Hartmut Möllring

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz habe ich mich an dieser Stelle schon mehrfach geäußert. Inzwischen ist leider das eingetreten, was entgegen aller Vernunft zu befürchten war: Die Ratifizierung des Abkommens ist im Bundesrat durch die rot-grüne Mehrheit zunächst gestoppt worden, sodass die Bundesregierung jetzt als letzte Chance den Vermittlungsausschuss anrufen musste.
Wer diese Entwicklung nun als Sieg der Steuergerechtigkeit preist, der sollte noch einmal gründlich darüber nachdenken, was wohl unter Steuergerechtigkeit zu verstehen ist, die sich Kritiker wie Befürworter dieses Abkommens auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wirklich als gerecht empfinden, wenn wir die Chance vertun, auch die hartnäckigsten Steuerhin
terzieher mit Kapitalvermögen in der Schweiz einer Nachversteuerung zu unterziehen, und zwar alle und nicht nur - - -
- Herr Hagenah, Sie sind zwar ein großer Stararchitekt, aber von Steuerrecht verstehen Sie nun gar nichts.
- Das mit dem Stararchitekten nehme ich zurück. Ein normaler Architekt!
Sicherlich wird es auch nicht der Steuergerechtigkeit dienen, wenn wir auf die Möglichkeit verzichten, für die Zukunft eine flächendeckende Besteuerung von Kapitaleinkünften in der Schweiz zu sichern, die der in Deutschland entspricht. Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass gelegentliche Zufallsfunde aus angekauften Daten-CDs die geeignete Grundlage für eine gerechte Besteuerung in der Zukunft sind, zumal wir wohl davon ausgehen dürfen, dass die Schweizer Banken künftig etwas besser auf ihre Daten aufpassen werden als bisher. Das würde auch jede deutsche Bank machen. Das hat nichts mit Steuerhinterziehung zu tun. Jede Bank ist im höchsten Maße daran interessiert, dass interne Geschäftsdaten nicht in die Öffentlichkeit gelangen.
- Wissen Sie, auf der CD, die gerade von Nordrhein-Westfalen angekauft worden ist, sollen 1 300 Datensätze gewesen sein, davon wohl 550 zu Stiftungen, die in Deutschland nicht besteuerbar sind. Halten Sie es für steuergerecht, dass man 850 Datensätze erhalten hat, während wir wahrscheinlich Zigtausend, wenn nicht gar Hunderttausend Datensätze über das Steuerabkommen bekommen würden?
Meine Vorstellung von Steuergerechtigkeit und einer sachgerechten Besteuerung setzt jedenfalls nicht auf Zufälle, sondern auf eine systematische Besteuerung, und ich denke, die von vielen Bürgerinnen und Bürger ebenfalls.
Genau deshalb und weil mir die Steuergerechtigkeit am Herzen liegt, habe ich mich nachdrücklich für das Zustandekommen des Schweizer Steuerabkommens eingesetzt.
Mit dem Abkommen in der jetzigen Form hätten wir viel erreicht und der Schweiz einiges abverlangt, nicht zuletzt durch das Zusatzprotokoll vom 5. April 2012.
- Die Amerikaner haben gerade ratifiziert. Im Übrigen: In dem amerikanischen Abkommen, das hier immer so hoch gehalten wird, ist für die Vergangenheit überhaupt nichts geregelt; die Vergangenheit wird schlicht vernachlässigt. Nach dem Schweizer Steuerabkommen wird über zehn Jahre deutsches Vermögen nachversteuert. Die Amerikaner sagen: Die Vergangenheit interessiert uns nicht. - Außerdem steht in dem amerikanischen Abkommen: wenn der Steuerpflichtige zustimmt, dass die Bank die Daten nach Amerika gibt. - Ja, was ist denn da gewonnen? Dieses amerikanische Abkommen bleibt doch weit hinter dem OECDAbkommen zurück. Sie behaupten hier immer etwas, obwohl Sie davon gar keine Ahnung haben.
Ich selbst habe zusammen mit meinem Kollegen aus Baden-Württemberg, Herrn Schmid von der SPD, für die Länder an den Nachverhandlungen teilgenommen. Es ist schon relativ ungewöhnlich, dass die Länder überhaupt hinzugezogen wurden. Dabei konnten durch große Zugeständnisse seitens der Schweiz noch einmal deutliche Verbesserungen gerade auch im Interesse der deutschen Länder erreicht werden.
Hier möchte ich insbesondere auf die Einbeziehungszeit der Erbschaftsteuern in das Abkommen hinweisen. Künftig - das haben wir in den Nachverhandlungen erreicht - wird im Erbfall, wenn der Steuerpflichtige, d. h. der, der das Vermögen erbt, nicht nachweist, dass er das Erbe ordnungsgemäß in Deutschland versteuert hat, in der Schweiz mit dem höchsten deutschen Steuersatz, nämlich der Hälfte des Vermögens, besteuert. Das heißt: Wenn er keine Bescheinigung mitbringt, wonach er das bei seinem Heimatfinanzamt ordnungsgemäß angemeldet hat und das ordnungsgemäß versteuert worden ist, wird die Hälfte des Vermögens von der
Schweizer Bank eingezogen und nach Deutschland überwiesen.
Wer das macht, handelt wirtschaftlich unklug. Klug wäre es, wenn er ordentlich Steuern zahlt. Wer es nicht tut und dafür auf die Hälfte seines Vermögens verzichtet, dessen Anonymität soll meinetwegen gewahrt sein, wenn ihm das diesen hohen Preis wert ist.
Alles in allem bin ich davon überzeugt, dass das Abkommen in der jetzigen Form eine effektive Besteuerung des Kapitals deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz sicherstellt und damit einen relevanten Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit leistet.
Dabei steht für mich nicht in erster Linie die pauschale Nachversteuerung bisher unversteuerter Vermögenswerte im Vordergrund. Wichtig ist mir vielmehr eine gerechte, tragfähige und verwaltungsökonomische Lösung für die Zukunft. Die ist mit dem ausverhandelten Abkommen in greifbare Nähe gerückt, weil es eine gleichmäßige Besteuerung der laufenden Erträge erreicht, wie es - ebenfalls anonym - der deutschen Abgeltungssteuer entspricht, und überdies die Erbschaftsbesteuerung sicherstellt.
In Deutschland ist es ja auch so: Wenn Sie Erträge aus Vermögen generieren, dann führt die Bank die Abgeltungssteuer anonym an das Finanzamt ab. Egal, ob Sie das Vermögen in der Schweiz oder in Deutschland auf der Sparkasse liegen haben: Es ist Ihnen also völlig unbenommen, es dem Finanzamt zu offenbaren oder es dem Finanzamt nicht zu offenbaren. Das ist ja auch der Sinn der Abgeltungssteuer. Und die Schweiz würde das für uns erheben.
Für die Länderhaushalte würde das dauerhafte Mehreinnahmen ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand ermöglichen, da ja die Schweiz diese Steuern einbehält und an Deutschland abführt, wobei wir in den Ländern natürlich auch die zu erwartende Zahlung aus der Nachversteuerung gut gebrauchen können.
Da ist viel gestritten worden, mit welchen Beträgen zu rechnen ist. Interessanterweise argumentieren gerade die Gegner dieses Abkommens immer mit dem riesigen, umfangreichen Volumen der Schwarzgeldbestände in der Schweiz, bezeichnen
entsprechende Schätzungen des Nachversteuerungsvolumens dann aber als aufgeblasene Hoffnungswerte. Ja, da muss man sich nun einmal entscheiden. Entweder ist das, was in der Schweiz liegt, marginal, dann brauchen wir uns alle keine Gedanken darüber zu machen, oder es sind Riesenbeträge, und dann kommt auch richtig Geld.
- Herr Klein, das Schweizer Steuerabkommen ist in der Schweiz inzwischen Gesetz geworden. Wenn wir es hier auch zum Gesetz machen, würde es auch in Kraft treten. In der Schweiz wäre derjenige strafbar, der diese Steuern nicht abführen würde, nämlich der Bankangestellte. Das steht darin. Das ist Schweizer Steuerstrafrecht.
Sie wollen mir doch wohl nicht sagen, dass die Schweizer Bankangestellten es sich leisten würden, eine Straftat zu begehen, weil sie zugunsten eines deutschen Vermögensinhabers in der Schweiz keine Steuern abführen wollen.
