Protocol of the Session on January 18, 2012

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(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Riese. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Humke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu Ihnen, Herr Böhlke: Sowohl die Kritikpunkte der SPD und der Grünen als auch unsere Kritikpunkte spiegeln sich in beiden vorliegenden Änderungsanträgen wider. Entsprechende Aussagen wurden auch im Fachausschuss getätigt. An dieser Stelle möchte ich Ihre Aussage also korrigieren;

(Widerspruch von Norbert Böhlke [CDU])

denn ich nehme an, die Krankenhausversorgung stellt für uns alle hier im Hause einen zentralen Punkt der öffentlichen Daseinsvorsorge dar.

Herr Humke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Böhlke?

Bitte!

Herr Böhlke!

Herr Kollege, können Sie dem Hohen Haus mitteilen, wann während der Ausschussberatungen über den Patientenfürsprecher und wann über den Transplantationsfürsprecher gesprochen wurde?

Herr Humke!

Eigentlich müssten Sie diese Frage an die SPD und die Grünen richten.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das alles geht von Ihrer Redezeit ab!)

Nur ganz kurz dazu: Über die mangelhafte Einbindung von Patientensprecherinnen und -sprechern ist durchaus debattiert worden. Das genaue Datum kann ich nicht nennen, weil ich selbstverständlich davon ausgegangen bin, dass auch Sie die Protokolle gelesen haben. Andernfalls hätte ich sie mitgebracht und würde mit Erlaubnis des Hohen Hauses daraus zitieren. Aber das geht an dieser Stelle nicht, zumal die Debatte, was auch Ihnen geschuldet ist, selbstverständlich immer nicht öffentlich erfolgt.

Weiter im Text. Wie Sie wissen, haben wir Linke aus unserer weitreichenden Kritik an der generellen Entwicklung der Krankenhausversorgung nie einen Hehl gemacht. Die Probleme liegen im Kern in der Finanzierung begründet. Zu nennen ist an dieser Stelle und in dieser Debatte natürlich das Krankenversicherungssystem, das auf Bundesebene systematisch kaputtreformiert wird. Ich nenne hier auch noch einmal den Investitionsstau von etwa 1 Milliarde Euro bei niedersächsischen Krankenhäusern und die von uns bereits mehrfach kritisierte Privatisierung des Gesundheitswesens, sprich also auch der Krankenhäuser.

Trotz der Bedeutung des gestalterischen Rahmens dieses Gesetzes lehnen Sie die Einbeziehung aller wichtigen Akteure in die Planungsprozesse weiterhin politisch ab. Vertreterinnen und Vertreter aus dem Pflegebereich beispielsweise sollen nicht in die Planungen eingebunden werden. Das können und wollen wir Linke nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist auch einer der Gründe, aus denen wir Linke zumindest den Niedersächsischen Pflegerat in den Planungsausschuss voll integrieren wollen. Auch diese Forderung spiegelt sich in unserem Antrag wider. Es ist schlicht fahrlässig, die Perspektive auf die Pflege vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, sprich der Zunahme des Pflegebedarfes auch in Niedersachsen, im Planungsausschuss des Ministeriums nicht institutionell zu verankern.

Darüber hinaus sehen wir in der Frage der Notfallversorgung einen starken Konkretisierungsbedarf, der in unserem Antrag ebenfalls deutlich abgebildet wird. Meine Fraktion plädiert an dieser Stelle wie auch im Ausschuss für die Übernahme des entsprechenden Passus aus dem Thüringer Gesetz, der eine umfassende Konkretisierung der Notfallversorgung in vier Absätzen vornimmt. Insofern wollen wir eine klare Regelung schaffen - konkret, klar und verständlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings würde ich an dieser Stelle noch ganz gern eine Kritik an die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen richten. In der Ausschussberatung hatte ich zuweilen den Eindruck, dass Sie sich zu Sprecherinnen und Sprechern des Landesrechnungshofes haben berufen lassen. Das drückt sich zum Teil auch in einer ganzen Reihe Ihrer Änderungsvorschläge aus. Deshalb werden wir heute sehr differenziert über die einzelnen Punkte abstimmen.

Die Fokussierung auf rein wirtschaftliche Kriterien halten wir als Linke für gefährlich. Mich fröstelt es sogar, wenn ich daran denke, dass Sie mit einem derartigen Programm die künftige Landesregierung stellen wollen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Danke, Frau Präsidentin. - Vor diesem Hintergrund und konsequent weitergedacht würde Ihre Politik dazu führen, dass es zu einem weiteren Betten- und Personalabbau kommt, womit der Weg für weitere Standortschließungen freigemacht wür

de. Dabei stehen wir in Niedersachsen mit 53 Betten pro 10 000 Einwohner im Bundesvergleich auch jetzt schon an letzter Stelle. Das tragen wir als Linke nicht einfach so mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzte Bemerkung: Wir Linke stehen für eine flächendeckende Versorgung im Gesundheitswesen. Dazu gehört für uns auch die Sicherung von Standorten, damit wir in Niedersachsen auch in Zukunft gut aufgestellt sind. Ich denke, dazu werden wir in Zukunft noch viel Diskussionsbedarf haben; auch über das Jahr 2013 hinaus.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Humke. - Nun hat für die SPDFraktion Herr Kollege Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst eine kurze Vorbemerkung zu den letzten Anmerkungen des Kollegen Humke: Mit Blick auf die Krankenhausplanung fordern wir mit unserem Gesetzentwurf sehr wohl eine flächendeckende, allerdings sektorenübergreifende Versorgung im Land Niedersachsen. Das wird dort sehr deutlich ausgeführt. Es gibt hier überhaupt keinen Dissens; es sei denn, man will einen sehen. Das unterstelle ich Ihnen aber nicht.

