Kreszentia Flauger

Appearances

16/2 16/3 16/4 16/5 16/6 16/7 16/8 16/9 16/10 16/12 16/13 16/14 16/15 16/16 16/17 16/18 16/19 16/21 16/24 16/25 16/26 16/28 16/29 16/30 16/31 16/32 16/34 16/35 16/36 16/37 16/38 16/39 16/40 16/41 16/42 16/43 16/44 16/45 16/46 16/47 16/48 16/49 16/50 16/51 16/52 16/53 16/55 16/56 16/57 16/61 16/62 16/63 16/64 16/65 16/66 16/67 16/69 16/70 16/71 16/73 16/74 16/75 16/76 16/77 16/78 16/79 16/80 16/81 16/82 16/83 16/84 16/85 16/86 16/87 16/88 16/90 16/91 16/92 16/93 16/94 16/95 16/96 16/97 16/99 16/100 16/101 16/102 16/103 16/104 16/105 16/106 16/107 16/108 16/109 16/110 16/111 16/113 16/114 16/115 16/117 16/118 16/119 16/120 16/121 16/122 16/123 16/125 16/126 16/127 16/128 16/129 16/131 16/132 16/133 16/134 16/138 16/139 16/140 16/141 16/142 16/143 16/144 16/146 16/147 16/148 16/150 16/151 16/152 16/153

Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Bundesnetzagentur davon ausgeht, dass der Bedarf an Netzausbau durch technische Innovationen um bis zu ein Drittel gesenkt werden kann, frage ich die Landesregierung, ob sie diese Einschätzung der Bundesnetzagentur teilt und ob sie damit nachträglich den auch hier im Landtag schon vorgetragenen Argumenten der Linken recht gibt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Minister sagt Ja zum Fracking“ - so war am 4. Dezember im Deister-Anzeiger zu lesen. Damit spricht sich Herr Birkner für diese Hochrisikotechnologie aus.
Herr Bode hat gerade mit dem neuerlichen Erlass einer höchst umstrittenen Rundverfügung des Landesbergamtes diese Position noch einmal unterstützt.
Auch die CDU, namentlich Herr Thümler, äußert sich in der Presse pro Fracking, spricht aber salbungsvoll von verantwortungsvollen Rahmenbedingungen.
Dafür können wir im Änderungsantrag von CDU und FDP etwas zum Verzicht auf Fracking in Wasserschutzgebieten, über zwingende Umweltverträglichkeitsprüfungen, über Beweislastumkehr und Öffentlichkeitsbeteiligung lesen.
Meine Damen und Herren, die Linke hat hier eine ganz klare Position. Solange nicht einmal die Risiken geklärt sind, ist Fracking unverantwortbar, transparente Genehmigungsverfahren hin oder her.
Und, meine Damen und Herren, die Risiken sind nicht geklärt. Ich nenne beispielhaft die Grundwasserkontamination mit giftigen Chemikalien, diffundierendes Methan, hoch belastetes Lagerstättenwasser und mögliche Erdbeben. Darum lehnt die Linke zusammen mit zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinden und ganzen Landkreisen in Niedersachsen jeden weiteren Einsatz von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgasvorkommen ab. Zum Schutz der Menschen, des Grundwassers und der Umwelt fordern wir nach aktuellem Kenntnisstand ein Verbot des Einsatzes der Frackingtechnologie. Wir brauchen hier Rechtssicherheit.
Da reicht uns auch kein Moratorium, da reicht uns auch nicht der ausweichende Änderungsantrag von CDU und FDP, den wir ablehnen werden. Da reicht uns aber auch nicht der in unseren Augen widersprüchliche Änderungsantrag von SPD und Grünen.
Meine Damen und Herren, das ist die letzte Abgeordnetenrede in diesem Plenum; es ist auch die letzte Abgeordnetenrede in dieser Legislaturperiode, und es ist auch meine letzte Landtagsrede.
Für mich waren die vergangenen fünf Jahre spannend, lehrreich und herausfordernd. Ich habe diese Aufgabe gern wahrgenommen. Ich hoffe, dass Sie bestätigen können, dass ich sie verantwortungsvoll wahrgenommen habe. Ich werde jedenfalls gerne auf diese fünf Jahre zurückblicken.
