Protocol of the Session on September 8, 2016

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(Beifall bei der AfD)

Es werden funktionelle und stark frequentierte Radwege, neben denen die Fußgänger jede Menge Platz haben, einfach so plattgemacht, um sie auf die Straße zu versetzen, siehe Alster, HafenCity und andere.

Da werden Werte vernichtet, die noch lange Zeit genutzt werden könnten, denen aber aus rein ideologisch bedingten Umerziehungsmethoden ein vorzeitiges Ende bereitet wird. Es werden stark befahrene zweispurige Straßen künstlich verengt und dadurch ausgebremst, wobei Fahrradschutzstreifen und Busbeschleunigungsprogramme als Argumentationskrücken herhalten müssen.

Und warum? Weil wie zu Zeiten schwarz-grüner Bildungspolitik – wir wissen alle, wohin das geführt hat – nur die Regierungskoalition in ihrer unnachahmlichen Art weiß, was gut für die Menschen ist, und diese nun leider wieder einmal zu ihrem Glück gezwungen werden müssen.

Ergebnis ist dann eine zugegebenermaßen jetzt schön anzusehende Fuhlsbüttler Straße, die aber im Feierabendverkehr neue Staus produziert. Während Sie vor dem Umbau aus Norden kommend für die Überquerung der Hebebrandstraße wenige Ampelschaltungen brauchten, stellen Sie sich heute am Haupttor des Ohlsdorfer Friedhofs an eine lange, zäh fließende Autoschlange an, und Sie brauchen ein gutes Dutzend Ampelschaltungen, um im Stoppen, Anfahren, Stoppen, Anfahren über diese Kreuzung zu kommen. Diese Blechlawine ist bestimmt genauso emissionssparend wie Ihre Forderung von 30 km/h für ganz Hamburg. Motoren, die laufen, aber kein Vorwärtskommen generieren – aus Sicht von SPD und GRÜNEN mag man damit seinem Ziel, den Bürgern das Autofahren zu vermiesen, näher gekommen sein. Aus ökologisch-ökonomischer und vernunftbasierter Sicht ist das ein Wahnsinn.

(Beifall bei der AfD)

Man könnte meinen, dass Sie eine Art verkehrspolitischen Exorzismus betreiben. Der Teufel wird dabei durch das Auto ersetzt. Und statt Kruzifix und Weihwasser nehmen Sie Busbeschleunigungsprogramm und Radschutzstreifen.

(Beifall bei der AfD)

Es ist völlig klar, dass wir nicht immer mehr Straßen für immer mehr Kraftwagen bauen können. Es ist unbestritten, dass mehr Menschen den ÖPNV benutzen müssen und das Fahrrad trotz Flächenkonkurrenz mit dem Auto einen größeren Anteil am Modal Split bekommen muss. All das muss aktiv gefördert werden, aber ein dahingehendes dauerhaftes Umdenken in der Bevölkerung erzielt man nur durch das Unterbreiten attraktiver Alternativen, nicht durch Zwang. Und diese Alternativen müssen bequemer und besser sein als das bequeme Auto. Aber ein Umdenken erreichen Sie niemals, wenn Sie so wie jetzt mit der Brechstangenmethode vorgehen und einfach bauliche Fakten schaffen, wenn Sie dabei einen Verkehrsteilnehmer gegen den anderen ausspielen, wenn Sie Realitäten ignorieren wie den Umstand, dass knapp die Hälfte der Berufstätigen das Auto nutzt, um zur Arbeit zu kommen, und dies nicht, wie Sie vielleicht glauben, um die GRÜNEN vorsätzlich zu ärgern, sondern weil sie mangels Alternativen keine andere Wahl haben.

