Protocol of the Session on January 15, 2020

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Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Frau Sudmann das Wort.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem Herr Ovens sich mit Erstaunen darüber gewundert hat, warum man bei dem geplanten Neubau von 2 500 Wohnungen über Stadtentwicklung spricht, bin ich schon fast geneigt, SPD und GRÜNE dafür zu loben, dass sie auch einen Antrag zur Stadtentwicklung gestellt haben.

Stichwort Beteiligung: Es ist, ehrlich gesagt, allerhöchste Eisenbahn. Seit über drei Jahren wird über die Science City gesprochen, und Sie haben bisher die Bürger und Bürgerinnen nicht beteiligt. Das haben wir daran gemerkt: Wir als LINKE haben im Mai 2019 und jetzt im Januar noch einmal eine Veranstaltung in der Steenkampsiedlung, also in dem Kernort daneben, gemacht. Es waren teilweise 100 Leute da und nicht Wählerinnen und Wähler der LINKEN, sondern Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Es waren GRÜNE da, die gesagt haben, es habe bisher keinerlei Gelegen

(Olaf Duge)

heit gegeben, dass sie sich einmal kritisch oder überhaupt mit der Planung auseinandersetzen konnten.

(Mareike Engels GRÜNE: Also bei meiner Veranstaltung waren die auch!)

Deswegen ist die Beteiligung sehr, sehr wichtig. Ich bin froh, dass auch Sie jetzt überlegen, etwas zu tun. Nur, ehrlich gesagt, Beteiligung hat mehrere Voraussetzungen. Sie brauchen dafür Menschen, die sich darum kümmern, Sie brauchen dafür Geld, und Sie brauchen Räume. Deswegen beantragen wir in dem Zusatzantrag als Ergänzung zu dem, was die Fraktionen der SPD und GRÜNEN beantragt haben, dass es auch für Bahrenfeld einen Anstoß gibt für einen Stadtteilbeirat. Bisher haben wir da nichts. Wir brauchen auch Begegnungsorte. Der Steenkampsaal kann nicht ausreichen, um das gesamte Gebiet zu versorgen. Deswegen bitte ich Sie, dass Sie auch da sagen, ja, Beteiligung heiße für Sie ebenso, mit Raum und mit Struktur.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe eben schon gesagt: 2 500 Wohnungen. Herr Duge hat wieder einmal gesagt, er könne es überhaupt nicht akzeptieren, dass DIE LINKE sagt, sie wolle dort zu 100 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen im ersten Förderweg haben.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Zu Recht!)

Ich frage Sie: Wie viele im ersten Förderweg geförderte Wohnungen, glauben Sie, gibt es im gesamten Stadtteil Bahrenfeld? Herr Schwieger, trauen Sie sich.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Muss ich mich nicht trauen!)

Trauen Sie sich einmal zu sagen, wie viele. 2,5 Prozent aller Wohnungen in Bahrenfeld sind sozial gefördert oder in klareren Zahlen: Von 14 600 Wohnungen im gesamten Stadtteil Bahrenfeld sind 372 klassische Sozialwohnungen. Ich glaube, wenn Sie diese Zahlen hören, müssten auch Sie sagen, dass wir dort wesentlich mehr brauchen. Es ist richtig, das zu sagen, was uns auch die Bürger mit auf den Weg gegeben haben: Wir wollen 100 Prozent öffentlich geförderten Wohnungsbau, und das dauerhaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Herr Duge hier zum wiederholten Mal sagt, man wolle gemischte Wohnungen, gemischtes Leben haben und sozialer Wohnungsbau biete das nicht, dann nenne ich Ihnen gern noch einmal Ihre eigenen Zahlen. Fast 50 Prozent aller Hamburger Haushalte haben so wenig Einkommen, dass sie eine Sozialwohnung in Anspruch nehmen können. Das ist Mischung. Das brauchen wir auch in Bahrenfeld.

Sie haben beim Erbbaurecht wieder einmal einen Eiertanz hingelegt, denn Sie sagen im Antrag: auch Erbbaurecht. Wir wollen, dass der öffentliche Grund und Boden auch öffentlicher Grund und Boden in 50, 100 Jahren ist. Deswegen sagen wir: ausschließlich Erbbaurecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Verkehr. Es ist doch schön, dass Sie schreiben, bei der Verkehrsplanung solle für die Bahnanbindung Rücksicht auf die Forschung genommen werden. Sie haben aber nicht geschrieben, dass Sie auch Rücksicht auf die Anwohnerinnen und Anwohner nehmen wollen. Deswegen wollen wir auch das ergänzen: Die Verkehrsplanung erfolgt so, dass die Anwohnerinnen und Anwohner geringstmöglich belastet werden.