Als die Linke Anfang 2008 in diesen Landtag einzog, war das für alle anderen Fraktionen eine neue
Fraktion und auch eine Neuigkeit. Viele Abgeordnete hier im Landtag, quer durch alle Fraktionen, haben sich entschieden, mit den demokratisch gewählten Abgeordneten meiner Fraktion fair umzugehen. Bei ihnen bedanke ich mich dafür. Bei der Minderheit, die sich anders entschieden hat, bedanke ich mich für die Chance, dass wir an ihrem Verhalten unsere Souveränität schärfen konnten.
Wenn ich mir manchmal etwas gewünscht habe, so waren es etwas weniger Rituale. Denn schon nach relativ kurzer Einarbeitungszeit wäre es mir ohne weitere Vorbereitung möglich gewesen, die eine oder andere Erwiderungsrede von der CDU auf die SPD oder umgekehrt - das geht durchs ganze Haus - selber zu halten. So vorhersehbar war es leider manchmal.
Ich würde mir, dem nächsten Landtag und vor allem der parlamentarischen Demokratie wünschen, dass es im nächsten Landtag von dieser Vorhersehbarkeit ein bisschen weniger gibt, gerade auch im Hinblick darauf, dass demnächst die Möglichkeit besteht, barrierefreies Landtagsfernsehen anzubieten, sodass viele Menschen noch bessere Möglichkeiten haben werden, die Landtagsdebatten zu verfolgen. Diese werden sicherlich interessanter ausfallen, wenn es ein bisschen mehr ernsthafte Debatte und ein bisschen weniger Rituale und Reflexe gibt. Das wünsche ich der kommenden Legislaturperiode und allen weiteren danach.
Danke und tschüs.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich werde auch nicht zwei Minuten vortragen, sondern es deutlich kürzer halten. Ich sage es auch viel freundlicher, als ich es eigentlich vorhatte, weil ich mich natürlich freue, dass wir jetzt zu einer gemeinsamen Lösung gekommen sind.
Wir hätten das noch ein bisschen einfacher haben können, indem wir uns vorher unterhalten hätten. Es gibt jetzt zwei Änderungsanträge, einen von vier Fraktionen und einen von einer. Aber ich freue mich, dass Sie unserem Antrag mit der Ergänzung „barrierefrei“ zustimmen. Das ist auch ein gutes Signal an die Menschen mit Behinderungen in diesem Land. Es wird unsere Aufgabe sein, das mit Leben zu füllen.
Ich hoffe, dass wir bei weiteren Vorgängen in der kommenden Legislaturperiode dazu kommen, die Gespräche vielleicht vorher zu führen. Das vereinfacht das ganze Verfahren etwas.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In manchen Dingen ist Deutschland Spitze und Niedersachsen besonders. Bei der Benachteiligung von Kindern aus ärmeren Elternhäusern bei der Bildung z. B. hält Deutschland - und Niedersachsen fleißig mit - einen traurigen Rekord.
Der Anteil armer Kinder an niedersächsischen Gymnasien beträgt 4,6 %, an Hauptschulen 31,3 %, an Förderschulen sogar 44,9 %. Die Selektion von Kindern erfolgt im Alter von zehn Jahren, und zwar nicht nach Fähigkeit, sondern nach Dicke des Portemonnaies der Eltern.
Diese soziale Spaltung setzen Sie mit Studiengebühren fort, die ärmere Jugendliche an einem Studium hindern.
Auf zehn Abschulungen kommt in Niedersachsen - wir haben es gerade gehört - nur ein Schulaufstieg. Die Durchlässigkeit besteht also nur nach unten.
Jede vierte Bewerbung auf einen Gesamtschulplatz muss in Niedersachsen aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden. In vielen Orten gibt es noch nicht einmal eine Gesamtschule, obwohl die Forderung der Linken nach längerem gemeinsamen Lernen, nach dem Offenhalten der Bildungswege, nach mehr Miteinander statt Gegeneinander beim Lernen von sehr vielen im Land geteilt wird.
Die Bundesregierung, parallel dazu unterstützt von Schwarz-Gelb hier in Niedersachsen, kauft mit dem Betreuungsgeld ausgerechnet die Kinder aus den Kitas, die am meisten darauf angewiesen wären, eine zu besuchen.
