Protokoll der Sitzung vom 27.08.2009

Wir haben auch bei der Fremdkapitalausstattung Maßnahmen ergriffen. Sie alle kennen den Niedersachsenkredit. Bisher war der Niedersachsenkredit für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 10 Millionen Euro möglich und zugänglich. Wir haben diese Umsatzsumme verdoppelt und damit die Zugangsmöglichkeit für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 20 Millionen Euro eröffnet. Das Gesamtvolumen des Niedersachsenkredites haben wir von damals 500 000 Euro auf jetzt 1,5 Millionen Euro erhöht.

Weiterhin haben wir bzw. hat das Parlament im Nachtragshaushalt den Bürgschaftsrahmen von 1,8 Milliarden Euro auf 2,1 Milliarden Euro ausgeweitet, sodass wir auch Kredite, die von den Hausbanken bereits vergeben wurden, von Landesseite nochmals verbürgen können.

Wir haben ferner gemeinsam mit der NBank ein neues Instrument geschaffen: Es gibt jetzt für die kleinen Sparkassen und Volksbanken die Möglichkeit von Globalkrediten. Die Banken können zinsgünstig bis zu 25 Millionen Euro erhalten mit der Bedingung, diese Mittel an den Mittelstand weiterzugeben, allerdings in Form von Globalkrediten. Man muss also nicht jeweils einzeln beispielsweise Niedersachsenkredite nachweisen.

Die Landesregierung hat getan, was in ihren finanziellen Möglichkeiten stand. Wir sehen sehr wohl, dass es für die niedersächsischen Unternehmen schwierig ist, Kredite zu erhalten. Dort, wo sie mit ihren finanziellen Mitteln helfen kann, hat die Landesregierung gehandelt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin König von der Fraktion DIE LINKE.

Ich frage die Landesregierung: Was haben Sie bisher getan bzw. was gedenken Sie zu tun, um schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen Angebote für fair bezahlte Arbeit zu unterbreiten?

Herr Minister!

Wir haben eine Reihe von Programmen aufgelegt. Sie alle kennen das Programm „Arbeit durch Qualifizierung“. Auch dieses Thema wurde hier im Plenum mehrfach behandelt. Dieses Programm hat eine sehr hohe Erfolgsquote. Es richtet sich insbesondere an Langzeitarbeitslose. Bei diesem Programm ist eine Vermittlungsquote von 50 % nachweisbar. Ich glaube, das ist angesichts der Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt eine großartige Leistung.

Sie kennen vielleicht auch das Programm aus Wilhelmshaven. Dort haben wir nicht nur in die Infrastruktur - z. B. den JadeWeserPort - viel investiert, sondern wir haben auch gemeinsam mit privaten Anbietern, nämlich den Hafenbetreibern, Programme gestartet, um Langzeitarbeitslosen eine Chance und eine Perspektive zu geben. Die Landesregierung war selbst mit dabei, als die ersten Langzeitarbeitslosen - es waren ca. 60 - eingestellt wurden mit dem Ziel, zum Hafenarbeiter oder Hafenlogistiker umgeschult zu werden. Es gibt nicht nur eine entsprechende Ausbildung über zwei Jahre, sondern für den Fall der erfolgreichen Ausbildung auch eine Übernahmegarantie. Das ist wiederum ein Beispiel dafür, dass sich die Landesregierung gerade um das Thema Langzeitarbeitslose in besonderer Weise erfolgreich bemüht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Flauger von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Minister Rösler gerade dargestellt hat, dass sich dieses Thema nicht für den Wahlkampf eigne, frage ich die Landesregierung, wie sie sich zu dem in der Financial Times Deutschland am 25. August beschriebenen Stillhalteabkommen zwischen Industrie und Regierung positioniert, das nach Angaben der Financial Times Deutschland derzeit einen größeren Arbeitsplatzabbau in Deutschland verhindere und zu dem sie schreibt, dieser Pakt gelte bis zur Bundestagswahl am 27. September, wie sie von mehreren Spitzenmanagern erfahren haben will.

Herr Minister!

