang der Legislaturperiode auf nun immerhin 36 Prozent gestiegen. Hier ist noch Luft nach oben, es geht noch einiges, aber es ist allemal ein riesiger Fortschritt.
Wir werden also Ihren Antrag ablehnen, weil an solchen Erfolgen aus unserer Sicht eindeutig ablesbar ist, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Steuerung von innen ist definitiv effizienter als Impulse von außen. Wir haben hier offenbar einfach mehr Zutrauen in staatliches Handeln als Sie.
Das ist bereits die systemische Veränderung, die Sie in Ihrem Antrag fordern, wie ich es schon ausgeführt habe. Gerade wir Frauen sollten aufhören, uns die eigenen Erfolge kleinzureden und unsere Kräfte zu verzetteln. Sie haben eben einen möglichen Erfolg angeführt und dann gesagt, selbst wenn. Darum geht es aber meines Erachtens. Selbst wenn es passiert, dann müssen wir auch dazu stehen und allen anderen sagen, dass dieses passiert ist und dieses dann auch nach vorn bringen. Wir brauchen Kontinuität und Beharrlichkeit. Insofern ist es gut, dass wir das Thema Gleichstellung heute wieder einmal auf der Tagesordnung haben, denn natürlich müssen wir auch als Abgeordnete unseren Teil dazu beitragen und darauf hinwirken. Die Evaluation und Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms ist aber bereits Teil des Rahmenprogramms und als Maßnahme Nummer 1 verankert und vorgesehen. Das Ziel ist Verstetigung und Nachhaltigkeit der
Hamburger Gleichstellungspolitik. Es wäre sehr schön, wenn wir uns in diesem Hause alle darüber einig wären, dass das der richtige Weg ist. – Vielen Dank.
Bevor ich nun Frau Dr. Föcking von der CDU das Wort gebe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass sich Frau Timmermann von ihrem Sturz erholt hat. Sie werden verstehen, dass sie an der Sitzung nicht weiter teilnehmen wird, sondern sich nun auf den Weg nach Hause macht. Ich wünsche ihr, und das sicher auch im Namen aller, gute Besserung.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist zunächst einmal eine sehr schöne Nachricht und erleichtert das Wiederfinden des Debattentons etwas.
Liebe Frau Artus, wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man einen Arbeitskreis oder eben ein Landesbüro. So erscheint mir Ihr Antrag auf ein sogenanntes Landesbüro für Geschlechterdemokratie. Damit wir uns nicht missverstehen, Ihr Anliegen ist zumindest in Teilen durchaus berechtigt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern wird zwar allerorten gefordert, ist aber längst nicht überall gelebte Realität. Eine gerade gestern veröffentlichte aktuelle Studie hat wieder gezeigt, dass auch in den Führungsgremien der öffentlichen Unternehmen bundesweit der Anteil der Frauen bei nur knapp 20 Prozent liegt, egal übrigens, welche Partei in der Kommune, im Land oder im Bund das Sagen hat. Auch Hamburg bietet diesbezüglich noch ein sehr durchwachsenes Bild. Die von der öffentlichen Hand und damit den Parlamenten kontrollierten Unternehmen müssen hier noch ordentlich etwas tun. Auf Bundesebene haben wir uns um Koalitionsvertrag einiges vorgenommen, gerade bei den Lohnunterschieden, und werden das auch umsetzen. Was der SPD-Senat in Hamburg tun will, hat er in seinem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm ausführlich verkündet. Sie, verehrte Frau Kollegin Dobusch, haben dieses Programm gerade eben über den grünen Klee gelobt, und tatsächlich sind darin auch vernünftige Ziele beschrieben. Aber es ist eben leider wie bei all Ihren Programmen und Strategien. Lang und breit verkündet der Senat, was er tun will, und verweist dabei kreuz und quer und manchmal auch etwas beliebig auf all seine anderen Strategien und Papiere, die er schon produziert hat.
(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE – Gabi Dobusch SPD: Haupt- sache, es kommt was dabei heraus!)
