"Democracy is the worst form of government except all those other forms that have been tried from time to time."
Ein kluger Satz von Winston Churchill 1947. Der britische Premierminister sagte damit nicht, es gäbe keine bessere Regierungsform, er sagte nur, dass bis dato keine bessere gefunden worden sei. Daran hat sich bis heute nichts geändert, und deshalb freue ich mich auch über die heutige Entscheidung unseres Verfassungsgerichts,
denn eine Volksgesetzgebung, bei der eine vergleichsweise kleine Minderheit entscheiden können soll, ist es jedenfalls auch nicht.
Heute auf den Tag genau vor 70 Jahren, am 13. Oktober 1946, ist die Bürgerschaft erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gewählt worden. Nach schmerzhaften, unvorstellbaren zwölf Jahren NS-Diktatur, in denen die Demokratie und die Menschenrechte mit Füßen getreten worden waren und noch Schlimmeres, stand unsere Heimatstadt vor einem Neubeginn und buchstäblich vor dem Wiederaufbau. In Hamburg lagen 43 Millionen Kubikmeter Trümmer herum, fast zwei Drittel aller Wohnungen waren zerstört. Viele Menschen litten an Hunger und Krankheiten, es fehlte am Nötigsten, aber sicher nicht an der Hoffnung, dass die Freie und Hansestadt Hamburg in eine bessere Zukunft steuern möge. Nur wie?
In diese Zeit fiel die Entscheidung der britischen Militärregierung, zunächst eine ernannte Bürgerschaft zu bestimmen. Sie umfasste 81 Mitglieder und begann im Februar 1946 ihre Arbeit. Vorrangiges Ziel war es natürlich, die Nöte der Hamburgerinnen und Hamburger zu lindern; vor allem durch ein demokratisch legitimiertes Parlament sollte der Wiederaufbau gesteuert werden.
Deshalb bereitete diese ernannte Bürgerschaft dann auch die ersten freien Wahlen vor. Es galt ein modifiziertes Persönlichkeitswahlrecht, 84 Bewerberinnen und Bewerber sollten direkt, 26 nach Verhältniswahlrecht gewählt werden. Jede Wählerin, jeder Wähler hatte insgesamt vier Stimmen zu vergeben.
Zuversicht und Hoffnung auf einen Wiederaufbau und einen demokratischen Neubeginn sorgten für eine hohe Wahlbeteiligung. Dabei waren die Bedingungen nicht die besten: Kilometerlange Wege zu den Wahllokalen, die häufig improvisiert waren, Wahlkabinen mussten aus Wolldecken und Holz
Das Wahlrecht erklärt auch die ungewöhnlichen Mehrheitsverhältnisse im Parlament, die aus dieser Wahl am 13. Oktober 1946 hervorgingen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands erhielt rund 43 Prozent der Stimmen und damit 83 von 110 Sitzen in der Bürgerschaft.
In der konstituierenden Sitzung am 30. Oktober 1946 appellierte der neu gewählte Präsident Adolph Schönfelder an die Abgeordneten von SPD, CDU, FDP und KPD:
"Uns eint das gemeinsame Interesse an unserem schwer geprüften Vaterlande und das Wohl unserer Vaterstadt Hamburg. Diesem Dienst lassen Sie uns unsere besten Kräfte widmen, dann wird auch eine bessere Zukunft unsere heutige Arbeit lohnen."
Es sollte eben nicht um einzelne Interessen gehen, sondern um Hamburg als Ganzes, als Gemeinwesen, das seine Stärke nur dann beweisen kann, wenn es die zahlreichen inneren Kräfte zusammenführt. Übrigens so, wie es seit 1946 unsere Verfassung von uns verlangt: Abgeordnete haben Vertreter des ganzen Volkes zu sein.
Neben den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, dem öffentlichen Nahverkehr und der Versorgung der Menschen mit dem Nötigsten galt vor allem: Die wichtigsten Werte, die für uns heute selbstverständlich sind – Toleranz, individuelle Freiheit, Gewaltenteilung, Demokratie und Rechtsstaat – mussten langsam, aber stetig wieder aufgebaut werden. Die Abgeordneten, damals mit dem Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger ausgestattet, waren überzeugt davon, dass dieses Vertrauen grundlegend für unsere Demokratie ist. Ich denke, umso mehr steht unserem Parlament, jedem von uns, ein wenig Demut gut zu Gesicht. Der Optimismus der Abgeordneten jener Zeit darf uns Mahnung und Vorbild sein.
Es war und ist eine große Ehre und natürlich mit einem erheblichen Vertrauensvorschuss behaftet, wenn man von den Wählerinnen und Wählern in ein Parlament entsandt wird. Diesem Anspruch gerecht zu werden, dabei nie auszuruhen, das ist unsere fortwährende Aufgabe. Aber sie besteht übrigens auch darin, gemeinsam den Rücken gerade zu machen, wenn wir als Teil des Systems verantwortlich gemacht werden für alles Schlechte in der Welt.
Unsere Demokratie wird nur dann eine Erfolgsgeschichte bleiben, wenn wir sie verteidigen gegen Gleichgültigkeit, gegen Zynismus, gegen Hoffnungslosigkeit und gegen allzu partikulares Denken.
