Protocol of the Session on January 29, 2020

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(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben jetzt wieder einmal versucht, uns vorzuwerfen, dass wir alles Mögliche nicht machten und irgendwie träumen würden.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Vielleicht haben Sie in den Anhörungen nicht wahrgenommen, dass Ihnen gerade vom BUND, dem Sie nun wirklich kein Fachwissen absprechen können, vorgerechnet wurde, dass Sie zwar ganz schön viel Hoffnung in Ihrem Klimaplan haben, oft aber die Maßnahmen fehlen. Zig Hunderttausend Tonnen an notwendiger CO2-Einsparung sind überhaupt nicht mit Maßnahmen unterlegt.

(Dirk Kienscherf SPD: Das haben wir doch gesagt!)

Und dann fragen Sie, wie wir als LINKE fordern können, dass die Industrie verpflichtet wird, weil Sie doch auf Freiwilligkeit setzen. Ich glaube, auch Sie haben mittlerweile gemerkt, dass Freiwilligkeit

überhaupt nicht ausreicht, um Klimaprobleme zu lösen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dann haben Sie eben versucht, darzustellen, dass wir gar nicht wüssten, wie so ein Unternehmen arbeite, und dass natürlich die Gewerkschaften einbezogen seien. Wenn das Ihre Auffassung ist, dann dürften Sie überhaupt kein Problem haben, unserem Antrag zuzustimmen, dass die Gewerkschaften und auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Thema Konversion einbezogen werden; ich freue mich da auf die ziffernweise Abstimmung.

(Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

Die sind eben nicht einbezogen bisher.

Sie alle haben gehört, dass die Sachverständigen sagten, wir bräuchten ein Gesetz. Sie haben auch gesagt, dieses Gesetz sei nicht zu 100 Prozent glücklich machend, es fehlten noch viele Sachen, aber ein Gesetz bräuchten wir. Wir als LINKE sagen: Ja, wir brauchen das. Aber Sie haben nicht den Mut zu sagen: Es gibt weitere Maßnahmen. Es gibt einen einzigen Bereich in Hamburg, in dem seit Jahren die CO2-Belastung nicht gesunken ist, das ist der Verkehrsbereich.

(Zuruf von Ewald Aukes FDP)

Ja, Herr Aukes, das ist der Verkehrsbereich. In ihm ist die CO2-Belastung sogar noch gestiegen.

Zu Recht sagen Sie als Rot-Grün, dass wir den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen müssen. Sie haben jetzt einen eigenen Paragrafen "Nachhaltige Mobilität". Was erwarten wir heutzutage bei nachhaltiger Mobilität? Wir erwarten doch eine klare Ansage: Der Autoverkehr muss massiv eingeschränkt werden. Das fehlt komplett.

(Beifall bei der LINKEN)

Man muss das wirklich zitieren. Sie sagen:

"Ziel der Freien und Hansestadt ist es"

im Sinne einer nachhaltigen Mobilität etwas zu erreichen durch

"die schrittweise Ersetzung von Fahrzeugen mit fossilen Antrieben durch andere klimafreundliche Antriebsformen […]."

1:1 die Autos zu ersetzen – keine einzige Sachverständige, kein einziger Sachverständiger sagt, dass das eine Lösung ist. Das ist wirklich alte Autopolitik, und die muss sofort beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Sie können sich ja um die Regierung bemühen!)

Deswegen haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt, der unter dem Stichwort nachhaltige

Mobilität, das wir gern übernehmen, ganz klar sagt, es müssen Maßnahmen zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs ergriffen werden. Das ist wirklich notwendig. Und danach können Sie bei dem, was dann noch an notwendigem Verkehr verbleibt, gern mit der schrittweisen Ersetzung mit klimafreundlichen Antriebsformen kommen.

Und wenn Sie jetzt sagen: Wieso denn, wir machen doch so viele tolle Bus- und Bahnangebote? Ich mache seit den Achtzigerjahren Verkehrspolitik. Seit den Achtzigerjahren gibt es massenhaft Umfragen, in denen Autofahrende befragt wurden: Wären Sie bereit, auf ihr Auto zu verzichten? Und was glauben Sie, was schon in den Achtzigerjahren 80 Prozent gesagt haben? Wir sind bereit. Heute, angesichts der Klimadebatte, sagen es wahrscheinlich sogar 100 Prozent. Und wissen Sie, was gleichzeitig auch passiert? Die Leute gehen nicht raus aus dem Auto, solange sie Auto fahren können. Ich finde, diese – eine schöne Bezeichnung dafür – verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre, nämlich das Verhalten nicht zu ändern, ist Grund genug zu sagen, wir müssen auch den Autoverkehr einschränken mit drastischen Maßnahmen, sonst bekommen wir keinen Klimaschutz in Hamburg hin. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Dr. Duwe das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine lieben Damen und Herren! Ich habe immer die Ehre, hinter der LINKEN zu sprechen; das finde ich gut. Und wenn DIE LINKE dann etwas gegen Freiwilligkeit sagt, fällt mir immer der Satz ein

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Nein, es geht um das Klima!)

ja, es fängt schon damit an, sich einmal zusammenzureißen –:

(Beifall bei der FPD und der CDU)

"Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit."

