Protocol of the Session on October 8, 2014

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Das Wort bekommt Frau Suding von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Rede des Ersten Bürgermeisters wissen die Hamburger jetzt, woher der Name Scholzomat kommt: tonlos, ohne Ideen, ohne Politikansätze.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie reden wie ein Verwalter, Herr Scholz, und in dieser für Hamburg so wichtigen Entscheidung der Elbvertiefung sind Sie sogar ein schlechter Verwalter.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Was wir heute diskutieren, ist nicht nur eine Verlängerung einer Hängepartie, hier geht es nicht nur um mangelhafte Regierungskunst eines Bürgermeisters und seiner Administration oder die Vertagung einer Gerichtsentscheidung, es geht um nichts weniger als das Wohl und Wehe unserer Hafenstadt. Diese Entscheidung zur Fahrrinnenanpassung ist für die Zukunft Hamburgs ein schwerer Schlag.

Die Befragung des Europäischen Gerichtshofs bedeutet mindestens ein Jahr, vielleicht sogar zwei Jahre weiteren Stillstand für die dringend nötige Fahrrinnenanpassung. Unternehmer und Beschäftigte im Hafen, Handelspartner Hamburgs und Deutschlands in der ganzen Welt werden nun weiter verunsichert und müssen abwarten und möglicherweise dabei zusehen, wie Tonnage aus Hamburg in andere Häfen der Nordrange verlagert wird.

Die Zeichen für diese Verunsicherung sind klar erkennbar. Allein seit Donnerstag hat der Aktienkurs der HHLA um über 8 Prozent nachgegeben. Das ist ein Wertverlust von rund 100 Millionen Euro, und das allein aufgrund der Vertagung der Entscheidung. Analysten erwarten jetzt bis zur Klärung europarechtlicher Fragen einen Projektstart nicht vor dem Frühjahr 2016. Damit dürfte sich der für die HHLA und andere Hafenbetreiber wichtige Ausbau der Elbe frühestens 2017 bemerkbar machen. Das bedeutet, Hamburg verliert Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Antwerpen und Rotterdam und büßt Wirtschaftskraft ein – ein Desaster in ohnehin unsicheren Zeiten.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Und es gibt gleich mehrere, die für dieses Desaster die Verantwortung tragen, NABU und BUND, die wider besseres Wissen behaupten, dass die Fahrrinnenanpassung nicht zu kompensierende Nachteile für Vögel, Fische und Pflanzen mit sich bringen würde. In Wahrheit hat die EU-Kommission bereits 2011 festgestellt, dass die ökologischen Eingriffe durch die Maßnahmen mehr als ausgeglichen werden.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sie haben doch überhaupt keine Ahnung!)

(Jens Kerstan)

NABU und BUND aber führen gegen jede Vernunft mit juristischen Mitteln einen ideologischen Feldzug gegen den Hamburger Hafen, gegen seine Unternehmen und die dort Beschäftigten.

(Beifall bei der FDP)

Und der Hamburger Steuerzahler finanziert das auch noch durch die Staatsalimentierung dieser Verbände, durch Hunderttausende nicht zweckgebundene Euro, die von NABU und BUND auch für Klagen gegen die Stadt verwendet werden könnten. Das ist ein echter Zuwendungsirrsinn.

(Beifall bei der FDP)

Schuld an diesem Desaster trägt der aktuelle SPDSenat unter Olaf Scholz, aber auch der schwarzgrüne Vorgängersenat. Sie können sich da nicht so leicht aus der Verantwortung stehlen, lieber Herr Wersich.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Gut, dass ihr hier nie regiert habt!)

Immerhin hat die CDU als führende Regierungspartei des letzten Jahrzehnts die ursprünglichen Planungen zu verantworten und hat damit den Grundstein für wesentliche Verzögerungen gelegt. Sie hätten es gemeinsam mit den GRÜNEN schon vor ein paar Jahren besser wissen können. Auf Mängel im Planfeststellungsverfahren wurde hingewiesen, übrigens auch von meinem Kollegen Dr. Duwe. Wer wie die CDU und die GRÜNEN die Bedeutung europäischer Richtlinien unterschätzt, der hat eben zeitliche Verzögerungen selbst zu verantworten. Das schrieb er Ihnen bereits 2009 und 2010 ins Stammbuch.

