Ja, ja, aber so ist das, Kollege Ritter, wenn man im Glashaus sitzt und mit der Kalaschnikow rumschießt, dann geht viel kaputt, das ist einfach so.
Meine Damen und Herren, ich will eins klarstellen, Herr Ritter, dem möchte ich natürlich gerne nachkommen, weil wir sonst sehr fair miteinander umgehen: Kürzungen im Schienenpersonennahverkehr oder Kürzungen im Allgemeinen und Abbestellungen einer bestehenden Verbindung sind keine Entscheidungen, die man gerne trifft, meine Damen und Herren, das macht doch keinen Spaß, als Politiker solche Entscheidungen treffen zu müssen, wenn man davon überzeugt ist, dass man sie treffen muss. Es sind extrem schwierige Entscheidungen. Und noch darüber hinaus, die Bahn ist, obwohl das an vielen Stellen so nicht mehr stimmt, das Symbol für Erreichbarkeit. Was man aber völlig ausblendet, ist, dass die Bahn immer an ihre Gleise gebunden ist und dadurch viele Orte, viele Regionen gar nicht durch die Bahn erschlossen werden, sondern die über andere Verkehrsmittel erschlossen werden müssen.
Und, meine Damen und Herren, das mag uns ja alle ärgern, mich begleitet das jetzt seit rund 20 Jahren, wir müssen finanzielle Realitäten mitberücksichtigen bei den Entscheidungen, die zu treffen sind. Das ist nun mal so. Da habe ich auch lange dran zu knacken gehabt, bis ich das für mich verinnerlicht habe, aber es ist halt die Realität.
Meine Damen und Herren, auch das ist immer eine Forderung, die hier durchgängig von allen eigentlich mehr oder weniger getragen wird, wir müssen öffentliche Mobilität gewährleisten in einem extrem dünn besiedelten
Land. Mit Blick auf die finanziellen Ressourcen, die uns als Land zur Verfügung stehen, heißt das, an einigen Stellen neu und unabhängig, unabhängig von alten Strukturen – ich sage hier ganz bewusst, alten Strukturen – zu denken.
Die Kollegin Schwenke hat dankenswerterweise noch mal hingewiesen auf das Thema Regionalisierungsmittel, auf die große Spanne zwischen dem, was wir tatsächlich bekommen vom Bund, im Zuge der Föderalismusreform ist das ja damals gelaufen, und das, was tatsächlich an Kosten ständig entsteht. Die Schere geht immer weiter auseinander. Trotzdem müssen wir natürlich die wenigen vorhandenen Regionalisierungsmittel möglichst effizient einsetzen.
Meine Damen und Herren, hier ist gerade noch mal gesagt worden – dazu hat sich auch eine Bürgermeisterin öffentlich geäußert –, dass man am 13.09. ja erst durch die Presse erfahren habe, was da jetzt ansteht. Das ist schlicht und einfach nicht die Wahrheit. Meine Damen und Herren, am 22. April hat der interkommunale Arbeitskreis, also der Arbeitskreis der beiden Landkreise, der mit dem Thema ja befasst war, genau über diese Themen ausführlich gesprochen. Da war auch diese Bürgermeisterin anwesend, die jetzt so tut, als wenn sie erst im September wachgeküsst worden sei.
(Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ja weit vor der Anhörung.)
Meine Damen und Herren, ganz so war es nicht: Also seit September ist es nicht erst bekannt, sondern seit April. Und wir haben dann Werkstattgespräche zum integrierten Landesverkehrsplan durchgeführt, Werkstattgespräche. Und die Ausführungen des Gutachters im Energieausschuss sind ja von Frau Schwenke hier auch noch mal deutlich dargestellt worden.
