Der Antrag der LINKEN ist insbesondere im Punkt II aus meiner Sicht kritisch, denn in der Frage des Ausgleichs, da bitte ich um Verständnis.
Es ist uns gelungen, in vielen Gesprächen die Interessen zusammenzuführen. Jetzt für einen fairen Preis zu sorgen, dass der Landtag sich dafür ausspricht, das ist unstrittig, aber wir sind keine Marktteilnehmer. Da muss sich die Politik raushalten.
Und deswegen bitte ich um hohes Verständnis, dass ich aus diesem Grunde an dieser Abstimmung nicht teilgenommen habe. Ich werde das auch den Verbänden so mitteilen. – Danke.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann hätten Sie Ihrem auch nicht zustimmen dürfen. – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist kein Eingriff in den Markt.)
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sozial- und Qualitätsstandards bei Vergabeverfahren von SPNV-Leistungen festschreiben, Drucksache 5/1492.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sozial- und Qualitätsstandards bei Vergabe- verfahren von SPNV-Leistungen festschreiben – Drucksache 5/1492 –
Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schwebs. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie versprochen bleibt DIE LINKE beim Thema des Öffentlichen Personennahverkehrs am Ball.
In unserem heute zu beratenden Antrag soll es speziell um den SPNV in unserem Land gehen. Wie Sie alle wissen, hat es in den letzten Jahren für alle Bereiche des ÖPNV umfangreiche Änderungen auf allen Gebieten gegeben. Aktuelle Entwicklungen sowie laufende Gesetzesänderungsvorhaben, der geplante und von uns nach wie vor abgelehnte Börsengang der Bahn, die demografische Entwicklung in unserem Land, die Klimaschutzziele der Bundes- und Landesregierung und nicht zuletzt die steigenden Energiekosten für alle Arten der Mobilität fordern in unseren Augen eine deutliche Reaktion durch die Landesregierung heraus. Es gilt, den ÖPNV und den SPNV nicht nur in der bisherigen Qualität und Quantität zu erhalten, sondern zu verbessern und attraktiver zu gestalten.
Mit dem Regionalisierungsgesetz, das die Verantwortung der Länder für den SPNV festlegt, und der Verordnung der EG Nummer 1370 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober letzten Jahres über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße hat die Landesregierung alle Mittel in der Hand, dies auch zu tun. Die eben erwähnte EU-Verordnung ist wie alle europäischen Verordnungen in nationales Recht zu überführen und tritt am 3. Dezember 2009 in Kraft.
Da sich die Umsetzung in deutsches Recht erfahrungsgemäß immer wieder verspätet, haben wir diese EU-Verordnung jetzt schon als Aufhänger für unseren Antrag genutzt. Die Verordnung öffnet und regelt nicht nur den Markt der Dienstleistungen im Bereich des ÖPNV, sie gibt auch den zuständigen Behörden alle Möglichkeiten, bisherige Qualitäts- und Sozialstandards weiter anzuwenden und diese sogar noch auszubauen, nachzulesen in Artikel 4, Absätze 5 und 6.
Ich darf hier auch aus den Erwägungsgründen dieser Verordnung zitieren. Und das ist der Erwägungsgrund 17. In dem ist festgehalten: „Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip steht es den zuständigen Behörden frei, soziale Kriterien und Qualitätskriterien festzulegen, um Qualitätsstandards für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, beispielsweise bezüglich der Mindestarbeitsbedingungen, der Fahrgastrechte, der Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität, des Umweltschutzes, der Sicherheit von Fahrgästen und Angestellten sowie bezüglich der sich aus Kollektivvereinbarungen ergebenden Verpflichtungen und anderen Vorschriften und Vereinbarungen in Bezug auf den Arbeitsplatz und den Sozialschutz an dem Ort, an dem der Dienst erbracht wird. Zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern, sollten die zuständigen Behörden besondere soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben können.“ Und das erwarten wir einfach von unserer Landesregierung. Wir möchten das mit diesem Antrag einfordern und sehen uns da in guter Gesellschaft mit der GDBA und der TRANSNET, insbesondere aber mit der TRANSNET-Jugend.
In den letzten Debatten zum ÖPNV sprach Minister Ebnet davon, dass von der bisherigen Möglichkeit der Direktvergabe, die in dieser Richtlinie ebenfalls ermöglicht wird, in Zukunft abgesehen werden soll. Zukünftig werden also alle Leistungen des SPNV durch wettbewerbliche Vergabeverfahren vergeben. So soll der effektive Einsatz der finanziellen Mittel gefördert werden und die DB AG in Form der DB Regio muss sich dem Wettbewerb privater Anbieter stellen. Damit wächst aber hier die Verantwortung der Landesregierung, denn was nicht in den
Ausschreibungsunterlagen als Kriterien für die Vergabe hineingeschrieben wird, kann später nicht mehr eingefordert werden. Welche Gefahren hier lauern, meine Damen und Herren, kann man im aktuellen Streit um die Vergabe von SPNV-Leistungen in Bremen sehen, wo die DB Regio gegen die Landesregierung klagt wegen der Vergabe an einen anderen Anbieter. Als Begründung wird das aktuelle Urteil zu den EU-Vergaberichtlinien angeführt.
