Friederike Föcking
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Last Statements
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat fast genau zwei Jahre her, dass wir das erste Mal hier über den Landesaktionsplan gesprochen haben. Seitdem hat sich einiges getan und der Bericht gibt Rechenschaft darüber. Er macht deutlich, dass viele Beteiligte wichtige Schritte gegangen sind, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserer Stadt voranzubringen. Frau Jäck, Sie haben dazu schon vieles genannt, ich muss das nicht wiederholen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, viele Beteiligte bemühen sich in der Stadt darum, die Inklusion vor
anzubringen, sei es die Hamburger LAG für behinderte Menschen oder der Landesbeirat, sei es die Senatskoordinatorin, Frau Körner, oder das Inklusionsbüro, seien es die zuständigen Mitarbeiter in den Behörden, die vielen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, seien es Lehrkräfte, Erzieher oder Menschen in Heilberufen. Vor allem aber und zuallererst sind es die betroffenen Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen selbst, die mit Ideen, großer Ausdauer, oft einer ganzen Portion Humor und zunehmender Ungeduld versuchen, die Barrieren beiseitezuräumen, die der Inklusion in unserer Stadt oft wortwörtlich entgegenstehen. Ihnen allen gelten unser Dank und die Zusage, dass wir von der CDU diese Bemühungen auch weiter nach Kräften unterstützen werden.
Dazu gehört aber auch, dass wir heute erneut die Schwächen des Landesaktionsplans des Senats und seiner Umsetzung klar und deutlich benennen und Verbesserungen einfordern.
Erstens: Warum wird uns der Bericht erst jetzt vorgelegt? Inhaltlich steht er auf dem Stand vom letzten Sommer, und viele Angaben sind noch älter. Gern hätten wir ihn auch zusammen mit dem Bericht der Senatskoordinatorin im Sozialausschuss beraten. Stattdessen gibt es die Drucksache von immerhin 115 Seiten erst seit zwei Wochen und wird nun wieder einmal hopplahopp hier beraten. Das ist der Sache wirklich nicht angemessen, aber typisch für die Art, wie der Senat mit dem Parlament in den vergangenen vier Jahren immer wieder umgegangen ist.
Zweitens: Wir hatten schon bei der Vorlage des Plans bemängelt, dass er kaum Zielzahlen und Kennziffern bereithielt. Diese Kritik wird durch den vorgelegten Bericht nun eindrucksvoll bestätigt. Dieser Senat, der mit jedem Zuwendungsempfänger genaue Ziel- und Leistungsvereinbarungen abschließt, der von Sozialeinrichtungen genaue Nutzerzahlen haben will und der in den Kliniken künftig Qualitätskontrollen durchführen will, die auf Zahlen beruhen, liefert für seine Arbeit bei einem doch angeblich zentralen Thema an den meisten Stellen selbst keine Zahlen, die es dem Parlament erlauben würden, den Sachstand des Aktionsplans wirklich zu bewerten.
Ein Beispiel: Laut Aktionsplan sollen öffentliche Gebäude, soweit möglich, allmählich barrierefrei werden. Da hätten wir angesichts der verschiedenen Behördenumzüge doch gern einmal gewusst, in wie vielen öffentlichen Gebäuden das tatsächlich passiert ist. Doch was erklärt die Baubehörde?
Da die Verantwortung für diese Baumaßnahmen bei den jeweiligen Behörden und Bauherren liege, seien der BSU die entsprechenden Zahlen nicht bekannt. Da stelle ich mir federführend eine Aufgabe, will aber nicht wissen, ob sie umgesetzt wird, und das bei einer Senatorin, die ansonsten minutiös jede einzelne Wohnung zählen lässt, damit sie dem Bürgermeister berichten kann und die SPD damit punkten kann. Das, meine Damen und Herren, ist zumindest unseriös.
Drittens: Die Folge dieser fehlenden Kennzahlen ist, dass wir an vielen Stellen stattdessen mit umfänglicher und oft auch vernebelnder Prosa ruhiggestellt werden sollen. Das wird wohl nirgends so deutlich wie bei dem derzeit wohl problematischsten Teil der Inklusion in den Schulen. Dazu heißt es – ich zitiere –:
"Fast alle Grundschulen, alle Stadtteilschulen und ein Teil der Gymnasien haben bereits Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihren Lerngruppen. Die Arbeit an der Realisierung eines inklusiven Schullebens ist ein Prozess, der kontinuierlich entwickelt wird."
Zitatende.
Kein Wort zu den realen Problemen der schulischen Inklusion, keine Zahlen, auch keine Prozentangaben über die Zahl der betroffenen Schüler, die Zahl der Lehrkräfte und die Verteilung insbesondere der Sonderpädagogen auf die einzelnen Schulen, sondern nur nichtssagende Floskeln über kontinuierliche Entwicklungsprozesse. Aber dass Schulsenator Rabe nicht alle Zahlen herausrückt, selbst wenn er sie hat, ist ja bekannt.
Damit wären wir viertens bei den einzelnen Behörden. Der Bericht zeigt, dass die einzelnen Senatorinnen und Senatoren offenbar sehr unterschiedlich mit dem Landesaktionsplan umgegangen sind und sie die Aufgabe der Sicherung der Teilhabe, die Frau Jäck eben noch einmal so schön beschrieben hat, offenbar nicht alle gleichermaßen für wichtig halten.
Verkehrssenator Horch schreibt ausdrücklich auf, wie viele U- und S-Bahnhaltestellen mittlerweile barrierefrei sind, wie viele Ampeln für Sehbehinderte besondere Signale geben und was zur besseren Zugänglichkeit von Bussen getan wurde. Das ist konkret und hilft weiter. Da der Verkehrssenator doch Lob von der CDU nicht gewöhnt ist, sei das an dieser Stelle einmal gesagt.
Gewünscht hätten wir uns allerdings, dass der Senator dann auch Maßnahmen zur besseren Schulung der Busfahrer beim Umgang mit Rollstuhlfahrern und Nutzern von Rollatoren angekün
digt oder vielleicht sogar schon verwirklicht hätte. Uns erreichen nämlich sehr oft Klagen über Busfahrer, die den Betroffenen den Einstieg nur mürrisch ermöglichen oder oft sogar verweigern. Da muss doch etwas getan werden.
Auch von der Sozialbehörde wird mit Zahlen belegt, wie sich etwa die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt entwickelt hat. Das ist ebenfalls positiv anzumerken. Zu vermerken ist allerdings auch, dass vor allem die schon von der CDU zuvor in Hamburg oder eben auf Bundesebene eingeleiteten Maßnahmen offenbar besonders wirksam sind.
Am anderen Ende der Umsetzungsskala steht wieder einmal Bausenatorin Blankau, die jetzt nicht mehr da ist. Dabei hat sie einen zentralen Bereich zu verantworten, wenn es um den Abbau von Barrieren geht.
Bislang war der Neubau barrierefreier Wohnungen für sie kein Thema, Hauptsache, sie kann Bürgermeister Scholz endlich die versprochenen 6000 Wohnungen liefern. Wie diese beschaffen sind, ob darunter genügend barrierefreie oder barrierearme Wohnungen sind, von denen wir in Hamburg immer mehr brauchen werden, war ihr egal; ihre Behörde kennt nicht einmal den derzeitigen Bestand an solchen Wohnungen. Aber die Senatorin behauptete trotzdem, für die Förderung werde genug getan. Jetzt war es offenbar selbst der SPD-Fraktion zu bunt, und es wird verkündet, dass ab 2015 nun doch barrierearme Wohnungen gefördert werden sollen.
Das fordern wir zwar schon lange, und wir fanden dafür auch viel öffentliche Unterstützung, doch verkünden können Sie für die neue Legislaturperiode viel. Bisher hat die zuständige Senatorin wenig geliefert, und das ist in höchstem Maße kurzsichtig.
Diese Liste ließe sich noch verlängern, aber hierzu nur noch ein letzter Punkt. Die Senatskoordinatorin hat vor dem Sozialausschuss beklagt, dass Menschen mit Behinderung und ihre Vertretung zwar zunehmend an den Beratungen beteiligt werden, wenn es um einzelne Maßnahmen geht, aber meist erst an deren Ende, also wenn die Messe schon gelesen ist. Wichtig, so Frau Körner, wäre eine Beteiligung von Anfang an. Das ist nicht immer einfach, würde aber sicher manche Fehlplanung wie etwa in der HafenCity verhindern und damit sogar Kosten sparen. Dafür ist es jetzt zu spät. Aber der neue und hoffentlich andere Senat kann das dann in der neuen Legislaturperiode sofort in Angriff nehmen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Monty Python würde sagen: And now to something completely different.
Ich liebe sie eben, deshalb.
In Hamburg gibt es immer mehr Autos. Allein die Zahl der in Hamburg zugelassenen Wagen stieg zwischen 2009 und 2013 um rund 35 000 auf gut 747 000. Das mag man aus ökologischen Gründen bedauern oder aus wirtschaftlichen Gründen gutheißen, in jedem Fall muss sich die Politik dieser Entwicklung stellen. Man kann Konzepte entwickeln, wie der zunehmende Autoverkehr flüssig durch die Stadt fließen oder um sie herumgeleitet werden kann. Man kann den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen, man kann den Radverkehr fördern, doch was tut der SPD-Senat? Er macht das genaue Gegenteil und leistet sich einen
verkehrspolitischen Schildbürgerstreich nach dem anderen.
Erst ist es das nun auf eine angebliche Optimierung eingedampfte sogenannte Busbeschleunigungsprogramm, dann die Fahrradstraße An der Alster.
Dann sind es neue Unfallverkehrsinseln in Eimsbüttel und Gebühren für Park-and-ride-Häuser. Und dann auch noch das: Von der Öffentlichkeit bis vor Kurzem nahezu unbemerkt hat der SPDSenat seit 2011 genau 1068 öffentliche Parkplätze in der ganzen Stadt verschwinden lassen. In dieser Zeit wurden offiziell 194 Parkplätze neu gebaut, das macht per Saldo ein Minus von 874 Plätzen. Und das sind nur die bekannten Plätze, die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher sein, denn es gibt keine genaue Statistik. Rund 900 Parkplätze dank der SPD in Hamburg weniger – das ist ein Schildbürgerstreich, den Ihnen die Hamburgerinnen und Hamburger nicht durchgehen lassen werden.
Es war nämlich ein Hamburger Bürger, der uns auf die Idee zur Großen Anfrage brachte.