Ich möchte mal einen Fakt hier loswerden, der anscheinend völlig ignoriert wird. Der Schienenpersonennahverkehr, der SPNV, das ist übrigens auch vom Gutachter so im Ausschuss gesagt worden, ist per Definition ein Massentransportmittel und spielt seine Stärken vor allem auf längeren Strecken aus. Der SPNV in Mecklenburg-Vor- pommern ist also vor allem auf den Hauptstrecken besonders effizient. Das kann man nicht politisch diskutieren, das ist einfach eine Tatsache. Das kriegt man nicht wegdiskutiert. Das heißt also, zum Beispiel auf den Strecken zwischen Hamburg, Rostock und Stralsund, zwischen Rostock und Berlin, aber auch zwischen Stralsund und Berlin spielt der SPNV seine Stärken massiv aus.
Auf anderen Strecken müssen wir uns die Bedingungen immer sehr genau anschauen. Wir müssen vor allem auch beim SPNV die Finanzierung strukturell – strukturell, sage ich Ihnen noch mal deutlich – auf eine solidere Grundlage stellen.
Und auch hier möchte ich mal eine Information abgeben, die in Debatten, die auch in Kreistagen ja schon zum Teil waren, aber auch noch anstehen, überhaupt gar keine Rolle spielt, meine Damen und Herren: Der Einsatz des Buses – und der Bus ist nicht der stinkende klappernde Bus,
den manche hier vielleicht aus psychologischen Gründen immer so darstellen, sondern wir reden hier von dem modernen Bus mit moderner Antriebstechnologie –, dieser Bus kostet, wenn wir ihn bezahlen müssen als Land, und das tun wir an vielen Stellen, 2,05 Euro, während in der Regel die nicht elektrifizierten Strecken gerade im SPNV im Land mit Diesellokomotiven betrieben werden. Die kosten uns zwischen 9 und 12 Euro. 2 Euro und 9 und 12 Euro, das heißt, es ist legitim aus meiner Sicht, dass wir das Thema Bus und Bahn aufgreifen. Es gab mal einen Minister hier im Land ganz zu Anfang nach der Wende, der hat immer ein Wort benutzt, das war das Einzige, was ich mit ihm politisch geteilt habe: Bahn und Bus aus einem Guss. Ich sage Ihnen, da ist sehr viel dran, und das werden wir auch weiter so verfolgen.
Meine Damen und Herren, unrentable Strecken mit geringer, oft äußerst geringer Nachfrage, fehlendem Entwicklungspotenzial und schlechtem Zustand der Infrastruktur werden wir auch weiterhin infrage stellen.
Wir wissen es nicht, vielleicht wissen Sie mehr, keine Ahnung, das scheint ja manchmal so der Fall zu sein: Wie viele Regionalisierungsmittel haben wir denn tatsächlich noch ab 2015 zur Verfügung? Das wissen wir nicht. Wir stellen uns lieber darauf ein, dass das, wenn es gut läuft, so bleibt, wie es jetzt ist. Wenn wir Pech haben, werden die sogar noch reduziert, meine Damen und Herren, denn da gibt es einen Verteilungskampf. Haben wir ja auch schon mal diskutiert.
Jetzt wird ja versucht, auch unserem Ministerium, meinem Ministerium immer vorzuhalten, ja, dieses Gutachten – auch von dieser Kollegin Bürgermeisterin massiv kritisiert und von einem Unternehmen, das im Bahnbereich selbst Aktivitäten hat –, dieses Gutachten wird immer so infrage gestellt, als wenn das nichts Halbes und nichts Ganzes wäre. Meine Damen und Herren, also auch das noch mal zur Klarstellung: Dieses Gutachten ist im Auftrag der beiden betroffenen Landkreise erstellt worden, natürlich in Absprache und Abstimmung mit uns, aber es ist nicht mein Gutachten und nicht unser Gutachten, sondern es ist das Gutachten im Auftrag der beiden Landkreise. Wir haben es bezahlt, damit die Landkreise ein solches Gutachten erstellen können. Meine Damen und Herren, es ist aus meiner Sicht ein Stück weit unredlich, wenn Ergebnisse nicht so aussehen, wie man sie haben möchte, dann stellt man das ganze Gutachten infrage. Das halte ich für eine Methode, die passt an dieser Stelle nicht.