Aber hier auf der rechten Seite des Hauses sitzt eine ideologisch fest in die Erde gerammte schwarz-gelbe Koalition, die sich weigert zu begreifen, was in Deutschland längst jede Zimmerpflanze verstanden hat: Eine solche Bildungspolitik, wie Sie sie hier machen, hindert Menschen an der Entfaltung ihrer Begabungen, verhindert sozialen Aufstieg durch Bildung und zementiert soziale Abstände in diesem Land.
Diese auf Spaltung angelegte Bildungspolitik wird ja am 20. Januar voraussichtlich abgewählt.
Die Frage ist: Was kommt danach? - Vielleicht eine Kultusministerin Heiligenstadt.
Auch wenn es zwischen der SPD und den Linken Differenzen in der Bildungspolitik gibt - wir wollen beispielsweise die Studiengebühren sofort abschaffen, die SPD erst zum Wintersemester 2014/2015 -, so gibt es doch auch Schnittmengen in den Forderungen, z. B. zur Stärkung der Gesamtschulen.
Aber ich erinnere beispielhaft an zwei Vorgänge, die Anlass zur Sorge geben:
Erster Vorgang: Am 18. Juli 2012 redete hier im Landtag zur Bildungspolitik von SPD und Grünen nicht die schulpolitische Sprecherin der SPDFraktion, sondern Frau Geuter, haushaltspolitische Sprecherin, fünf Minuten lang, ohne auch nur ein einziges Mal eines der Wörter „Schule“, „Bildung“, „Lehrer“ oder „Schüler“ in den Mund zu nehmen. Stattdessen ging es um Kennzahlen zum Schuldenstand, um Konsolidierungsbedarf und um die Kreditfinanzierungsquote.
Zweiter Vorgang: Am 3. Mai kündigt Stephan Weil in der SPD-Zeitschrift Demokratische Gemeinde an, dass die SPD die Ganztagsschulen im ländlichen Raum auflösen und in Klein- und Mittelstädten konzentrieren möchte.
Hopplahopp will also der SPD-Spitzenkandidat 166 Schulen in 142 Gemeinden abwickeln.
Liebe SPD, das ist Ihr Thema der Aktuellen Stunde: Bildung besser machen - Chancengleichheit für alle. Aber nachdem Sie auf Bundesebene sieben Jahre lang die öffentlichen Haushalte mit Geldgeschenken an Spitzenverdiener, Vermögende, Riester-Versicherungsunternehmen und Großkonzerne geschröpft haben, stellen Sie nun alle Ihre bildungspolitischen Vorhaben unter Haushaltsvorbehalt.
Meine Damen und Herren, es ist in der Tat dringend geboten, Bildung besser zu machen und Chancengleichheit herzustellen. Aber Bildung in Kitas, in der Schule, in Hochschulen und danach kostet Geld. Für Sie, liebe SPD, gilt, was für alle Parteien gilt: Wenn Sie sich nicht trauen, den Reichen und Superreichen in diesem Land Geld abzunehmen, um sie angemessen an der Finanzierung von Bildung und anderen gesellschaftlichen Aufgaben zu beteiligen, werden Ihre bildungspolitischen Vorstellungen nur dazu taugen, Ihre Altpapiertonne zu füllen. Ihre Bremer Bildungssenatorin Jürgens-Pieper hat schon frustriert aufgegeben. Die Linke muss ab 20. Januar darauf aufpassen, dass der niedersächsischen Kultusministerin ab 2013 im nächsten Jahr nicht das Gleiche droht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Kultusminister heute mehrfach auf den allgemeinen Wohnungsbau als Ausweichalternative hingewiesen hat, frage ich die Landesregierung, welche Erkenntnisse ihr darüber vorliegen, wie groß der Bedarf an Wohnraum im Bereich des sozialen Wohnungsbaus ist und in welchem Umfang dieser Wohnraum durch Studierende an den Hochschulstandorten in Anspruch genommen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass die Landesregierung die Differenz zwischen Studenten auf der Warteliste und der angebotenen Zahl von Wohnheimplätzen von gut 7 000 dahin gehend relativiert hat, dass man diese Zahl nicht 1 : 1 als Unterdeckung interpretieren dürfe, angesichts der Tatsache des Alters der Wohnheime, das Sie selbst angesprochen haben, und angesichts der Tatsache, dass sicherlich eine ganze Reihe - wenn von Ihnen auch nicht bezifferbare Anzahl - von Wohnheimplätzen in einem Zustand ist, dass sie praktisch nicht nutzbar sind, frage ich die Landesregierung, ob sie bereit ist einzuräumen, dass es in Niedersachsen eine Unterdeckung von mehreren Tausend studentischen Wohnheimplätzen gibt. Ja oder nein?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Inzwischen haben wir eine Situation, in der Mädchen und Frauen mindestens genauso gut qualifiziert sind wie ihre männlichen Kollegen. Das betrifft sowohl Schulabschlüsse als auch Hochschulabschlüsse. Mehr Frauen als Männer absolvieren zurzeit erfolgreich ein Universitätsstudium.