Auch ihm war aufgefallen, dass peu à peu immer mehr Parkplätze in Hamburg verschwunden sind, denn in der ganzen Stadt – und jetzt kommen noch ein paar richtig schöne Zahlen, hören Sie einmal zu – wurden 890 Poller- und Absperrelemente neu aufgestellt. In dieser Zeit sind sage und schreibe 1059 neue Halteverbotsschilder aufgestellt worden. Schon bis jetzt mussten für das unsägliche Busprogramm fast 80 Parkplätze weichen.
Allein durch den Umbau in der Fuhlsbüttler Straße sind 41 Plätze entfallen. Die Liste ließe sich verlängern.
Auf dieser Liste steht noch nicht einmal der jüngste Schildbürgerstreich, nämlich der neue Platz für den DGB am Besenbinderhof. Dafür sollen nicht nur 225 000 Euro ausgegeben und zwölf Bäume gefällt werden, sondern auch weitere 50 Parkplätze ersatzlos gestrichen werden. Ein solches Vorgehen ist kein Ausweis moderner Verkehrspolitik, das ist der Versuch, Autofahren in Hamburg so unattraktiv wie möglich zu machen, aber ohne vernünftige Alternativen anzubieten.
Dann kommt der unbefangene Betrachter schon auf die Idee, dass die SPD nicht unnütze Ausgaben einsparen möchte, sondern lieber Parkplätze. Je mehr Menschen nämlich notgedrungen ihre Au
tos auch an unerlaubter Stelle abstellen, desto mehr Autofahrer erhalten dann von den Mitarbeitern des ebenfalls weggesparten BOD ein Knöllchen. Das soll jetzt auch in Eppendorf, in Hoheluft und auf der Schanze passieren, das hat der Senat selbst mitgeteilt. Das ist Trickserei zulasten der Autofahrer, und die haben wir jetzt aufgedeckt.
Noch etwas zu den angeblich neuen Parkplätzen, die die Bilanz etwas aufpolieren. Ein erheblicher Teil dieser neuen Parkplätze ist nämlich in neuen Straßen, in neuen Wohngebieten entstanden, etwa in Lokstedt oder auf dem IBA-Gelände.
Hier wurde also nicht etwa im Bestand neuer Parkraum geschaffen, sondern wo vorher parkplatzfreies Niemandsland war, werden diese nun offiziell als neu ausgewiesen.
Und vermeintlich neue Parkplätze entstanden natürlich auch in endgültig hergestellten Straßen. Bevor aber eine Straße endgültig hergestellt ist, das wissen Sie alle, kann man meist überall am Parkrand, wenn man so will, wild auf dem Grünstreifen parken; das sind dann aber keine offiziellen Stellplätze. Die gibt es in diesen Straßen nicht. Denken Sie etwa an den Pinguinweg in Stellingen. Wenn die Straße endgültig hergestellt ist, dann gibt es dort offizielle Stellplätze. Aber auch wenn nun viel weniger Autos dort stehen können, hat sich rein statistisch die Zahl der Parkplätze erhöht. Das sind Taschenspielertricks, die sollte eine seriöse Verkehrspolitik nicht nötig haben.
Wir fordern daher: Hören Sie, wie wir es tun, auf die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Stoppen Sie das sogenannte Busbeschleunigungsprogramm. Schaffen Sie die Park-and-ride-Gebühren wieder ab. Kümmern Sie sich um bessere Umsteigemöglichkeiten auf Mietwagen und Stadträder. Erzählen Sie nicht mehr das Märchen von der U5, sondern planen Sie schnellstmöglich ein neues Bahnsystem wie die Stadtbahn. Verbessern Sie die Taktung bei Bussen und Bahnen in den Randgebieten. Haben Sie schon einmal versucht, abends nach Großlohe in Rahlstedt zu kommen? Das ist sehr, sehr schwer. Sie wissen das, Herr Buschhüter.
Die Busse fahren einmal pro Stunde. Überprüfen sie die Gebührenstruktur des HVV. Setzen Sie sich mit Ihren Kollegen in Schleswig-Holstein zusammen, damit schnellstmöglich S-Bahnen nach Kal
tenkirchen und Ahrensburg fahren. Dann werden viele Hamburgerinnen und Hamburger nicht gezwungen sein, immer häufiger falsch zu parken, sondern sie werden freiwillig den öffentlichen Nahverkehr intensiver nutzen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Als ich am Freitag Ihren Antrag zum Bereich Arbeit las, war ich doch sehr verwundert. Was Sie da als einzige Forderung zum Arbeitsmarkt verkaufen wollen, gehört zum Eigenartigsten und Mutlosesten, was Sie in dieser Legislaturperiode aufgeschrieben haben.
Sie fordern den Senat nämlich auf zu berichten. Er soll uns berichten über den Stand des Hamburger Mindestlohngesetzes – Zitat –:
"[…] im Lichte der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns auf Bundesebene […]".
Was, bitte schön, heißt denn das? Wir haben ein neues Bundesgesetz, und der Senat soll uns erzählen, wie die Hamburger Regelungen dem anzupassen sind,
wie er also das tut, was er ohnehin tun muss. Das ist kein Antrag, das ist allenfalls ein Posten fürs Merkheft, damit Schüler Scheele seine Hausaufgaben auch nicht vergisst.
Und weil das für den engagierten Lehrer und Kollegen Schwieger ein bisschen wenig Hausaufgaben sind, wird in Punkt 2 dann noch das Thema für den nächsten Aufsatz vergeben: Lieber Senat, schrei
be bitte auf, wie das, was wir uns unter guter Arbeit vorstellen, in Hamburg umgesetzt werden könnte. Das soll die zentrale arbeitsmarktpolitische Forderung der Regierungsfraktion sein? Das hätten Sie auch mit einem Anruf bei der Sozialbehörde erledigen können.
Genauso mutlos wie Ihr Auftrag ist aber auch der Haushaltsplan-Entwurf selbst. Darin stehen zwar richtige und wichtige Ziele – Fachkräftesicherung, gute Arbeit für alle und Verhinderung von Langzeitarbeitslosigkeit; wer wollte dem widersprechen –, doch wenn es um die Umsetzung dieser Ziele geht, um die Kennzahlen, plant der Senat den Stillstand. Immer die gleichen Zahlen: kein Abbau der Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildung, keine Steigerung der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, kein Mehr an erfolgreichen Existenzgründungen, kein größerer Erfolg bei der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, und, was vielleicht am bedrückendsten ist, keine Abnahme der Zahl der Empfänger von Hartz-IV-Leistungen. Das ist keine aktive Arbeitsmarktpolitik, das ist geplanter Stillstand.
Dabei gäbe es genug zu tun. Doch wie sieht die Bilanz des SPD-Senats aus?
Die Arbeitslosigkeit pendelt seit Jahren um die 72 000. Trotz eines dynamischen Arbeitsmarkts in Zeiten guter Konjunktur bleibt dieser Sockel. Noch größer ist das Problem, wenn wir die echte Unterbeschäftigung mitberücksichtigen, also auch diejenigen, die derzeit in Fortbildungsmaßnahmen sind und eben keinen regulären Job haben. Dann zählen in Hamburg sogar über 130 000 Menschen als unterbeschäftigt. Die Quote liegt in Hamburg bei 9,8 Prozent, deutlich über der von München und Stuttgart und auch über der von Frankfurt und Nürnberg. Bei der Unterbeschäftigung liegt Hamburg damit nicht weiter vorn, da liegt Hamburg weiter hinten.
Und was hat die SPD getan? Das von der Stadt mitgeleitete Jobcenter hat zwei Jahre nacheinander die Mittel des Bundes für Hamburger Langzeitarbeitslose nicht einmal ausgeschöpft und musste viele Millionen Euro nach Berlin zurücküberweisen. Aufgescheucht durch kritische Nachfragen aus der Opposition hat es 2013 das Geld dann so früh ausgegeben, dass im Sommer Arbeitslose zeitweilig unterversorgt blieben. Das ist hektischer Aktionismus, aber doch keine gute Politik.
Gern schmückt sich der Senat mit der Jugendberufsagentur und tingelt damit mittlerweile auch durch andere Bundesländer. Nur: Diese Jugendberufsagentur wurde seinerzeit von der CDU gewollt
und von der SPD zunächst abgelehnt, und noch arbeitet die Agentur längst nicht optimal. Ihre Mitarbeiter sind zwar jetzt unter einem Dach versammelt, doch gehören sie jeweils zu verschiedenen Arbeitgebern, von Arbeitsagentur bis Bezirksamt. Sie folgen also verschiedenen Vorgaben, und damit entstehen Reibungsverluste. Das hilft vor allen Dingen nicht diesen Jugendlichen, um die es doch in erster Linie geht, um die, die größere Probleme haben, die einen Ausbildungsplatz brauchen und Hilfen zur Erziehung.
Und ausgerechnet Jugendliche mit ganz besonderen Schwierigkeiten, nämlich schwerbehinderte oder obdachlose Jugendliche, werden gerade nicht von der Jugendberufsagentur betreut. Auch da könnten Sie etwas ändern. Sie haben die Agentur aber bisher vor allem zur Einsparung genutzt, weil es viele Doppelangebote gerade bei Jugendmaßnahmen gegeben habe. Da werden wir zu gegebener Zeit noch einmal nachhaken.
Ebenfalls mit viel Trara vom Senat angekündigt wurde die Hamburger Fachkräftestrategie. Aber auch anderthalb Jahre nach deren Start scheint sie kaum zu wirken. Denn wenn etwas viele Hamburger Arbeitgeber derzeit umtreibt, dann ist es der Fachkräftemangel in der Stadt. Jedes vierte Hamburger Unternehmen sucht händeringend qualifizierte Arbeitskräfte. Umgekehrt sind unter den Arbeitslosen immerhin fast die Hälfte Fachkräfte. Da passt doch etwas nicht zusammen.
Noch ein Beispiel, vielleicht mein Lieblingsbeispiel: Mit viel Aufwand und noch mehr Geld hat der Senat das Modell NAVIGATOR 16A geschaffen. 40 Sozialbetreuer sollen Ein-Euro-Jobber beraten, wie sie die richtige Fachberatung für ihre oft großen Probleme finden können – eigentlich eine Aufgabe des Jobcenters. Die Ein-Euro-Jobs baut der Senat übrigens gerade weiter ab. Die 40 Sozialbetreuer werden aber für rund 2 Millionen Euro pro Jahr weiterbestallt. Was hier unter dem Mantel der Arbeitsmarktpolitik daherkommt, diente eigentlich nur dazu, unkündbaren Mitarbeitern der HAB eine neue Aufgabe zu geben. Die hat sich aber mittlerweile als nicht sinnvoll erwiesen. Man könnte die HAB-Mitarbeiter stattdessen etwa bei der Ausbildungsassistenz einsetzen, doch das mag Senator Scheele wohl nicht hören und schmeißt lieber das Geld weiter zum Fenster hinaus.