Ich zitiere aus diesem Gutachten, weil ich denke, dass wir hier eine sehr gute Grundlage für das, was zu entscheiden ist, haben. Auf Seite 31 wird festgestellt, dass bei der Betrachtung der strukturellen Rahmenbedingungen Folgendes festzustellen ist, dass in allen Bereichen – Einwohner, Pendler und Schülerzahlen – geringste Basiswerte vorhanden sind und aufgrund der vorliegenden Prognosen keine Verbesserung dieser Werte zu erwarten ist, und außerdem sind die zu erwartenden Verlagerungspotenziale auf den Schienenverkehr als mäßig einzustufen.
Als ungünstig anzusehen ist die Tatsache, dass der einwohnerstarke Ort Plau am See mit circa 6.100 Einwohnern nicht an die Mecklenburgische Südbahn angebunden ist. Das war ja so eine durchgängige Forderung
von Frau Schwenke. Der Gutachter – und nicht nur der Gutachter – beziffert die Kosten eines Vollausbaus des Abschnitts zwischen Parchim und Waren auf 80 Kilometer in der Stunde, das wurde ja gerade gesagt, mit rund 47,5 Millionen Euro, damit der Zug dort 80 anstatt 60 zu- künftig fahren kann – auf diesem kleinen Stück 47,5 Mil- lionen Euro, und das bei der Gesamtsituation, meine Damen und Herren, über die wir reden. Zurzeit zahlt man 10,5 Millionen Euro für die erbrachten Leistungen. Das sind – auch das noch mal ins Stammbuch aller, die so leichtfertig davon reden, das ist doch alles kein Problem, das kann doch alles so weiterlaufen, wie bisher –, das sind 26 Euro Zuschuss für jede Fahrkarte. Die durchschnittliche Reiseweite auf dieser Strecke beträgt gerade einmal knapp 28 Kilometer. Und da, meine Damen und Herren, muss ich Ihnen sagen, die Auslastung ist definitiv zu gering, das ist schlicht und einfach ein Fakt. Da kann man auch politisch gar nicht drum herumdiskutieren.
Und ich sage Ihnen auch etwas, was vielen nicht gefallen mag: Die Südbahn in ihrer bisherigen Form, wie sie bestanden hat, wird eben überwiegend, und zwar massiv überwiegend dazu benutzt, Nahziele zu erreichen. Sie ist nicht relevant für Pendler, die von Ludwigslust oder Parchim bis nach Waren oder Neustrelitz durchfahren wollen. Es gibt da Ausnahmen, ich kenne einige, auch hier aus dem Hohen Hause, die dort gefahren sind und fahren, aber trotzdem, das kann nicht für uns die Entscheidungsgrundlage sein.
Meine Damen und Herren, in den Gemeinden entlang der Strecke haben wir festzustellen, dass wir erheblich rückläufige Bevölkerungszahlen haben. Zwischen 2000 und 2011 ist die Zahl der Menschen in den Kommunen entlang dieser jetzigen Südbahn um circa zehn Prozent zurückgegangen.
Das alles, meine Damen und Herren, sind keine, keine geeigneten Rahmenbedingungen, um das alte Angebot auf der gesamten Strecke in der Form aufrechtzuerhalten. Wir müssen die knappen Mittel dort einsetzen, wo wir mit ihnen das meiste erreichen, und dazu gibt es durchaus Möglichkeiten und Bedarfe. Zum Beispiel, meine Damen und Herren, auch das mag der eine oder andere hier nicht hören, auf Hauptstrecken Taktverdichtungen oder Spätverbindungen nach Hamburg oder Berlin, das alles wird ein Thema sein müssen im integrierten Landesverkehrsplan. Das ist im Grunde genommen die Basis für das, was wir für die Zukunft wollen im integrierten Landesverkehrsplan.