Olaf Scholz hatte sich im November 2010 dazu in der "Bild"-Zeitung wie folgt geäußert – ich zitiere –:

"Die Elbvertiefung muss kommen. Es ist traurig, wie wenig Energie der bisherige Senat in dieses Projekt investiert hat. Ich werde die Elbvertiefung ganz energisch vorantreiben."

Zitatende.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister! Es ist schon traurig, wie wenig Sie Wort gehalten haben. Und es ist bestürzend, wie wenig Energie Ihr SPD-Senat in dieses Projekt investiert hat.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben es von Anfang an versäumt, eine erfolgreiche Strategie gegen die Klage der Naturschutzverbände zu entwickeln. Sie waren nie in der Lage, die von Ihnen kritisierten Versäumnisse der CDU vollends zu beseitigen. Und Sie wurden schon vor zwei Jahren mit Ihrem Wirtschaftssenator während einer Indienreise von der einstweiligen Anordnung eines Baustopps überrascht. Herr Bürgermeister, zweifellos haben Sie jahrelang Zeit genug gehabt,

die Folgen der Fahrrinnenanpassung für Fische, Vögel und Pflanzen zu untersuchen. Den Behauptungen der Naturschutzverbände hätten Sie überzeugend entgegentreten müssen. Stattdessen wurden auch Sie vom langen Fragenkatalog des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Frühjahr überrascht und haben jetzt die bittere Quittung für dieses politische Versagen bekommen.

Auch heute haben Sie nicht schlüssig erklären können, wie es zu den schweren handwerklichen Mängeln gekommen ist. Ein tragendes Konzept für das weitere Gerichtsverfahren konnten Sie uns nicht präsentieren, und allein darauf zu vertrauen, dass der Planfeststellungsbeschluss noch gilt, wird nicht ausreichen.

(Beifall bei der FDP)

Eines muss jetzt jedoch ganz klar sein: Hamburg muss endlich aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Die Menschen erwarten, dass die Politik gemeinsam endlich das Notwendige tut, damit die Fahrrinnenanpassung kommt. Als Erstes muss der Bürgermeister dafür Sorge tragen, dass alle Mängel im Planverfahren umgehend beseitigt werden. Es darf bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und zur abschließenden Entscheidung in Leipzig keinen Zweifel mehr an der Qualität und Richtigkeit der Hamburger Unterlagen geben. Das sind Sie der Hamburger Hafenwirtschaft und ihren Beschäftigten schuldig, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens müssen wir die Wettbewerbsposition des Hamburger Hafens stärken. Wir schlagen daher erneut die Streichung der Zuschüsse für die Stiftung Lebensraum Elbe vor. Seit 2010 hat die Stiftung Lebensraum Elbe insgesamt gut 20 Millionen Euro von der Stadt und der HPA erhalten. Jedes Jahr erhält die Stiftung 4 Prozent des Hafengeldes von der HPA. Da die Umweltverbände aber offenbar kein Interesse mehr an einer Kooperation mit der Stadt haben, sollten wir die jährliche Verschiebung von Millionen von Euro aus dem Hafen in die Stiftung endlich beenden.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Damit wäre es dann auch möglich, die Hafengebühren kurzfristig um 4 Prozent zu senken. Das stärkt die Hafenwirtschaft im internationalen Wettbewerb und mindert das Risiko der Verlagerung von Umschlag in andere Häfen der Nordrange.

Selbst wenn sie kommt, wird die Fahrrinnenanpassung allein aber nicht reichen, um die Zukunft des Hamburger Hafens und Tausende von Arbeitsplätzen zu sichern. Daher müssen wir drittens die Finanzierung der Hafeninfrastruktur auf sichere Beine stellen. Anstatt insgesamt über eine viertel Milliarde Euro in einem unnötigen Busbeschleuni

gungsprogramm zu versenken, sollte der Senat lieber das Geld für den Hafen verwenden, knapp 30 Millionen Euro jährlich, die hier wirklich gut investiert wären.