Das nennt man in der Wissenschaft Querverweis, und davon leben wirklich alle diese Strategien. Wie viel der Senat tun will, bis wann er das tun will – oft steht dort nämlich einfach, laufend möchte er das tun –, vor allem aber, womit er all diese Maßnahmen bezahlen will, das steht auf diesen mehr als hundert Seiten, die auch dieses Papier wieder einmal aufweist, nicht. Doch die Hoffnung, ein neues und teures Landesbüro mit zehn recht üppig dotierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würde daran etwas ändern, diese Hoffnung teilen wir von der CDU nicht. Das Büro würde Dinge tun, die an anderer Stelle bereits getan werden, und zwar ebenfalls unabhängig. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erfüllt bereits einen Großteil der Aufgaben, die Sie einem Landesbüro übertragen wollen. In Hamburg sind ebenfalls viele Einrichtungen und Stellen mit der Gleichstellung befasst. Erinnert sei an die einschlägigen Referate an den Hochschulen, sei es der Landesfrauenrat, sei es die Beratung von basis & woge. Vor allem aber wäre ein solches Landesbüro, das doch auch Körperschaften zu seinen Mitgliedern zählen soll, vermutlich sogar kontraproduktiv. Es könnte sehr leicht zu einer Art Alibiveranstaltung werden und den Senat aus seiner Selbstverpflichtung entlassen frei nach der Devise: Darum brauchen wir uns nicht zu kümmern, wir haben doch das Landesbüro. Es könnte dann zwar anregen und kritisieren, Tagungen veranstalten und neue theoretische Papiere produzieren, aber es bliebe ein teurer zahnloser Tiger.
Nein, meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe als Parlament, den Senat an seinen eigenen Vorsätzen zu messen und Defizite öffentlich zu machen. Das ist schwierig, aber so verstehe ich unsere Rolle gerade in der Opposition. Im Spätherbst sollen wir die Evaluation und die Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms bekommen. Das ist eine gute Gelegenheit für diese Oppositionsarbeit.
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Schluss. Gleichstellung im Berufsleben können wir durch Gesetze und Programme fördern, aber parallel dazu muss ein allgemeiner Bewusstseinswandel stattfinden. Wenn viele Frauen auch heute oft nicht die gleichen Karriereschritte wie Männer gehen können oder auch wollen, wenn sie an die berühmte gläserne Decke stoßen, dann sehr häufig, weil sie Mütter sind und ihre Aufgabe als Mutter ernst nehmen. Wenn das so ist, dann müssen wir dafür sorgen, dass auch Männer ihre Vaterrolle genauso wichtig nehmen wollen und können wie ihren Beruf. Dann muss die Familien- oder auch die Pflegezeit nicht länger als Privatvergnügen gelten, sondern als volkswirtschaftlich ergiebige und wichtige Zeit des Kompetenzerwerbs.
In Schweden hat der Mann schlechtere Karrierechancen, der als Vater nicht seine ausführliche Erziehungszeit genommen hat. Das führt dazu, dass Mütter in Schweden beruflich mittlerweile gleichermaßen erfolgreich sein können. So weit, denke ich, wollen wir auch kommen. Wir als Fraktionen und Parteien könnten doch schon einmal anfangen und die Vereinbarkeit von Familie und Mandat erleichtern.
Die Vereinbarkeit, nicht das Erlangen des Mandats. Hier gibt es eine ganze Menge zu tun. Dazu gehört beispielsweise, dass Parlaments- und Parteitermine möglichst eben nicht am Sonntag stattfinden, Sitzungen nicht bis spät in die Nacht dauern und
vielleicht auch ein fraktionsübergreifender Mutterschutz für Abgeordnete. Das wären schon einmal kleine, aber wichtige Schritte. Sie kosten Mühe, aber nicht 1 Million Euro im Jahr wie Ihr Landesbüro. Das halten wir nicht für erforderlich und lehnen daher den Antrag der LINKEN ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Artus hat es schon ausgeführt, in der Tat gibt es noch Luft nach oben, wenn es um die Gleichstellung von Männern und Frauen in Hamburg, aber auch in der Bundesrepublik geht; das ist schon richtig. Es ist noch Luft nach oben bei den Quoten. Die Frauen sind immer noch völlig unterrepräsentiert. Es gibt den Gender Pay Gap; wir haben ein riesiges Problem mit Gewalt gegen Frauen. Das ist alles schon ausgeführt worden und vieles mehr. Hier in Hamburg wird das durchaus mit dem neuen vorgelegten Gleichstellungsgesetz noch fortgeführt. Wir kritisieren scharf, dass es versäumt wurde, ein Rückkehrrecht aus der Teilzeit zu gewähren. Das ist nämlich die übliche Teilzeitfalle für Frauen, die einmal wegen Elternzeit in die Teilzeit gegangen sind und nicht mehr in Vollzeit zurückkehren können. Ebenfalls kritisieren wir scharf, dass es demnächst männliche Gleichstellungsbeauftragte gibt, die sich dann um diskriminierte Frauen kümmern sollen. Das halte ich für eine ziemlich absurde Geschichte.
