Protocol of the Session on July 19, 2012

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(Ulf Thiele [CDU]: Sie sollten wirklich einmal in sich gehen!)

- Sie auch. Sie sollten einfach einmal zuhören.

(Glocke der Präsidentin)

Wo sind Ihre Aktivitäten zur Förderung der Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Migrationshintergrund und ohne deutsche Sprachkenntnisse?

(Ulf Thiele [CDU]: Ich finde das pein- lich!)

Wo sind Ihre Aktivitäten zur Verbesserung der palliativmedizinischen und psychologischen Betreuung in Pflegeeinrichtungen bzw. für ältere Menschen mit Behinderung?

(Ulf Thiele [CDU]: Selbst da Partei- politik!)

Einen letzten Satz, Herr Kollege Schwarz!

Meine Damen und Herren, diese Forderungen gehören nach unserer Auffassung in ein solches Konzept. Ich sage Ihnen: Wir haben hohes Interesse, dieses Thema in diesem Landtag weiter gemeinsam voranzutreiben. Deshalb hoffe ich, dass Sie unseren Anregungen und Vorschlägen genauso offen gegenüberstehen wie wir Ihren Anregungen und Vorschlägen. Aber es geht um landespolitische Zuständigkeit. Die fehlt bisher in dem Antrag vollständig.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Kollegin Mundlos von der CDU-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schwarz, der Begriff „Sterbekultur“ wurde ausdrücklich vom kirchlichen Bereich und von denen, die tagtäglich in diesem Bereich tätig sind, gewünscht.

Palliativmedizin und Hospiz sind zwei Seiten einer Medaille und gehören zusammen beraten.

Dieser Antrag baut auf unseren Erfahrungen auf. Er soll das, was wir wissen, können und haben, weiterentwickeln. Dazu sind eine Bedarfserfassung

und eine Bedarfsplanung gerade angesichts der demografischen Entwicklung zwingend erforderlich.

Ihre Kritik an diesem Antrag ist auch Kritik an den beteiligten Verbänden, der LAG Hospiz, an den Palliativstützpunkten und an den ambulanten und stationären Einrichtungen.

(Petra Tiemann [SPD]: Nein!)

Denn wir haben diese im Vorfeld zielgerichtet angehört und einbezogen. Deren Fachwissen ist die Basis für diesen Antrag.

Ihre Einlassungen finde ich einfach nur bedauerlich. Schade, dass Sie damit den Konsens aufkündigen! Schade für diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind! Schade!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz möchte antworten. Auch Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn Sie genau zugehört hätten, dann hätten Sie gemerkt, dass ich diesen Konsens bewusst gerade nicht aufgekündigt habe. Ich mache aber deutlich, dass ich mit dem Antrag inhaltliche Schwierigkeiten habe, und ich habe versucht, klarzustellen, warum das so ist: weil Sie alles, was Landeszuständigkeit betrifft, in diesem Antrag schlichtweg ausblenden.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

Das Letzte, was mir und der SPD-Fraktion einfallen würde, wäre, die Arbeit der Aktiven in diesen Einrichtungen auch nur ansatzweise anzuzweifeln oder zu kritisieren. Ich habe gesagt: Ich bin da sehr bei Herrn Böhlke, weil wir sehr wohl um den Einsatzwillen und die Einsatzbereitschaft dieser Aktiven wissen.

Aber wenn es darum geht, das weiterzuentwickeln, wenn es beispielsweise darum geht, Ausbildungskapazitäten zu schaffen, wenn es darum geht, das in der ärztlichen Ausbildung zu implementieren, wenn es darum geht, die Fachausbildung im Bereich der Pflege zu stärken, dann ist das Land dafür zuständig. Davon steht in Ihrem Antrag kein einziger Satz. Ich finde, das gehört in ein solches Gesamtkonzept hinein. Deshalb habe ich hier

deutlich gemacht, dass wir das nicht ausblenden können.

Eine letzte Bemerkung: Frau Mundlos, ich weiß, dass Sie sich mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigen. Aber Sie können mir abnehmen, dass wir und ich das auch tun. Mir ist sehr wohl bekannt, dass die Palliativ- und Hospizszene keine geschlossene Szene ist, auch nicht in Niedersachsen. Da müssen wir, glaube ich, schon aufpassen, an welcher Stelle es um Inhalte geht und an welcher Stelle wir vereinnahmt werden sollen. Diese Grenze ist bei allen Fragen im Gesundheitswesen manchmal gleitend, auch bei dieser.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niedersachsen hat anerkanntermaßen eine im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gute Aufstellung in der palliativmedizinischen und hospizlichen Versorgung. Wir sind uns im Landtag in dieser Frage tatsächlich - der Kollege Schwarz hat darauf hingewiesen - immer sehr einig gewesen. Dies fortzuführen und weiterzuentwickeln, ist eine Aufgabe, der wir uns wirklich gemeinsam annehmen sollten. Gerade auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist das erforderlich.

Nun steht im Antrag nichts wirklich Falsches, vielleicht auch nichts wirklich Richtungsweisendes. Ich will es einmal so sagen: Er ist ausbaufähig. Wir würden dabei wirklich gerne mitarbeiten. In diesem Sinne habe ich auch den Kollegen Schwarz verstanden.