Für die Niedersächsische Landesregierung kann ich festhalten, dass wir nicht davon ausgehen, dass es solche fast schon konspirativen Abmachungen gibt. Das klingt eher nach einer Verschwörungstheorie. Jedenfalls sind uns in Niedersachsen solche Abmachungen definitiv nicht bekannt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sie es erklärt, dass entgegen ihren jährlich wiederkehrenden Erfolgsmeldungen im Bereich Ausbildung ausweislich des Bundesbildungsberichtes 2008 Niedersachsen neben Nordrhein-Westfalen leider das Bundesland ist, das den größten Anteil von Jugendlichen hat, die nach der Schule zunächst einmal im Übergangssystem ihr Leben fristen, und das den geringsten Anteil von Jugendlichen hat - nämlich weniger als 50 % -, die nach der Schule sofort einen Ausbildungsplatz ergattern. Die nach einem Ausbildungsplatz suchenden Jugendlichen werden hier in Niedersachsen also nur zu weit weniger als der Hälfte mit einem Ausbildungsplatz versorgt. Wie erklären Sie das?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Zunächst möchte ich noch einmal festhalten, dass es das erklärte Ziel der Landesregierung ist, junge Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu führen. Für den Fall, dass das nicht gelingt - das ist ja nicht ganz auszuschließen -, ist es richtig, diese jungen Menschen im Rahmen von Arbeitsmarktprogrammen zu beschäftigen, also zu verhindern, dass sie direkt in die Jugendarbeitslosigkeit gehen. Ich finde, es ist an dieser Stelle nicht zu kritisieren, sondern eher positiv zu bewerten, dass sich die

Landesregierung mit Programmen um diese jungen Menschen bemüht.

Der Anteil von mehr als 50 % ist für das Jahr 2009 nicht mehr zutreffend. Hier ist klar festzuhalten: Erstmalig gibt es mehr Bewerber aus dem aktuellen Berufsjahr und nicht mehr aus dem Vorjahr. Das bedeutet eine leichte Verbesserung. Das Ziel, die Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, wird von der Landesregierung also nach wie vor erfolgreich verfolgt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Will von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Ausbildungsmarkt immer weniger Anteile im dualen Ausbildungssystem bereithält, frage ich die Landesregierung: Wie will die Landesregierung das duale Ausbildungssystem stärken - gestern hat sie dieses System hier noch sehr hochgehalten - und wieder mehr Ausbildungsplätze in diesem Bereich schaffen?

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Kollege Will, wir haben gestern in der Tat schon darüber diskutiert. Ich glaube, es war klar, dass gerade im Bereich der Ausbildung kleine und mittelständische Unternehmen eine besondere Bedeutung haben und ihrer Verantwortung auch in besonderer Weise gerecht werden. Es ist insofern zunächst einmal das Ziel, diese Unternehmen zu stärken, z. B. das Handwerk. Es gibt dazu auch bereits eine konkrete Maßnahme der Niedersächsischen Landesregierung. Sie wissen, dass es noch vor der Sommerpause im Bundesrat um die Frage ging, die Grenze für die Ist- bzw. Sollversteuerung bei der Umsatzsteuer von 250 000 Euro auf 500 000 Euro zu erhöhen. Diese Grenze ist mit den Stimmen des Landes Niedersachsen auf 500 000 Euro erhöht worden.

(Zustimmung bei der CDU)

Das hilft gerade kleinen Handwerksunternehmen im Bereich der Liquidität und versetzt sie so in die

Lage, besser auszubilden als bisher. Das dient am Ende der dualen Ausbildung.

Ebenso - ich begrüße ausdrücklich, dass Sie danach gefragt haben - ist in der schulpolitischen Debatte leider etwas untergegangen, nämlich dass wir durch die letzte Novelle mit der Reform unseres Schulsystems durch mehr Praxiserfahrung, durch einen besseren Übergang und durch eine bessere Zusammenarbeit von Hauptschulen und Berufsschulen auch einen Beitrag dazu geleistet haben, dass der Übergang von der rein schulischen Ausbildung in den Beruf verbessert wird. Das stärkt natürlich auch die duale Ausbildung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege HumkeFocks von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, was unternimmt die Landesregierung, um sogenannte Werkstätten für Behinderte in Niedersachsen zu unterstützen, deren Aufträge aufgrund der anhaltenden Krise vielerorts bereits weggebrochen sind bzw. wegzubrechen drohen?

Herr Minister Dr. Rösler!

