Protocol of the Session on September 25, 2019

Login to download PDF

(Beifall bei der SPD)

Doch zum Glück entscheidet der CO2-Preis nicht allein über den Erfolg des Klimaschutzes. Es kommt vor allen Dingen auch auf die Wirkung der Maßnahmen an. Der Hamburger Senat hat sich beim Klimaschutz bekanntlich viel vorgenommen, vom Ausstieg aus der Kohleverbrennung in der Fernwärme bis zum Ausbau der U-Bahnen. Dabei wird uns das Klimaschutzprogramm des Bundes helfen. So wird der Bund bei der Kraft-WärmeKopplung bis 2030 ebenso wie beim Ausbau der Wärmenetze und der energetischen Stadtsanierung helfen, auch beim Wohnungsbau und bei der Sanierung des Wohnungsbestandes. Damit wird eine warme Wohnung klimafreundlich und bleibt bezahlbar.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Erhöhung der Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ab 2021 fördert der Bund unter anderem noch stärker als bisher den Ausbau des ÖPNV. Das erleichtert uns die Finanzierung des U-Bahn- und S-Bahn-Ausbaus sowie die Anschaffung von Elektrobussen. Das Gleiche gilt für den Ausbau der Rad-Infrastruktur. All das ist gut für eine klimagerechte und sozialverträgliche Verkehrswende.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dass der Bund bis 2030 kräftig in den Ausbau des Schienennetzes, dessen Leistungsfähigkeit und in die Netzerweiterung investiert und zudem noch bei der Bahn die Fahrpreise senken wird, das macht die Bahn konkurrenzfähig und attraktiver gegenüber dem Fliegen, das teurer werden soll. Weil künftig die Kfz-Steuer wie auch die Lkw-Maut am CO2-Ausstoß der Fahrzeuge orientiert wird, werden mehr saubere Fahrzeuge auf die Straße kommen. Das verbessert die Luft und macht die Fahrverbote auch in Hamburg überflüssig. (Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Zudem werden die Umlagen für Landstrom gesenkt, und seine Nutzung soll verbindlich werden; darauf warten wir doch schon lange.

Und noch einmal: Das Klimaschutzpaket ist vielleicht viel weitreichender als auf den ersten Blick für manchen jetzt erkennbar. Wir etablieren einen Mechanismus, der jährlich überprüft, ob wir unsere Ziele einhalten, und der die Politik zwingt, dann nachzusteuern. Dazu gehört auch, dass der CO2Preis langsam ansteigt, damit sich alle darauf einstellen können, und es geht um sehr viel Geld, das

uns hilft. Das ist nicht Pillepalle, Frau Sudmann, sondern das ist ein echter Durchbruch. Bisher hieß es immer und wurde gejammert, für den Klimaschutz haben wir kein Geld und keine Möglichkeit; damit ist jetzt Schluss.

Darum ist mein Appell: Lassen Sie uns das Klimapaket nicht in Bausch und Bogen verdammen, sondern überprüfen wir erst einmal, was uns in Hamburg beim Klimaschutz hilft und wie nachhaltig dieses Programm wirkt. Nun muss die Bundesregierung aber erst einmal das, was sie jetzt in dem Eckpunktepapier auf 22 Seiten zusammengefasst hat, in Gesetzesform dem Parlament vorlegen, und da kommt bekanntlich kein Gesetz so heraus wie es reingekommen ist. Und das Gleiche gilt auch für den Bundesrat. Das bietet uns die Möglichkeit, noch das eine oder andere nachzusteuern.

Ich sehe, dass die GroKo, obwohl wir als Sozialdemokraten hier manchen Kompromiss eingehen mussten, doch viel mehr vorgelegt hat, als aus dem Jamaika-Intermezzo, Herr Kruse, damals herausgekommen ist. Darum sage ich: Besser ein ausbaufähiges Klimaprogramm als gar kein Klimaprogramm. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt jetzt Herr Gamm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Am vergangenen Freitag fanden in Hamburg und anderen Städten große Demonstrationen für mehr Klimaschutz statt. Dieses Ereignis wird nun von verschiedenen Seiten zu einem der größten Massenereignisse der letzten Jahrzehnte hochgejubelt.

