Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 137. Sitzung im 44. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 22, den Mündlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort mit der Änderung, dass der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP unter Tagesordnungspunkt 33 lediglich zum Zweck der Ausschussüberweisung aufgerufen werden soll.
Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident McAllister ab 16 Uhr, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Bode, ab 16 Uhr, von der Fraktion der CDU Herr Hiebing, Herr Krumfuß nachmittags, von der Fraktion der SPD Frau Stief-Kreihe, Frau EmmerichKopatsch, Herr Bartling, Herr Schwarz, Herr Klein vormittags, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Twesten ab 16 Uhr und von der Fraktion DIE LINKE Frau Flauger.
Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als allgemein bekannt voraus. Um dem Präsidium den Überblick
zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage nach einem neuen, wirksamen Neuverschuldungsverbot - Schuldenbremse - beschäftigt Niedersachsen bereits seit dem Jahr 2008. Im Zusammenhang mit der Föderalismusreform auf Bundesebene hat sich der Landtag bereits am 2. Juli 2008 mit dem Antrag „Raus aus der Schuldenfalle - generationengerechte Finanzpolitik durch Neuverschuldungsverbot langfristig absichern!“ - Drs. 16/246 - für die Aufnahme einer eigenen Schuldenbremse in die Verfassung ausgesprochen.
Konkret laufen nun bereits seit über einem Jahr interfraktionelle Gespräche zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung zwecks Einführung einer entsprechenden landeseigenen Regelung. Der Landtag behandelt in seinen Gremien den entsprechenden Gesetzentwurf von CDU und FDP in der Drs. 16/3748 seit dem 29. Juni 2011.
Nach etlichen Verhandlungsrunden liegt inzwischen ein modifizierter Änderungsvorschlag von CDU und FDP zur Diskussion vor. Dieser Vorschlag wird von den kommunalen Spitzenverbänden ausdrücklich begrüßt. In ihrer Pressemitteilung vom 18. April 2012 stellen sie fest:
„Mit diesen Vorschlägen sind … die kommunalen Forderungen vollständig erfüllt. Dies begrüßen wir nachhaltig.“
Im Gegenzug stellte der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e. V. in seiner Pressemitteilung vom 19. März 2012 zum SPD-Konzept fest:
„Der SPD-Vorschlag zur Schuldenbremse enttäuscht. … Die SPD-Vorstellungen enthielten zu viele Schlupf
Das SPD-Konzept enthält keinen Vorschlag zu einem geordneten Sinkflug. Schulden sind hiernach bis zum Jahre 2020 in unbegrenzter Höhe möglich, solange damit Investitionen getätigt werden. Dies könnte letztendlich zu der Notwendigkeit eines massiven „Schuldensturzflugs“ innerhalb eines Jahres führen.
1. Welche haushaltspolitischen Verpflichtungen leiten sich nach Auffassung der Landesregierung aus dem verfassungsrechtlichen Regelwerk zur Einführung der Schuldenbremse in der Übergangsphase für die Haushaltsjahre bis 2020 ab?
2. Welche finanziellen Belastungen würden sich durch den Verzicht auf einen Abbaupfad im Übergangszeitraum für das Land ergeben?
3. Wie wäre ein Verzicht auf einen Defizitabbaupfad des Landes insbesondere vor dem Hintergrund des fiskalpolitischen Paktes auf europäischer Ebene vom 2. März 2012 aus Sicht der Landesregierung zu bewerten?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Niedersächsische Landesregierung steht für den konsequenten Abbau der Neuverschuldung. Wir wollen, dass der Landeshaushalt so schnell wie möglich gänzlich ohne neue Schulden auskommt. Dies sind wir der uns nachfolgenden Generation schuldig. Und spätestens ab 2020 sind wir nach dem Grundgesetz dazu auch - glücklicherweise - verpflichtet.
Die Schuldenbremse ist ja aufgrund des Vorschlags der Föderalismuskommission II ins Grundgesetz aufgenommen worden, die unter Leitung von Oettinger und Struck getagt hat. Herr Struck kommt ja aus Niedersachsen; er war damals SPDFraktionsvorsitzender.
Wir wollen dieses große Ziel schon im Jahre 2017 erreicht haben. Ich sage in aller Deutlichkeit: Dies ist machbar, dies ist zu schaffen.
Was zum Teil aus den Reihen der Opposition in den letzten Monaten zum Thema Schuldenbremse zu hören ist, empfinde ich nicht nur als halbherzig, ängstlich und kraftlos, ich finde es auch empörend, dass Sie den Menschen im Lande ernsthaft weismachen wollen, dass der notwendige Weg zur Schuldenbremse quasi „mit Leichen gepflastert“ sei: Kürzung der Sozialleistungen, Bildungsabbau, kein Geld für Infrastruktur mehr, Untergang des Abendlandes.
Das aber ist falsch. Es ist doch genau umgekehrt. Erst mit dem Eindämmen und Einfrieren der Staatsverschuldung erlangt unser Staat seine Handlungsfähigkeit zurück, und zwar zum Wohle der Menschen. Werben Sie mit uns gemeinsam für einen möglichst raschen Ausstieg aus der Staatsverschuldung, machen Sie den Bürgerinnen und Bürgern Mut und nicht Angst!
Hier kam gerade der Zwischenruf: Wie wollen Sie es denn sonst machen? - Ich habe gestern gesehen, dass wir in der letzten Woche wieder Kredite aufgenommen haben: 25 Jahre fest für 2,67 %. Das sind fast sittenwidrige Zinsen. Wir haben 56 Milliarden Euro Schulden. Wenn die Zinsen nur um 1 % steigen, dann werden jedes Mal 560 Millionen Euro vernichtet. Und die Zinsen werden in den nächsten Jahren um 1, 2 oder 3 % steigen. Deshalb sind Schulden unsozial und müssen vermieden werden.
Das ist das Problem. Wenn Sie anfangen, Zinsen nicht mehr zu begleichen, dann sind Sie pleite, dann sind Sie insolvent, dann gibt Ihnen niemand mehr Geld, und dann gibt es erst ein richtiges Chaos.
Wir sehen es bei anderen Staaten. Früher hat man nicht gedacht, dass Staaten pleite gehen können. Inzwischen haben sich die europäischen Staaten darauf geeinigt, in ihre Verfassungen ein Schuldenverbot aufzunehmen. Ich weiß nicht, warum
Deshalb darf ich auf den Widerspruch zum Agieren der Opposition in den letzten Jahren hinweisen. Sie haben sich geradezu mit Forderungen überschlagen, die Kreditaufnahme des Landes noch mehr, noch schneller und noch konsequenter zurückzuführen, als es uns möglich war.
Aber jetzt, wo auch Ihre Stimmen für eine Verfassungsänderung gebraucht werden, dreht sich Ihre Argumentation plötzlich um 180 Grad. Jetzt auf einmal zweifeln Sie daran, ob die Kreditaufnahme so abgesenkt werden kann, wie wir das planen. Was soll man davon halten? - Wenn es nicht darauf ankommt, werden hehre Forderungen erhoben, wenn es Ernst wird, werden nur noch Bedenken vorgetragen.