Bauen Sie den ÖPNV weiter mit absolutem Vorrang aus, insbesondere den schienengebundenen Verkehr. Und beschleunigen Sie vor allen Dingen die Verfahren dafür. Die Verlängerung der S-Bahn nach Bad Oldesloe ist mittlerweile ein abschreckendes Beispiel geworden. Die Idee ist gut, in der Durchführung scheitert es jetzt nur an der Zeit. Es dauert ewig. Die Verlängerung der S1 vom Flughafen Richtung Norden ist ein Projekt; Verlängerung der U4 über die Elbe, der U2 nach Glinde und Reinbek, eine S4 nach Lüneburg. Was ist mit Buchholz und Tostedt? Hinter die U5 mit ihrer Streckenführung durch den Jungfernstieg, um dort einen gordischen Knoten zu produzieren, mache ich einmal ein Fragezeichen. Auf diese Projekte das Hauptaugenmerk zu legen, würde gleichzeitig dem zunehmenden Verkehr, der zunehmenden Verdichtung und Versiegelung und der damit einhergehenden Entgrünung unserer Stadt entgegenwirken.

Hören Sie auf, Hauptverkehrsstraßen künstlich zu verengen. Sorgen Sie lieber dafür, dass die derzeitige vielfach marode Fahrradinfrastruktur saniert wird, was nicht heißt, abreißen und auf die Straße setzen.

Letzter Satz: Handeln Sie nicht aus ideologischen Gründen, sondern kehren Sie zurück in die Realität und treffen Sie vernunftbasierte verkehrspolitische Entscheidungen auf Grundlage einer sorgfältig erhobenen Faktenlage unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, der Menschen und der Wirtschaft. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, das Wort bekommt Herr Senator Horch.

(Detlef Ehlebracht)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mobilität ist in Hamburg eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftliche Teilhabe. Verkehrspolitik ermöglicht Mobilität, stellt aber auch sicher, dass die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in unserer Stadt so weit wie möglich verringert werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Senat wird deshalb das Mobilitätsprogramm zu einem kontinuierlichen Prozess der gesamten Verkehrsentwicklung in Hamburg weiterentwickeln.

Im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung setzt sich Hamburg engagierte Ziele, die zu weniger Lärm, weniger Schadstoff- und CO2-Ausstoß, weniger Ressourcenverbrauch im Ganzen und zu weniger Unfällen in der Stadt führen und möglichst mit geringerem Flächenverbrauch ermöglicht werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

All dies hatten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, thematisch bereits 2008 in Ihrem Koalitionsvertrag verankert. Allerdings halten wir die Umsetzung der damaligen Planung für absolut verbesserungswürdig. Wir gehen die Herausforderung jetzt an und haben – das hat die Diskussion gezeigt – schon viel erreicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es gibt unterschiedliche Gruppen von Verkehrsteilnehmern,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Und -teilneh- merinnen!)

und es gibt – das will ich betonen – Bürgerinnen und Bürger, die zu Recht von uns erwarten, dass ihre Lebensqualität in Hamburg nicht über Gebühr leidet. Wir haben all diese Interessen entsprechend zu berücksichtigen. Aber wenn ich mir das Thema dieser heutigen Debatte anschaue, gewinne auch ich den Eindruck, dass es einigen beim Thema Verkehr nur um die Autofahrer geht. Das ist Verkehrspolitik der Siebziger- und Achtzigerjahre, die mit der Mobilität einer modernen Metropole wie Hamburg im 21. Jahrhundert nicht viel zu tun hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir bringen – und das ist jetzt nicht nur geredet –

(Heiterkeit bei der LINKEN)

die Straßen, Brücken und Wege in Ordnung. Wir fördern den Radverkehr. Wir bauen Autobahnen und Hinterlandverbindungen aus und ordnen da, wo es angebracht ist, den Verkehrsraum neu aus. Wir sorgen für einen ÖPNV, der weit über Hamburgs Grenzen hinaus hohe Anerkennung erfährt, eine hohe Effizienz hat, leistungsfähig ist und überdies nachhaltig gestaltet wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir achten auch auf umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität in unterschiedlichen Verkehrsangeboten. Ich will nur das Carsharing erwähnen.