Gar nicht so teuer sind unsere Vorschläge.
Wir fordern zunächst einmal, dass der Senat auch bei dem wichtigen Ziel der Integration von Migran
ten in den Arbeitsmarkt ehrgeizigere Ziele und Kennzahlen vorgibt. Das spornt an und verhindert den Stillstand.
Dann wollen wir die Arbeitsvermittlung deutlich effektiver machen. Der gemeinsame Arbeitgeberservice soll so umorganisiert werden, dass die Kontakte zu den Arbeitgebern und den Arbeitsuchenden jeweils bei einem Mitarbeiter liegen. Dann finden beide Seiten sehr viel schneller zusammen, und diese Umorganisation kostet sogar gar nichts.
Vor allem aber fordern wir, dass die Berater im Jobcenter wieder besser darüber Bescheid wissen, was in den einzelnen Hamburger Wirtschaftsbranchen wirklich läuft. Welche Arbeitskräfte werden tatsächlich benötigt? Wofür müssen Arbeitslose aus- oder weitergebildet werden? Welcher Bildungsträger ist seriös und welcher nicht? Derzeit gibt es da erhebliche Defizite, die sogar dazu geführt haben, dass offenbar ein Anbieter im Bereich der Luftsicherheit die teuren Bildungsgutscheine missbraucht und viele hoffnungsvolle Arbeitslose enttäuscht hat. Sie hatten monatelang für ihre Ausbildung gearbeitet und mussten dann erfahren, dass das alles vergeblich war. So etwas darf nicht wieder passieren.
Da müssen die Fachkräfte von team.arbeit.hamburg den Markt und die Anbieter kennen und deshalb fortgebildet werden. Außerdem sollten regelmäßige Branchengespräche mit allen Akteuren eingeführt werden. Bezahlt werden kann das, wenn die Stellen der bezirklichen Arbeitsmarktkoordinatoren gestrichen werden. Diese ebenfalls teuren und überflüssigen Stellen hat der Senat für die Arbeitsgelegenheiten vor Ort eingeführt. Er hat aber offenbar selbst gemerkt, dass diese Arbeit gar nicht gebraucht wird, und will sie wohl nur bis Ende März ausfinanzieren. Wir wollen die Streichung schon ab Januar.
Sie sehen, das sind ganz konkrete Maßnahmen, um Hamburger Arbeitslose schneller und wirksamer zu unterstützen. Das löst nicht alle Probleme, aber doch ganz gewichtige. Das kann der Senat auch sehr schnell anpacken. Den Aufsatz zur Arbeitsmarktpolitik für den Kollegen Schwieger und die SPD-Fraktion kann er ja außerdem schreiben. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Einzelplan 4, die zweite – ein Déjà-vu, ich weiß, aber so ist das halt heute. Der Haushalt der Sozialbehörde ist der größte Posten im Haushalt der Stadt Hamburg. Insgesamt sind Ausgaben in Höhe von fast 2,7 Milliarden Euro geplant. Der Sozialsenator wird nicht müde zu erklären, dass der größte Teil davon gesetzliche Leistungen sind – da könne man nicht viel machen.
Der Senat plant sogar, dass die Ausgaben für diese Leistungen auch in den nächsten Jahren immer weiter steigen werden, dass die Hilfen zum Lebensunterhalt bei Hartz IV, die Hilfen zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung und die Hilfen zur Erziehung jedes Jahr unverrückbar teurer werden. Bei diesen Zahlen sind die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge übrigens nicht mit einberechnet. Der Senator wird natürlich sagen, diese Planungen für den Haushalt seien einfach realistisch. Wir sagen, diese Planungen sind, wie alles, was die SPD derzeit plant und programmiert, ideenlos und stehen für die "Weiter so"-Politik der SPD.
So werden Sie unsere Stadt auf lange Sicht nicht weiter nach vorn, sondern weiter nach hinten bringen, denn der Bereich, in dem die Behörde jenseits der Kita wirklich gestalten kann und will, soll mit rund 275 Millionen Euro jährlich nahezu unverändert bleiben. Die Unterbringung der Flüchtlinge läuft mit der Nachforderungsdrucksache ohnehin nebenher oder über die Finanzbehörde. Diese rund 275 Millionen Euro betreffen den ganzen großen Bereich, aus dem vor allem die vielen sozialen Projekte in unserer Stadt finanziert werden, die offene soziale Arbeit vor Ort mit Kindern und Jugendlichen, mit Familien in sozialen Schwierigkeiten, mit Wohnungslosen, mit psychisch Kranken, mit Opfern von Gewalt und mit Flüchtlingen. Aber auch die großen Felder der Integration von Migrantinnen und Migranten, die Freiwilligenarbeit oder die weitere Förderung von Menschen mit Behinderungen sollen alle aus diesem Topf finanziert werden. Im Sozialausschuss wurde uns vom Senat ganz klar gesagt, dieser Bereich müsse leiden, wenn die Auszahlungen für gesetzliche Leistungen und die Kita in die Höhe schießen.
Diese Sicht der Dinge lässt aber außer Acht, dass der Bund die Länder schon jetzt auf dem Gebiet der gesetzlichen Leistungen immer mehr entlastet. In der Grundsicherung für Rentner übernimmt er
die Kosten für die Unterkunft schon voll und ganz. Auch bei der Eingliederungshilfe zahlt er bereits einen beträchtlichen Teil, und dieser Teil wird aller Voraussicht nach demnächst sogar noch höher ausfallen. Und auch bei der Versorgung der Flüchtlinge wird es Hilfen des Bundes geben. Das alles wird die Spielräume der Sozialbehörde nicht vermindern, sondern kann sie erhöhen, wenn diese Gelder auch wirklich im Haushalt der Sozialbehörde bleiben und nicht irgendwann, wie das bereits bei den BAföG-Millionen geschehen ist, im allgemeinen Haushalt verschwinden. Doch das, meine Damen und Herren, werden wir nicht zulassen.
Wir wollen vielmehr, dass der Senat nicht mit seiner "Weiter so"-Politik die sozialen Träger und Einrichtungen unserer Stadt nachhaltig gefährdet, denn aktuell stellt er ihnen kaum Mittel zur Verfügung, wenn sie die Tarifsteigerung für ihre Mitarbeiter nicht selbst finanzieren können. Das führt dazu, dass diese Träger entweder ihre Arbeit einschränken und Kräfte entlassen oder aber, und das kann ja wohl von einer SPD nicht gewollt sein, Tarifflucht begehen müssen. Das ist unverantwortlich.
Wir fordern deshalb, dass wie zu Zeiten der CDUgeführten Senate bei der Finanzbehörde wieder eine Reserve für Tarifsteigerungen bei Zuwendungsempfängern vorgehalten wird, denn zum einen sind es gerade diese Träger, die eben auch die gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsleistungen im Sozialrecht erbringen. Wenn sie es nicht mehr können, dann müsste die Stadt das teurer und wahrscheinlich kaum besser selbst tun. Die Träger sorgen aber durch ihre weiteren Angebote auch dafür, dass Menschen früher und schneller ein eigenständiges Leben führen können und dass die Notlage gar nicht so groß wird, dass die Sucht früher bekämpft wird, die Wohnung nicht geräumt und die Familie eher unterstützt wird, kurz: Diese Sozialarbeit vor Ort leistet auch einen erheblichen Beitrag zur Prävention von Notlagen.
Gerade die freien Träger sind also in der Lage, den laut Senat so unverrückbar hohen Posten der gesetzlichen Leistungen eben doch zu verringern.
Doch nach wie vor kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass an der Spitze der Sozialbehörde ein großes Misstrauen gegenüber den freien Trägern herrscht und man in guter SPD-Tradition am liebsten alles selbst machen würde. Das ist nicht die Politik der CDU und deshalb fordern wir:
Behandeln Sie die freien Träger und die freie Wohlfahrtspflege, die Kirchen und Vereine endlich wieder als ebenbürtige Partner und nicht als Almosenempfänger der Stadt.
Nehmen Sie deren Hilfsangebote, etwa auch bei der Unterbringung von Flüchtlingen, ernst und gefährden Sie nicht deren wertvolle Arbeit. Das gilt ebenso für die vom Senat endlich auch entdeckte wichtige Tätigkeit der vielen Freiwilligen in unserer Stadt. Im jüngsten Strategiepapier aus dem Hause Scheele wird das freiwillige Engagement zwar über den grünen Klee gelobt, aber wenn es um die einigermaßen auskömmliche Finanzierung der Freiwilligenagenturen geht, kneift der Senat auch hier. Wir fordern, dass auch deren Arbeit besser finanziert wird, denn der Beitrag der vielen Freiwilligen für Bildung, Sport, Kultur und eben nicht zuletzt für den sozialen Frieden in unserer Stadt ist unverzichtbar und hilft ebenfalls, soziale Notlagen zu mildern oder eben gar nicht erst entstehen zu lassen.
Herr Senator Scheele, seien Sie bereit, auch anderen als städtischen Mitarbeitern soziale Aufgaben zuzutrauen. Nutzen und fördern Sie die Kompetenz der freien Träger und auch der vielen Hamburgerinnen und Hamburger, die sich freiwillig für Soziales engagieren. Dann wird auch Ihr politischer Spielraum künftig sehr viel größer, als Sie es uns heute und sonst gern glauben machen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mich hat ein bisschen gewundert, wie mit der Armutsstatistik umgegangen wird, denn das ist ein sehr schwieriges Feld. Deshalb doch noch einmal ein Blick dahin. Mit Armut wird viel Stimmung gemacht, und man muss doch einmal schauen, wie die Armutsschwelle definiert wird. Es geht um das sogenannte Einkommen in der Mitte der Gesellschaft, also 50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent verdienen weniger. Die Mitte ist der Median, und wer weniger hat, gilt als armutsgefährdet.
Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens hat, gilt als armutsgefährdet.