Das ist doch ein Rechtsstaat! Die Schweiz ist ein alter Rechtsstaat. Es mag uns in der Schweiz einiges nicht gefallen, aber mit der Kavallerie werden Sie dort nicht hinkommen.
Eines muss ich an der Stelle jetzt aber auch einmal sagen: Das, was Herr Steinbrück heute hätte tun wollen, nämlich bei der Privatbank Sarasin einen Vortrag für 15 000 Euro zu halten, obwohl die Staatsanwaltschaft dort vor wenigen Tagen die Räume durchsucht hat, das ist vielleicht ein sensibler Umgang mit solchen Daten.
Das werfe ich ja nicht Ihnen vor, Herr Klein. Nur, die SPD will am Sonntag jemanden zum Kanzlerkandidaten machen, der heute noch bei einer Bank, die wegen Steuerhinterziehung durchsucht worden ist, einen Vortrag gegen Geld halten wollte, nämlich für 15 000 Euro. Das muss man sich einmal überlegen!
- Wissen Sie, Herr Steinbrück wollte ja mit der Kavallerie in die Schweiz einrücken. Das ist auch sehr sensibel gewesen.
Fest steht jedenfalls, dass die Schweizer Banken eine Vorauszahlung von 2 Milliarden Schweizer Franken, also 1,7 Milliarden Euro, garantiert haben. Diese Vorauszahlung wäre im Januar 2013 fällig geworden. Diese Vorauszahlung können sie allerdings erst dann in vollem Umfang mit den tatsächlich einbehaltenen Nachversteuerungsbeträgen verrechnen, wenn sie mindestens die doppelte Summe, also 4 Milliarden Schweizer Franken, an Deutschland überwiesen haben. In dem Abkommen steht, dass nur 50 % der später abzuführenden Steuern mit den Vorauszahlungen zu verrechnen sind.
Sie können davon ausgehen, dass die Schweizer Banken - die Schweizer Großbanken; nicht die kleinen Banken, die kommen noch dazu -, wenn sie bereit sind, 2 Milliarden Schweizer Franken schon einmal vorab zu überweisen, sich genau überlegt haben, dass sie das hinterher auch eins zu eins wieder verrechnen können. Alles in allem sehe ich in dem Abkommen einen großartigen Verhandlungserfolg, der auch im ureigensten Interesse der deutschen Bundesländer liegt.
- Wir müssen uns langsam einmal einigen, wovon wir ausgehen, was in der Schweiz liegt. Ich glaube nicht an die Zahl 250 Milliarden Euro, die die CDU zitiert hat. Allerdings hat der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Herr Eigenthaler, behauptet, dort lägen 150 Milliarden Euro. Einmal angenommen, diese Zahl wäre annähernd richtig, ergäbe sich Folgendes. Da der unterste Steuersatz
21 % auf das Vermögen ist - ich rechne einmal mit 20 %, weil das leichter ist -, wären das - ein Fünftel von 150 Milliarden Euro - 30 Milliarden Euro. Nach der Schätzung von Herrn Eigenthaler! Nach dem, was in der Wirtschaftswoche stand, liegen in der Schweiz 250 Milliarden Euro. Ein Fünftel von 250 Milliarden Euro wären 50 Milliarden Euro. Bitte überlegen Sie einmal: Wenn Deutschland dieses Geld bekommen würde und davon 10 % in Niedersachsen ankäme, dann wäre das einfach unvorstellbar.
Selbst bei konservativer Annahme, dass nur 10 Milliarden Euro kommen, könnte mein Nachfolger im nächsten Jahr hier einen Haushalt vorlegen, der ohne Nettokreditaufnahme auskommt. Das wäre doch ein Erfolg.
Sollte dieses Abkommen scheitern, wäre eine historische Chance vertan, bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung einen großen Schritt weiterzukommen.
Diejenigen, die dem Abkommen ihre Zustimmung verweigern, nehmen sehenden Auges in Kauf, dass deutsche Kapitaleinkünfte in der Schweiz weiterhin unbesteuert bleiben und dass die Ansprüche verjähren. In drei Wochen ist wieder ein Jahr verjährt.
Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern dann erklären, warum Sie auf die Nachbesteuerung von Steuerhinterziehern lieber ganz verzichten, als einen pauschalen Steuersatz von 21 bis 41 % auf das Vermögen zu akzeptieren, der in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu einer höheren Belastung führen würde als eine Selbstanzeige. Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern aber vor allem erklären, warum Sie eine tragfähige Lösung des Problems für die Zukunft ausschlagen. Damit würden Sie im Übrigen nicht nur der Steuergerechtigkeit einen Bärendienst erweisen. Sollte dieses Abkommen wirklich nicht ratifiziert werden, wäre entsprechenden bilateralen Verhandlungen nicht nur mit der Schweiz wohl auf Jahre hinaus der Boden entzogen.
Auf einen Punkt möchte ich auch noch hinweisen: Griechenland verhandelt mit der Schweiz im Moment das gleiche Steuerabkommen, was die Bundesregierung mit der Schweiz verhandelt hatte. In Sonntagsreden und auch hier im Parlament wurde immer wieder gefordert, die Griechen sollten endlich mal ihre vermögenden Leute zur Finanzierung des eigenen Staates heranziehen. - Das ist ja auch richtig. Aber was geben wir für ein Beispiel, wenn wir das, was die Griechen jetzt mit der Schweiz gestalten, gerade nicht ratifizieren! Das ist doch ein Skandal!
- Natürlich ist das rechtsstaatlich.
Man kann also für die Beratungen im Vermittlungsausschuss nur hoffen, dass ein so wichtiges und zukunftsweisendes Projekt für die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit nicht parteipolitischem Kalkül und Gezänk zum Opfer fällt.
- Herr Wenzel, ich habe ja auch einmal veranlasst, dass wir Daten von einer CD kaufen. Da war nicht ein einziger Geldwäscher und nicht ein einziger Waffenhändler drauf. Es gibt eben auch Bürgerinnen und Bürger, die ihr Geld einfach aus bestimmten Gründen in der Schweiz haben. Ich billige das ja nicht, verstehen Sie mich da nicht falsch. Aber nicht jeder, der in der Schweiz ein Konto hat, ist automatisch Waffenhändler. Was haben Sie denn für ein Bild von unserer Bevölkerung, die Sie mal regieren wollen? Das wird nichts, wenn Sie die Leute weiter so beleidigen.
- Sie können doch nicht jeden Inhaber eines Kontos in der Schweiz als Waffenhändler bezeichnen. Das ist doch abwegig.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Steuergerechtigkeit bliebe auf der Strecke. Anstelle einer flächendeckenden Nachversteuerung bisher unversteuerten deutschen Kapitalvermögens in der Schweiz und der Sicherstellung einer systematischen Besteuerung in der Zukunft blieben hartnäckige Steuerhinterzieher weitgehend unbehelligt.
Zu Frage 2: Nein. Dieses Abkommen ist das Ergebnis sehr langwieriger und schwieriger Verhandlungen, die der Schweiz erhebliche Zugeständnisse abverlangt haben, nicht zuletzt im Interesse der deutschen Bundesländer mit der Erbschaftsteuerlösung. Die Schweiz hat sehr deutlich gemacht, dass weitere Nachbesserungen zugunsten Deutschlands nicht in Betracht kommen. Sollte dieses Verhandlungsergebnis von Deutschland nicht ratifiziert werden, wird eine Wiederaufnahme bilateraler Verhandlungen wohl auf lange Sicht nicht in Betracht kommen.
Zu Frage 3: Nein. Für eine Nachbesteuerung unversteuerter Vermögenswerte bleiben wir weiterhin auf punktuelle Zufallsinformationen angewiesen. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sich die Schweiz in absehbarer Zukunft zu einem automatischen Informationsaustausch bereit erklären wird. Das derzeitige Abkommen der Schweiz mit der EU zur Quellenbesteuerung von Zinsen umfasst bekanntlich nur einen Teil der laufenden Kapitalerträge.
Vielen Dank.
Zur ersten Frage: Natürlich ist es jedem unbenommen, mit seinem Geld zu machen, was er will. Es ist ja nicht verboten, im Ausland Geld zu haben bzw. Geld ins Ausland zu transferieren.