Und es wird in allen Teilen des Landes auch zukünftig ein angemessenes – das wird in der Regel immer völlig unterschiedlich interpretiert, je nachdem, ob man gerade Opposition ist oder nicht, das ist so, da muss man mit leben –, aber auch ein ökonomisch und ökologisch vernünftiges Verkehrsangebot geben. Und ökologisch, meine Damen und Herren, auch das tut mir leid, manchmal ist der Bus oder relativ oft ist der Bus ökologisch sinnvoller einsetzbar als die Bahn. Das ist schlicht und einfach so, es sei denn, wir würden im Lotto gewinnen und das gesamte Land auf einen Schlag elektrifizieren im Bereich der Bahn. Das wäre natürlich eine tolle Maßnahme, aber es ist eine völlige Illusion.
Meine Damen und Herren, ich will noch mal deutlich sagen: Es wird hier in diesem Land niemand abgehängt. Für die Erreichbarkeit der kleinen Gemeinden und der Dörfer spielt der Bus zukünftig noch eine viel zentralere
Rolle. Mit ihm kann man Zubringerdienste in die Mittel- und Oberzentren organisieren oder einen Übergang zur Bahn oder zu einer überörtlichen Schnellbuslinie organisieren. Oder wir werden, das wird ja heute noch mal diskutiert, sinnvoll den Radverkehr mit einbinden müssen, und das tun wir. Wir sind da auf gutem Wege.
Meine Damen und Herren, auch das ist ein Ergebnis der Anhörung: Die Mecklenburgische Südbahn wird nicht insgesamt eingestellt. Es wird ab 2015 weiterhin zwischen Hagenow und Parchim Bahnverkehr geben, meine Damen und Herren. Ferner wird es Bahnverkehr geben zwischen Malchow und Waren. Hier schaffen wir eine sogenannte Müritz-Bahn. Zwischen Waren und Neustrelitz, meine Damen und Herren, besteht ohnehin eine zweistündige Verbindung in Richtung Berlin und Rostock. Auf der restlichen Strecke zwischen Parchim und Malchow wird ein flexibles Bussystem eingesetzt. Dabei wird Plau am See erstmals neu in das Gesamtstreckennetz mit eingebunden.
Und noch mal zum Ernstnehmen des Parlaments: Vor der Anhörung im Verkehrsausschuss gingen wir als Ministerium davon aus, ging ich davon aus, dass die MüritzBahn zum Beispiel nur in der Saison verkehren wird. Im Ergebnis der Beratungen im Ausschuss habe ich dann entschieden, dass die SPNV-Leistungen zwischen Malchow und Waren ganzjährig bestellt werden, weil das eine der wichtigen Forderungen war, insbesondere auch der Anzuhörenden.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rudolf Borchert, SPD: Das ist eine gute Lösung.)
Die Müritz-Bahn, meine Damen und Herren, wird Malchow und Neustrelitz verbinden mit Umsteigen in Waren. Vorgesehen sind sechs Fahrten in jede Richtung. Das ist eine Größenordnung, das würden sich manch andere Ecken wünschen.
Weitere Einzelheiten, die bedürfen natürlich – logischerweise – der näheren Ausarbeitung. Ich bin zuversichtlich, dass das für die Region Waren/Malchow ein sehr attraktives Angebot ist. Wir werden Busverkehr zwischen Parchim und Malchow als SPNV-Ersatzverkehr vom zuständigen Aufgabenträger weiter beibehalten beziehungsweise einsetzen. Und ich sage Ihnen sehr deutlich, das haben viele Gespräche gezeigt, die Einbindung von Plau jetzt in dieses Streckennetz ist von großem, bedeutendem Vorteil.