Kurz gesagt, wenn sich dieser Median verändert, die mittleren Einkommen steigen, aber die unteren Einkommen gleich bleiben, dann steigt die Armutsgefährdungsquote. Damit steigt aber nicht die Armut. Es werden hier kurze Schlüsse gezogen, und das wollte ich doch einmal richtigstellen. Das sagt übrigens das Statistische Bundesamt selbst und warnt deshalb vor diesen kurzfristigen Betrachtungen. Es sagt aber sehr wohl, dass man sich einmal die längerfristigen Entwicklungen anschauen solle. Die geben dann schon einen wichtigen Trend wieder. Das haben wir auch getan. Wenn Sie sich die Zahlen der Armutsgefährdung in Hamburg seit 2005 anschauen, dann ergibt das ein interessantes Bild. Im Jahr 2005 regierte der CDU-Senat und kontinuierlich sank in dieser Zeit die Armutsgefährdung in Hamburg, und zwar sowohl gemessen am Bundesmedian als auch am Landesmedian.
Selbst als die Finanzkrise schon griff, sank die Armutsgefährdung. Und 2010, also immer noch zur Zeit der Finanzkrise, das wissen Sie, war die Armutsgefährdungsquote auf 17,4 Prozent gesunken. Seitdem aber – und nun sind wir bei der SPD – ist die Armutsgefährdungsquote in Hamburg kontinuierlich gestiegen auf den neuen Höchststand von – ich will nichts Falsches sagen – 18,7 Prozent. Das kann man nicht wegdiskutieren, und hier muss man handeln.
Sie, Frau Bekeris, verweisen natürlich auf Bildung und Ausbildung, Kita und Maßnahmen beim Wohnungsbau; das ist auch alles richtig, aber das sind lauter Maßnahmen, die längerfristig wirken.
Dann wundert es uns schon, dass Sie die Lage der Menschen, die heute arm sind, nicht nur nicht verbessern, sondern an vielen Stellen seit Jahren verschlechtern. Armut ist nicht nur eine Frage des Einkommens. Sie geht oft einher mit Einsamkeit, Krankheit, Sucht und Perspektivlosigkeit. In Ham
burg gibt es viele Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Suchthilfe, der Obdachlosenberatung, die versuchen, genau diesen Menschen zu helfen. Die Stadt aber zahlt für diese Einrichtungen real immer weniger, und deshalb können diese Einrichtungen mittlerweile die Tarifsteigerungen nicht mehr voll gegenfinanzieren.
Das ist ein Problem der Armut in Hamburg.
Sie müssen ihre Arbeit reduzieren und können ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Sie sind gefährdet.
Deshalb fordern wir auch, dass – wie zu Zeiten, als die CDU noch regierte – diese Einrichtungen ihre Tarifsteigerungen, ihre Kostensteigerungen wieder gegenfinanzieren können, damit sie ihre wertvolle Arbeit für Menschen in Armut wieder leisten können.
Wir fordern außerdem, dass die Fachstellen für Wohnungsnotfälle endlich wieder überall voll besetzt werden und dass die Stadt wenigstens die 200 Belegungsbindungen für Wohnungen auch tatsächlich kauft, damit Menschen mit Schwierigkeiten endlich ein angemessenes Zuhause und dann auch einen Weg aus der Armut finden. Wir fordern, dass die Stadt die Personalsituation in den Jobcentern verbessert, sodass Menschen besser beraten werden und den Weg aus der Arbeitslosigkeit heraus finden.
Das sind alles Wege, die in Hamburg sofort gegangen werden können, um Hamburgerinnen und Hamburger, die von den verschiedensten Formen von Armut betroffen sind, schon heute besser zu helfen. Lieber SPD-Senat, packen Sie es an.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe ein bisschen Déjà-vu-Gefühle, es gibt ein fast gleiches Stück wie gestern und fast die gleiche Besetzung, aber gut, drehen wir noch eine Runde.
In letzter Zeit wurden wir Fraktionen wiederholt zu Veranstaltungen eingeladen, bei denen es um Wege aus der Wohnungslosigkeit ging. Dabei wurde immer wieder die Sorge deutlich, dass über den Zustrom der Flüchtlinge, die dringend untergebracht werden müssen, die Hamburger Wohnungsund Obdachlosen nicht ins Hintertreffen geraten mögen. Diese Sorge ist durchaus berechtigt, auch wenn die SPD das verneint. Gerade am Montag wurde das wieder bei einer Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege mehr als deutlich. Vor mehr als zwei Jahren nämlich hat der Senat das durchaus begrüßenswerte Konzept – das haben wir damals begrüßt und dabei bleiben wir auch – zur Wohnungslosenhilfe vorgelegt. Aber weil die Behörde zu spät auf das Flüchtlingsproblem reagierte, gerät sie nun auch bei der Umsetzung dieses Konzepts ins Hintertreffen. Das hat die Behörde zwar in einem Brief an den Sozialausschuss zu erklären versucht, aber letztlich sorgt die zögerliche Umsetzung des Konzepts auch dafür, dass das Flüchtlingsproblem weiter wächst. Derzeit haben wir nämlich mehr als 4000 Menschen in der öffentlichen Unterbringung, die längst eine eigene Wohnung haben könnten, aber keine finden. Sie bleiben deshalb in der öffentlichen Unterbringung, und so passiert es, dass dort Plätze für Flüchtlinge fehlen. Dieser Zustand ist nicht haltbar, und wir können auch nicht so lange warten, bis genug neue Wohnungen gebaut sind, es muss jetzt gehandelt werden.
Wir haben dazu Vorschläge gemacht, beispielsweise, dass die Beratungsstellen der Freien Träger in der Obdachlosenhilfe finanziell gesichert und nicht wie jetzt durch Sparmaßnahmen allmählich ausgetrocknet werden. Sie können Menschen dabei unterstützen, eine neue Wohnung zu finden, und auch aufpassen, dass diese Menschen in ihrer Wohnung bleiben können. Wir fordern auch, endlich wieder alle Stellen bei den Fachstellen für Wohnungsnotfälle zu besetzen. Dann können diese sehr viel besser drohende Zwangsräumungen verhindern und dafür sorgen, dass Mietrückstände übernommen werden.
Wir unterstützen auch sehr die Forderung der FDP, die versprochenen Clearinghäuser und die Lebensplätze endlich einzurichten. Es nützt nichts, dass versprochen wird, es werde Geld dafür im Haushalt eingestellt. Sie sollten längst gebaut sein, und da fordern wir, dass jetzt agiert wird.
Wir fordern nicht zuletzt wie das Aktionsbündnis, dass mehr Belegungsbindungen gekauft werden,
dass diese vor allem attraktiver gemacht und öffentlich besser beworben werden,
damit Menschen mit besonderen Problemen leichter eine Wohnung finden.
Das sind nur ein paar Punkte, die zum Teil auch von der FDP gefordert werden. Wir verstehen allerdings nicht, dass die FDP in der Bürgerschaft die Einrichtung eines Trinkerraums am Hauptbahnhof fordert, denn erstaunlicherweise haben Ihre Kollegen in Hamburg-Mitte, wenn wir die Protokolle und die Informationen richtig gelesen haben, genau dies nicht gewollt.
Umgekehrt will auch die BASFI einen solchen Raum nicht, während die SPD in Hamburg-Mitte die Idee gut findet. Wir, das sei schon jetzt gesagt, finden diese Idee auch nicht gut.
Ja, das ist ein Durcheinander.
Ziel muss es unserer Ansicht nach sein, die Angebote der Suchthilfe um den Hauptbahnhof herum, von denen es schon eine ganze Reihe gibt, zu stärken. Wir müssen den Menschen den Ausstieg aus der Sucht ermöglichen. Unser Ziel ist es nicht, die Attraktivität des Suchttrinkens durch einen eigenen Raum noch zu erhöhen. Das schafft vielleicht kurzfristig Ruhe am Bahnhof, den Menschen aber hilft es auf lange Sicht nicht.
Das können wir alles im Ausschuss noch genauer besprechen, und vielleicht haben Sie bis dahin auch die Haltung innerhalb der FDP und der SPD genauer geklärt. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Lohmann, wenn man Ihnen so zugehört hat, dann hat man den Eindruck, wenn Sie zu den einzelnen Forderungen Stellung nehmen – Sie nehmen auch nur zu einem Teil der Forderungen Stellung –, dann heißt es entweder, es geht nicht oder machen wir schon, eigentlich ist die Lage gar nicht so schlimm.
Dieser Eindruck, den Sie erweckt haben, trifft den Kern nicht. Wir stehen vor großen Herausforderungen, und wir diskutieren das Thema heute zum soundsovielten Mal, aber man kann sich des Eindrucks einfach nicht erwehren, dass der Senat nach wie vor diesen Herausforderungen allenfalls zum Teil gewachsen ist.
Ich finde es auch bezeichnend, dass jetzt nur noch die Bausenatorin hier ist, denn Sie haben eben vor allem noch einmal ein Loblied auf Ihren Wohnungsbau gesungen. Sorry, der Sozialsenator ist doch da, aber er hört nicht zu bei diesem immerhin sehr wichtigen Thema.
Wir gehen davon aus, dass hier noch einiges andere passieren muss, denn zu spät hat der Senat auf die steigende Zahl der Flüchtlinge reagiert, zu ungenau hat er offenbar mögliche Flächen für die Unterbringung geprüft. Zu wenig hat er auch die Befürchtungen der Nachbarn ernst genommen und in zu wenigen Stadtteilen zu viele Unterkünfte konzentriert. Das kann man nicht im Nachhinein schönreden, und das kann auch kein Sofortprogramm auf der Grundlage des Polizeirechts lösen.
Wir fordern deshalb, hier umzusteuern und nachzubessern. Immerhin hat der Sprecher der Sozialbehörde nach unserer Pressekonferenz erklärt, dass man sich unsere Vorschläge genau anschauen wolle. Prüfen Sie nicht zu lange, Herr Senator Scheele, warten Sie nicht bis nach der Wahl.
Wir schlagen vor, und dabei bleiben wir auch, dass auf Bundesebene besser auf die spezifischen Probleme der Stadtstaaten wie Hamburg eingegangen wird und setzen uns auf der CDU-Schiene auch dafür ein, denn wir gehen davon aus, dass wir dort gute Verbindungen haben. Wir wollen eine Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer, die sich nicht mehr nach dem Königsteiner Schlüssel richtet, der für ganz andere Dinge gedacht war. Er berücksichtigt eben nicht den Wohnungsmangel in einer Großstadt und auch nicht die begrenzte Flächenzahl. Und wenn es in den großen Städten, in den Stadtstaaten so weitergeht, dann werden wir dort auch auf ein offenes Ohr stoßen. Wir erwarten allerdings von Bürgermeister Scholz – denn noch trägt er die Verantwortung –, dass er sich vor allen Dingen dort für unser Land einsetzt.