(Zurufe von der LINKEN: Was?)

Dabei ist gar nicht entscheidend, ob es in Hamburg nun 70 000 oder 100 000 Teilnehmer waren. Nur zur besseren Einordnung möchte ich daran erinnern, dass allein in diesem Jahr rund 200 000 Menschen am CSD in unserer Stadt teilgenommen haben. Ich mache keinen Hehl daraus,

(Zurufe von der SPD: Machen Sie doch!)

dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die eine Heiligsprechung für die Bewegung Fridays for Future fordern.

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Denn wie jede andere Bewegung zuvor, sei es die Studentenbewegung der 68er, die Friedensbewegung zu Zeiten des NATO-Doppelbeschlusses oder die Anti-Atomkraft-Bewegung, so muss sich auch diese einem öffentlichen Diskurs stellen. Das heißt, wir brauchen eine ehrliche und innerliche Auseinandersetzung über die besten Lösungen

(Dr. Monika Schaal)

und Maßnahmen zum Klimaschutz und darüber, was das für die Menschen sehr konkret bedeutet.

(Beifall bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

Genau das findet nicht ausreichend statt. Wenn es einmal zu einem Austausch zwischen Vertretern von Fridays for Future und den Abgeordneten der Bürgerschaft kommt, ja, dann hören weniger als zehn Leute zu, vorbereitet waren wir übrigens auf 400, denn Diskussionsbedarf gibt es nach wie vor reichlich. Würden alle Forderungen von Fridays for Future und den Umweltverbänden umgesetzt werden, so hätte dies die umfassende Vernichtung von volkswirtschaftlichem Eigentum zur Folge, es würde die Versorgungssicherheit gefährden und uns die Grundlage für den künftigen Wohlstand entziehen. Eine solche von Panik getriebene Politik wird die CDU, die den Anspruch hat, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu tragen, niemals unterstützen, und ich denke, das gilt auch für Teile der SPD.

(Beifall bei der CDU)

Die Bundesregierung hat nun als Antwort auf den dringenden Handlungsbedarf vor wenigen Tagen die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 veröffentlicht. Es handelt sich dabei um das umfangreichste Klimaprogramm in der Geschichte unseres Landes. So wird der Bund allein bis 2023 rund 54 Milliarden Euro für unterschiedliche Maßnahmen ausgeben. Das ist ein notwendiger und richtiger Schritt, den die CDU-Bürgerschaftsfraktion ausdrücklich begrüßt. Die GRÜNEN haben daraufhin, wenig überraschend, mit teilweise absurder Kritik reagiert. Dann kündigen sie auch noch an, das Klimapaket aus rein parteitaktischen Gründen im Bundesrat gleich ganz blockieren zu wollen. Das ist das exakte Gegenteil davon, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall bei der CDU und bei Ewald Aukes und Dr. Kurt Duwe, beide FDP)

Was tut eigentlich das grüne Spitzenpersonal auf Bundesebene? Die haben sich bis zur Veröffentlichung des Klimapaktes am liebsten hinter der ebenso wohlklingenden wie auch inhaltsleeren Forderung nach einem umfassenden Politikwechsel versteckt und konkrete Fragen möglichst gemieden, und das aus gutem Grund. Wenn Herr Habeck bereits bei den simpelsten Grundlagen wie der Pendlerpauschale scheitert und Frau Baerbock in Autobatterien Kobolde vermutet – ich glaube, mehr muss ich dazu nicht sagen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD)