Es gibt eine Reihe von Programmen im Zuständigkeitsbereich der Sozialministerin. Ich will trotzdem auf diese Frage antworten. Sie wissen, dass gerade bei Lehrstellen in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen ein enormer Bedarf besteht. Es gibt Programme vonseiten der Landesregierung, um diesen Bedarf zu erfüllen. Vonseiten des Wirtschaftsministeriums wird gemeinsam mit den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen versucht, beispielsweise auf der Industriemesse auf die Produkte dieser Unternehmen hinzuweisen. Wir versuchen, diese Unternehmen stärker an den Markt heranzuführen, sodass sie die Möglichkeit erhalten, mit den Produkten, die sie produzieren, Einnahmen am Markt zu erzielen, um im Unternehmen gestärkt zu werden und nicht so sehr auf Förderungen des Landes angewiesen zu sein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Lies von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Aussage des Ministers, dass die Situation in Niedersachsen mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen um 3,9 % vergleichsweise stabil sei, frage ich die Landesregierung, wie sie die Analysen und Tabellen der Arbeitsagenturen beurteilt, die im Bereich SGB III ausweisen, dass es in Niedersachsen in diesem Bereich im Vergleich zum Vorjahresmonat eine Steigerung von 20 % gibt und dass auch regionale Verwerfungen bestehen, nämlich eine Zunahme der Arbeitslosigkeit im Bereich SGB III in Nordhorn um 59 %, in Leer um 35 % und in Osnabrück um 43 %.

Herr Minister Dr. Rösler!

Ich hatte ja in meiner Eingangsbemerkung deutlich gemacht, dass zwar jetzt festzustellen ist, dass die Situation am Arbeitsmarkt in Niedersachsen stabil ist und dass es in Bezug auf die Konjunkturentwicklung auch leichte positive Anzeichen gibt, aber dass uns die eigentliche Härteprobe auf dem Arbeitsmarkt noch bevorsteht.

(Zuruf von Olaf Lies [SPD])

- Herr Lies, wenn Sie mich ausreden lassen, kann ich es Ihnen in Ruhe erklären; ich denke, so viel Zeit haben wir alle gemeinsam heute Morgen. - Das bedeutet, im Herbst werden schwierige Zeiten auf uns zukommen. Das ist u. a. daran zu erkennen, dass auch die Zahl der Arbeitsuchenden im Bereich des SGB III zugenommen hat, die sich bereits dann melden müssen, wenn eine Kündigung ausgesprochen worden ist, ohne dass sie schon arbeitslos sind. Wir erwarten also für den Herbst eine Zunahme der Arbeitslosigkeit, insbesondere weil wir wissen, dass viele Unternehmen zunächst einmal für sechs Monate Kurzarbeit angemeldet haben, um zu sehen, wie sich die Auftragslage entwickelt, und dann zu entscheiden, ob sie dies auf den jetzt möglichen Zeitraum von 24 Monaten verlängern oder nicht.

Die Zahlen, die Sie genannt haben, sind richtig. Ich habe das in meiner Vorbemerkung aufgegriffen,

indem ich deutlich gemacht habe, dass wir noch lange nicht über den Berg sind. Dies ist auch die Position der Landesregierung. Wir stehen für eine realistische Einschätzung. Daher sind wir der Auffassung, dass uns die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt im Herbst noch bevorstehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Die Taten verschieben Sie bis nach der Bundes- tagswahl!)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ich möchte noch einmal das Problem vertiefen, dass in Niedersachsen nur sehr wenige Jugendliche direkt nach der Schule einen Ausbildungsplatz bekommen, und frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass der Minister hier bereits Ergebnisse des Jahres 2009 verkündet - was ich für sehr abenteuerlich halte, weil dieses Jahres gerade erst halb herum ist -, und vor dem Hintergrund, dass wir im Jahre 2008 zusammen mit Nordrhein-Westfalen in dieser Hinsicht den letzten Platz belegt haben und damit schlechter waren als im Jahre 2006 - insofern hat es da unter dieser Landesregierung sogar eine Verschlechterung gegeben -: Was wollen Sie denn endlich tun, damit mehr Schüler direkt nach der Schule tatsächlich einen Ausbildungsplatz bekommen?

(Beifall bei den GRÜNEN)