In einem über Jahrhunderte gewachsenen Stadtraum können die Straßen und Wege nicht unbegrenzt ausgebaut werden; das haben wir heute schon gehört. Der Verkehrsraum in Hamburg ist weitestgehend vergeben. Daher müssen die Verkehrswege so effizient und intelligent wie nur möglich genutzt werden. Auch unsere Strategie für die sogenannten intelligenten Verkehrs- und Logistiksysteme, kurz ITS – da wird noch viel auf Hamburg zukommen, wir wollen 2021 den ITS-Weltkongress in Hamburg hierzu durchführen –,

(Daniel Oetzel FDP: Oh nein!)

spielt für die künftige digitale Stadt eine sehr wesentliche Rolle. Ebenso ist das MoU mit VW ein weiterer Baustein, wie die Mobilität der Zukunft in unterschiedlichen Ansätzen in einer Zweimillionenstadt oder in der Metropolregion Hamburg mit 5,3 Millionen Einwohnern aussehen kann.

Das ist das, was wir tun in unterschiedlichen Ansätzen. Doch was wir nicht tun: Wir versuchen nicht, es jedem so zu gestalten, dass es ihm gefällt. Wir verfolgen nicht das Einzelinteresse, das eben dort bestärkt werden soll. Wir bevorzugen keine Gruppe einseitig, sondern wir wollen eine nachhaltige Mobilität in Hamburg. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gemäß unserer Geschäftsordnung haben die Fraktionen jetzt noch einmal die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen, und dieses bekommt zunächst Herr Thering von der CDU-Fraktion.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt versuchen wir es einmal ruhig!)

Vielleicht gelingt es jetzt, dass Sie etwas besser zuhören, Frau Koeppen. Dass Sie wieder total am Thema vorbeigeredet haben, zeigt eigentlich nur, dass Sie überhaupt nicht bereit sind, sich mit dem Thema Verkehrspolitik einmal im Detail auseinanderzusetzen. Wenn Sie dies tun würden, würden Sie sehen, dass in Hamburg vieles im Argen liegt. Und Sie können auch die Realität nicht einfach unter den Tisch kehren.

Herr Dr. Schinnenburg hat es doch längst erklärt.

(Dr. Monika Schaal SPD: Haben Sie ein richtiges Argument genannt?)

Seit 2010 haben wir rund 43 000 Fahrzeuge mehr in unserer Stadt. Das ist die Realität. Im Gegenzug haben Sie 1 500 Parkplätze vernichtet. Und jetzt sagen Sie mir noch einmal, Sie würden einen Ver

kehrsteilnehmer nicht einseitig benachteiligen. Ich muss auch sagen, dass es insbesondere Ihre Klientel, Frau Koeppen, betrifft, die durch diese autofeindliche Politik massiv benachteiligt wird. Sich hier hinzustellen und zu sagen, Sie wollten alle Verkehrsteilnehmer gleichwertig berücksichtigen, ist wirklich lächerlich, und das müssten Sie am besten wissen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Im Gegensatz zu Ihnen beschäftigen wir uns tatsächlich mit allen Verkehrsteilnehmern. Das zeigt sich auch darin, dass wir als einzige Fraktion in diesem Haus ein eigenes Radverkehrskonzept auf die Beine gestellt und uns sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was für eines? – Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

In diesem Konzept werden alle Radverkehrsteilnehmer berücksichtigt und nicht nur die Profiradfahrer. Gehen Sie einmal los und sprechen Sie mit den Leuten. Viele lassen ihr Fahrrad stehen, weil sie, wie sie gesagt haben, nicht bereit seien, neben einem Vierzigtonner auf einer Hauptverkehrsstraße zu fahren. Das ist die Realität Ihrer Verkehrspolitik.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt versuchen Sie ein bisschen Boden gutzumachen mit der U5 von Steilshoop in den Westen. Sie wissen aber schon, dass die Steilshooper bis 2030 warten müssen, bis die Bahn bis zu den Arenen durchfährt?

(Sylvia Wowretzko SPD: Hätten Sie mal frü- her angefangen! – Ole Thorben Buschhüter SPD: Was ist denn Ihr Beitrag zur Anbin- dung von Steilshoop?)