Dennoch haben wir im Bereich der Erwerbsarbeit große Differenzen zwischen Männern und Frauen. Deutschland fällt leider noch deutlich hinter den OECD-Durchschnitt und hinter andere europäische Länder zurück. Im OECD-Durchschnitt bekommen Frauen 16 % weniger Gehalt - in Deutschland sind es sogar 23 % weniger Gehalt und in Niedersachsen noch ein bisschen mehr, nämlich 24 % weniger Gehalt - als ihre männlichen Kollegen.
Dass das auch anders geht, nicht gottgegeben ist und nicht so bleiben muss, zeigen Länder wie Norwegen und Belgien, die mit 8,4 bzw. 8,9 % Lohnabstand deutlich besser dastehen als Deutschland. Wir haben in Niedersachsen momentan die Situation, dass Frauen im Durchschnitt 14,94 Euro brutto pro Stunde bekommen, während der Durchschnittslohn der Männer bei 19,71 Euro liegt. Ich denke, niemand in diesem Hause kann diese Differenz gutheißen.
Das Ganze wird noch durch die sogenannten atypischen Geschäftsformen verstärkt. Dazu gehören insbesondere Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und geringfügige Beschäftigung. Da gibt es kaum geschlechtsspezifische Unterschiede bei normal bezahlten Arbeitsverhältnissen. Aber gerade in diesem Bereich macht sich das Ganze fest. Das ist das, was Sie als Ihr Jobwunder hervorheben: so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Aber das sind dann eben genau solche.
Das alles sind Punkte, in denen Handlungsbedarf besteht. Deswegen beantragen wir mit unserem Antrag einen Landesaktionsplan für mehr Beschäftigung von Frauen in guter Arbeit. Das Augenmerk soll insbesondere auf Erwerbslose, prekär Beschäftigte, Alleinerziehende, Migrantinnen, Frauen mit Familienaufgaben, Wiedereinsteigerinnen und Frauen mit Behinderung gelegt werden, nämlich nicht nur auf diejenigen, die es unter den derzeit
schwierigen Bedingungen aus eigener Kraft schaffen können.
Wir wollen, dass der Übergang von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung erleichtert wird, dass Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten gefördert werden und anderes mehr. Wir wollen, dass für die Erarbeitung und Ausgestaltung dieses Landesaktionsplans alle relevanten Akteurinnen und Akteure in Niedersachsen einbezogen werden.
Es soll auch eine Bundesratsinitiative gestartet werden, die die Verbesserung von Frauenerwerbsarbeit im Fokus hat. Das ist dringend geboten. Dabei geht es übrigens u. a. auch um einen flächendeckenden Mindestlohn von 10 Euro, den wir fordern.
Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Das wären wirklich weitere Schritte, damit Frauen und Männern in dieser Gesellschaft gleichgestellt sind.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer an der Universität Hannover studieren will, muss dafür 822 Euro Eintritt zahlen. An keiner anderen öffentlichen Hochschule in der Republik sind die Semesterbeiträge so hoch wie in der Landeshauptstadt Niedersachsens.
Der Grund für diesen hohen Eintritt liegt auf der Hand: es sind die Studiengebühren. 500 Euro Extraeintritt verlangt derzeit außer Niedersachsen nur noch Bayern. Aber was passiert gerade in Bayern? - Diejenigen, die die Studiengebühren zum Sommersemester 2007 eingeführt haben, schaffen sie nun auch wieder ab. Thomas Goppel, ehemaliger Wissenschaftsminister Bayerns und einst oberster Gebührenverfechter, hat gegenüber dem Münchener Merkur gesagt: „Die werden fallen.“ - Und das werden sie auch, meine Damen und Herren. Aktuell ist ja zu lesen, dass Bayern am Wochenende darüber entscheiden wird.