(Zustimmung von Petra Tiemann [SPD])

Die Optimierung von Schnittstellen und die Vermeidung von Doppelstrukturen sind sicher ein sehr begrüßenswertes Ziel. Das übernehmen die SAPV- und SAPPV-Dienste zum größten Teil natürlich bereits heute. Sie haben gerade die Aufgabe, die Menschen in einer Art Assessment zu begutachten und dann mit den Angehörigen zu beratschlagen, welche Versorgung angemessen ist.

Hierbei steht die ambulante Versorgung im Vordergrund. Das entspricht auch den Wünschen der meisten Menschen; sie möchten gerne zu Hause betreut werden. Wenn das aber nicht möglich ist,

wird die Überweisung in eine Palliativstation oder ein Hospiz unvermeidlich. Dabei hat dann auch der MDK mitzureden.

Es wird immer wieder kritisiert - darauf möchte ich heute noch einmal hinweisen -, dass die palliativmedizinische Versorgung zu arztlastig ist und zu stark von Ärzten wahrgenommen wird. Ich glaube wirklich, man muss den Pflegekräften, aber auch den Psychotherapeuten eine stärkere Rolle in diesem Zusammenhang einräumen. So möchte ich darauf hinweisen: Wenn eine hauptamtliche, professionalisierte Koordinierungsstelle wirklich nötig ist, sollte man sie vielleicht nicht mit einem Arzt oder einer Ärztin, sondern mit einer Pflegekraft besetzen. Das wäre auch ein starkes Signal an den Berufsstand, der hier maßgeblich in die Betreuung eingebunden ist.

Ein Augenmerk müsste aus meiner Sicht auch auf die verbindliche Verankerung palliativmedizinischer Inhalte in der ärztlichen und pflegerischen Ausbildung gerichtet werden. Hier kann das Land tatsächlich unmittelbar tätig werden.

Leider nicht thematisiert wird die palliativmedizinische und hospizliche Versorgung in Pflegeheimen, obwohl das Thema dort förmlich brennt; denn da findet es quasi jeden Tag statt. Hier muss der Antrag nachgebessert werden.

Was die Versorgung in Krankenhäusern angeht, wäre es Aufgabe des Krankenhausstrukturplans, eine entsprechende Ausrichtung festzuschreiben. Wir warten immer noch darauf. Vielleicht könnte man in einer Ausweitung dieses Antrags darauf hinweisen, dass diese Aufgabe erledigt werden muss.

Ich meine, wir sollten im Ausschuss gemeinsam daran arbeiten, diesen Antrag zu verbessern. Ich halte es auch für sinnvoll, eine Anhörung durchzuführen und sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen. „So viel Zeit muss sein“, sagt Anne Will immer. Ich glaube, wir sollten uns diese Zeit gerade bei diesem Thema in der Beratung auch nehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Helmhold. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich zu diesem Punkt Herr Humke gemeldet. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über das Wort „Sterbekultur“ kann man sicherlich streiten. Ich hätte mir vorstellen können, von einer „gesellschaftliche Kultur des Sterbens“ zu sprechen. Das ist ein unmissverständlicher Begriff, der von einer gesellschaftlichen Verantwortung für ein Sterben in Würde ausgeht. Aber ich denke, das ist nebensächlich.

Nun zum Inhalt des Antrags. In ihm fordern CDU und FDP, dass die Landesregierung bis zum 1. Juli 2013 ein Konzept zur Weiterentwicklung der Palliativ- und Hospizversorgung vorlegt. An dieser Stelle drängt sich bei mir die Frage auf, warum das bei der Vorgeschichte und bei den Erfahrungen, die wir gemeinsam gemacht haben, nicht bereits in dieser Legislaturperiode angegangen bzw. abgeschlossen worden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht war ja die vorgenommene Priorisierung unzureichend. - Aber das können wir noch in den Ausschussberatungen diskutieren.

Einen bedenklichen Fall aus der Wesermarsch, in dem eine Witwe die fehlende regionale Palliativversorgung beschreibt, unter der sie das Sterben ihres Mannes begleiten musste, und andere Berichte über Wartezeiten bei Hospizplätzen haben mein Kollege Hans-Henning Adler und ich zum Anlass genommen, eine Kleine Anfrage zu stellen. Die Antwort liegt seit Kurzem vor.

Darüber hinaus kann ich Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung im Zusammenhang mit verschiedenen Kinderhospizen in Deutschland berichten, die zu einem erheblichen Teil aus Spenden finanziert werden. Wenn man sich in diesem Zusammenhang vor Augen führt, welche Arbeit dort geleistet wird und welchen Bedarf an Plätzen es mittlerweile alleine in diesem Teilbereich gibt, dann stehen wir alle gemeinsam in der Verantwortung, die nötige Sensibilität zu entwickeln und diese Arbeit auch zu unterstützen, indem wir das nötige Geld in die Hand nehmen, um die gestiegenen Bedarfe losgelöst von betriebswirtschaftlichen Erwägungen befriedigen zu können.

(Beifall bei der LINKEN)