Da wir erwartet haben, dass diese Frage gestellt wird, haben wir beim BMF nachgefragt.
- Es lag doch auf der Hand, dass diese Frage gestellt wird. Da musste man kein großer Prophet sein.
Laut BMF gibt es bisher keine Hinweise auf relevanten Kapitalabfluss seit Unterzeichnung des Abkommens. Auch Singapur - Schäuble hat ja auch in Singapur verhandelt - hat keinen Zulauf deutscher Anleger aus der Schweiz zu verzeichnen. Die ursprünglich vorgesehene Fünfmonatsfrist zum Abzug des Kapitals nach Inkrafttreten des Abkommens - das steht in Artikel 5 - wurde in den Nachverhandlungen gestrichen. Die Schweiz muss laut Artikel 16 des Abkommens die zehn wichtigsten Zielstaaten nennen, dann könnten wir gegebenenfalls über Gruppenanfragen die Personen ermitteln.
Es gab ja die Frage, warum dieses Abkommen mit der Schweiz nicht rückwirkend in Kraft tritt. Das erklärt sich daraus, dass die Schweiz eine andere Rechtstradition hat als wir. Die Schweiz geht einfach davon aus - dafür spricht ja auch einiges -, dass sich ein Bürger auf ein neues Gesetz erst dann einstellen muss, wenn es im Gesetzblatt verkündet wird. Wenn bei uns in einem Bundestagsausschuss ein Gesetz beraten wird - davon erfährt der Bürger in der Regel ja gar nichts; denn wer liest schon die Protokolle der Sitzungen von Bundestagsausschüssen? - und anschließend beschlossen wird, dann ist es auch rückwirkend einführbar. Das ist in der Schweiz nicht so. In der Schweiz gilt ein Gesetz erst dann, wenn es im Gesetzblatt verkündet wird.
Aber ich denke, das ist jetzt auch nicht entscheidend. Wer sein Geld aus der Schweiz heraushaben will, der hat es im Zweifel schon rausgeholt, nachdem er in der Zeitung gelesen hat, dass so ein Abkommen kommt, und nicht gewartet, bis das Gesetz im Gesetzblatt der Schweiz verkündet wird.
Tatsächlich ist, wie gesagt, der Mittelabfluss aus der Schweiz - so jedenfalls die Auskunft der Schweiz gegenüber der Bundesregierung - sehr übersichtlich. Das ist auch logisch; denn die Leute legen ihr Geld ja nicht in der Schweiz an, weil sie Waffenhändler oder andere böse Leute sind, sondern weil sie wollen, dass es in einem sicheren Staat verwaltet wird.
Zu der zweiten Frage: Ich kann meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin gar nichts raten, weil ich nicht wüsste, wie es ein Landesfinanzminister durchsetzen sollte, dass die Bürger ihr Geld ausschließlich bei niedersächsischen Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken anlegen und nicht dort, wo es ihnen gefällt. Das kann er von den Bürgern nicht verlangen; denn in Deutschland gilt die allgemeine Handlungsfreiheit. Dazu gehört auch, dass man sein Vermögen da verwalten lassen kann, wo man will. Allerdings muss man es in Deutschland angemessen, nämlich nach den deutschen Steuersätzen, versteuern. Mit dem Schweizer Steuerabkommen wäre es gelungen, das Vermögen, das in der Schweiz liegt, der deutschen Abgeltungssteuer und dem Solidaritätszuschlag zu unterwerfen.
Ich habe vorhin schon vorgetragen, dass bei uns Gruppenanfragen nach dem OECD-Standard möglich sind. Die Schweiz - so steht es da ausdrücklich drin - würde uns die zehn bedeutendsten Staaten nennen, in die das Geld gehen würde.
Die Schweiz und die USA haben am 3. Dezember in Washington D. C. ein Abkommen zur erleichterten Umsetzung der US-Steuergesetzgebung FATCA paraphiert. Die Erleichterungen gelten insbesondere für Sozialversicherung, private Vorsorgeeinrichtungen und für Schadens- und Sachversicherungen, die vom Anwendungsbereich ausgenommen sind, sowie für Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute. Das Abkommen soll sicherstellen, dass von US-Personen bei Schweizer Finanzinstituten gehaltene Konten entweder mit Zustimmung des Kontoinhabers oder auf dem Amtshilfeweg mittels Gruppenersuchen an die US-Steuerbehörden gemeldet werden. - Das Gruppenersuchen haben wir nach OECD-Standard auch.
- Herr Klein, hören Sie doch einfach einmal zu! Ich habe es doch vorhin schon erklärt, und Sie stellen die gleiche Frage dann noch einmal.
Falls keine Zustimmung vorliegt, werden Informationen nicht automatisch, sondern nur auf der Grundlage der Amtshilfebestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens ausgetauscht. - Diese Amtshilfeersuchen haben wir inzwischen auch, aber sie bringen natürlich nur etwas, wenn man einen konkreten Anfangsverdacht hat. Nur, Amerika setzt eben erst auf die Zukunft und lässt die letzten zehn Jahre völlig unberücksichtigt.
- Wenn Sie konkret wissen, dass jemand Steuern hinterzogen hat, dann brauchen Sie auch das nicht. Aber Sie müssen die letzten zehn Jahre schon ermitteln. Und was machen wir? - Wir lassen am 1. Januar 2013 schon wieder ein Jahr verjähren, und das sehenden Auges.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht hier um die Einkommensteuer. Die Einkommensteuer, die wir in Deutschland als Abgeltungssteuer auf Ertrag von Vermögen zahlen, ist an die natürliche Person bzw. an Personenge
sellschaften gebunden. Mit Kapitalgesellschaften hat das gar nichts zu tun.
- Eine OHG und eine KG sind Personengesellschaften. Die Inhaber sind einkommensteuerpflichtig. Wenn sie hier bisher keine Einkommensteuer gezahlt haben, dann würde das über das Schweizer Abkommen für die letzten zehn Jahre nachgeholt und für die Zukunft sichergestellt, dass das jedes Jahr genauso erfolgt - übrigens mit einer dynamischen Verweisung: Wenn bei uns die Abgeltungssteuer geändert würde, würde sie in der Schweiz automatisch auch geändert.
- Sie müssen das Abkommen einmal lesen, Herr Klein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf das Letzte drängt Herr Schäuble gerade, nämlich dass die EU ein Mandat bekommt, um mit der Schweiz einen Vertrag auszuhandeln, der genau dieses vorsieht. Aber wir wissen alle, dass das nicht in den nächsten zwei oder fünf Jahren zu erreichen ist.
Wenn die EU es schaffen würde, ihren Mitgliedstaaten das Mandat zu geben, dass sie mit der Schweiz einen Vertrag schließen kann, damit dieser Datenaustausch stattfinden kann, dann würde dieser EU-Staatsvertrag mit der Schweiz natürlich unser Abkommen mit der Schweiz überlagern. Aber bis dahin brauchen wir dieses Abkommen nun einmal.
Und was der Bund Deutscher Kriminalbeamter meint? - Was wir machen, ist: Wir lassen wieder sehenden Auges ein Jahr Verjährung eintreten, weil wir es nicht hinkriegen, bis zum 31. Dezember - - -
- Wahrscheinlich kommt es ja noch, warten Sie es doch ab.
Ich muss Ihnen auch noch eines sagen: Die Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut. Aber es ist auch ein bisschen ein schmuddeliges Geschäft, von Hehlern, von Dieben Daten zu kaufen.
Ich habe das auch selber verantwortet. Nur, schön ist es nicht, solchen Kriminellen Hunderttausende oder Millionen dafür in die Hand zu geben, dass sie so etwas getan haben, damit wir eine Strafverfolgung vornehmen können. Es ist viel besser, wenn wir alle Vermögen, die in der Schweiz sind, generell erfassen, um auf solche schmutzigen Geschäfte nicht mehr angewiesen zu sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst unterstelle ich allen hier im Hause, dass sie grundsätzlich rechtstreu sind und die Rechtsstaatlichkeit hochhalten. Herr Jüttner hat hier gestern einen Riesenapplaus für seine Abschiedsrede bekommen. Was er da gesagt hat, kann man auch alles unterschreiben.
