Protocol of the Session on December 6, 2012

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- Wissen Sie, auf der CD, die gerade von Nordrhein-Westfalen angekauft worden ist, sollen 1 300 Datensätze gewesen sein, davon wohl 550 zu Stiftungen, die in Deutschland nicht besteuerbar sind. Halten Sie es für steuergerecht, dass man 850 Datensätze erhalten hat, während wir wahrscheinlich Zigtausend, wenn nicht gar Hunderttausend Datensätze über das Steuerabkommen bekommen würden?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Vorstellung von Steuergerechtigkeit und einer sachgerechten Besteuerung setzt jedenfalls nicht auf Zufälle, sondern auf eine systematische Besteuerung, und ich denke, die von vielen Bürgerinnen und Bürger ebenfalls.

Genau deshalb und weil mir die Steuergerechtigkeit am Herzen liegt, habe ich mich nachdrücklich für das Zustandekommen des Schweizer Steuerabkommens eingesetzt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem Abkommen in der jetzigen Form hätten wir viel erreicht und der Schweiz einiges abverlangt, nicht zuletzt durch das Zusatzprotokoll vom 5. April 2012.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Und was ist mit dem Abkommen der Amerika- ner mit der Schweiz?)

- Die Amerikaner haben gerade ratifiziert. Im Übrigen: In dem amerikanischen Abkommen, das hier immer so hoch gehalten wird, ist für die Vergangenheit überhaupt nichts geregelt; die Vergangenheit wird schlicht vernachlässigt. Nach dem Schweizer Steuerabkommen wird über zehn Jahre deutsches Vermögen nachversteuert. Die Amerikaner sagen: Die Vergangenheit interessiert uns nicht. - Außerdem steht in dem amerikanischen Abkommen: wenn der Steuerpflichtige zustimmt, dass die Bank die Daten nach Amerika gibt. - Ja, was ist denn da gewonnen? Dieses amerikanische Abkommen bleibt doch weit hinter dem OECDAbkommen zurück. Sie behaupten hier immer etwas, obwohl Sie davon gar keine Ahnung haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das ist doch nicht wahr! Das sind al- les Halbwahrheiten, die Sie hier verbreiten!)

Ich selbst habe zusammen mit meinem Kollegen aus Baden-Württemberg, Herrn Schmid von der SPD, für die Länder an den Nachverhandlungen teilgenommen. Es ist schon relativ ungewöhnlich, dass die Länder überhaupt hinzugezogen wurden. Dabei konnten durch große Zugeständnisse seitens der Schweiz noch einmal deutliche Verbesserungen gerade auch im Interesse der deutschen Länder erreicht werden.

Hier möchte ich insbesondere auf die Einbeziehungszeit der Erbschaftsteuern in das Abkommen hinweisen. Künftig - das haben wir in den Nachverhandlungen erreicht - wird im Erbfall, wenn der Steuerpflichtige, d. h. der, der das Vermögen erbt, nicht nachweist, dass er das Erbe ordnungsgemäß in Deutschland versteuert hat, in der Schweiz mit dem höchsten deutschen Steuersatz, nämlich der Hälfte des Vermögens, besteuert. Das heißt: Wenn er keine Bescheinigung mitbringt, wonach er das bei seinem Heimatfinanzamt ordnungsgemäß angemeldet hat und das ordnungsgemäß versteuert worden ist, wird die Hälfte des Vermögens von der

Schweizer Bank eingezogen und nach Deutschland überwiesen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Hört, hört!)

Wer das macht, handelt wirtschaftlich unklug. Klug wäre es, wenn er ordentlich Steuern zahlt. Wer es nicht tut und dafür auf die Hälfte seines Vermögens verzichtet, dessen Anonymität soll meinetwegen gewahrt sein, wenn ihm das diesen hohen Preis wert ist.

Alles in allem bin ich davon überzeugt, dass das Abkommen in der jetzigen Form eine effektive Besteuerung des Kapitals deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz sicherstellt und damit einen relevanten Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit leistet.

Dabei steht für mich nicht in erster Linie die pauschale Nachversteuerung bisher unversteuerter Vermögenswerte im Vordergrund. Wichtig ist mir vielmehr eine gerechte, tragfähige und verwaltungsökonomische Lösung für die Zukunft. Die ist mit dem ausverhandelten Abkommen in greifbare Nähe gerückt, weil es eine gleichmäßige Besteuerung der laufenden Erträge erreicht, wie es - ebenfalls anonym - der deutschen Abgeltungssteuer entspricht, und überdies die Erbschaftsbesteuerung sicherstellt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Also ein sehr gutes Abkommen!)

