Protokoll der Sitzung vom 27.08.2009

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt 12, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratung in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 18.55 Uhr enden.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass der in der Tagesordnung für 19.30 Uhr erwähnte Parlamentarische Abend der Architektenkammer - wie in den Einladungskarten ausgewiesen - nach Möglichkeit bereits gegen 19 Uhr beginnen soll. Die Veranstalter sind daher dankbar, wenn Sie sich nach dem Ende der Sitzung gegebenenfalls unverzüglich zum Ort der Veranstaltung begeben.

Ich darf Sie herzlich darum bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Ministerpräsident Herr Wulff bis zur Mittagspause, der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Herr Ehlen und von der Fraktion der SPD Herr Bachmann.

Vielen Dank. - Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Dringliche Anfragen

Es liegen vier Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise nur noch einmal gesondert darauf hin, dass einleitende Bemerkun

gen zu den Zusatzfragen nicht mehr zulässig sind und nicht akzeptiert werden.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich nach wie vor auch schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 12 a:

Welche Maßnahmen bereitet die Landesregierung gegen das nach dem 27. September 2009 zu erwartende Anwachsen der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, vor? - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1524

Zur Einbringung erteile ich der Kollegin WeisserRoelle von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Welche Maßnahmen bereitet die Landesregierung gegen das nach dem 27. September 2009 zu erwartende Anwachsen der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, vor?

Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Wirtschaftsforscher unterschiedlicher politischer Ausrichtungen erwarten ab Herbst dieses Jahres ein massives Ansteigen der Arbeitslosigkeit. Da Jugendliche und junge Erwachsene in der Regel nur befristete Arbeitsverträge haben, wird sie diese Entwicklung besonders hart treffen. An diesem Befund ändern auch Meldungen der Boulevardpresse und der Landesregierung nichts, nach denen die Krise jetzt vorbei sei. Beide stützen sich darauf, dass in einem einzigen Quartal nach vorläufigen Angaben zurzeit kein weiterer Absturz in der Industrieproduktion zu verzeichnen ist.

Die Aufgabe einer Landesregierung besteht nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE darin, die wirtschaftliche Lage nüchtern und vorausschauend zu analysieren und energisch präventive Maßnahmen gegen eine drohende Entlassungswelle zu ergreifen. Nach Auffassung vieler Beobachter ist sie dieser Anforderung nicht ausreichend gerecht geworden.

Schwer nachvollziehbar war es für viele Experten, dass seitens der Landesregierung die Vorschläge u. a. der Fraktion DIE LINKE für öffentlich geför

derte Beschäftigung in Niedersachsen, um so vor allem Langzeitarbeitslose in fair bezahlte Arbeit zu bringen, ohne Prüfung abgelehnt worden sind.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund der Entwicklung im Jahr 2008 und zu Beginn des Jahres 2009 die Perspektiven für Jugendliche und junge Erwachsene, in Niedersachsen unbefristete, dauerhafte Arbeitsplätze zu erlangen?

2. Welche Maßnahmen bereitet sie vor, um die Sicherheit der Arbeitsplätze in der Automobilindustrie nach Auslaufen der Verschrottungsprämie und die Sicherheit der Arbeitsplätze in der Hafenwirtschaft angesichts der weiter stagnierenden Exportindustrie zu gewährleisten?

3. Welche allgemeinen Maßnahmen bereitet die Landesregierung vor, um nach dem Auslaufen der Wirkungen der Konjunkturpakete I und II vor allem die Finanzkraft der Kommunen so zu stabilisieren, dass von dort nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft Impulse für die örtliche Wirtschaft ausgehen können?