Wir sollten uns hier nicht gegenseitig unterstellen, dass wir nur dann die Rechtsstaatlichkeit hochhalten, wenn wir Verbrecher schützen wollen. Herr Limburg, das sollten Sie sich wirklich noch einmal überlegen! Für die CDU - ich erlaube mir, hier auch für die FDP zu reden - weise ich diesen Vorwurf jedenfalls mit Entschiedenheit zurück.
Wir unterstellen Ihnen auch nicht mangelnde Rechtsstaatlichkeit. Es gäbe sicherlich den einen
oder anderen Punkt, bei dem man darüber diskutieren könnte.
Auch ich habe meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einmal gebeten, diese Daten zu erwerben. Nur, ich halte es für unappetitlich, einem Verbrecher, einem, der sich in der Schweiz strafbar gemacht hat - und erste sind in der Schweiz ja schon verhaftet worden, - - -
- Ja, das gilt auch für Kronzeugen. Das sind Hilfskrücken, die man aber nicht braucht, wenn man anders an die Daten, an das Geld, an die Steuern kommt.
- Nein, Herr Limburg, Sie können doch nicht sagen, es geht, weil das Bundesverfassungsgericht uns erlaubt hat, diese Daten zu verwenden. Es ist etwas anderes, ob es sittlich geboten ist, solche Geschäfte zu machen, oder ob man Daten - wie immer man sie bekommen hat - verwerten darf, um Strafverfolgung zu betreiben. Wenn diese CDs in Deutschland gewesen wären, hätten wir sie nach der StPO, also nach strafprozessualen Mitteln, schlicht beschlagnahmt und hätten dafür kein Geld bezahlt. Sie waren aber nicht in Deutschland.
Ich stehe dazu, dass ich die damals gekauft habe, weil ich die Strafverfolgung will.
Aber ich will nicht auf Dauer irgendwelchen Kriminellen Geld hinterherwerfen, wenn man es auch ganz einfach erreichen kann, nämlich dass über die Schweiz die Steuer abgeführt wird. Das ist doch viel besser.
- Was haben Sie denn für ein Rechtsverständnis? - Die Schweiz erklärt, sie wendet deutsches Steuerrecht, also die Abgeltungssteuer und den deutschen Steuersatz, auf deutsches Vermögen an. Das ist doch ein Entgegenkommen eines anderen Staates. Aber Sie wollen lieber schmuddelige Geschäfte mit irgendwelchen Kriminellen machen. Das ist doch auch nicht rechtsstaatlich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sagte es schon vorhin: Stiftungen sind nach deutschem Recht nicht besteuerbar. Deshalb würden dort auch Informationen nicht helfen. Wenn Sie Ihr Geld in der Schweiz nicht auf Ihren Namen anlegen, sondern auf den Namen eines anderen, dann wird die Steuer eben bei demjenigen abgezogen. Da dort ebenso wie in Deutschland die Abgeltungssteuer anonym ist, ist es völlig egal, ob „Wenzel“ oder „Möllring“ auf dem Konto steht. Hauptsache ist, dass das Geld nach Deutschland kommt.
Wenn Sie irgendwelche Gestaltungen machen, die natürlich überall auf der Welt und damit auch in Deutschland möglich sind, und Sie dadurch Steuern hinterziehen, dann machen Sie sich strafbar. Aber Sie können davon ausgehen, dass die meisten, die Geld in der Schweiz haben, sich nicht von vornherein strafbar machen wollen. Das Problem ist bei der Steuerhinterziehung, dass sie ein Dauerdelikt ist. Herr Adler hatte einmal von einem Banküberfall gesprochen. Einen Banküberfall können Sie in diesem Jahr machen und im nächsten Jahr unterlassen. Dadurch fallen Sie nicht unangenehm auf.
- Ja, das ist so! Es wird von Ihnen nicht erwartet, dass Sie jedes Jahr eine Bank überfallen. Aber wenn Sie plötzlich ein großes Vermögen in der Schweiz haben und darauf Steuern zahlen, müs
sen Sie erklären, wo das Vermögen plötzlich herkommt.
Wenn Vermögen geerbt wird, gibt es die Fälle, dass sich die Erben in dem Moment, in dem der Erbfall eintritt - was mit persönlicher Trauer verbunden sein kann -, schämen, dass Papa und Mama Steuern hinterzogen haben, und nicht als Erstes losmarschieren und eine Selbstanzeige zulasten von Mama und Papa erstatten. Wenn man das ein Jahr versäumt hat, dann hängt man schon wieder am Fliegenfänger. Das wollen wir vermeiden. Wir würden das Vermögen für die nächsten zehn Jahre nachversteuern, und wir würden für die Zukunft ausschließen, dass dieses Vermögen steuerfrei in der Schweiz liegt.
Es wird immer gesagt, die Nachversteuerung sei günstiger als die Besteuerung bei der Selbstanzeige. Es gibt natürlich immer Fälle, die so herum und so herum zu sehen sind. Die Bundesregierung bzw. die Fachleute haben 500 konkrete Fälle verprobt. Sie haben festgestellt, dass bei 5 % eine Selbstanzeige ungünstiger gewesen wäre, und sie haben festgestellt, dass bei 95 % der verprobten Fälle die Selbstanzeige für den Einzelnen günstiger gewesen wäre. Das heißt, 95 % nehmen einen wirtschaftlichen Schaden hin, wenn das Schweizer Abkommen umgesetzt wird. Steuerberater, mit denen Sie sprechen und die die Fälle kennen, weil sie ihnen vorgetragen werden, sagen Ihnen das Gleiche, nämlich dass zum ganz, ganz überwiegenden Teil die Selbstanzeige günstiger wäre. Unbürokratischer ist natürlich das andere.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wissen nicht, wie eine Selbstanzeige motiviert ist, nämlich ob jemand in der Zeitung liest, dass eine CD angekauft worden ist, oder ob er einfach steuerehrlich werden will oder weil er ein Alter erreicht hat, in dem er sagt, dass er damit seine Erben nicht belasten will.
In 2008 hatten wir insgesamt 1 474 Selbstanzeigen. Im Jahre 2009 hatten wir 1 248 Selbstanzeigen. Im Jahr 2010 - das ist das Jahr, in dem ich die CD bzw. die Daten habe kaufen lassen - waren es 2 941; da hat sich das gut ausgewirkt. 2011 fiel die Zahl dann zurück auf 1 187. In 2012 haben wir bisher, in den ersten drei Quartalen - das vierte Quartal ist ja noch nicht vorüber -, 836.
Das heißt, das pendelt sich wieder auf das normale Maß ein. Das ist auch logisch. Wer nervlich zehn CD-Käufe überstanden hat, ohne sich selbst anzuzeigen, der wird in der Regel auch den elften Ankauf einer CD aushalten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach allem, was wir jetzt wissen, sind alle Daten, die wir bisher angekauft haben, aus einem Zeitraum von vor 2010. Das heißt, frische Daten scheint es auf dem Markt nicht mehr zu geben. Diese Quelle scheint also geschlossen zu sein.
Ich habe jetzt zwar in einer Zeitung gelesen, dass man das heute gar nicht mehr kopiert, sondern mit dem Handy vom Bildschirm abfotografiert. Das scheint mir aber ein sehr mühsames Geschäft zu sein. Damit kann man vielleicht ein paar zig oder ein paar Hundert Daten abfotografieren, aber mit Sicherheit nicht die große Zahl, die erforderlich wäre, um in nennenswertem Umfang Straftäter zu überführen.
Wenn dieses Abkommen nicht kommt, dann bleibt das Vermögen in der Schweiz, wird es dort weiterhin unversteuert liegen bleiben und werden die Bundesländer auf Steuergelder in erheblichem Umfang verzichten müssen. Es ist Geschmackssache, von welcher Zahl man ausgeht. Wir würden das im Jahre 2013 wissen.
Die Zahl 9 Milliarden, die mit Sicherheit kommen würden, ist bisher nie ernsthaft bestritten worden. Ich hatte es vorhin vorgerechnet: Wenn die Zahl 50 Milliarden, die in der Wirtschaftswoche gestanden hat, stimmt, an die ich persönlich nicht glaube, dann wären 20 % davon immerhin 10 Milliarden Euro. Wenn Herr Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft mit 150 Milliarden recht hat, dann wären 20 % davon 30 Milliarden Euro. Jeder Finanzpolitiker hier im Haus kann sich vorstellen, wie schön es wäre, diese Summe im Haushaltsplan 2013 zu vereinnahmen.