(Beifall bei der FDP und bei Ralf Niedmers CDU)

Außerdem müssen wir die Engpässe in der sogenannten Hinterlandanbindung endlich beseitigen. Die Waren müssen schnell, zuverlässig und kostengünstig in den Hafen hinein-, aber auch wieder herauskommen. Ich wünsche mir deshalb auch und gerade von der CDU, dass sie dem Bundesverkehrsminister, der seit vielen Jahren von der Union gestellt wird, endlich Beine macht.

(Beifall bei der FDP)

Hamburgs Hafen muss über Straßen, Schienen und Binnenschifffahrtswege jederzeit und gut erreichbar sein. Dazu brauchen wir eine stärkere norddeutsche Kooperation. Es nützt überhaupt nichts, wenn sich unsere Nachbarn wichtigen Infrastrukturprojekten einfach verweigern.

Gemeinsam haben wir in der Bürgerschaft die Stärkung der Binnenschifffahrt beschlossen, doch passiert ist unter dem Strich nichts. Das liegt unter anderem auch daran, dass die Parteifreunde von CDU und SPD in Sachsen-Anhalt die Schiffbarkeit der Elbe auf Eis gelegt haben. Herr Wersich, Herr Scholz, es nützt gar nichts, lange Hafenpapiere zu schreiben, aber in der Umsetzung von den eigenen Parteifreunden kräftig ausgebremst zu werden.

(Beifall bei der FDP)

Dann brauchen wir auch keine theoretischen Diskussionen über neue Wege für die Waren, etwa über Wilhelmshaven. Das ist per se keine Alternative zu Hamburg, schon wegen der schlechten Ökobilanz durch längere Transportwege und höhere Transportkosten. Außerdem entscheidet doch nicht die Politik über die Wege der Warenströme, sondern der Kunde, der die Waren bestellt und bezahlt, und der wird sich den günstigsten Weg suchen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns darüber hinaus mit der Frage beschäftigen, wie wir das Planungsrecht reformieren können. Das Planungsrecht in Deutschland ist eindeutig zu kompliziert und langwierig; ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Von der Vorplanung bis zur Fertigstellung des Sengelmannstraßentunnels sind 20 Jahre vergangen. Dabei handelt es sich hier um ein eher unspektakuläres Projekt.

(Tim Golke DIE LINKE: Das kann man wohl sagen!)

Dänemark und Schweden haben für die Realisierung der Öresundbrücke nur etwa vier Jahre gebraucht; beides EU-Mitglieder mit dem gleichen

europäischen Recht im Rücken. Das zeigt nur eines: Wir haben kein europäisches Problem, sondern ein deutsches Problem mit dem Planungsrecht, und mein Kollege Dr. Kluth wird das gleich noch einmal ein bisschen ausführen.

Meine Damen und Herren! Hamburg steht an einem historischen Scheideweg. Werden wir unseren Hafen so weiterentwickeln können, dass er ein Umschlagplatz von Weltrang bleibt oder werden wir daran scheitern? Werden wir das Herz von Handel und Wandel im deutschen Norden, den Hafen mit über 130 000 Arbeitsplätzen, erhalten und ausbauen oder werden wir es verlieren? Werden wir aus dem Hafen weiter knapp 80 Millionen Euro an Steuereinnahmen für den Hamburger Haushalt schöpfen können oder wird Hamburg mit einer ganz wesentlichen Einnahmequelle auch ein großes Stück Zukunft verspielen? Die Antwort der FDP darauf ist klar: Wir müssen diese Hafenherausforderung mit Fahrrinnenanpassung intensiv angehen. Wir müssen und wir können das ökonomische Herz Hamburgs auf ökologisch vertretbare Weise erhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, was war das denn für eine Regierungserklärung? Sie haben überhaupt nichts dazu gesagt, wie Sie damit umgehen wollen.