Dort, wo die GRÜNEN klimapolitisch selbst gestalten könnten, wie zum Beispiel bei uns in Hamburg, scheitern sie der Länge nach. Oder wollen Sie uns ernsthaft erzählen, Sie hätten den Klimaschutz in

unserer Stadt groß nach vorn gebracht? Nein, das haben Sie nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben bislang 1,8 Milliarden Euro in einen Netzrückkauf versenkt, ohne auch nur ein einziges CO2-Molekül einzusparen. Sie liegen bei der Erreichung des Ziels, das älteste Kohlekraftwerk Deutschlands in Wedel abzuschalten, so dramatisch in Verzug, dass Sie mittlerweile sogar einen Rüffel des grünen Umweltministers aus SchleswigHolstein bekommen haben. Das finde ich schon einmal bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei An- drea Oelschläger AfD – Zuruf: Hört, hört!)

Frau Baerbock kritisiert die Bundesregierung dafür, dass es noch immer kein Klimaschutzgesetz gibt, und Sie bekommen es nicht einmal hin, den Hamburger Klimaplan fortzuschreiben. Das ist doch absurd.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bürgermeister Tschentscher hat für alle Fernwärmekunden eine Preisgarantie abgegeben, aber bis heute kann niemand im Senat erklären, wie das funktionieren soll. In Berlin wird es übrigens jetzt zu Preissteigerungen von 150 bis 200 Euro kommen, weil es dort gerade die Umstellung gibt. In Hamburg dürfte das wahrscheinlich höher ausfallen.

(Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE)

Daher ist der wesentliche Unterschied zwischen Ihnen und uns: Sie reden und wir handeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es antwortet Herr Dr. Tjarks für die GRÜNE Fraktion.

(André Trepoll CDU: Versucht zu antwor- ten!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu der Handlungsfähigkeit der CDU in Sachen Klimaschutz kann ich nur sagen, Frau Merkel ist doch vor 13 Jahren als Klimakanzlerin gestartet, hat es dann 13 Jahre lang vergessen und hat dann vorgestern mal wieder angefangen, Klimaschutzpolitik zu machen.

(Jörg Hamann CDU: Was haben Sie denn gemacht?)

Handeln haben Sie die ganze Zeit vergessen, tun Sie nicht so, als ob Sie damit kein Thema haben. Wir erreichen unsere Klimaschutzziele 2020 nicht, und das liegt daran, weil Sie die ganze Zeit in diesem Land regieren und nichts getan haben, Herr Gamm.

(Stephan Gamm)

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Aber die Frage ist doch, in welcher Dimension sich eigentlich unser Problem bewegt. Ich glaube, das sollten wir uns noch einmal gemeinsam vor Augen führen.

2015 hat die Staatengemeinschaft, auch Deutschland, gesagt, wir wollen das Zwei-Grad-Ziel erreichen, wir wollen nach Möglichkeit unter 1,5 Grad kommen. Die Wissenschaft sagt dazu, um das zu erreichen, überwiegend wahrscheinlich, dürfen wir noch ungefähr 420 Gigatonnen CO2 emittieren.

Um das einmal in eine Größenordnung zu setzen, wenn wir Deutschlands Anteil daran nehmen, und wir nehmen dafür ein Beispiel: Beim Anteil Deutschlands an der Weltbevölkerung mit 1,1 Prozent hätten wir 4,4 Gigatonnen, und wir emittieren 866 Megatonnen pro Jahr. Das bedeutet, in dieser Rechnung wäre unser CO2-Budget in fünf Jahren überschritten. Jetzt haben wir eine Situation, in der glücklicherweise nicht alle Länder und alle Menschen so viel emittieren wie wir, und deswegen haben wir zum Glück ein bisschen mehr Zeit. Aber diese Zahlen, die man sich natürlich auch noch anders herleiten kann, sollen einmal zeigen, wie eindringlich und wie groß unsere Aufgabe ist und wie wichtig es ist, dass wir zeitnah, entschlossen und verbindlich handeln.