Die Betonung lag auf "noch".
Genauso muss er sich dafür einsetzen, dass die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge künftig ebenfalls nach einem Schlüssel verteilt werden. Und da haben wir viele andere Bundesländer mit im Boot, denn das ist ein Großstadtproblem, das für alle gilt.
Derzeit kommen diese jungen Menschen vor allem in die Großstädte. Aber hier sind es dann oft derart viele, dass wir ihnen gar nicht so helfen können, wie es notwendig wäre. Sie haben oft Furchtbares erlebt, sind seelisch verletzt und haben Heimweh. Eine ganze Reihe von ihnen hat aber bereits ein Leben auf der Straße hinter sich, hat durch Kleinkriminalität überlebt und versucht das hier jetzt auch. Da ist der Hamburger Kiez wirklich nicht die ideale Nachbarschaft. Auch deshalb sollte sich Senator Scheele noch massiver bei seinen Länderkollegen für eine kluge Verteilung der Minderjähri
gen auf alle Länder starkmachen, sonst bekommen wir die Probleme überhaupt nicht in den Griff.
Wir fordern außerdem, dass mit der gleichmäßigen Verteilung über die Stadt endlich ernst gemacht wird und der Senat und die Bezirksamtsleiter es nicht weiterhin stur ablehnen, potenzielle Wohnungsbauflächen für eine Zwischennutzung auch nur zu prüfen. Hier muss in jedem Stadtteil in ganz Hamburg noch einmal geschaut werden, wo es Flächen gibt, die noch nicht an einen Investor gegangen sind, und daher für die Unterbringung zumindest zeitweise zur Verfügung stehen. Stattdessen hat vor wenigen Wochen ausgerechnet Harburgs Bezirksamtsleiter Völsch das noch einmal abgelehnt.
Gerade er müsste doch ein großes Interesse daran haben, dass sich diese Konzentration im Harburger Kerngebiet auf sehr wenige Unterkünfte nicht ergibt.
Aber Sie riskieren damit, dass hierdurch neue soziale Brennpunkte in der Stadt entstehen. Dass die Bezirksamtsleiter das stadtweit mitmachen, verstehen wir nicht. Aber offensichtlich haben die Bezirksamtsleiter im Hamburger Rathaus keinerlei Durchsetzungskraft mehr.
Außerdem riskiert der SPD-Senat dadurch, dass die Hamburger Gastfreundschaft, die im Moment noch sehr groß ist, zu kippen droht und jetzt, wie in Farmsen, Rechtsradikale Morgenluft wittern. Das ist sehr gefährlich, und die Opfer sind ausgerechnet die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns flüchten.
Wir fordern außerdem, dass die Betreuung der Flüchtlinge personell deutlich verbessert und die freie Wohlfahrtspflege stärker einbezogen wird.
Ein solcher Personalschlüssel hilft einerseits den betroffenen Menschen in den Einrichtungen, aber auch den völlig überforderten und überarbeiteten Sozial
pädagogen von "fördern und wohnen". Das fördert den sozialen Frieden in den Einrichtungen und in ihrem Umfeld. Deshalb wünschen wir uns auch, dass es für jede Einrichtung einen Ansprechpartner bei der Polizei gibt, analog zu dem erfolgreichen "Cop4U"-Modell bei den Schulen. Ein solcher Polizeibeamter kennt die Lage vor Ort, kann sich auf allen Seiten Vertrauen erwerben, bei Problemen intervenieren und, auch das ist wichtig, Ängste der Nachbarschaft abbauen helfen.
Wir fordern außerdem eine bessere Unterstützung für die Ehrenamtlichen und dass geprüft wird, ob und gegebenenfalls wie es Hamburgerinnen und Hamburgern ermöglicht werden kann, privat bei sich zu Hause Flüchtlinge aufzunehmen, denn diese Anfragen gibt es.
Schließlich wollen wir auch die Beschulung der Flüchtlingskinder flexibler geregelt sehen und dass die Schulen, die derzeit viele Kinder aufnehmen, sehr viel besser durch Psychologen und weitere Fachleute unterstützt werden.
Wenn die SPD dies alles nicht nur prüft, wie Herr Schweitzer versprochen hat, sondern auch zügig umsetzt, dann ist für die friedliche und menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen in unserer Stadt viel gewonnen.
In den zahlreichen weiteren uns heute zur Debatte angemeldeten Anträgen finden sich weitere wichtige und zumindest diskussionswürdige Forderungen. Deshalb verstehen auch wir nicht, warum Sie einen Antrag herauspicken, nämlich den der LINKEN, und ihn nicht an einen der Ausschüsse überweisen wollen.
Ich denke, die parlamentarische Fairness hätte das geboten.
Aber auch so haben wir genügend Gesprächsstoff in den Ausschüssen. Das Thema wird trotz der Beschwichtigungsversuche von Herrn Lohmann weiter virulent bleiben, und dann sind wir auf die Antworten des Senats gespannt. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Dressel, selbstverständlich tragen wir die Anstrengungen für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge in Hamburg mit. Das ist für uns nicht nur eine gesetzliche, sondern auch eine menschliche Verpflichtung. Und natürlich freuen wir uns über die vielen Hamburgerinnen und Hamburger, die sich dafür ehrenamtlich engagieren.
Aber bei dieser Anmeldung können Sie nicht erwarten, dass wir kritiklos zuschauen, wie wenig organisiert die Unterbringung derzeit vonstattengeht.
Sie merken selbst, dass in der Stadt die Kritik an der Art und Weise wächst, wie die Menschen hier untergebracht werden sollen und wo,
in teilweise riesigen Einheiten und konzentriert auf relativ wenige Stadtteile. Sie haben schon vor einem Jahr versprochen, für Ausgewogenheit zu sorgen, aber wer letzte Woche ins "Hamburger Abendblatt" blickte, wurde eines Besseren belehrt. Immer wieder versuchen Sie, die Opposition für Ihre Maßnahmen zu vereinnahmen oder unseren Bezirkspolitikern den Schwarzen Peter zuzuschieben, wenn scheinbar nicht genügend geeignete Flächen gefunden wurden. Sicher, die Flüchtlingszahlen sind in den letzten Monaten noch einmal stark und so vielleicht nicht vorhersehbar gestiegen,
aber ganz so unvermutet, wie Sie jetzt tun, kam die Entwicklung dann doch nicht. Wir reden hier bereits seit zwei Jahren über das Thema. Damals war Senator Scheele übrigens noch so ehrlich zu sagen, dass der Vorteil von wenigen großen Standorten immerhin sei, dass dann nicht an so vielen Stellen Konflikte mit Anliegern drohen würden.
Das war schon damals ebenso kurzsichtig wie heute,
denn sehenden Auges riskieren Sie jetzt, dass an einigen Stellen auf Kosten der Einwohner dort und
der Flüchtlinge neue soziale Brennpunkte entstehen.
In verschiedenen Anfragen hat der Senat berichtet, welche Flächen er bisher geprüft hat. Die Ablehnungsgründe waren seinerzeit sehr unterschiedlich, und es stellt sich die Frage, ob die Lenkungsgruppe da nicht teilweise vorschnell Nein zu den Vorschlägen aus den Bezirken gesagt hat und ob da nicht dringend noch einmal draufgeschaut werden müsste.
Das zeigt, dass nicht die Bezirke den Schwarzen Peter in Händen halten, sondern, wenn wir dieses Spielchen schon spielen wollen, die zuständigen Senatoren für Soziales und Inneres. Verehrte Senatoren Scheele und Neumann und verehrte Kollegen von der SPD, versuchen Sie nicht immer, uns nachträglich für Ihre Fehler mit in die Verantwortung zu ziehen.
Beteiligen Sie vor allen Dingen die Bezirke ernsthaft und sorgfältig. Sorgen Sie dafür, dass die Medien nicht jedes Mal vor den zuständigen Abgeordneten informiert werden, wie es jüngst auch bei der Ankündigung des sogenannten Sofortprogramms geschah. Da werden am Vorabend die zuständigen Bürgerschaftsabgeordneten und die Vorsitzenden der Bezirksfraktionen zur vertraulichen Information ins Rathaus geladen, und schon am nächsten Morgen stehen alle Details in der Presse. Die war nämlich wieder einmal vorher vom Senat informiert worden. Das ist nicht fair und transparent, das ist unfair und der großen Herausforderung nicht angemessen.
Wer so das Vertrauen der gewählten Volksvertreter enttäuscht, muss sich nicht wundern, wenn ihm in der Stadt auch nicht mehr getraut wird. Schade, denn das haben die Flüchtlinge nicht verdient.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die grauenhaften Berichte aus Syrien und dem Irak sehen, wenn wir erleben müssen, dass in Afghanistan die Taliban wieder die Oberhand gewinnen, wenn wir auch nach Somalia oder Eritrea schauen, dann denkt doch jeder von uns ganz spontan: Wer es schafft, dort wegzukommen und zu uns zu kommen, dem müssen und wollen wir helfen. So den
ken nicht nur viele Hamburgerinnen und Hamburger, so denkt auch die CDU-Fraktion. Wir wollen, dass in unserer Stadt Menschen, die wegen Gefahr für Leib und Leben ihre Heimat verlassen mussten, eine menschenwürdige Aufnahme finden.
Deshalb tragen wir auch die Nachbewilligung von 148 Millionen Euro in 2014 für die Unterbringung der Flüchtlinge und Wohnungslosen in unserer Stadt aus Überzeugung mit.
Das bedeutet aber nicht, dass wir die Umsetzung durch den Senat im Einzelnen nicht weiter kritisch sehen. Vor allem werden nach wie vor viel zu große Einrichtungen geschaffen und die betroffenen Nachbarn viel zu spät und unzureichend informiert. Sie, Frau Bekeris, versprechen in Zukunft die frühe Beteiligung der Bezirksversammlungen. Das ist bisher völlig unzureichend geschehen; Frau Stöver hat es gerade gesagt. Selbst Ihr Fraktionsvorsitzender in Harburg, Herr Heimath, hat sich darüber empört. So schafft man kein Vertrauen, so tut man dem Anliegen keinen Gefallen, sondern einen Tort an, und das wollen wir nicht mittragen.