Deswegen tun wir übrigens auch gut daran, zur Kenntnis zu nehmen, dass das Interesse an Parlamenten jedenfalls scheinbar nicht steigt, und es ist richtig, dass wir gemeinsam an dieser Frage arbeiten.
Die Menschen in unserer Stadt erwarten von uns, so wie damals vor 70 Jahren, Antworten auf die drängendsten aktuellen Fragen, und wir erfüllen diese Aufgabe gemeinsam. Schließlich war und ist in all diesen Jahrzehnten die Hamburgische Bürgerschaft nicht nur der Ort der politischen Auseinandersetzung und der Pluralität, die unser Gemeinwesen auszeichnen, sondern wir sind auch Spiegelbild der Gesellschaft, in der wir leben und für die wir an diesem Ort gemeinsam Politik gestalten.
Seit der ersten Bürgerschaftswahl vor 70 Jahren sind in diesem Hause unzählige Tagesordnungspunkte debattiert, Drucksachen veröffentlicht, Gesetze verabschiedet worden, so wie wir es auch heute wieder tun. Allein unsere Hamburgische Verfassung hat seit 1952 18 Änderungen erfahren.
Die Deutschen, insbesondere wir Westdeutschen und auch insbesondere wir Hamburgerinnen und Hamburger, hatten viel Glück. Nie zuvor in unserer Geschichte gab es eine so lange Periode von Frieden, Freiheit und Wohlstand wie in den vergangenen 70 Jahren. Ich glaube, wir können sehr bescheiden sagen, die Menschen, die hier in diesem Hause über Jahrzehnte die Weichen gestellt haben, haben ihren Anteil an dieser erfreulichen Entwicklung. – Vielen Dank.
von gestern fortsetzen. Dazu rufe ich dann sehr gern das dritte und das sechste Thema gemeinsam auf, die wir gestern wegen Zeitablaufs nicht mehr besprechen konnten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sagen Sie von RotGrün einmal, was haben Ihnen eigentlich die Autofahrer angetan? Was haben sie Schlimmes getan, dass Sie sie so behandeln, wie Sie es tun? Allein im September gab es auf den Autobahnen, nur auf den Autobahnen in Hamburg, durchschnittlich 60 Kilometer Stau pro Tag. Viel längere Staus gab es auf den Stadtstraßen. Hamburgs Autofahrer stehen im Stau und der Senat tut nichts.
Wie dramatisch das Problem ist, können Sie daran erkennen, wenn Sie im Radio einmal die Nachrichten einschalten: Oft sind die Verkehrsmeldungen mittlerweile länger als die normalen Nachrichten. Das ist doch ein Menetekel. Wenn Ihnen das noch nicht reicht, das "Hamburger Abendblatt" verwendet mittlerweile mehr Zeit auf die Stauberichterstattung als auf Königin Silvia. Das spätestens müsste Ihnen doch zeigen, wie ernst die Lage ist. Aber der Senat tut einfach nichts, und das ist ein Skandal.
Der Senat ist nicht etwa untätig gewesen, nein, er hat alles dafür getan, dass die Staulage noch schlimmer ist, als sie es je sein könnte.
Seit vielen Jahren weiß der Senat, dass auf der A 7 eine große Baustelle stattfindet, und er weiß ebenso, dass die wichtigste Ausweichstrecke die A 1 ist. Er verzichtet nicht darauf, auf der A 1 gleichzeitig eine Baustelle nach der anderen einzurichten. Nach den neuesten Auskünften des Senats, gestern angekommen, gab es auf der A 1, der Ausweichstrecke für die A 7, seit Juli nicht weniger als sechs Baustellen. Seit Montag gibt es parallele Baustellen auf der Kieler Straße und am Grindelberg. Das ist schlicht Dilettantismus. So produziert man noch längere Staus.
Zweitens: das Stichwort KOST. Viele kennen den Begriff, KOST steht für Koordinierungsstelle für Baumaßnahmen. Mit der KOST ist es so wie mit dem Wachtelkönig. Man redet oft von ihm, aber keiner hat ihn je gesehen. Scheinbar gibt es die KOST gar nicht, jedenfalls findet Baustellenkoordinierung in Hamburg nicht statt.
Dritter Punkt: Baustellen dauern in Hamburg endlos lange. Es gibt praktisch keinen Bonus Malus, keine Anreize, Baustellen schneller abzuwickeln.
Es gibt fast keinen Mehrschichtbetrieb. Fahren Sie einmal an Baustellen vorbei, da sehen Sie ständig Sperrungen, aber selten Bauarbeiter. Das muss anders werden.
Vierter Punkt: Es gibt keine bedarfsabhängige Ampelsteuerung. Wenn Sie in andere Städte kommen, nicht in alle, aber in manche, können Sie, wenn Sie einmal in der grünen Welle sind, weiterfahren. Nicht so in Hamburg. Fahren Sie auf der Wandsbeker Chaussee von Wandsbek Markt in die Innenstadt – Sie stehen an jeder Ampel.
Nun ist es nicht so, dass in der Hamburger Verkehrspolitik nichts passiert. Es werden nur die völlig falschen Prioritäten gesetzt. Dieser Senat beschäftigt sich mit Busbeschleunigung und dem Vollpinseln von Straßen mit weißen Strichen. Dafür ist Zeit und Geld da, aber für die Staubekämpfung nicht. Das ist eine völlig falsche Prioritätensetzung.