Sicher werden Herr Minister Ebnet oder die Koalitionsfraktionen gleich im Anschluss reflexartig reagieren. Was die LINKE in ihrem Antrag fordert, wird schon zum großen Teil durch die Landesregierung in den derzeit laufenden Ausschreibungen praktiziert. Das mag so sein, meine Damen und Herren, aber wir wollen ein klares Bekenntnis des Landtages. Wir wollen, dass alle im Antrag aufgeführten Kriterien auch zukünftig zu berücksichtigen sind. Die Sicherung sozialer Standards steht bei unserem Antrag nicht umsonst an erster Stelle, denn wir wollen einen Wettbewerb um die niedrigsten Löhne auf den Schultern der Beschäftigten verhindern. Da steht das Land als Aufgabenträger in direkter politischer Verantwortung.
Ebenso ist die Ausbildungsquote für uns ein wichtiges Kriterium. Die beauftragten Verkehrsunternehmen sollen nicht nur für Nachwuchs beim Fahrpersonal sorgen, sondern auch Betreuungs- und Servicepersonal ausbilden. Meiner Fraktion schwebt hier eine Quote von circa vier Prozent vor. Die Realität hingegen sieht so aus, dass ein Großteil der Ausbildung im SPNV von der DB AG getragen wird. Die privaten Verkehrsanbieter bilden, wenn überhaupt, nur in geringem Maße und dann auch nur Lokführer aus. Auszubildende in Mecklenburg-Vorpommern haben seit Jahren so gut wie keine Chance, nach ihrer Ausbildung übernommen zu werden. Wenn sie aber übernommen werden, dann nur befristet oder sie landen in der DB Zeitarbeit und werden verliehen. Auch hat die DB AG in den letzten Jahren ihre Ausbildungsplatzzahlen im Land drastisch nach unten gefahren mit der Begründung, das Unternehmen könne die benötigten Kapazitäten nicht mehr vorhalten. Richtig, kann ich da nur sagen, dieser Ballast stört nur beim erfolgreichen Börsengang.
Aber, meine Damen und Herren, wer Staatsknete erhält, wer sich vom Staat Aufträge holt, soll auch zu den Bedingungen des Staates arbeiten. Hier sehen wir das Land ganz stark in der Verantwortung für die Absicherung der Ausbildung. Und, meine Damen und Herren, verkennen wir nicht: Eine gute Ausbildung ist die Grundlage für die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Bei der Personalbemessung geht es uns darum, eine gute Kundenbetreuung in den Nahverkehrszügen zu sichern. Wer vor allem in Tagesrandzeiten mit Nahverkehrszügen unterwegs ist, weiß, wovon ich spreche. Und das hat nicht nur mit der objektiven Sicherheit und dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Fahrgäste zu tun. Vor allem Knotenbahnhöfe und regionale Umsteigepunkte müssen mit deutlich mehr Servicepersonal ausgestattet werden.
Der Alltag im Land sieht da überhaupt nicht rosig aus. Nur noch in den kreisfreien Städten gibt es Reisezentren. Im flachen Land sind kleine Schalter mit eingeschränkten Öffnungszeiten die Norm, nach Servicepersonal sucht man vergeblich. Zugbegleiter wurden abgeschafft, wie in den Rostocker S-Bahnen. Bei den Personalaufgaben geht es vor allem um umfassende Information der Fahrgäste über den Fahrtverlauf, die Umsteigemöglichkeiten und die Serviceangebote am jeweiligen Bahnhof sowie über eventuelle Verspätungen, also eigentlich um Selbstverständlichkeiten, die man als Reisender nicht weiß.
Ebenso spielen die Anschlusssicherung, die Gewährleistung der Sicherheit, das Störungs- und Notfallmanagement und insbesondere die Betreuung von Menschen mit eingeschränkter Mobilität eine große Rolle.
Zu all diesen Punkten ist eine ständige Aus- und Weiterbildung sowie Qualifizierung des Personals durch die Verkehrsunternehmen notwendig – für uns ebenfalls ein wichtiges Vergabekriterium. Auch die Forderung nach einem Qualitätsmanagement gekoppelt mit einem kundennahen Beschwerde- und Vorschlagswesen gehört in ein Ausschreibungsverfahren hinein. Das Thema Sicherheit ist für uns nicht nur der subjektiven Gefühlslage der Fahrgäste zu überlassen und spielt in die oben genannten Kriterien hinein. Der gezielte Einsatz von Sicherheitspersonal in Tagesrandzeiten oder bei Fahrten zu Fußballspielen kann hier ebenso viel bewirken wie die Gewährleistung der passiven Sicherheit, angelehnt an das europäische Projekt „Safetrain“ aus dem Jahr 2006.