Wir verstehen ebenfalls nicht, dass der Senat nach eigenem Bekunden sämtliche Vorschläge für freie Flächen aus den Bezirken geprüft hat und erklärt, man befände sich gut im Plan. Uns will nicht einleuchten, dass dann trotzdem laut Senat noch mindestens 600 Plätze völlig ungeklärt sind, und warum er dann doch wieder auf eine Massenunterbringung in der Berzeliusstraße oder Flüchtlingsschiffe zurückgreifen will.
Der Antrag der GRÜNEN will die notwendige Aufklärung. Das ist echte Transparenz, von der nicht nur gesprochen wird, sondern die zu einer entsprechenden Lösung führt, und deshalb wollen wir diesem Antrag auch zustimmen.
Auch die FDP hat eine Reihe von vernünftigen Vorschlägen gemacht, und bis auf einen werden wir auch diesem zustimmen.
Nächste Frage. Warum ist es immer noch nicht gelungen, die Vorschriften über den Brandschutz so zu verändern, dass auch die Unterbringung etwa in leeren Schulen oder Bürogebäuden möglich ist? Sind Container auf Pontons und Zelte wirklich sicherer?
Eine noch viel grundsätzlichere Frage. In Hamburg stammen rund ein Viertel der Erstantragsteller aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Seit Einführung der Visafreiheit 2009 ist ihre Zahl bundesweit sprunghaft angestiegen. Diese Menschen sind zum großen Teil Roma, denn ihre wirtschaftliche und soziale Lage in ihren Heimatländern ist außerordentlich problematisch. Aber dies ist kein Thema für das Asylrecht, sondern es muss größere Anstrengungen in den Ländern vor Ort geben, damit die Situation der Roma dort endlich und dauerhaft besser wird.
Es müsste auch vonseiten der EU, von all unseren Abgeordneten dort einschließlich Herrn Schulz, dem Präsidenten und auch dem Kommissionspräsidenten auf die Regierungen in Rumänien, Bulgarien und so weiter mehr Druck ausgeübt werden. Die zeitweilige Aufnahme hier als Asylbewerber löst das Problem nicht.
Hier haben diese Menschen nämlich so gut wie keine Chance auf dauerndes Verbleiben, ganzen 0,2 bis 0,3 Prozent wird ein Bleiberecht gewährt. Die CDU/CSU will daher auf Bundesebene erreichen, dass Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Das würde die Verfahren erheblich beschleunigen und endlich Ressourcen freigeben für die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten Syrien, Irak oder Afghanistan, die in der Regel vorerst bleiben können. GRÜNE und LINKE blockieren aber bisher diese Bemühungen, und auch die SPD war hier sehr zögerlich.
Mittlerweile.
Diese neue Regelung löst nicht alle Probleme, aber sie wäre ein wichtiger Schritt. Daher unsere Aufforderung an Sie und Ihre Parteien in den anderen Ländern: Geben Sie diese Blockade auf und stimmen Sie der Gesetzesänderung im Bundesrat zu.
Und noch ein Problem. Dank einer Anfrage der CDU wissen wir jetzt, dass die Mehrzahl der minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge in Hamburg gar nicht minderjährig ist. Wie will der Senat hier künftig verfahren? Wie will er den derzeit völlig überlasteten Kinder- und Jugendnotdienst so entlasten, damit den tatsächlich Minderjährigen umso besser schnell geholfen werden kann, die allein in unser Land kommen?
Von alledem lesen wir im SPD-Antrag nichts. Stattdessen fordern Sie etwas, was eigentlich selbstverständlich ist: die Anstrengungen bei der Unterbringung noch einmal zu verstärken – wer sollte dagegen sein? Auch die Bemühungen um mehr Unterstützung vom Bund laufen bereits, wer will das nicht? Dafür mussten eigens zwei lange Antragsseiten geschrieben werden?
Konkret ist der dritte Punkt. Die ehrenamtliche Begleitung der Zuwanderer soll nicht mit 200 000 Euro, sondern mit 400 000 Euro gefördert werden. Das ist nicht falsch, aber hat das wirklich oberste Priorität? Könnte dieses Geld nicht genauso gut oder vielleicht besser für weitere Integrations- und Sprachkurse genutzt werden? Das wäre besonders nachhaltige Hilfe für Menschen, für deren Leben hier Deutschkenntnisse von existenzieller Bedeutung sind. So liegt der Antrag der SPD nicht falsch, aber eben auch nicht richtig. Folgerichtig werden wir uns enthalten.
Dem eigentlichen Anliegen dieses Tages, der massiven Aufstockung der Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg, stimmen wir zu. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in der Arbeitsmarktpolitik wohl kaum eine schwierigere Aufgabe als die, Langzeitarbeitslosigkeit zu überwinden.
Gerade heute kamen die aktuellen Zahlen für August heraus. In Hamburg sind fast 24 000 Menschen langzeitarbeitslos; Herr Schwieger hat es gerade gesagt. Von den Hartz-IV-Empfängern sind es gut 40 Prozent. Das ist viel zu viel und wir müssen gemeinsam nach Lösungen für diese Menschen suchen. Ein Königsweg ist unserer Ansicht nach nicht in Sicht. Es sind wohl vielmehr verschiedene Richtungen, die wir einschlagen müssen und die keineswegs alle sofort zum Ziel führen werden. Am wichtigsten ist es natürlich, Langzeitarbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Eine ihrer Hauptursachen ist mangelnde Qualifikation, und insofern ist es richtig, hier vorzubauen und möglichst allen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen.
Gute Bildung und gute Ausbildung sind das beste Mittel, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Das hat die CDU schon immer vertreten, und dafür werden wir in Hamburg auch weiter kämpfen.
Aber auch dann wird es immer Menschen geben, die aufgrund von Schicksalsschlägen, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung, von Krankheit, Sucht oder anderen persönlichen Problemen kaum oder nur sehr schwer in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern sind. Hinzu kommt, dass viele einfa
che Tätigkeiten, die auch schlecht oder gar nicht ausgebildete Menschen früher ernährt haben, heute kaum noch vorhanden sind. Umso erstaunlicher ist übrigens unserer Ansicht nach die auch in diesem Haus verbreitete pauschale Ablehnung der Zeitarbeit,
denn sie war und ist bisher oft noch der einzige Weg für Ungelernte, eine bezahlte Helfertätigkeit zu finden.
Doch wie helfen wir den Menschen, die seit vielen Jahren arbeitslos sind? Nun könnte man natürlich sagen, lasst doch diese Menschen in Ruhe, zahlt ihren Lebensbedarf und die Wohnung, und gut ist es. Das ist im Zweifelsfall sogar billiger, als immer neue Maßnahmen und Arbeitsstunden der Fallmanager zu finanzieren. Das verkennt aber, dass auch für die meisten der lange arbeitslosen Menschen bezahlte Arbeit wichtig für die Selbstachtung ist. Wer arbeitet, fühlt sich gebraucht, kommt unter Menschen und sieht sich nicht als Almosenempfänger. Doch welche Arbeitsmöglichkeiten für diese Menschen gibt es? Viele Lösungen sind übrigens schon seit den 1920er Jahren, so lange versucht man das schon, gesucht worden. Von der Fürsorgearbeit, wie sie noch in den Fünfzigerjahren hieß, zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, den 1-Euro-Jobs bis zu Projekten der Bürgerarbeit, die Ende des Jahres auslaufen werden. Sie alle hatten und haben Vor- und Nachteile; eine nennenswerte Zahl von Langzeitarbeitslosen dauerhaft in den Ersten Arbeitsmarkt gebracht haben sie nicht.
Der vom Diakonischen Werk schon vor Jahren entwickelte Passiv-Aktiv-Transfer soll genau dieses Problem lösen und finanzierbar halten. Das klingt zunächst verlockend einfach, hat aber doch zahlreiche Fußangeln. Die wohl größte – Herr Schwieger hat sie angesprochen – ist, dass sogenannte passive Mittel für die Sicherung des Existenzminimums, auf die jeder bei Bedürftigkeit einen Rechtsanspruch hat, umgemünzt werden in Maßnahmen der aktiven Eingliederung; das aber sind Ermessensleistungen. Hier soll staatliche Pflicht in staatliches Ermessen überführt werden, und das geht nicht. Auf Bundesebene hat sich die christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft daher für eine Öffnung des SGB II ausgesprochen, doch die haben wir noch nicht.
Es gibt aber auch offene Finanzierungsfragen. Baden-Württemberg zum Beispiel hat die bis jetzt nur mit Duldung des Bundesarbeitsministeriums überhaupt vorübergehend gelöst. Und es gibt weitere Probleme. Sowohl die GRÜNEN als auch DIE LINKE fordern explizit in ihren Anträgen eine Bezahlung mindestens in Höhe des Mindestlohns. Das tun Sie, Herr Schwieger, in Ihrem Antrag nicht, in Ihrer Begründung eben haben Sie es allerdings anders gesagt. Wir können Ihrem Antrag nur zu
stimmen, weil das dort nicht steht. Diese Festlegung auf den Mindestlohn kritisieren derzeit in Baden-Württemberg ausgerechnet auch die beteiligten Wohlfahrtsverbände. Sie fürchten zu Recht, dass niemand aus solchen geförderten Stellen ausscheiden wird, weil er auf dem normalen Arbeitsmarkt keinen vergleichbaren Lohn erreichen kann. Dann kann die geförderte Arbeit schnell zur Falle werden. Wohlgemerkt, nicht jeder und nicht jede wird in den Ersten Arbeitsmarkt finden. Wir werden auch soziale Träger brauchen, und die Quartiersorientierung im Antrag der GRÜNEN halten wir für sinnvoll, aber das Modell von vornherein so zu bauen, dass der Weg überhaupt nicht in den Ersten Arbeitsmarkt führen kann, ist nicht sinnvoll.
Und was meint die Forderung im Antrag der GRÜNEN, dass die geförderte Beschäftigung privatwirtschaftlich und gemeinwohlorientiert sein soll. Was für Arbeitsplätze sollen das sein? Eine Integration in den Ersten Arbeitsmarkt ist damit letztlich ebenfalls ausgeschlossen. DIE LINKE wiederum kehrt zu eigentlich überholten Modellen zurück, wenn sie einen voll sozialversicherungspflichtigen, vollständig existenzsichernden öffentlichen Beschäftigungssektor fordert – abgesehen davon, dass ein Familienvater mit einer solchen Arbeit nicht automatisch auch seine Kinder voll versorgen kann. Sie sprechen doch von voller Existenzsicherung.
Das habe ich auch nicht gesagt.