Das Amnestiegesetz, das seinerzeit lediglich 15 % Pauschalversteuerung vorsah, wird heute auch von den damaligen Initiatoren nicht als großer Erfolg gefeiert. Wir können es nicht genau sagen, aber für Niedersachsen hat es wohl einen Betrag in der Größenordnung von 100 Millionen Euro gebracht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass Herr Schäuble viele Anstrengungen unternimmt, um die EU erst einmal zu mandatieren, ein entsprechendes Abkommen mit der Schweiz zu schließen.
- So schwierig das zwischen Deutschland und der Schweiz auch ist, muss ich im Moment feststellen: Da bricht nicht die Schweiz irgendwelche Verhandlungen über ein Abkommen ab, sondern wir brechen die Verhandlungen aus machtpolitischen Gründen im Bundesrat ab. Das ist doch ganz offenkundig.
Hier geht es doch nicht um Steuergerechtigkeit oder sonst was. Es geht einfach darum, der Bundesregierung zu zeigen, wer im Moment die Mehrheit im Bundesrat hat - um mehr nicht. Sie hätten sich die Debatte anschauen müssen. Lesen Sie sie nach! Das, was von der Mehrheit im Bundesrat an Argumentation gekommen ist, war sehr schwach. Aber in der Demokratie ist es nun einmal so: Da können Sie die besten Argumente bringen. Wenn hinterher zu wenig Arme hochgehen, dann hat man eben keine Mehrheit.
Dann ist eben ein solches Abkommen mit der Schweiz nicht zustande gekommen. Die Schweiz hat gar nichts abgebrochen. Die Schweiz hat alles getan, um dies Gesetz werden zu lassen. Sie hat es im Bundesrat, in ihrem Parlament, verabschiedet. Die Schweizer haben abgewartet, ob es ein Referendum dagegen gibt. Das ist nicht zustande gekommen. Jetzt kann es in das schweizerische Gesetzesblatt eingetragen werden.
Ich habe schon vorhin gesagt: Wenn es uns in einigen Jahren gelingt - sei es in fünf Jahren oder
wann auch immer -, zwischen der EU und der Schweiz ein entsprechendes Abkommen hinzubekommen, dann überlagert das natürlich das deutsch-schweizerische Abkommen. Hier torpediert kein Abkommen das andere, sondern dies ist einfach ein Übergangsabkommen. Es wäre gut, wenn Sie ihm im Bundesrat zustimmen würden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sehen wir nicht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine letzten zweieinhalb Minuten Redezeit, die mir hier im Landtag anlässlich der Verabschiedung eines Haushaltsplans zur Verfügung stehen, möchte ich vor allem dazu verwenden, Danke zu sagen.
Ich gehöre dem Niedersächsischen Landtag fast 23 lange Jahre an, und wie Sie alle wissen, soll es das auch gewesen sein. Ich habe eben einmal nachgerechnet: 23 mal 10 sind 230 Sitzungswochen à 3 Tage - es waren also knapp 700 Tage,
die ich in diesem wunderbaren denkmalgeschützten fensterlosen Raum habe verbringen dürfen.
Ich war immer gern Abgeordneter und mit Leib und Seele Parlamentarier. 13 Jahre habe ich auf den Bänken der Opposition gesessen, kritisiert und geschimpft. Das war nicht so schön. - Müntefering hat das ja einmal sehr gut beschrieben. - Die letzten zehn Jahre saß ich dann auf der Regierungsbank als Minister. Dort konnte man gestalten und verantworten. Das war deutlich schöner.
Mein Dank gilt gleichwohl dem ganzen Hohen Haus, allen, die um den richtigen Weg in der niedersächsischen Haushalts- und Finanzpolitik gerungen haben, die hier diskutiert und gestritten haben. Dabei ging es nicht immer nur freundlich zu, und ich räume ein, dass das auch an mir gelegen hat.
Doch auch Haushalts- und Finanzpolitik braucht Herzblut, Emotion und Leidenschaft, ihrer herausragenden Bedeutung angemessen. Mich persönlich hat dabei immer die feste Überzeugung angetrieben, Schluss zu machen mit ausufernder Schuldenmacherei. Mein Dank gilt deshalb ganz besonders meiner Fraktion, dem Koalitionspartner und den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett, die diesen Kurs die letzten zehn Jahre zwar nicht immer mit Begeisterung, aber im Ergebnis stets mitgetragen haben.
Wenn heute mit nie dagewesener breiter parlamentarischer Zustimmung - sogar mit Zustimmung von Grünen und SPD, also mit einer Quote von über 90 % des Parlaments - das Gesetz zur Rückführung der Neuverschuldung verabschiedet wird, erfüllt mich dies mit großer Freude und Dankbarkeit zugleich.
Der letzte Nachtragshaushalt, den ich als damaliger Oppositionspolitiker vor genau zehn Jahren - es war der 15. Dezember - hier mit zu beraten hatte, verdoppelte die Neuverschuldung für die Jahre 2002 und 2003 auf eine nie dagewesene Höhe. Mein letzter Nachtragshaushalt als Finanzminister senkt die Nettokreditaufnahme um fast 1 Milliarde Euro, genau um 980 Millionen Euro, nämlich um 855 Millionen Euro NKA und 125 Milli
onen Euro Rücklagenentnahme. Das ist ein historisch niedriges Niveau.
Man soll ja aufhören, wenn es am Schönsten ist - und dieser Zeitpunkt scheint mir jetzt gekommen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der bundesstaatliche Finanzausgleich ist eines der Kernelemente des verfassungsrechtlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland.
Dem Bund und den Ländern werden durch das Grundgesetz bestimmte staatliche Aufgaben zugeteilt. Den Ländern obliegt die Ausführung dieser Aufgaben in der Regel als eigene Angelegenheit. Das heißt, sie haben natürlich auch die Kosten dafür zu tragen.
Um diese ihnen verfassungsgemäß zugewiesenen Aufgaben erfüllen zu können, ist auch eine angemessene finanzielle Ausstattung der einzelnen staatlichen Ebenen erforderlich. Verschiedene Mechanismen greifen hier ineinander, um dieses Ziel zu erreichen. Das sich daraus ergebende System komplexer Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ist ein Abbild der bundesstaatlichen Realität. Das aktuell geltende System ist das Ergebnis intensiver politischer Verhandlungen, bei denen vereinbart wurde, dass die getroffenen Regelungen bis zum Jahre 2019 einschließlich Bestand haben sollen. Nicht zuletzt im Interesse der Planungssicherheit von Bund und Ländern für ihre Haushalte hält die Landesregierung an dieser Vereinbarung fest.
Ab dem Jahre 2020 müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dann allerdings neu geordnet werden. Sachgerechte Reformüberlegungen zum bundesstaatlichen Finanzausgleich müssen sich mit dem gesamten System der föderalen Finanzströme beschäftigen. Dabei gilt es, das Prinzip der Eigenstaatlichkeit der Länder und das Prinzip der bündischen Stabilität in einen angemessenen und interessengerichteten Ausgleich zu bringen.
Die Weichen für die Ausgestaltung des zukünftigen Finanzausgleichs müssen in den nächsten Jahren bei den dazu erforderlichen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern gestellt werden, und zwar - das sage ich ausdrücklich - in den dazu erforderlichen Verhandlungen und nicht auf dem Klageweg.
Wir müssen aber auch Verständnis für die Zahlerländer haben - inzwischen sind es ja nur noch vier -; denn wenn wir von gleichmäßigen Lebensverhältnissen sprechen, die durch den Länderfinanzausgleich erreicht werden sollen, dann ist es natürlich der eigenen Bevölkerung in Bayern, in Baden-Württemberg, in Hessen und in Hamburg nur schwer zu vermitteln, dass es in RheinlandPfalz, im Saarland und in Berlin kostenfreie Kindergartenplätze für alle gibt, während in diesen Geberländern die Kindergartenplätze bezahlt werden müssen.