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Zur Beantwortung der Frage erteile ich Herrn Minister Dr. Rösler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Niedersächsische Landesregierung steht für eine objektive und realistische Betrachtung der wirtschaftlichen Situation im Lande Niedersachsen. In der Tat kann sich das einzelne Bundesland Niedersachsen nicht von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Bundes abkoppeln. Auch wir haben Auftragseinbrüche und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Niedersachsen aber stabil da. Dies erkennen Sie auch an dem Konjunkturklimaindex der Niedersächsischen Industrie- und Handelskammern, der jetzt sogar wieder leicht nach oben zeigt. Sie erkennen dies ebenfalls an den aktuellen Arbeitslosenzahlen. Wir haben im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli eine Zunahme von 3,9 %. Im bundesweiten Vergleich stehen wir damit unter den westdeutschen Flä

chenländern an der Spitze. Der Durchschnitt des Anstiegs der Arbeitslosigkeit liegt bei 7,9 %.

Man kann also festhalten, dass wir vergleichsweise stabil dastehen und dass es leicht aufwärts geht. Trotzdem ist das noch kein Grund zu Euphorie; denn die Härteprobe auf dem Arbeitsmarkt wird uns noch im Herbst dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres bevorstehen, nämlich dann, wenn sich gerade kleine und mittelständische Unternehmen um neue Kredite bemühen und dann die Bilanzen von 2009 vorlegen müssen. Trotzdem eignet sich dieses Thema nicht zur Panikmache und schon gar nicht für parteipolitische Polemik. Darauf weise ich hin, weil der 27. September in Ihrer Frage ausdrücklich erwähnt worden ist.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Der Arbeitsmarkt und insbesondere die Frage der Jugendarbeitslosigkeit stehen nach wie vor im Fokus der Niedersächsischen Landesregierung. Schon gestern war die Frage der Ausbildungsplätze ein Thema im Landtag. Gemeinsam mit allen Akteuren - den Kammern, den Verbänden und auch der Bundesagentur für Arbeit - haben wir eine Reihe von Projekten gestartet - U25 und andere Maßnahmen -, um junge Menschen in Arbeit und Beschäftigung zu bringen. Wir haben - anders als das vorher der Fall gewesen ist - ab 2004 den Niedersächsischen Pakt für Ausbildung geschlossen und in diesem Zusammenhang nicht nur Ausbildungsplatzakquisiteure, überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen, Ausbildungslotsen oder auch Pro-Aktiv-Zentren und Jugendwerkstätten ins Leben gerufen, sondern das Ziel ist es, jungen Menschen eine Berufsorientierung zu geben und sie dann in das Berufsleben einzuführen.

Insgesamt gibt die Niedersächsische Landesregierung in der europäischen Förderperiode bis 2013 für den gesamten Bereich Jugendarbeitslosigkeit 300 Millionen Euro aus ESF-Mitteln aus. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass wir uns um die Problematik der Arbeitslosigkeit im Allgemeinen und der Jugendarbeitslosigkeit im Speziellen bemühen.

Zu 2: Zunächst zu der Situation im Bereich der Automobilwirtschaft. Sie wissen, dass sich in Niedersachsen ein großer Automobilhersteller befindet. Volkswagen hat gesagt, dass durch die Abwrackprämie 5 800 Arbeitsplätze im Unternehmen selbst gesichert worden sind. Trotzdem bereitet man sich natürlich auf die Zeit nach der Abwrackprämie vor. Dies wird zunächst einmal eine unter

nehmerische Entscheidung sein, indem man anfängt, auch bei der Modellpolitik auf Elektromobilität und andere Fragen zu setzen.