Wie wollen Sie verhindern, dass solche aus Steuermitteln finanzierte Arbeitsplätze nicht die Arbeitsplätze der Hamburger Steuerzahler gefährden? Darüber müssen wir im Ausschuss noch einmal diskutieren. Wichtig bei der Entwicklung des Modells ist außerdem, dass Vertreter der Hamburger Arbeitnehmer und Arbeitgeber verpflichtend beteiligt werden und nicht nur beratend. Nur sie können die Auswirkung auf den allgemeinen Beschäftigungsmarkt abschätzen und mögliche Beeinträchtigungen des Wettbewerbs absehen. Vor allem aber sind doch gerade die Arbeitgeber diejenigen, die ein Passiv-Aktiv-Modell an entscheidender Stelle tragen sollen. Dafür ist es auch notwendig, dass der bislang nicht gerade sehr effektive gemeinsame Arbeitgeberservice von Jobcenter und Arbeitsagentur in Hamburg endlich effektiver wird und den Arbeitskräftebedarf der Hamburger Unternehmen und Betriebe vor Ort wirklich kennt.
Das scheint auch die SPD zu wissen, und da Ihr Antrag vor allem das Suchen nach geeigneten Lösungen beinhaltet und nicht so tut, als wäre die fertige Lösung in der Tasche, können wir dem auch zustimmen. Allerdings hätten wir es besser gefunden, wenn wir es erst im Ausschuss diskutiert hätten und dann darüber abgestimmt; so müssen wir es wieder einmal umgekehrt machen. Das ist et
was mutlos, liebe SPD, aber das kennen wir schon. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun ist sie also da, die lange angekündigte Engagementstrategie 2020. Vor fast zwei Jahren wurde sie beantragt, fast ein Jahr lang haben etwa 200 Personen darüber beraten, es wurden Arbeitspapiere erstellt und das Ganze wurde sogar wissenschaftlich begleitet. In der Strategie steckt also viel ehrenamtliche Arbeit, und für dieses Engagement danken wir den Beteiligten ausdrücklich.
Verfasst wurden die 40 strategischen Seiten allerdings von der Sozialbehörde. Damit kommt es wieder so wie bei vielen anderen Themen auch. Es gibt eine Aufgabe in der Stadt, die auch der Senat nicht einfach ignorieren kann, also sorgt er für einen Antrag der SPD. Dann wird ein langwieriges Verfahren mit vielen Beteiligten gestartet, große Erwartungen werden geweckt, und am Ende wird eine umfangreiche Drucksache geschrieben. Viel Text, wenig Inhalt, viele Prüfaufträge und Arbeitsgruppen, deutlich weniger konkrete Maßnahmen – damit ist das Thema abgehakt.
Das fällt mir halt ein bisschen schwer. Ich hatte mehr erwartet.
Dabei sollen gute Ansätze der Strategie – insofern freue ich mich doch, Herr Quast – gar nicht verschwiegen werden. Sinnvoll ist etwa die Förderung der Freiwilligenakademie, was zumindest für zwei Jahre geschehen soll. Ebenso sinnvoll ist es, dass nun zwei weitere Freiwilligenagenturen, nämlich die in Wandsbek und in Bergedorf, auch unterstützt werden sollen. Warum aber zwei so wichtige Agenturen wie das Freiwilligenzentrum und die Zeitspender auch künftig nicht öffentlich gefördert werden, bleibt unklar. Ansonsten wird in der Drucksache viel strategischer Dampf produziert. Zentral, heißt es etwa, sei der sogenannte Trialog zwischen Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft. Schließlich sollten doch Unternehmen für die Unterstützung des Freiwilligenengagements geworben werden. Und was macht der Senat? Er lässt bereits vorhandene Arbeitsgruppen fast aller Behörden noch etwas häufiger tagen. Hinzu kommen neue Gremien, die dann auch noch weiter beraten. Das ist sicher nicht verkehrt, aber konkret: Warum wurden nicht Wirtschaftsvertreter in geeigneter Form hinzugebeten? Was will die Stadt selbst mit ihren verschiedenen Unternehmen als doch große Arbeitgeberin tun, um das Freiwilligenengagement ihrer Beschäftigten zu fördern? Aufschreiben ist Silber, Handeln, lieber Herr Senator, wäre Gold.
Wichtig ist auch die Anerkennung der freiwilligen Arbeit. Frau Müller hat das schon mit guten Worten getan. Hier soll etwa der Hamburger Nachweis zu einem aussagekräftigen Zeugnis ausgebaut werden. Das ist eine konkrete Maßnahme und zu begrüßen. Wenn es aber um die etwas bessere materielle Anerkennung geht, dann zieht sich die Stadt zurück. So war und ist beispielsweise die Gesundheitsbehörde nicht bereit, finanziell schlechter gestellte Mitglieder der Bezirksseniorenbeiräte mit etwas Geld für die eine oder andere Druckerpatrone zu unterstützen. Das wäre einmal etwas ganz Konkretes, aber wie gesagt, schreiben ist Silber, selbst entsprechend zu handeln wäre eben Gold.
Dazu gleich noch ein weiteres Beispiel. Die Strategie betont zu Recht, dass mehr Migranten für das klassische Ehrenamt gewonnen werden sollen. Ausdrücklich wird die sogenannte interkulturelle Öffnung aller zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert. Dabei geht die Sozialbehörde aber nun sogar so weit, künftig jede Projektförderung von dieser Öffnung abhängig zu machen. Wie das funktionieren soll, bleibt unklar. Ist ein katholischer Verein interkulturell offen genug, wenn ein Teil seiner Mitglieder polnischstämmig ist? Muss sich jeder Naturschutzverein eine kleine Migrantenorgani
sation mit völlig anderem Ziel als Tandempartner suchen, um von der Stadt künftig Geld zu bekommen? Das ist eine entscheidende Frage, und hier müssen wir im Ausschuss dringend nachfragen, denn sonst wäre das ein Paradigmenwechsel.
Ich gebe Ihnen noch ein schönes praktisches Beispiel aus dem SAGA-Wohnquartier Großlohe in meinem Heimatstadtteil Rahlstedt. Dort haben sich Einwohner aus vielen Nationen aufgemacht, einen interkulturellen Gemeinschaftsgarten aufzubauen. Alles, was ehrenamtlich zu tun und klären war, wurde getan. Mehr Interkulturalität geht einfach nicht. Das Einzige, was fehlt, ist die Genehmigung des Bezirksamts Wandsbek, einen 10 Meter breiten Knick niederlegen zu dürfen, um einen Zufahrtsweg zu haben. Bis heute, nach vielen Monaten freiwilligen Engagements von oft sozial benachteiligten Großlohern, hat das Bezirksamt Wandsbek diese Genehmigung nicht erteilt. Schreiben, lieber Senat, mag Silber sein, Handeln wäre hier pures Gold.
Über ein Modell des Engagements möchte der Senat am liebsten nicht einmal reden, die Seniorengenossenschaften. Der Antrag, diese auch in Hamburg zu fördern, war nämlich eine Idee der CDU, und was die Opposition fordert, das kann man nicht wirklich gut finden und umsetzen.
Daher wird es sich in der Drucksache auch sehr einfach gemacht. Man machte eine Internetrecherche. Das Ergebnis: So etwas brauchen wir in Hamburg nicht wirklich. Immerhin möchte man dann doch einen Info-Flyer drucken. Dabei war Ihre Recherche nicht einmal gründlich. Dass nun auch Sachsen als weiteres großes Bundesland dieses Modell fördern möchte, fiel genauso unter den Tisch wie die Tatsache, dass es diese Genossenschaften eben auch in Städten gibt. Eine Stadt wie Freiburg hat die SAGES, eine erfolgreiche Genossenschaft, schon seit vielen Jahren.
Hier hat es sich der Senat zu leicht gemacht. Behauptet wird aber vor allem, dass es in Hamburg schon genug Hilfesysteme von und für Senioren gebe. Wozu dann noch Seniorengenossenschaften? In einer Stadt, meine Damen und Herren, wo der Anteil an älteren Menschen stetig zunimmt und in der diese Menschen möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben wollen, in einer solchen Stadt ist das schon eine bemerkenswert rückwärtsgewandte Zukunftsstrategie. Behauptet wird übrigens auch, dass es in Hamburg noch keine Seniorengenossenschaft gebe. Tatsächlich wurde gerade die erste in Hinschenfelde gegründet. Sie hat schon jetzt 60 Mitglieder. Statt solche positiven Beispiele freiwilligen Engagements nicht zur
Kenntnis zu nehmen, sollte die Stadt diese nach Kräften fördern und nicht nur in großen Papieren darüber schreiben, lieber Senat, sondern auch wirklich danach handeln. Das wäre eine Engagementstrategie 2020, die diesen Namen wirklich verdient.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist zunächst einmal eine sehr schöne Nachricht und erleichtert das Wiederfinden des Debattentons etwas.
Liebe Frau Artus, wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man einen Arbeitskreis oder eben ein Landesbüro. So erscheint mir Ihr Antrag auf ein sogenanntes Landesbüro für Geschlechterdemokratie. Damit wir uns nicht missverstehen, Ihr Anliegen ist zumindest in Teilen durchaus berechtigt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern wird zwar allerorten gefordert, ist aber längst nicht überall gelebte Realität. Eine gerade gestern veröffentlichte aktuelle Studie hat wieder gezeigt, dass auch in den Führungsgremien der öffentlichen Unternehmen bundesweit der Anteil der Frauen bei nur knapp 20 Prozent liegt, egal übrigens, welche Partei in der Kommune, im Land oder im Bund das Sagen hat. Auch Hamburg bietet diesbezüglich noch ein sehr durchwachsenes Bild. Die von der öffentlichen Hand und damit den Parlamenten kontrollierten Unternehmen müssen hier noch ordentlich etwas tun. Auf Bundesebene haben wir uns um Koalitionsvertrag einiges vorgenommen, gerade bei den Lohnunterschieden, und werden das auch umsetzen. Was der SPD-Senat in Hamburg tun will, hat er in seinem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm ausführlich verkündet. Sie, verehrte Frau Kollegin Dobusch, haben dieses Programm gerade eben über den grünen Klee gelobt, und tatsächlich sind darin auch vernünftige Ziele beschrieben. Aber es ist eben leider wie bei all Ihren Programmen und Strategien. Lang und breit verkündet der Senat, was er tun will, und verweist dabei kreuz und quer und manchmal auch etwas beliebig auf all seine anderen Strategien und Papiere, die er schon produziert hat.