Ich weiß, dass der Finanzausgleich die Einnahmeseite stabilisieren und ausgleichen soll. Aber wer in der Bevölkerung und von den Politikern kennt den Länderfinanzausgleich so genau, dass er das auseinander hält? Die bayerische Landesregierung wird natürlich gefragt: Warum ist das im Nachbarland Rheinland-Pfalz so, obwohl wir Geberland sind? Das müsste doch bei uns auch möglich sein. - Und für Hessen muss man auch Verständnis haben. Hessen muss die Zahlungen aus einer Nettokreditaufnahme aufbringen.
Die Landesregierung wird sich weiterhin aktiv in diesem Prozess einbringen, damit das Ergebnis im Interesse Niedersachsens bestmöglich ist. Wir sind im Moment schon dabei. Ich nenne nur die Stichworte Entflechtungsgesetz, Regionalisierungsmittel u. a., die natürlich auch Zahlungen zwischen Bund und Ländern darstellen und über die wir uns im Moment in neuen Verhandlungen befinden. Auch das wird eine Rolle spielen, wie der Länderfinanzausgleich am Ende aussieht; denn irgendwie hängt alles mit allem zusammen. Ich gebe zu, dass das ein bisschen banal ist. Ich habe hier vorgestern gefehlt, weil im Bundeskanzleramt eine AB-Gruppe getagt hat, also drei Vertreter der CDU/CSU und drei von der SPD, die z. B. Fragen des Entflechtungsgesetzes erörtert haben
Bei aller notwendigen Beschäftigung mit den vertikalen und den horizontalen Verteilungsmechanismen der föderalen Finanzfassung werden wir einen Grundsatz jedoch nicht aus dem Auge verlieren: Aufgabe und Ziel jeder Landesregierung, egal wer sie stellt, in einem bestehenden wie in einem zukünftigen bundesstaatlichen Finanzausgleich muss es sein, die wirtschaftliche und die finanzielle Leistungsfähigkeit des eigenen Landes so stark wie möglich zu verbessern. - Die Landesregierung hat sich dieser Aufgabe erfolgreich gestellt und wird das auch weiterhin tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Fundament für eine solide wirtschaftliche Situation bildet allerdings eine zukunftsgerichtete Haushaltspolitik.
Dieses haben wir am Sonntag im Koalitionsausschuss und am Dienstag im Kabinett und in den Fraktionen von FDP und CDU deutlich bewiesen. Wir haben bewiesen, dass wir nicht ausgabeorientiert sind, sondern glauben, dass ein Haushalt nur solide gestaltet werden kann, indem Einnahmen und Ausgaben übereingebracht werden, und dass es deswegen erforderlich ist, Steuermehreinnah
men nicht für weitere konsumtive oder andere Ausgaben, sondern zur Absenkung der Nettokreditaufnahme zu nutzen.
Für die Niedersächsische Landesregierung gilt der Grundsatz, dass nicht mehr ausgegeben werden darf, als eingenommen wird. Ziel der Haushaltspolitik des Landes ist es, in der aktuellen Situation die Ausgaben zu verringern, indem die verfassungsmäßigen Aufgaben effizienter erfüllt werden. Hier wird immer gesagt: Wie soll das gehen? Wir haben immer weniger Personal und immer höhere Arbeitsbelastungen. - Nein! Die Arbeitsabläufe müssen effizienter werden. Gerade jetzt hat es VW mit dem Golf VII wieder bewiesen: Obwohl er weit besser ist als alle seine Vorgänger, erfordert dessen Zusammenbau eine weit kürzere Arbeitszeit. Nun ist Verwaltung etwas anderes als das Zusammenbauen eines Autos. Es können aber auch die Verwaltungsabläufe immer wieder daraufhin geprüft werden, ob sie effizienter gestaltet werden können, so wie es auch in der Industrie möglich ist. Daran werden wir in Zukunft weiter arbeiten.
Denn gerade das schafft zusätzlich mehr Unabhängigkeit von Einnahmen aus dem bundesstaatlichen Finanzausgleich. Eigentlich muss es doch Ziel jedes Landes sein, sich selbst zu ernähren, und darf es nicht das Ziel sein, möglichst viel aus dem Länderfinanzausgleich zu bekommen.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Landesregierung auch für die Einführung der Schuldenbremse in die Niedersächsische Verfassung stark gemacht. Für die Länder ist das ja sogar ein Verschuldensverbot; denn der Bund hat ab 2016 noch die Möglichkeit, 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts als neue Schulden zu machen. Das war damals die Bedingung des Bundesministers Steinbrück; sonst hätte er diesem Kompromiss nicht zugestimmt. Nun sind 0,35 % von X niemals null, es sei denn, X ist null. Aber unser Bruttoinlandsprodukt ist ja nicht null, sodass das schon aus mathematischer Sicht Blödsinn ist. Aber so ist das manchmal bei Kompromissen.
Ich verstehe allerdings nicht, weshalb gerade die SPD die Ablehnung dieser Verfassungsänderung für 2017 bzw. später abgelehnt hat; denn es waren Struck und Oettinger - Struck ist bekanntlich ein prominenter niedersächsischer Politiker -, die es geschafft haben, diesen Kompromiss in der Föderalismuskommission II zu erzielen, und die es geschafft haben, ein Verschuldensverbot wieder in das Grundgesetz hineinzubekommen, das es bis
1969 ja gegeben hat. Damals haben Strauß und Schiller, die beiden großen Weltökonomen, gemeint, dass es schlecht wäre, wenn der Staat keine Schulden machen könne. Heute wissen wir aufgrund der Zinszahlungen, dass es schlecht ist, wenn der Staat Schulden machen darf.
- Doch, Herr Will, es ist eine Katastrophe, dass wir Schulden machen und damit - - -
- Nein, das ist nicht meine einfache Welt. Ich will es Ihnen an einem Beispiel erklären. Ich habe neulich einen Kabarettisten gehört. Narren, Betrunkene und Kinder sagen bekanntlich die Wahrheit. Der Kabarettist hat Folgendes gesagt: Warum machen Sie sich denn über die 2 Billionen Euro Schulden überhaupt Gedanken? Die werden Sie nicht zurückzahlen, die werden Ihre Kinder nicht zurückzahlen, die werden Ihre Enkelkinder nicht zurückzahlen, die werden Ihre Urenkelkinder nicht zurückzahlen. Das heißt, das Problem betrifft Leute, die Sie gar nicht kennenlernen werden. - So kann man das auch sehen. Dann hat er noch gesagt: Und wenn sich das Geburtsverhalten in Deutschland so weiterentwickelt, dann ist es eh ein türkisches Problem.
- Es waren Kabarettisten. Ich gebe zu, es war überspitzt. Aber wenn man es überspitzt, wird deutlich, wie unverantwortlich wir mit diesem Staat bei der Schuldenaufnahme umgehen. Stattdessen möchten Sie sich die Möglichkeit offenhalten, Politik auf Pump zu machen. Das werden wir nicht mitmachen.
- Wissen Sie, Herr Wenzel, im Leben ist es nun einmal so: Wenn man etwas erreichen will, aber nicht alles erreichen kann, dann sollte man doch zumindest versuchen, das zu erreichen, was den eigenen Vorstellungen am meisten entspricht. Wenn Sie recht damit hätten, dass Ihre Regelungen strenger waren, dann hätten Sie doch zumindest das Zweitbeste nehmen müssen. Aber Sie haben gesagt „alles oder nichts“, weil Sie aus parteipolitischen Gründen nicht mit dieser Regierung stimmen wollten.
Sie hätten mitmachen können. Dann wären wir gemeinsam einen guten Weg gegangen, und Sie als Grüne hätten gezeigt, dass Sie sich auch einmal von den anderen lösen können und eine vernünftige Finanzpolitik machen wollen. Nachhaltigkeit heißt auch, heute keine Schulden zu machen, damit morgen keine Zinsen gezahlt werden müssen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
- Es ist alles gesagt? - Dann kann ich mich ja wieder setzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Es ist offensichtlich doch noch nicht alles gesagt. Wenn Sie 2003 in den Landtag gekommen sind, dann werden Sie sich sicherlich erinnern, dass es 700 November-Lehrer gegeben hat,
deren Stellen nur von November bis Dezember finanziert waren, und dass wir deshalb einen Nachtrag machen mussten, weil wir diese 700 Lehrer ja nicht sofort wieder entlassen konnten, weil wir Rechtsverbindlichkeiten hatten, für die Sie in Ihrem Nachtrag nicht vorgesorgt hatten.