Und dann, meine Damen und Herren, sind die Studiengebühren eine reine NiedersachsenSteuer, dann gibt es diese Campusmaut nur noch hier.
Alle anderen Landesregierungen haben es begriffen, und die, die es nicht begriffen haben - wie in NRW, Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg oder im Saarland -, wurden abgewählt.
Studiengebühren sind ein Auslaufmodell. Sie sind ungerecht, sie sind diskriminierend, sie sind bildungsfeindlich, sie gehören endgelagert.
Denn eines ist klar: Studiengebühren machen Bildung zur Ware. Sie muss gekauft werden wie ein Päckchen Butter im Supermarkt, und wer sich die Bildung nicht leisten kann, der hat dann eben Pech gehabt.
Aber Bildung ist kein Päckchen Butter, meine Damen und Herren. Der Zugang zur Bildung muss unabhängig vom Geldbeutel möglich sein.
Als es in Nordrhein-Westfalen noch Studiengebühren gab, wurde ihre Abschreckungswirkung wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis war so fatal, dass Bundesforschungsministerin Annette Schavan die Resultate unter Verschluss halten wollte. Fast 20 000 Schulabgänger haben sich allein wegen der Studiengebühren gegen ein Studium entschieden.
Meine Damen und Herren, es kann ja sein, dass für den einen oder anderen CDU- oder FDPHaushalt 822 Euro pro Semester nicht viel Geld sind. Aber in vielen Familien sieht das ganz anders aus, und da helfen dann auch keine Studienkredite oder vage Stipendienprogramme. Es bleibt dabei: Jedes Semester mit Studiengebühren ist ein Semester des Bildungsausschlusses für junge Menschen. Deshalb gehören die Studiengebühren abgeschafft, und zwar sofort!
Mit dem Wort „sofort“ bin ich bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen. Einerseits sagen Sie: Ja, die Gebühren sind Unfug. - Andererseits sagen Sie aber: Eine komplette Stu
dierendengeneration soll sie noch zahlen. - Das passt doch nicht zusammen!
Sie wollen die Studiengebühren erst zum Wintersemester 2014/2015 abschaffen - in zwei Jahren! Das ist für viele ein vollständiges Masterstudium.
Nein, liebe SPD, liebe Grüne, tun Sie Butter bei die Fische! Machen wir es wie in Hessen oder Nordrhein-Westfalen: Lassen Sie uns die Gebühren so schnell wie möglich abschaffen!
Meine Damen und Herren, in beiden Ländern war es der Druck von links und der Fraktion der Linken, der dafür gesorgt hat, dass dort nicht noch eine ganze Studierendengeneration abgewartet wurde. So werden wir es auch hier halten. Wenn wir es aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse mit diesem Landtag nicht mehr schaffen, so müssen wir es gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode machen.
Wir müssen aber nicht nur die allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 Euro, sondern auch die sogenannten Langzeitstudiengebühren von bis zu 800 Euro abschaffen, die vor allem diejenigen zusätzlich bestrafen, die neben ihrem Studium noch arbeiten müssen, um Studium und Gebühren zu finanzieren.
Dazu, liebe Kollegin Andretta, würde ich mir von Ihnen gleich mal ein paar Worte wünschen.
Last, but not least, würde ich mir auch mal ein paar Sätze von der Landesregierung dazu wünschen. Außer dröhnendem Schweigen haben wir bislang weder von Ihnen, Frau Wanka, noch von Ihnen, Herr McAllister, irgendetwas zu diesem Thema gehört.
Hier können Sie nicht Pressesprecher oder Staatssekretäre vorschicken, hier müssen Sie selbst Rede und Antwort stehen. Und die Botschaft muss
lauten: Lassen Sie uns konsequent sein! Beenden wir die Isolation Niedersachsens! Schaffen wir sämtliche Studiengebühren ab - sofort!