Das habe ich immer gehört aus dem Osten, das höre ich hier ab und zu auch bei der LINKEN durch. Nach dem Motto, Freiwilligkeit ist doch nicht so doll, und gerade wenn es gegen Industrie geht, sowieso nicht. Das ist schon einmal das Erste, das mir hier auffällt.

Das Zweite, was mir auf dem Herzen liegt, ist die Rede von Herrn Kerstan

(Zuruf: Ach! – Heike Sudmann DIE LINKE: Jetzt aber!)

(Heike Sudmann)

mit der Priorität. Er hat gesagt – und er kann mich ja berichtigen –, es gebe Fraktionen, die für die Änderung der Verfassung seien, aber gegen diesen Klimaplan, und das verstehe er nicht. Tut mir leid, wo sind wir hier eigentlich? Bestimmt die Regierung oder der Senator, was richtig ist? Dürfen wir als Parlamentarier auch Kritik üben an Plänen der Regierung oder müssen wir das einfach so schlucken? Das ist doch eine Geisteshaltung, die ich nicht verstehen kann, und ich hoffe, dass Herr Kerstan es nicht so gemeint hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf)

Ja, vielleicht meint er das aber wirklich mit der Priorität und Sie haben die SPD überredet,

(Dirk Kienscherf SPD: Nö!)

das irgendwie so mitzumachen, und hinterher merken die dann, dass das doch nicht so gemeint ist, nachdem der zehnte Umweltverband geklagt hat gegen irgendetwas, weil ja in der Verfassung die Erderwärmung steht.

Aber wir wollen ja gegen die Erderwärmung, und zwar die menschengemachte Erderwärmung, arbeiten; einigen wir uns darauf.

Wenn jetzt wieder gesagt wird, zum Beispiel von der LINKEN, Antriebe seien sowieso blöd, ob sie nun klimaneutral sind oder nicht, kann ich Ihnen nur sagen: Das ist eine andere Debatte. Hier geht es um Klima, und da ist es schon relevant, ob dieser Antrieb klimaneutral betrieben wird oder nicht, und das gehört in einen Klimaplan. Einfach zu sagen, das wollen wir nicht, weil wir kein Auto wollen … Dann müssen Sie das auch so sagen, dass Sie kein Auto wollen, und nicht so tun, als ob sie das nur wegen des Klimas nicht wollen.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Wichtig ist natürlich auch, dass wir in Hamburg das Klima nicht allein retten können. Aber wir haben ein Pfund, mit dem wir wuchern können, vielleicht sogar ein besonders großes Pfund: Hamburg als Industriestandort. Wir müssen uns vor allen Dingen darauf konzentrieren, dass von Hamburg aus die Technologie entwickelt wird, indem klimaneutrale Technologien entwickelt beziehungsweise CO2 eingespart werden kann – im Weltrahmen, und nicht nur auf Neuwerk oder in Ottensen. Das mal ganz klar. Denn es nützt uns nichts, wenn Ottensen klimaneutral ist, wenn wir immer noch …

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Immerhin ein An- fang!)

Man könnte natürlich anfangen, aber Sie reden immer von 10 bis 15 Jahren. Ja, wann wollen Sie denn das Klima retten, wenn Sie nur mit Ottensen anfangen? Wie lange soll das denn dauern?

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Das Zweite: Ich höre immer "Wir sind die Vorreiter fürs Klima". Wenn man dann sagt, es gibt die und die Technologie, da ändere ich nur synthetische Kraftstoffe – böse –, Wasserstoff – auch böse. Nach zwei, drei Jahren beginnt das Zurückrudern; na ja, das könnte man ja machen. Was ist der Grund, warum das nicht läuft? Weil wir uns hier total verheddert haben in Gesetzen, Verordnungen, die alles gegeneinander ausschließen und den Forschungsfortschritt verringern.

Und zum anderen, und das als Schlussbemerkung: Was mich auch stört, was mich sogar sehr stört