Meine Damen und Herren, ich denke, ich habe deutlich genug beschrieben, wie hoch die Verantwortung der Landesregierung für das wettbewerbliche Vergabeverfahren von SPNV-Leistungen ist. Kommen wir als Parlament unserer Verantwortung also nach und stärken der Landesregierung dabei den Rücken! – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Dr. Ebnet. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Sie haben vorhergeahnt, dass ich sagen werde: Das machen wir ja schon. Und Sie haben hinzugefügt, wenn ich das richtig gehört habe: Das mag ja sein. Ich betrachte das als dickes Lob von Ihrer Seite für die Landesregierung.
Und wenn das sein mag, dann heißt das, das ist so. Dann stellt sich allerdings die Frage: Was wollen Sie zusätzlich mit Ihrem Antrag noch an Verbesserung erreichen? Ich denke, Ihr Antrag geht deshalb ins Leere, weil im Wesentlichen, wo man es machen kann, Ihre Forderungen bereits erfüllt sind. Allerdings gibt es auch rechtliche Grenzen, die uns gezogen sind, über die können wir auch nicht einfach locker hinweggehen. Und aus diesem Grund will ich nach dieser Debatte empfehlen, die ich wirklich für gut und sinnvoll halte, Ihren Antrag dann doch zu den Akten zu legen.
(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das werden Sie ja schon machen.)
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen Jahren mit den Wettbewerbsverfahren, mit denen Sie sich jetzt angefreundet haben, für die Leistungen im Schienenpersonennahverkehr gute Erfahrungen
gemacht. Eine deutlich verbesserte Angebotsqualität ging einher mit einer geringeren finanziellen Belastung des Landes, ohne dass von Lohndumping in Mecklenburg-Vorpommern gesprochen werden könnte. Lohndumping ist bei den Schienenpersonennahverkehrsunternehmen unseres Landes nicht zu Hause. Auch allgemein anerkannte Sozial- und Qualitätsstandards werden nicht unterschritten. Das Bild des Schienenpersonennahverkehrs in Mecklenburg-Vorpommern wird heute weitgehend von modernen Triebwagen sowie von attraktiven Doppelstockwagen geprägt. Das ist schon Qualität.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Wann sind Sie das letzte Mal unterwegs gewesen mit dem Zug? Sind Sie schon mal auf der Strecke zwischen Szczecin und Bützow gefahren?)
Herr Abgeordneter Ritter, der Minister hat das Wort. Kurze Zwischenrufe sind in Ordnung, aber kein Disput.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war zu viel, das war zu viel! Ja, ja! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Man kann immer alles besser machen, das ist ganz klar. Ich bitte Sie aber auch zu konstatieren, und das tun Sie ja auch, dass eine wesentliche Verbesserung eingetreten ist. Und das zeigen unsere Kundenbefragungen. Offensichtlich wurden die Aufgaben ordentlich oder zumindest besser als früher erledigt. Das heißt, die Bahn ist auf dem richtigen Weg, der Schienenpersonennahverkehr ist auf dem richtigen Weg.
Schon in bisherigen Vergabeverfahren haben wir sehr genaue Vorgaben gemacht, zum Beispiel auch zu den Standards, die das Personal erfüllen muss. Das Personal muss selbstverständlich über die erforderlichen fachlichen Qualifikationen verfügen, selbstverständlich ist das der Fall. Und diese müssen auch in regelmäßigen Schulungen immer wieder aufgefrischt werden.
Und was auch wichtig ist und von uns hinzukommend verlangt wird, das Personal muss auch der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig sein. Das ist jetzt kein Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht, das bedeutet nicht den Ausschluss ausländischer Eisenbahnunternehmen, sondern das sind Erfordernisse aufgrund der notwendigen Sicherheit und der Qualität, die wir verlangen müssen. Das Personal muss in der Lage sein, situationsabhängig eigenverantwortlich zu handeln und über Kenntnisse in Kommunikationstechniken und Konfliktmanagement verfügen. Wir fordern darüber hinaus, dass die Arbeit des Personals regelmäßigen Qualitätskontrollen unterliegt. Und schließlich erwarten wir vom Personal auch ein ansprechendes und den Kundenerwartungen angemessenes gepflegtes äußeres Erscheinungsbild.
Die kurz skizzierten Anforderungen an das Personal, sie umfassen in den eigentlichen Vergabeunterlagen meh