Ich erinnere auch daran, dass wir den Hochbauplafond ausfinanzieren mussten,
weil wir angefangene Baumaßnahmen hatten, die durchfinanziert werden wollten. Das größte Beispiel war, dass Herr Aller, mein Vorgänger, beim Finanzamt Soltau mit einem Bagger den dortigen Parkplatz aufreißen ließ, allerdings kein Bauschild hinstellen konnte - ein Schild schon, aber ohne „Bau“ -, und es unsere Aufgabe war, das Schild wieder abzubauen, weil kein Geld da war, um Handwerker bezahlen zu können.
Diese Situation haben wir hier vorgefunden.
Darüber brauchen wir doch nicht zu diskutieren. Werfen Sie uns doch nicht vor, dass wir erst mal das aufräumen mussten, was Sie uns hinterlassen haben!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. Januar hatte mir der Kollege Limburg die folgende Frage gestellt:
„Zum einen würde ich gerne eine Frage zum Komplex der Versicherungswirtschaft stellen, und zwar, ob es Akten über die Kontakte des Ministerpräsidenten zur Talanx-Gruppe oder insgesamt Akten darüber gibt, wann, wo, wie und in welcher Form sich die Landesregierung für Interessen der Versicherungswirtschaft eingesetzt hat.“
Das ist die erste Frage. Ich habe daraufhin geantwortet, dass es Kontakte am 3. Mai 2005, 16. November 2005 usw. bis zum 23. Juni 2009 gegeben hat.
Mir ist am 2. Juli 2012 ein Schreiben der Hannover Rück zugegangen. Das habe ich ganz normal zur Bearbeitung in die Bearbeitung gegeben. Auf dem Rücklauf, der mir gestern, also am 19. Juli, zugegangen ist, hat sich herausgestellt, dass es ein Schreiben der Hannover Rück von Herrn Wilhelm Zeller vom 18. September 2007 gibt, das wie folgt lautet:
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Sie haben mich bei verschiedenen Gelegenheiten ermuntert, mich an Sie zu wenden, wenn ‚Not am Mann’ ist.
Der in anliegendem Schreiben beschriebene Sachverhalt der beabsichtigten Besteuerung der Kautions(rück)versicherung ist ein solcher. Bereits am 21.09.2007 soll im Plenum des Bundesrats über einen Änderungsantrag abgestimmt werden.“
Da steht der Vermerk des Ministerpräsidenten Wulff drauf: „Eilt sehr“, „101 Wie ist der Stand?“
In dem Vermerk, der mir gestern zugegangen ist, steht Folgendes:
„Ein entsprechender Antrag, von Bayern bereits in den Finanzausschuss des Bundesrates am 06.09.2007 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2008 eingebracht, von diesem jedoch - mit Stimme Niedersachsens - abgelehnt (...), wurde auf der Bundesratssitzung am 21.09.2007 abgelehnt. Niedersachsen hatte jedoch im Plenum entgegen der Kabinettsbeschlussfassung (lt. RD... auf Initiative des damaligen Herrn Ministerpräsi- dent) den Antrag Bayerns unterstützt.
Ob hierbei auch Standortüberlegungen eine Rolle gespielt haben, ist nicht bekannt.“
Aus dem Protokoll des Bundesrates geht hervor, dass Niedersachsen zugestimmt hat.
Das wollte ich nur in Ergänzung zur Frage von Herrn Limburg ergänzen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich habe ich damals das Schreiben von Hannover Rück zur Kenntnis bekommen. Ich habe es ganz normal zu den Akten gegeben und nichts weiter veranlasst.
In diesem Jahr - ich sagte es vorhin schon - hat mich ein Schreiben von Hannover Rück erreicht. Es ist datiert vom 25. Juni 2012 und laut Eingangsstempel bei mir am 2. Juli 2012 eingegangen. Da ist dann angekreuzt worden: Herrn Minister zur Kenntnis, Frau Staatssekretärin zur Kenntnis, Abteilung 3 mit der Bitte um Stellungnahme. - Es ist laut handschriftlichem Vermerk am 6. Juli 2012 in dem Referat eingegangen. Am 17. Juli 2012 ist dann zu diesem Sachverhalt ein Vermerk erstellt worden. Er ist dann vom Referatsleiter abgezeichnet worden, am 17. Juli vom Abteilungsleiter, am 18. Juli von der Frau Staatssekretärin, und am 19. Juli, also gestern, ist er mir vorgelegt worden, und da habe ich ihn auch abgezeichnet.
Darin habe ich eben gelesen:
„Niedersachsen hatte jedoch im Plenum entgegen der Kabinettsbeschlussfassung … den Antrag Bayerns unterstützt.“
Dann ist auf eine Anlage hingewiesen worden, die ich Ihnen hier auch so, wie sie sich aus unseren Akten ergibt, in Kopie zur Verfügung gestellt habe.
Da habe ich meine Kabinettsreferentin zu mir gebeten und sie gefragt: Haben wir das mit irgendwelchen Akten bereits vorgelegt? Hätten wir das mit irgendwelchen Aktenanforderungen vorlegen müssen? - Das, so haben wir festgestellt, gilt zumindest für das Finanzministerium nicht. Inzwischen haben wir auch festgestellt, dass das auch für die Aktenanforderung, die das Wirtschaftsministerium betroffen hat, nicht gilt.
Ich habe dann gesagt: Ich erinnere mich aber, dass ich in der Sitzung am 19. Januar 2012 eine Liste über Kontakte zu Versicherungsunternehmen vorgelesen habe. Die habe ich vorhin ja auszugsweise erwähnt. Das steht auch im Protokoll. Eine ganze Seite habe ich da vorgelesen, was es da gegeben hat. Das könnte man jetzt darunter fassen.
Meine Mitarbeiterin hat dann bis gestern Abend um 21 Uhr gesucht. Ich glaube, sie hat da länger gesessen. Aber sie will mir immer nicht sagen, wie
lange sie arbeitet. Sie behauptet, das um 21 Uhr dann gefunden zu haben.
- Ich habe tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alles dafür tun
und alles dafür getan haben, um hier möglichst umfänglich aufzuklären und um mich in die Lage zu versetzen, Sie vollumfänglich zu informieren und Ihren Anspruch aus Artikel 24 der Niedersächsischen Verfassung vollumfänglich zu erfüllen.
Sie hat mir dann heute Morgen mitgeteilt, dass Herr Kollege Limburg diese Anfrage gestellt hat, die ich heute Morgen schon zitiert habe. Wir sind dann gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass dieses Schreiben, das ich Ihnen jetzt in Kopie zur Verfügung gestellt habe, Ihnen im Rahmen dieser Anfrage, wenn ich es denn damals gekannt hätte, auch hätte mitgeteilt werden können.
Daraufhin haben wir uns entschieden, nachdem wir uns in der Staatskanzlei versichert haben, dass dieses Schreiben dort auch vorliegt, dass wir Ihnen das am Ende der Fragestunde mitteilen. Denn die Fragestunde lief ja, als ich das erfahren habe. Und das habe ich damit auch getan.
Nun zu den Fragen: Wer hat uns damals im Bundesrat vertreten? - Laut Protokoll war Herr Wulff nicht anwesend, sondern es waren die beiden Minister Sander und Schünemann anwesend.
Nun müssen Sie sehen
- Herr Jüttner, Sie waren doch auch mal Mitglied des Bundesrates -, wie Abstimmungen im Bundesrat ablaufen. Die Abstimmungen werden nämlich nicht durch die Damen und Herren Minister gemacht, sondern durch den Vertreter bzw. die Vertreterin beim Bund. Da gibt es dann solche Listen.
Das ist z. B. die Liste zum Jahressteuergesetz. Da werden zig Abstimmungen gemacht, weil es ja zu jedem Paragrafen unterschiedliche - - -
- Das wissen sie ganz genau.
Diese Liste, Frau Kollegin, wird vorher natürlich auch im Kabinett besprochen. Da ist festgelegt, wie wir zu den Ziffern 3, 4, 7, 8, 10 usw. abstimmen. Bei Ziffer 65 - das hatte ich Ihnen mitgeteilt - hatten wir durch Kabinettsbeschluss eigentlich geplant, mit Minus zu stimmen, also abzulehnen. Das Minus ist dann in Plus geändert worden, was aber nicht weiter schlimm war, weil es eh keine Mehrheit gegeben hat.