In Deutschland ist es ja auch so: Wenn Sie Erträge aus Vermögen generieren, dann führt die Bank die Abgeltungssteuer anonym an das Finanzamt ab. Egal, ob Sie das Vermögen in der Schweiz oder in Deutschland auf der Sparkasse liegen haben: Es ist Ihnen also völlig unbenommen, es dem Finanzamt zu offenbaren oder es dem Finanzamt nicht zu offenbaren. Das ist ja auch der Sinn der Abgeltungssteuer. Und die Schweiz würde das für uns erheben.

Für die Länderhaushalte würde das dauerhafte Mehreinnahmen ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand ermöglichen, da ja die Schweiz diese Steuern einbehält und an Deutschland abführt, wobei wir in den Ländern natürlich auch die zu erwartende Zahlung aus der Nachversteuerung gut gebrauchen können.

Da ist viel gestritten worden, mit welchen Beträgen zu rechnen ist. Interessanterweise argumentieren gerade die Gegner dieses Abkommens immer mit dem riesigen, umfangreichen Volumen der Schwarzgeldbestände in der Schweiz, bezeichnen

entsprechende Schätzungen des Nachversteuerungsvolumens dann aber als aufgeblasene Hoffnungswerte. Ja, da muss man sich nun einmal entscheiden. Entweder ist das, was in der Schweiz liegt, marginal, dann brauchen wir uns alle keine Gedanken darüber zu machen, oder es sind Riesenbeträge, und dann kommt auch richtig Geld.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Alles, was die Schweiz uns überweist!)

- Herr Klein, das Schweizer Steuerabkommen ist in der Schweiz inzwischen Gesetz geworden. Wenn wir es hier auch zum Gesetz machen, würde es auch in Kraft treten. In der Schweiz wäre derjenige strafbar, der diese Steuern nicht abführen würde, nämlich der Bankangestellte. Das steht darin. Das ist Schweizer Steuerstrafrecht.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Er hat den Text nicht gelesen!)

Sie wollen mir doch wohl nicht sagen, dass die Schweizer Bankangestellten es sich leisten würden, eine Straftat zu begehen, weil sie zugunsten eines deutschen Vermögensinhabers in der Schweiz keine Steuern abführen wollen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Das ist doch ein Rechtsstaat! Die Schweiz ist ein alter Rechtsstaat. Es mag uns in der Schweiz einiges nicht gefallen, aber mit der Kavallerie werden Sie dort nicht hinkommen.

Eines muss ich an der Stelle jetzt aber auch einmal sagen: Das, was Herr Steinbrück heute hätte tun wollen, nämlich bei der Privatbank Sarasin einen Vortrag für 15 000 Euro zu halten, obwohl die Staatsanwaltschaft dort vor wenigen Tagen die Räume durchsucht hat, das ist vielleicht ein sensibler Umgang mit solchen Daten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

Das werfe ich ja nicht Ihnen vor, Herr Klein. Nur, die SPD will am Sonntag jemanden zum Kanzlerkandidaten machen, der heute noch bei einer Bank, die wegen Steuerhinterziehung durchsucht worden ist, einen Vortrag gegen Geld halten wollte, nämlich für 15 000 Euro. Das muss man sich einmal überlegen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Reinhold Hilbers [CDU]: Unglaublich ist das! - Helge Limburg [GRÜNE]: Und Sie wollen diesen Banken die Aufgabe übertragen, die Steuern ein- zutreiben!)

- Wissen Sie, Herr Steinbrück wollte ja mit der Kavallerie in die Schweiz einrücken. Das ist auch sehr sensibel gewesen.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, wir haben eine Fragestunde. Der Minister antwortet jetzt auf die Fragen der CDU-Fraktion. Ihre Fragen können Sie stellen, wenn er die Fragen der CDU beantwortet hat. - Herr Minister, bitte schön!

Fest steht jedenfalls, dass die Schweizer Banken eine Vorauszahlung von 2 Milliarden Schweizer Franken, also 1,7 Milliarden Euro, garantiert haben. Diese Vorauszahlung wäre im Januar 2013 fällig geworden. Diese Vorauszahlung können sie allerdings erst dann in vollem Umfang mit den tatsächlich einbehaltenen Nachversteuerungsbeträgen verrechnen, wenn sie mindestens die doppelte Summe, also 4 Milliarden Schweizer Franken, an Deutschland überwiesen haben. In dem Abkommen steht, dass nur 50 % der später abzuführenden Steuern mit den Vorauszahlungen zu verrechnen sind.

