Verfassungsverstoß im Parlament, Negativrekord bei Schulabsteigern, Energiewende ausgebremst - CDU/FDP-Landesregierung stümpert durch den niedersächsischen Spätherbst - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5363
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist kein guter Tag für die Konservativen auf dieser Welt. Wir freuen uns über „four more years“ für Barack Obama und gratulieren ihm.
Wir versprechen zugleich, Herr Hilbers: Five more years für einen CDU-Ministerpräsidenten wird es in diesem Land nicht geben.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Der ist auch wiedergewählt worden!)
Der hiesige Regierungschef hat jetzt eine neue Masche: David McOmm - das Entspannungswunder. Auf dem letzten Parteitag durfte jeder einmal seinen Puls fühlen. Aber, meine Damen und Herren, wenn man sich die Zeitungen des letzten Monats anschaut, dann stellt man fest, dass zu befürchten ist, dass es mit der Tiefenentspannung nicht so weit gekommen ist. Ich will einige Zitate bringen.
Zum Thema Staatsgerichtshof und Nord-SüdDialog: „Klatschende Niederlage für die Landesregierung“, „Landesregierung brach Verfassung“.
Zum Thema Wahlkampf: „Ratlos in den Untergang“ und - auch sprachlich besonders schön - „McAllister im Dudelsackdilemma“.
Meine Damen und Herren, auch zur Bildungspolitik gab es Bemerkenswertes: „Niedersachsen ist das Land der Schulabsteiger“, „Niedersachsen Schlusslicht: zu viele Schulabsteiger“.
Zur Bundespolitik ließe sich nach dem Achtstundengipfel eine ähnliche Liste vorlegen, meine Damen und Herren. In Niedersachsen spielt SchwarzGelb den Sparkommissar, und in Berlin schmeißen sie das Geld für unsinnige Projekte wie das Betreuungsgeld und für Betonpisten zum Fenster hinaus.
Ihre neue „Lebensleistungsrente“ bekommt nur, wer vorher bei der Versicherungswirtschaft einen Vertrag abgeschlossen hat. Ging es bei diesem Beschluss eigentlich um diejenigen, die niedrige Renten beziehen, oder ging es um die Auftragsbücher der Versicherungswirtschaft?
Die passende Schlagzeile dazu finden Sie im gestrigen Handelsblatt, beileibe keine grüne Hauspostille. Sie lautet: „Das erschöpfte Bündnis - weitere vier Jahre wirken nach diesem Treffen nicht attraktiv.“
Herr McAllister, muss man Sie wirklich an Ihren Amtseid erinnern? - „Die Kraft dem Volke widmen“ - das haben Sie nicht gemacht. Seit Langem ist absehbar, dass die Offshorenetzanschlüsse hängen. Passiert ist nichts, nur Verunsicherung.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Fragen Sie einmal die Kollegen bei uns vor Ort! - Heinz Rolfes [CDU]: Obernöler!)
Die Windbranche und die Kollegen bei den Nordseewerken haben Sie hängengelassen und per Anruf die Insolvenz ankündigen lassen. Minister Birkner lassen Sie über die Abschaffung des EEG und das Quotenmodell schwadronieren.
„Die Niedersächsische Verfassung sowie die Gesetze wahren und verteidigen“ - das haben Sie nicht gemacht. Da musste erst das Urteil des Staatsgerichtshofs zum Nord-Süd-Dialog kommen. Sie haben die Verfassung nicht gewahrt, sondern Sie haben die Verfassung gebrochen und dann auch noch so getan, als sei nichts passiert.
„Meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen Menschen üben“ - das haben Sie nicht gemacht. Oder wie soll man es verstehen, dass Sie zulassen, dass Niedersachsen das Schulabsteigerland Nummer eins in Deutschland ist? - Auf fast 10 000 Absteigerkinder kommen nur 1 000 Aufsteigerkinder im Schulsystem. Wie viele Schicksale stehen dahinter, meine Damen und Herren?
Herr Ministerpräsident, Sie haben Ihren Amtseid vergessen. Sie haben die politischen Chancen für eine ökologische und soziale Wende in Niedersachsen verspielt. Sie haben es versäumt, zur Aufklärung der Skandale Ihres Vorgängers beizutragen. Und Sie haben in der Finanzpolitik nur Anscheinerweckung betrieben.
So wird das nichts mit Ihren hochfliegenden Träumen. Sie werden am 1. November 2013 nicht der Nachfolger von Winfried Kretschmann als Bundesratspräsident werden.
(Reinhold Hilbers [CDU]: Sie werden es auch nicht! - Zuruf von Ministerprä- sident David Mc Allister)
(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ministerpräsident David McAllister: Stefan, das war langweilig, das war schwach!)
Herr Ministerpräsident, Sie wissen, dass Zurufe von der Regierungsbank nicht gestattet sind. Ich darf Sie nicht rügen, aber ich möchte Sie bitten, sich an die Gepflogenheiten des Hauses zu halten.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Mi- nisterpräsident David McAllister: Herr Präsident, ich habe das nur aus Sor- ge gemacht! Stefan ist so schwach, das gibt es nicht!)
Herr McAllister, das muss ja tief gesessen haben, dass Sie zu solchen persönlichen Beleidigungen greifen.
(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Wie bitte? Eine Beleidigung? - Das war eine Frage! Ich glaube es ja nicht!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist die Aktuelle Stunde eher der Ort für eine scharfe Abrechnung. Aber bei der Vorbereitung auf meine Rede habe ich festgestellt: Die Regierung McAllister und Sie als CDU und FDP können einem eigentlich nur noch leidtun.
In den vergangenen Monaten gelingt Ihnen nichts, aber auch rein gar nichts mehr. Kaum glauben Sie, dass Sie einmal Luft holen können, kaum hoffen Sie, dass Sie wieder einmal eine Kuh vom Eis geholt haben, da hagelt es Ihnen wieder rein ins Kontor.
Mühsam haben Sie mithilfe des frechen Gauklers Minister Möllring die Affäre Wulff und Ihren Anteil daran verschleiert - zack, da kommt das Urteil des Staatsgerichtshofs, und dieses Urteil lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Wie war das gerade mit Beleidigungen?)
Dabei wurde auch klar: Es gab keinerlei Aufklärung der Affäre Wulff, sondern in Ihrer Regierung herrschte der arrogante Gedanke vor, mit dem Parlament könne man nach Gutdünken umspringen.
Die Verfassung war Ihnen egal, es ging Ihnen nur um die Macht. Gott sei Dank passt unser niedersächsisches Verfassungsgericht darauf auf, dass die demokratischen Regeln hier in Niedersachsen eingehalten werden.