Diese Luft nach oben ist sicher auch durch eine Hamburger SPD bedingt, die selbst in ihren eigenen Reihen viel Luft nach oben lässt, zum Beispiel bei der Besetzung der Stellen von Staatsrätinnen und Staatsräten oder den Bezirksamtsleitungen. Was noch nicht erwähnt wurde, sind die Plätze 1 der Wahlkreise für die Bundestagswahl. Wir erinnern uns alle, dass tatsächlich genau eine von sieben Personen eine Frau war.
Frau Dobusch, ich finde, es gehört zur Wahrheit, auch einmal die Lücken – und es gibt mannigfaltige – zu benennen.
Aber das, was im Antrag der LINKEN beschrieben wird, und die Aufgaben, die das Landesbüro haben soll, sind eigentlich ursprüngliche Behördenaufgaben. Daher sehen wir die Einrichtung eines solchen Landesbüros durchaus mehr als kritisch. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist, dass wir als GRÜNE, das haben wir mit unserer "Arbeitsstelle Vielfalt" schon bewiesen, uns nach der EU-Richtlinie richten und Gleichstellung nicht nur als Gleichstellung von Männern und Frauen verstehen, sondern sagen, Gleichstellung muss alle Diskriminierung in den Blick nehmen. Deswegen sind wir für eine Antidiskriminierungsstelle in Hamburg, nicht aber für ein Landesbüro nur für Geschlechterdemokratie.
So ein Landesbüro, das sich nur um Geschlechterdemokratie kümmert, ist genauso kurz gesprungen wie das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, das auch viele Aspekte von Diskriminierung nicht mit in den Blick nimmt.
Deswegen, und nicht nur deswegen, werden wir uns enthalten. Wir werden uns übrigens auch enthalten, weil wieder einmal keine Ausfinanzierung dabei ist. Wir sollten uns doch alle angewöhnen, wenn wir Vorschläge machen, gerade wenn es um 1 Million Euro im Jahr geht, auch eine Ausfinanzierung vorzustellen. Im Grundsatz sind wir auch der Meinung, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen vorangetrieben werden sollte, aber wir gehen weiter in unserem Ansatz und werden uns deswegen enthalten. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon vieles gesagt worden zu vielen Themen, die gar nicht unbedingt so im Antrag standen, und ich will es deswegen kurz machen. Auch wir sind natürlich für die Gleichstellung von Mann und Frau, auch wenn wir, wie jeder in diesem Saal
weiß, da vielleicht etwas andere Vorstellungen haben als das, was wir bis jetzt so gehört haben. Auch wir denken, beim Gleichstellungsrahmenprogramm ist noch viel Luft drin. Außerdem ist da viel Absichtserklärung enthalten und, ich sagte es schon einmal, relativ wenig Substanz. Wir werden es aber mit Sicherheit ablehnen, eine Schaffung von Bürokratie aufzubauen und ein Landesbüro einzurichten. Es gibt schon Dienststellen, die diese Aufgabe sehr gut erledigen können. Wir haben dieses Thema schon lange und vielfach diskutiert. Wenn überhaupt Geld übrig ist, dann muss es doch in die laufenden Projekte gehen wie zum Beispiel "Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich". Das Geld muss da hineingehen, wir können doch nicht weiteres Geld für Bürokratie ausgeben. Und deswegen lehnen wir diesen Antrag auch schlichtweg ab.