Sie können davon ausgehen, dass die Schweizer Banken - die Schweizer Großbanken; nicht die kleinen Banken, die kommen noch dazu -, wenn sie bereit sind, 2 Milliarden Schweizer Franken schon einmal vorab zu überweisen, sich genau überlegt haben, dass sie das hinterher auch eins zu eins wieder verrechnen können. Alles in allem sehe ich in dem Abkommen einen großartigen Verhandlungserfolg, der auch im ureigensten Interesse der deutschen Bundesländer liegt.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Es gibt dann aber keine Milliarde für Nieder- sachsen!)

- Wir müssen uns langsam einmal einigen, wovon wir ausgehen, was in der Schweiz liegt. Ich glaube nicht an die Zahl 250 Milliarden Euro, die die CDU zitiert hat. Allerdings hat der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Herr Eigenthaler, behauptet, dort lägen 150 Milliarden Euro. Einmal angenommen, diese Zahl wäre annähernd richtig, ergäbe sich Folgendes. Da der unterste Steuersatz

21 % auf das Vermögen ist - ich rechne einmal mit 20 %, weil das leichter ist -, wären das - ein Fünftel von 150 Milliarden Euro - 30 Milliarden Euro. Nach der Schätzung von Herrn Eigenthaler! Nach dem, was in der Wirtschaftswoche stand, liegen in der Schweiz 250 Milliarden Euro. Ein Fünftel von 250 Milliarden Euro wären 50 Milliarden Euro. Bitte überlegen Sie einmal: Wenn Deutschland dieses Geld bekommen würde und davon 10 % in Niedersachsen ankäme, dann wäre das einfach unvorstellbar.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das verhin- dern SPD und GRÜNE!)

Selbst bei konservativer Annahme, dass nur 10 Milliarden Euro kommen, könnte mein Nachfolger im nächsten Jahr hier einen Haushalt vorlegen, der ohne Nettokreditaufnahme auskommt. Das wäre doch ein Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ah! bei den GRÜNEN - Reinhold Hil- bers [CDU]: Das verhindern die! Das sollten die sich noch einmal überle- gen!)

Sollte dieses Abkommen scheitern, wäre eine historische Chance vertan, bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung einen großen Schritt weiterzukommen.

Diejenigen, die dem Abkommen ihre Zustimmung verweigern, nehmen sehenden Auges in Kauf, dass deutsche Kapitaleinkünfte in der Schweiz weiterhin unbesteuert bleiben und dass die Ansprüche verjähren. In drei Wochen ist wieder ein Jahr verjährt.

Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern dann erklären, warum Sie auf die Nachbesteuerung von Steuerhinterziehern lieber ganz verzichten, als einen pauschalen Steuersatz von 21 bis 41 % auf das Vermögen zu akzeptieren, der in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu einer höheren Belastung führen würde als eine Selbstanzeige. Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern aber vor allem erklären, warum Sie eine tragfähige Lösung des Problems für die Zukunft ausschlagen. Damit würden Sie im Übrigen nicht nur der Steuergerechtigkeit einen Bärendienst erweisen. Sollte dieses Abkommen wirklich nicht ratifiziert werden, wäre entsprechenden bilateralen Verhandlungen nicht nur mit der Schweiz wohl auf Jahre hinaus der Boden entzogen.

Auf einen Punkt möchte ich auch noch hinweisen: Griechenland verhandelt mit der Schweiz im Moment das gleiche Steuerabkommen, was die Bundesregierung mit der Schweiz verhandelt hatte. In Sonntagsreden und auch hier im Parlament wurde immer wieder gefordert, die Griechen sollten endlich mal ihre vermögenden Leute zur Finanzierung des eigenen Staates heranziehen. - Das ist ja auch richtig. Aber was geben wir für ein Beispiel, wenn wir das, was die Griechen jetzt mit der Schweiz gestalten, gerade nicht ratifizieren! Das ist doch ein Skandal!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Möllring, rechtsstaatlich ist das alles eine Katastrophe!)

- Natürlich ist das rechtsstaatlich.

Man kann also für die Beratungen im Vermittlungsausschuss nur hoffen, dass ein so wichtiges und zukunftsweisendes Projekt für die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit nicht parteipolitischem Kalkül und Gezänk zum Opfer fällt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das schützt Geldwäscher und Waffen- händler! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Denken Sie mal darüber nach, was Sie dazwischenrufen!)