Bei der Bahnanbindung schreiben Sie zu Recht, dass man, bis die Bahnanbindung komme, den öffentlichen Personennahverkehr fördern müsse. Deswegen machen wir Ihnen einen guten Vorschlag und sagen, dass entlang der Buslinie 3 und 2 überall dort, wo es vierspurig ist, eine Spur jeweils in jeder Richtung für den Busverkehr bereitgestellt wird.

Das sind viele Aspekte, die Ihren Antrag, wie wir finden, wesentlich aufwerten und verbessern. Deswegen bitten wir auch dafür um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion erhält nun Herr Oetzel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange direkt einmal mit dem Zusatzantrag der LINKEN an, der gerade eingebracht und vorgestellt wurde, und zusammen damit drücke ich auch meine Verwunderung darüber aus, dass wir hier heute keine richtige Wissenschaftsdebatte führen.

Das Besondere an der Science City ist doch, dass dort die Wissenschaft sozusagen alles zusammenbindet. Die Wissenschaft, die Forschung und auch die Lehre an diesem Ort binden alles zusammen. Dort soll natürlich auch gebaut und gearbeitet werden, aber das verbindende Element ist an dieser Stelle die Wissenschaft. Ihr Antrag führt dann leider, auch wenn Sie ihn gerade sehr beherzt eingebracht haben, dazu, dass das aufgebrochen wird.

Wenn wir jetzt an dieser Stelle zu 100 Prozent nur Sozialwohnungen bauen würden, dann würde doch eines der zentralen Elemente wegfallen, nämlich dass die Leute, die dann dort arbeiten, auch dort wohnen sollen. Kurze Wege und so weiter, Autos wollen Sie auch nicht, sondern es soll immer alles fußläufig und radläufig erreichbar sein. Das heißt, wenn die Wissenschaftlerinnen und

(Heike Sudmann)

Wissenschaftler, die dann in der Science City arbeiten, dort gar nicht wohnen dürfen, weil sie den entsprechenden Berechtigungsschein in der Science City für Ihre ganzen Sozialwohnungen, 100 Prozent, nicht bekommen, dann führen Sie die Science City im Ergebnis ad absurdum. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings hat die Science City in der Tat als solche noch einige offene Punkte. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir heute auch darüber sprechen. Herr Duge, Sie haben eben gesagt, es sei notwendig, dass wir heute hier über dieses Thema sprechen. Da habe ich aufgehorcht und gedacht, na ja, vielleicht nennt Herr Duge dann einmal ein paar der kritischen Punkte. Leider kam danach keiner davon.

Vor kurzer Zeit gab es eine Anfrage im Deutschen Bundestag zur Finanzierung des Herzstücks des DESY PETRA IV. Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass PETRA IV absolut entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von DESY ist, weil es auch ein sehr wichtiges Element für die Agglomeration der anderen dort angesiedelten Forschungsinstitute ist. Wenn wir es nicht schaffen, PETRA III zu PETRA IV an der Stelle aufzurüsten, dann werden wir über kurz oder lang da den Anschluss verlieren, und dann wird auch die Strahlkraft dieses Standortes komplett verloren gehen.

Es gab kürzlich eine Anfrage im Bundestag, aus deren Antwort der Bundesregierung ich zitiere, die sagte:

"Weder zur Finanzierung noch zur Fertigstellung des Röntgenmikroskops PETRA IV können derzeit Aussagen getroffen werden. Der Projektvorschlag PETRA IV wird im Rahmen eines Priorisierungsverfahrens im Wettbewerb zu anderen Ideen für Großgeräte stehen."