Da, wo die Landesregierung Einfluss hatte - an dieser Stelle möchte ich namentlich den Ministerpräsidenten nennen -, hat die Landesregierung ihren Teil getan, um das Volkswagenwerk und die Volkswagen AG durch eine Neuerwerbung insgesamt besser aufzustellen. Dies ist ja den Medien zu entnehmen gewesen. Auch das sichert die Zukunft von Volkswagen und damit Arbeitsplätze im Bereich der Automobilwirtschaft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In der Frage 2 wurde ebenfalls die Hafenwirtschaft angesprochen. Im Unterschied zur gesamten maritimen Wirtschaft geht es hierbei um den Hafenumschlag. NPorts, die landeseigene Hafengesellschaft, ist ja der größte Arbeitgeber in Niedersachsen. Wir werden an dieser Stelle selbstverständlich weiter ausbilden. Die Ausbildungsquote beträgt dort 7 %. Die Übernahmequote beträgt 50 %. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Frage 3 bezieht sich auf Maßnahmen und Chancen für die Kommunen nach den Konjunkturpaketen, vor allem nach den Konjunkturpaketen I und II. Sie wissen, es gibt das Zukunftsinvestitionsprogramm. Niedersachsen profitiert davon in Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Nur NordrheinWestfalen und Niedersachsen haben einen Großteil der Gelder direkt an die Kommunen weitergegeben mit dem Ziel, die Gelder vor Ort zielgerecht und möglichst schnell ausgeben zu können. Ich will das hier ausdrücklich erwähnen, weil es sich dabei um eine Leistung der Kommunen handelt. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass das, was angestrebt wurde, gut gelungen ist. Daher auch ein Dank an die Kommunen in Niedersachsen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es wurde in zwei große Bereiche investiert, nämlich in Bildung auf der einen Seite und in Infrastruktur auf der anderen Seite. Sie wissen, dass alle diese Maßnahmen weit über die Zeiträume der Konjunkturpakete hinaus wirken. Die Möglichkeiten, die Gelder auszugeben, sind ja nur in den Jahren 2009 und 2010 gegeben. Investitionen in Bildung werden sicherlich länger als bis 2010 wirken. Gleiches gilt für die Investitionen in die Infrastruktur, seien es die Investitionen in den Ausbau von Ortsumgehungen oder die Investitionen in den Breitbandbereich. Ebenso haben wir die gesamte

Förderkulisse an die schwierige wirtschaftliche Situation angepasst. Ob das Erfolg gehabt hat oder nicht, erkennen Sie daran, dass die Investitionsleistung der Unternehmen trotz der Krise nicht zurückgegangen ist, sondern weiter gestiegen ist. Das ist wiederum ein Hinweis darauf, dass es richtig war, auch hier die Förderkulisse anzupassen, damit unser Land eine Chance hat, auch nach den Konjunkturpaketen wieder auf Wachstum und Beschäftigung zu setzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer ersten Zusatzfrage erteile ich Herrn Kollegen Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, da Sie eben von der Notwendigkeit und der Herausforderung gerade für kleine und mittlere Unternehmen gesprochen haben, im Herbst dieses Jahres und im Frühjahr nächsten Jahres Kredite zu bekommen, und angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung kürzlich explizit von einer drohenden Kreditklemme für mittlere und kleine Wirtschaftsunternehmen im Herbst 2009 und Frühjahr 2010 gesprochen hat und davor gewarnt hat, frage ich Sie: Welche Maßnahmen - ich spreche nicht von Hoffnungen - trifft die Landesregierung, um die nun auch aus dem Munde der Bundesregierung offiziell angedrohte Kreditklemme für kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen abzuwenden?

Herr Minister Dr. Rösler!

Die Landesregierung würde zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht von einer Kreditklemme sprechen. Dennoch ist schon jetzt festzustellen, dass es für Unternehmen schwieriger wird, Kredite zu erhalten. Der Dokumentationsaufwand und auch der Besicherungsaufwand werden deutlich höher. Wenn man einen Kredit erhält, so wird dies auch teurer als in den Jahren zuvor. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht - es sind also nicht nur Hoffnungen -, angefangen bei zwei Eigenkapitalfonds mit einer Gesamthöhe von 70 Mil

lionen Euro. In dieser Woche ist das erste Unternehmen sozusagen Mitglied des Eigenkapitalfonds geworden.

Wir haben auch bei der Fremdkapitalausstattung Maßnahmen ergriffen. Sie alle kennen den Niedersachsenkredit. Bisher war der Niedersachsenkredit für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 10 Millionen Euro möglich und zugänglich. Wir haben diese Umsatzsumme verdoppelt und damit die Zugangsmöglichkeit für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 20 Millionen Euro eröffnet. Das Gesamtvolumen des Niedersachsenkredites haben wir von damals 500 000 Euro auf jetzt 1,5 Millionen Euro erhöht.