Meine Damen und Herren, das Niedersächsische Krankenhausgesetz stammt aus dem Jahr 1986. Die letzte Änderung erfolgte 1995. Seither hat sich gerade im Krankenhaussektor bekanntlich eine rasante Entwicklung ergeben. Der medizinische Fortschritt hat die Verweildauern im Krankenhaus deutlich gesenkt. Der technische Fortschritt führt zu immer besserer, aber auch sehr teurer Apparatemedizin. Eingriffe, die früher langwierige Krankenhausaufenthalte zur Folge hatten, werden heute zum Teil ambulant vorgenommen. Die Finanzierungen wurden auf das Fallpauschalensystem (DRGs) umgestellt. Dies alles beschleunigt seit Jahren einen Trend zu spezialisierten größeren Krankenhäusern, und es beschleunigt vor allem einen Trend zur starken Privatisierung.

Das heute zur Verabschiedung anstehende Gesetz ignoriert nach unserer Auffassung diese Entwicklung vollständig. Entsprechend wurde es in der öffentlichen Anhörung von den Fachverbänden weitgehend zerrissen. Die Krankenkassen stellten

dazu u. a. fest: Der vorliegende Gesetzentwurf gewährleistet keine verlässliche und zukunftsorientierte Krankenhausbehandlung.

Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft als Interessenvertreterin aller Krankenhäuser in unserem Land stellte den Gesetzentwurf sogar gänzlich in Frage, da er nach ihrer Auffassung die Bürokratie nur zusätzlich aufbläht. Das Kernproblem sei, dass kein Bundesland weniger Geld für seine Krankenhäuser aufbringt als Niedersachsen, so die Krankenhausgesellschaft.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist: Niedersachsen ist genau wie in der Altenpflege auch in der Krankenhausfinanzierung Schlusslicht. Der Investitionsstau liegt zwischenzeitlich bei knapp 1 Milliarde Euro. 2010 haben Sie die jährlich vorgesehenen 120 Millionen Euro für Investitionen nachträglich sogar um sage und schreibe 85 Millionen Euro abgesenkt. Seit 2003 hat die jeweils zuständige CDU-Sozialministerin jährlich einen entsprechenden neuen Gesetzentwurf angekündigt. Nach nunmehr neun Jahren Ankündigungen mussten die Beratungen jetzt erstaunlicherweise allerdings unter Zeitdruck durchgeführt werden, und es bestand überhaupt keine Möglichkeit, zusätzliche - - -

(Zurufe von der CDU)

- Nein, Sie haben kein anderes Arbeitstempo, sondern Sie haben an dieser Stelle offensichtlich so lange intern beraten, bis Sie am Schluss für andere Argumente gar nicht mehr offen waren.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Das ist auch ein Teilaspekt meiner Antwort auf die Frage des Kollegen Böhlke, die er mir noch nicht gestellt hat, die ich aber schon einmal vorwegnehme. Wir hatten hier die Situation, dass zu jedem Punkt, der von uns eingebracht wurde, gesagt wurde, das würde jetzt so durchgezogen und könne alles im Zusammenhang mit dem nächsten Entwurf gemacht werden. So haben Sie es dann auch gehalten, meine Damen und Herren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das sind ja Demokraten!)

Die Krönung bei diesen Beratungen war allerdings der Versuch der Sozialministerin, die Beteiligung des Landtages am Krankenhausinvestitionsprogramm abzuschaffen,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Unglaub- lich!)

und zwar mit der Begründung, dass unnötige Zeitverzögerungen durch die Beteiligung des Parlaments vermieden werden sollten.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wir stören ja furchtbar! Wir stören die Abläufe!)

Sie, Frau Ministerin, lassen sich bei der Aufstellung des Investitionsprogramms monatelang Zeit, und der Sozialausschuss wird meistens noch am Tag der Planungsausschusssitzung beteiligt. Und dann verursacht dieser angeblich Zeitverzögerungen. Ich finde, das ist eine ganz dreiste Nummer von Ihnen, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will für unsere Fraktion feststellen, dass Ihr eigenwilliges Parlamentsverständnis schon beim Thema „Kinderschutzbeauftragte“ einige von uns zum Staunen gebracht hat. Sie sollten, glaube ich, Ihren Umgang mit dem Parlament einmal ernsthaft überprüfen, Frau Özkan.

Der Landesrechnungshof hat sich 2011 drei Mal in aller Deutlichkeit und sehr umfassend zur verfehlten Krankenhauspolitik dieser Landesregierung geäußert. Insbesondere in der umfassenden beratenden Äußerung wird auf das Fehlen jeglicher Krankenhauszielplanung hingewiesen. Weder die Leistungsfähigkeit noch die Qualität, geschweige denn die demografische Entwicklung oder eine Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung spielen bei Ihren Investitionsentscheidungen eine Rolle. Auch die Empfehlungen der Enquete-Kommission des Landtages wurden tunlichst sämtlichst umgangen.

Herr Kollege Schwarz, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Riese von der FDP?

Ja, bitte!