Das heißt, es ist mitnichten so, dass alle diese Dinge, die Sie schon in Ihrer Hochglanzbroschüre abgedruckt haben, durch sind und alle schon so, dass man davon ausgehen kann, dass das alles so kommt. Nein, wir befinden uns hier immer noch in einem Wettbewerbsverfahren auch mit anderen Standorten. Wenn wir die Science City wollen, und wenn wir wollen, dass Forschung und Wissenschaft ein elementarer Bestandteil unserer Standortpolitik in Hamburg werden sollen, dann müssen wir PETRA IV nach Hamburg holen und uns gemeinsam dafür einsetzen. Damit diese Gelder genehmigt werden, bieten wir unsere Hilfe auch auf Bundesebene an, aber das kommt in Ihrer Argumentation gar nicht vor. Wenn wir über so ein Gesamtkonzept sprechen, halte ich es für kurzsichtig, geradezu fahrlässig, dass diese Tatsache einfach verschwiegen wird.

(Beifall bei der FDP)

Ein Punkt, den wir auch immer wieder in den Ausschüssen ansprechen, ist die Zukunft der Bebauung der derzeitigen Trabrennbahn. Das ist nun wirklich keine originär wissenschaftspolitische, sondern tatsächlich auch eine stadtentwicklungspolitische Frage. Wenn Sie heute schon den Fokus auf die Stadtentwicklungspolitik setzen, dann hatte ich mir eigentlich erhofft, dass Sie an der Stelle zumindest zu diesem Pferdefuß, müsste man sagen, der Trabrennbahn vielleicht einmal etwas sagen, denn auf dieses Konzept warten die entsprechenden Vereine, die später die Doppelrennbahnen in Horn zusammen betreiben sollen, seit Jahren.

Im Wissenschaftsausschuss haben wir das besprochen. Der Senat musste da zugeben, dass die vorgelegten Konzepte bisher nicht ausreichend sind. Mit anderen Worten: Die Bebauung der Trabrennbahn, die Sie für 2022 vorsehen, ein sehr elementares, auch ein Kernstück der Science City, steht total in den Sternen. Sie kommen hier im Grunde seit Jahren kein Stück voran.

(Dirk Kienscherf SPD: Das entwickelt sich alles!)

Das entwickelt sich alles, sagen Sie, aber Sie reden nicht darüber.

Sie tun so, als würden Sie hier ein supertolles Gesamtkonzept platzieren. Dabei sind wesentliche Grundelemente, die dafür notwendig sind, dass dieses Projekt ein Erfolg wird, überhaupt nicht abschließend geklärt. Nicht nur sind diese Punkte nicht geklärt, sondern Sie verschweigen auch noch, dass sie nicht geklärt sind.

(Dirk Kienscherf SPD: Nein!)

Na gut, wir haben Wahlkampf, darüber muss man dann wohl einmal hinwegsehen, kann sein, dass das der Grund dafür ist. Aber ich hätte es ehrlicher gefunden, wenn Sie diese Probleme, die wirklich zentral werden können, heute benannt hätten.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Sie müssen auch mal die positiven Dinge sehen!)

Die positiven Dinge, Herr Kienscherf, die haben wir in einem Ausschuss sehr, sehr deutlich gemacht.

Natürlich stehen wir zur Science City. Es ist ein tolles Projekt. Ich habe doch gerade unsere Zusammenarbeit auf Bundesebene angeboten. Wenn wir das zusammen machen, dann kriegen wir das hin. Nur, wir müssen halt auch die Probleme beachten.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Das Wort erhält nun Herr Nockemann für die AfD-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, sehr geehrter Herr Duge! Sie haben vorhin angespro

(Daniel Oetzel)

chen, Sie wüssten nicht, welche Position die AfD in dem Bereich Science Center hat. Wir hätten an zwei Sitzungen nicht teilgenommen. Das ist sicherlich richtig. Nach dem Ausscheiden von Professor Kruse als Wissenschaftssprecher gab es erhebliche Terminüberschneidungen, aber die Bürgerschaftskanzlei hat für dieses Jahr auch reagiert. Diese Terminüberschneidungen gibt es eben nicht mehr.

Es gibt zahlreiche Politikbereiche, bei denen wir den Senat heftigst und deutlich kritisieren. Das haben wir heute vorhin im Bereich der Verkehrspolitik, im Bereich der Zuwanderungs- und Migrationspolitik, aber auch im Bereich der Klimapolitik gesehen. Anders sieht es aus bei der aktuellen Wissenschaftspolitik und bei der Science City. Ich unterscheide da ausdrücklich nicht.