Es wäre schon eine sachliche Diskussion wert gewesen, wenn das Gesetz geändert worden wäre, vorher den fachlich zuständigen Minister zu fragen. Da das aber nicht passiert ist, halte ich das nun auch nicht für so - - -
Gern.
Was Ihre erste Frage angeht, haben Sie völlig recht: Im Bundesrat ist es üblich, dass mindestens ein Minister, also ein Vertreter des Landes Niedersachsen, im Raum sein muss. Dieser Vertreter muss sich nicht auf seinem Sitz befinden, sondern er kann sich auch ganz woanders aufhalten.
Er muss im Raum anwesend sein. Die Abstimmung aber erfolgt durch den Vertreter beim Bund.
- Die politische Verantwortung tragen wir alle. Das ist völlig klar. Sie werden mir aber zustimmen, wenn ich sage, dass das bei diesem Abstimmungsverfahren auch gar nicht anders geht; denn bei den vielen Abstimmungen im Bundesrat kann nicht jedes Mal der lange Text aufgerufen werden. Es sind zum Teil Hunderte von Abstimmungen. Damit Sie nicht jedes Mal auf den gesamten Gesetzestext hinweisen müssen, wird das in den Ausschüssen vorbereitet. Deshalb wird das Stimmverhalten auf solchen Listen festgehalten, und entsprechend diesen Listen wird dann abgestimmt. Von daher kann es auch keinen Fehler geben. Wenn ein Minus in ein Plus verwandelt wird, dann wird dem zugestimmt. Das ist so. Dass man dies im Nachhinein hätte besprechen können, ist sicherlich richtig. Meiner Kenntnis nach ist das im Kabinett aber nicht geschehen, weil das Gesetzesvorhaben nicht geändert worden ist.
Ihre zweite Frage war - - -
- Das ist nicht der Fall. Sie haben recht: Ein Mitglied des Bundesrates muss im Raum anwesend sein.
Entschuldigung. - Im Bundesrat sind inzwischen alle Parteien vertreten. Alle Parteien! Alle Regierungen in allen Bundesländern haben das gleiche Verfahren. Diese Listen sehen sie sowohl - - -
- Natürlich haben wir es gemerkt.
Ich habe es doch vorgelesen. Das Finanzministerium hat es mir aufgeschrieben. Das steht auch im Stenographischen Bericht dieses Plenums:
„Niedersachsen hatte jedoch im Plenum entgegen der Kabinettsbeschlussfassung (lt. RD … auf Initiative des damaligen Herrn Ministerpräsi- dent) den Antrag Bayerns unterstützt.“
Das ist uns natürlich aufgefallen. Das ist doch völlig selbstverständlich.
Da sich an dem Gesetz nichts geändert hat - - -
Ich weiß nicht, wie das passiert ist. Jedenfalls hat sich - - -
Ihre Kollegin hat eine Frage gestellt, die ich jetzt beantworten wollte. - Es ist vermerkt worden. Weil man bei mir im Fachreferat festgestellt hat, dass zu diesem Punkt anders abgestimmt worden war, als es vorher vom Kabinett festgelegt worden war, hat man den zuständigen Referenten beim Bund befragt, also denjenigen, der für uns in der Bundesvertretung sitzt. Der hat laut Vermerk mitgeteilt, dass das auf Veranlassung des Ministerpräsidenten hin passiert sei. Das ist ein Vermerk aus dem Jahr 2007. Ich kann heute nicht mehr nachvollziehen, wie der Ministerpräsident das an den Beauftragten des Bundes weitergegeben hat. Ich weiß nicht, ob er mit ihm telefoniert oder gesprochen hat.
- Wen? - Herrn Wulff? - Nein, ich habe Herrn Wulff deshalb nicht angerufen. Das werde ich auch nicht tun.
Zu Ihrer ersten Frage, Herr Kollege Sohn, gebe ich Ihnen recht. Auch ich würde gern ein Subjekt in den Satz aufnehmen. Wer diese Striche in dieser Tabelle technisch ausführt, wer das auf der Computertastatur tippt und dann ausdrucken lässt, weiß ich nicht. Wer aus dem Minus ein Plus gemacht hat, weiß ich auch nicht. Dafür kommen mindestens drei oder vier Leute in Betracht. Mit Sicherheit war es nicht der Minister Schünemann, und mit Sicherheit war es auch nicht der Minister a. D. Sander.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ja Gott, wir haben das Ansinnen von Hannover Rück fachlich bewertet. Wir haben keinen Anlass gesehen, dem Antrag von Bayern beizutreten. Damit war das für uns erledigt, und entsprechend hat das Kabinett beschlossen. Wenn Hannover Rück mit der fachlichen Stellungnahme des amtierenden Finanzministers nicht einverstanden ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird es akzeptiert, oder die schicken ein neues Schreiben, was in diesem Fall geschehen ist.
Ich habe Ihnen eben dargelegt, dass auch in diesem Jahr wieder ein solches Schreiben gekommen ist. Solche Schreiben kommen übrigens zuhauf;
die kann ich mir gar nicht alle merken. Sie sehen ja: Die Bearbeitung dieser Angelegenheit war nicht so vordringlich, sodass sie auch nicht vor der Beschlussfassung über das Jahressteuergesetz in der ersten Lesung - um dieses Gesetz geht es ja - stattgefunden hat. Das ist mir zehn Tage nach Abstimmung in der ersten Lesung vorgelegt worden. Daraufhin habe ich Ihnen die Unterlagen, die bei uns seit fünf Jahren existieren, die ich naturgemäß aber nicht kannte und auch jetzt noch nicht kenne, vorgetragen, weil es entsprechend Artikel 24 meine Pflicht ist, Sie unverzüglich und nach bestem Wissen und Gewissen zu unterrichten. „Unverzüglich“ ist vielleicht von gestern Nacht bis heute Morgen um 10 Uhr. Das würde ich doch unterstellen wollen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht hier um Kautionsversicherungen oder Kautionsrückversicherungen. Kautionen werden normalerweise bei Baumaßnahmen oder beim Bau von Maschinen usw. gefordert. Dies kann man versichern. Es ist die Frage, ob das eine Erstversicherung oder Zweitversicherung ist. Die fachliche Meinung geht eindeutig dahin, dass das eine Erstversicherung ist, so wie es auch wäre, wenn eine Bürgschaft versichert wird.
Sinn dieser Kautionsversicherung ist, dass, wenn der Unternehmer insolvent wird, derjenige, der aus dieser Kaution ein Recht herleiten will, weil er einen Gewährleistungsanspruch hat, dann diese Versicherung in Anspruch nehmen soll.
Früher ist mal argumentiert worden, eine Kautionsrückversicherung wäre eine Zweitversicherung. Eine Rückversicherung soll nicht noch einmal der Versicherungssteuer unterliegen, damit der gleiche versicherte Sachverhalt nicht zweimal der Steuer unterworfen wird. Das ist der ganze Hintergrund dieser Frage.
Die Versicherer sehen sich da in Konkurrenz zu Banken, die Bürgschaften geben oder ihr Risiko dadurch minimieren, dass sie Konsortialverträge abschließen und Risiken ausplatzieren. Wenn Banken dieses versichern würden, würde diese Versicherung auch der Versicherungssteuer unterfallen.
Dem Land kann hierbei kein Geld entgehen, weil die Versicherungssteuer eine reine Bundessteuer ist. Deshalb geht es hier auch nicht um Milliarden, wenn auch sicherlich um größere Beträge. Aber es geht nicht um EK, nicht um Eigenkapital, sondern um die Versicherung von Kautionen.
Formal können Sie mir natürlich nachweisen, dass ich das Schreiben vor fünf Jahren zur Kenntnis genommen habe. Da ich aber nichts veranlasst habe, können Sie mir auch nicht unterstellen, dass ich irgendetwas gewusst habe, was ich Ihnen am 19. Januar verschwiegen hätte - mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht alles, was vor fünf Jahren bei mir im Ministerium einen grünen Strich gekriegt hat, in Erinnerung habe.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wenzel, vor Ihrer Zeit