Protocol of the Session on July 5, 2016

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(Heiterkeit bei Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema: Es geht hier um Sanktionen, die auf null gesenkt werden für Hartz-IV-Empfänger. Anstatt sich darüber zu grämen, dass Sie heute vielleicht ein paar Stunden länger bleiben müssen

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oooh!)

und dass hier ein paar Tagesordnungspunkte mehr auf der Liste sind,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sollten Sie uns lieber dankbar sein, dass wir Sie auf all das aufmerksam machen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie müssen auch hierbleiben und können draußen keinen Unfug machen.)

was Ihnen gerade das politische System unter Ihren Füßen weggleiten lässt. Das sind die sozialen Ungerechtigkeiten. Davon haben wir ja nur mal eine kleine Auswahl von 20 angebracht,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, dafür haben Sie die Antworten.)

eine davon sind die Sanktionen auf null. Wenn Sie sich also darüber wundern, wie es kommt, dass der nächste Landtag wohl ganz anders aussehen wird, wie es kommt, dass die NPD-Werte stabil sind,

(Jochen Schulte, SPD: Stabil unter fünf Prozent.)

wie es kommt, dass hier ein Laden wie die AfD, die wir als Aufweichungsmerkmal Ihres Systems ansehen, so weit hochkommen kann, …

Herr Abgeordneter, bitte sprechen Sie zum Antrag.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

… dann deswegen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, er hat bloß fünf Minuten?!)

weil Sie soziale Ungerechtigkeiten missachten.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dabei fangen wir an mit den Sanktionen auf null. Sanktionen auf null abzusenken, das heißt …

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir schon mehrfach gehört.)

Wir haben es schon gesagt, ja, aber es ist in der Tat ein für die Betreffenden existenzielles Problem, heißt, dass die Leute gar nichts kriegen, dass sie keine Miete mehr

kriegen, dass sie ihre Wohnung dadurch verlieren, dass sie natürlich kein Geld kriegen und dass sie auch nicht mehr krankenversichert sind – ganz im Gegensatz zu Asylbewerbern.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das musste ja jetzt kommen.)

Wenn ein Asylbewerber oder sogenannter Geflüchteter sagt, ich verweigere jede Mitwirkung, ich sag gar nichts, ich sag nicht, wie ich heiße, ich sag nicht, woher ich komme, sonst was, fliegt er dann aus dem Asylbewerberheim? Sagt man dann, geh auf die Straße, du kriegst keine Unterkunft mehr, du kriegst kein Geld mehr, du kriegst auch nichts zu essen? Nein, das macht man nicht. Das macht man nur bei den Hartz-IV-Empfängern, bei den Empfängern von Arbeitslosengeld II. Und dass man Lebensmittelgutscheine kriegen soll, ist noch nicht mal ein gesetzlicher Anspruch, sondern Lebensmittelgutscheine, die können gewährt werden. Mir sind aber auch Fälle aus der Praxis bekannt, wo das abgelehnt wurde, sogar bei Familien mit Kindern.

Wohlverhalten kann man hinterher noch versuchen und um gut Wetter bitten. Man kann hinterher, wenn die Sanktion verhängt ist, beteuern und sagen, dass man sich doch demnächst brav verhalten würde und wieder seine Pflichten erfüllen würde, aber auch das ist alles nur eine Kannbestimmung. Man kann trotzdem sagen, das ziehen wir durch, du kriegst jetzt drei Monate gar nichts.

Wie lässt sich das mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren? Ist das wirklich verhältnismäßig, dass man jemandem, selbst wenn er nun sagen würde, ich will gar nicht arbeiten, dass man den hungern lässt, dass man dem nicht mal Lebensmittelgutscheine zwingend zur Verfügung stellen will, dass man ihn auf die Straße wirft, wo er dann obdachlos ist? Hilft das vielleicht in irgendeiner Weise seiner Integration? Der wird desintegriert.

Über dem Ganzen steht der Grundsatz der Erziehung: Erstens, wie kommen die politische Klasse und die Jobcenter überhaupt dazu, erwachsene Menschen erziehen zu wollen? Und zweitens, wie kann man jemanden noch schlimmer behandeln als einen Strafgefangenen, der, selbst wenn er noch so randaliert, dann in die Randaliererzelle kommt? Der kriegt wenigstens was zu essen und hat eine geheizte Zelle. Aber wer auf null gesetzt wird bei den Sanktionen, der hat gar nichts.

Man kann jetzt natürlich sagen, ach, das sind doch irgendwelche Arbeitsscheuen. Das ist aber nicht so. Es kann jedem passieren, dass er nach einem Jahr Arbeitslosigkeit in Hartz IV gerät, und er kann ganz schnell in die Mühlen der Sanktionen kommen, weil da häufig Fehler passieren, weil die Mitarbeiter nicht qualifiziert sind, manchmal auch bösartig, und dann ist man ganz schnell bei den Sanktionen auf null und steht da ohne einen Pfenning. Wenn man zwei Monate seine Miete nicht zahlt, kann man rausfliegen, dann kann man gekündigt werden, und das alles in einem Staat, der sich Sozialstaat nennt. Deswegen bricht Ihnen die Grundlage langsam weg.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Renz für die Fraktion der CDU.

Wie Sie richtigerweise ausgeführt haben, dass Sie hier wiederholt den gleichen Antrag vortragen, macht sich dann für uns logisch die Konsequenz breit, dass wir nicht bereit sind, auf diesem Niveau erneut darüber zu diskutieren, und aus diesem Grunde lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ist das eine Bankrotterklärung!)

Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

(Udo Pastörs, NPD: Ist das billig! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Anträge sind so.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das habe ich mir schon beinahe gedacht, dass die Stoffwiederholung nichts bringt.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Was macht man da als Lehrer? Zurückstufen, in die Förderschule verfrachten.

(David Petereit, NPD: Die ist abgeschafft.)

Irgendwas muss man da ja unternehmen. Na ja, was solls, viele von Ihnen werden hierher nicht mehr zurückkommen. Ich will Ihnen nur sagen, dass das,

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

dass das …

Das werden wir sehen. Unsere Umfragewerte sind stabil, genauso, wie sie immer waren im Juli vor der Wahl.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warten Sie es ab, warten Sie es ab!

Aber das ist eben nicht nur ein akademisches Problem, dass man jetzt sagt, in zehn Jahren haben wir das einmal behandelt und das darf nie wieder behandelt werden. Wenn das die Logik wäre, dürfte es auch nur ein Griechenland-Rettungspaket geben und danach nie wieder. Man

dürfte auch das Thema Frieden nie wieder, nachdem man es einmal behandelt hat, aufgreifen. Es dürfte nur einmal behandelt werden.