Das nennt man in der Wissenschaft Querverweis, und davon leben wirklich alle diese Strategien. Wie viel der Senat tun will, bis wann er das tun will – oft steht dort nämlich einfach, laufend möchte er das tun –, vor allem aber, womit er all diese Maßnahmen bezahlen will, das steht auf diesen mehr als hundert Seiten, die auch dieses Papier wieder einmal aufweist, nicht. Doch die Hoffnung, ein neues und teures Landesbüro mit zehn recht üppig dotierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würde daran etwas ändern, diese Hoffnung teilen wir von der CDU nicht. Das Büro würde Dinge tun, die an anderer Stelle bereits getan werden, und zwar ebenfalls unabhängig. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erfüllt bereits einen Großteil der Aufgaben, die Sie einem Landesbüro übertragen wollen. In Hamburg sind ebenfalls viele Einrichtungen und Stellen mit der Gleichstellung befasst. Erinnert sei an die einschlägigen Referate an den Hochschulen, sei es der Landesfrauenrat, sei es die Beratung von basis & woge. Vor allem aber wäre ein solches Landesbüro, das doch auch Körperschaften zu seinen Mitgliedern zählen soll, vermutlich sogar kontraproduktiv. Es könnte sehr leicht zu einer Art Alibiveranstaltung werden und den Senat aus seiner Selbstverpflichtung entlassen frei nach der Devise: Darum brauchen wir uns nicht zu kümmern, wir haben doch das Landesbüro. Es könnte dann zwar anregen und kritisieren, Tagungen veranstalten und neue theoretische Papiere produzieren, aber es bliebe ein teurer zahnloser Tiger.
Nein, meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe als Parlament, den Senat an seinen eigenen Vorsätzen zu messen und Defizite öffentlich zu machen. Das ist schwierig, aber so verstehe ich unsere Rolle gerade in der Opposition. Im Spätherbst sollen wir die Evaluation und die Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms bekommen. Das ist eine gute Gelegenheit für diese Oppositionsarbeit.
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Schluss. Gleichstellung im Berufsleben können wir durch Gesetze und Programme fördern, aber parallel dazu muss ein allgemeiner Bewusstseinswandel stattfinden. Wenn viele Frauen auch heute oft nicht die gleichen Karriereschritte wie Männer gehen können oder auch wollen, wenn sie an die berühmte gläserne Decke stoßen, dann sehr häufig, weil sie Mütter sind und ihre Aufgabe als Mutter ernst nehmen. Wenn das so ist, dann müssen wir dafür sorgen, dass auch Männer ihre Vaterrolle genauso wichtig nehmen wollen und können wie ihren Beruf. Dann muss die Familien- oder auch die Pflegezeit nicht länger als Privatvergnügen gelten, sondern als volkswirtschaftlich ergiebige und wichtige Zeit des Kompetenzerwerbs.
In Schweden hat der Mann schlechtere Karrierechancen, der als Vater nicht seine ausführliche Erziehungszeit genommen hat. Das führt dazu, dass Mütter in Schweden beruflich mittlerweile gleichermaßen erfolgreich sein können. So weit, denke ich, wollen wir auch kommen. Wir als Fraktionen und Parteien könnten doch schon einmal anfangen und die Vereinbarkeit von Familie und Mandat erleichtern.
Die Vereinbarkeit, nicht das Erlangen des Mandats. Hier gibt es eine ganze Menge zu tun. Dazu gehört beispielsweise, dass Parlaments- und Parteitermine möglichst eben nicht am Sonntag stattfinden, Sitzungen nicht bis spät in die Nacht dauern und
vielleicht auch ein fraktionsübergreifender Mutterschutz für Abgeordnete. Das wären schon einmal kleine, aber wichtige Schritte. Sie kosten Mühe, aber nicht 1 Million Euro im Jahr wie Ihr Landesbüro. Das halten wir nicht für erforderlich und lehnen daher den Antrag der LINKEN ab. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da hat DIE LINKE offensichtlich einen Nerv getroffen,
wenn die SPD ein Thema, das sowieso schon zur Debatte angemeldet ist, auch noch in die Aktuelle Stunde bringt. Wenn es um Wahlversprechen von Bürgermeister Scholz geht, verstehen Sie, liebe SPD-Kollegen, keinen Spaß.
Warten Sie es ab. Dass Sie Ihre eigene Humorlosigkeit beklatschen, wundert mich aber schon.
Wenn gleich drei Leute auf einmal in einer Pressemitteilung erklären müssen, was da alles falsch läuft, dann zeigt das doch, wie dünnhäutig Sie in dieser Sache sind.
Dabei können auch Sie nicht darüber hinwegsehen, dass es noch längst nicht alle jungen Erwachsenen in Hamburg geschafft haben, entweder das Abitur zu machen
oder in eine klassische Berufsausbildung zu gehen, wie Sie es in Ihrem Wahlprogramm versprochen haben. Da hat die SPD seinerzeit den Mund zu voll genommen und nun droht sich der Senat zu verschlucken; das passiert eben mit vollmundigen Wahlversprechen.
Denn die Situation ist kompliziert und da helfen auch keine einfachen Lösungen, auch nicht die von der LINKEN aus der arbeitsmarktpolitischen Mottenkiste hervorgeholte allgemeine Ausbildungsumlage, die ein bürokratisches Monster ist und zu viele Fehlanreize bietet. Kompliziert ist die Situation – Herr Schwieger, Sie haben es gesagt –, weil derzeit offiziell immerhin 4400 freie Lehrstellen in Hamburg gemeldet sind, aber auch 4750 Lehrlinge Arbeit suchen. Da passt etwas nicht zusammen. Das Problem ist, dass sich dieser Trend gegenüber Mai letzten Jahres leider nicht verbessert, sondern im Gegenteil weiter verschlechtert hat. Da hat der Senat offenbar etwas verschlafen.
Das Problem ist nicht neu, und deshalb haben wir von der CDU – erlauben Sie, dass ich das noch einmal betone – und nicht Sie von der SPD schon 2011 die Einführung einer Jugendberufsagentur beantragt. Dass Sie, liebe SPD, dem Antrag seinerzeit nicht zugestimmt haben,
heute aber bei jeder Gelegenheit diese Agentur feiern, ist zumindest erstaunlich.
Ich habe im vergangenen Sommer in der Berufsagentur Hamburg-Mitte hospitiert und gesehen, wie schwierig die Arbeit dort ist, denn die Anliegen der Jugendlichen sind breit gefächert. Da gibt es den frischgebackenen Abiturienten, der nur noch einen Stempel für die Auslandsreise braucht, aber eben auch die schwangere Siebzehnjährige, die nicht mehr zur Schule geht, aber auch keine Ausbildung macht und von Hartz IV lebt. Eindeutig ist von Vorteil, dass die jungen Leute gleich an den nächsten Fachkollegen im gleichen Haus verwiesen werden können. Mein Eindruck war aber auch, dass auch unter einem Dach noch oft nebeneinander gearbeitet wird und noch immer viel bürokratischer Aufwand betrieben werden muss, ehe es zur persönlichen Hilfe geht, die der entscheidende Vorteil der Jugendberufsagentur sein soll. Nicht die Marktkunden, wie es so schön heißt, die ohnehin eine Lehrstelle finden, sondern die sogenannten Betreuungskunden, die wegen ihrer vielen persönlichen Probleme keine Ausbildung finden, brauchen intensive Hilfe. Zudem haben sich nicht alle von der Sozialbehörde dafür vorgesehenen Instrumente als erfolgreich erwiesen; das haben wir im Sozialausschuss gehört. Da muss noch viel umgesteuert werden. Die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe muss verbessert, die Dominanz der Arbeitsagentur gemindert werden; es bleibt also noch viel zu tun.
In Ihrer Pressemitteilung loben Sie, verehrte SPD, sich auch für das neue Konzept der Studien- und Berufsorientierung an Hamburgs Schulen.
Dadurch sollen die Schülerinnen und Schüler die Schulen mit realistischen Ausbildungszielen verlassen. Das ist nötig, aber zu wenig. Wenn die Handwerkskammer meldet, dass zwar wieder mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen werden, aber trotzdem viele Bäcker oder Gebäudereiniger keinen Lehrling finden, und sagt, dass eben doch viele Stellen unbesetzt bleiben, wenn es sogar, wie gestern, Azubi-Speed-Datings gibt, und all das, obwohl zahlreiche Hamburger Betriebe ihre Anforderungen heruntergeschraubt haben, dann stimmt doch etwas nicht. Wenn es für viele Ausbildungsstellen keine Lehrlinge gibt, dann hat das auch noch andere Gründe. Die aktuelle Umfrage der Handelskammer nennt als Grund Nummer 1 die mangelnde Ausbildungsreife der Bewerber. Sprechen Sie mit den Meistern: Fehlende Disziplin und fehlende Motivation oder ungenügende Umgangsformen und Unzuverlässigkeit sind leider nach wie vor wichtige Gründe, eine Lehrstelle nicht zu bekommen. In Ihrem Konzept allerdings findet sich dazu kein Wort. Warum wird nicht auch die Vermittlung solcher Sekundärtugenden mit in das Konzept aufgenommen? Wenn Eltern und das soziale Umfeld die Jugendlichen hier allein lassen, dann sollte es doch die Schule nicht auch noch tun.
Also, liebe SPD: mehr Konzentration auf die wirklich Hilfebedürftigen in der Jugendberufsagentur und bei der Berufsorientierung auch die Sekundärtugenden bedenken. Wenn Sie das machen – das sind nur zwei Beispiele –, dann gelingt es Ihnen vielleicht, das Wahlversprechen von Olaf Scholz auch wirklich einzulösen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wer ein Thema zur Aktuellen Stunde anmeldet – da gebe ich Ihnen recht, Frau Timmermann –, macht es gern dramatisch. Heute aber, liebe LINKE, sind Sie mit Ihrer Anmeldung über das Ziel hinausgeschossen.
"Die Pflege liegt am Boden." Wer so formuliert, erklärt die Pflege für todkrank. Da sind Sie nicht mehr weit entfernt von Heribert Prantl von der "Süddeutschen Zeitung", der kürzlich behauptet hat, die Zustände in der Pflege seien himmelschreiend.
Wer so etwas sagt, der beschädigt, sicher ungewollt, alle diejenigen, die Tag für Tag und Woche für Woche sehr viel dafür geben, dass die Pflege in Deutschland eben nicht am Boden liegt,