Lieber Kollege Grascha, abgesehen davon, dass ich finde, dass diese krude Argumentation nicht besser wird, wenn man sie immer wiederholt, frage ich Sie, ob Sie es nicht auch als ungerecht empfinden, dass Kinder aus Elternhäusern mit weniger Einkommen sehr viel schlechtere Bildungschancen haben als die aus besser finanzierten Haushalten, und ob Sie nicht finden, dass das eine Ungerechtigkeit ist, die endlich beseitigt gehört. Deutschland ist diesbezüglich Schlusslicht des Ganzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn CDU und FDP Marx zitieren, dann sollte man misstrauisch werden. Das ist auch an dieser Stelle angebracht. Marx hat aus einer gesellschaftlichen Situation heraus argumentiert, in der ein Studium eine absolute Eliteangelegenheit war. Wenn Sie das jetzt hier als Argument anführen, dann ist völlig klar: Sie wollen, dass das genau so bleibt. Sie wollen die Schichtenteilung erhalten.
Niemand ist darauf eingegangen, dass sich 20 000 Schulabgänger in Nordrhein-Westfalen allein wegen der Studiengebühren entschieden haben, kein Studium aufzunehmen. Da helfen auch keine Kredite.
Ich habe in Schleswig-Holstein nicht studiert, weil mich das Szenario, anschließend 25 000 Mark Schulden zu haben, davon abgehalten hat. Das war für mich eine unvorstellbar hohe Summe. Für Sie mag es das nicht sein, aber für Kinder aus armen Haushalten ist es das, meine Damen und Herren.
In einem haben Sie recht, Frau Wanka: Die Frage von Studiengebühren ist keine Glaubensfrage, sondern eine Überzeugungsfrage. Dazu möchte ich festhalten: Wir haben hier grundlegend unterschiedliche Überzeugungen. Ihre Überzeugung ist: Ein Studium sollen sich diejenigen leisten könnten,
die es finanzieren können, die anderen vielleicht, wenn sie einen Kredit dafür aufnehmen. Unsere Überzeugung ist: Die Bildung in einem Studium ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die die Gesellschaft als Ganzes zu finanzieren hat.
Deswegen werden wir dieses Thema gleich zu Anfang der nächsten Legislaturperiode wieder auf den Tisch bringen. Dann werden die Studiengebühren abgeschafft, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, niemand in diesem Saal könnte eine Jahreszahl nennen, wann der Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter in unserer Gesellschaft begonnen hat. Aber wir alle wissen, dass dieser Kampf schon lange währt. Trotz gewisser Fortschritte haben wir Gleichstellung noch lange nicht erreicht.
Es gab aber ein paar Verbesserungen in Niedersachsen. Dann jedoch kam eine schwarz-gelbe Landesregierung und trampelte das zarte Pflänzchen wieder platt. Beispielhaft will ich nur die Reduzierung der Pflichtstellen für Gleichstellungsbeauftragte in den Kommunen von 137 auf 155 und die Streichung der Regelungen zur Bekämpfung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz nennen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, reduzieren Frauenpolitik leider auf die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das hat auch schon die erste Beratung im Juni gezeigt. Sie begründen das damit, dass Fachkräftemangel droht. Dabei glaube ich persönlich, dass dieser „Fachkräftemangel“ nur ein anderer Begriff dafür ist, dass das Szenario droht, dass es mal wieder sein könnte, dass sich Firmen mit guten Arbeitsbedingungen und guten Löhnen um Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer bemühen müssten. - Aber sei es drum.
Das ist Ihr Motiv dafür, dass Sie an manchen Stellen versuchen, Verbesserungen für Frauen im Arbeitsleben oder auch bei der Frage der Unterbringung von Kindern zu erreichen. Ihr Motiv ist nicht, dass Sie wirklich aus einer inneren Einstellung heraus wollen, dass alle Menschen, unabhängig vom Geschlecht, die gleichen Möglichkeiten der Teilhabe in allen Bereichen des Lebens
haben. Sie wollen das Frauenpotenzial aus reinen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen nutzen.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Frauenpolitik ist aber mehr als die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichstellung wird auch nicht erreicht, indem man alles laufen lässt und sich in politischer Verantwortung nicht kümmert bzw. erwartet, dass es der Markt oder sonst wer irgendwie selbst regelt. Und es ist auch nichts gewonnen, wenn man - wie es die Kollegin Mundlos im Juni getan hat - Frauenpolitik als Sozialromantik abstempelt.
Deshalb ist es richtig, dass die SPD hier einen Gesetzentwurf vorlegt, mit dem ein paar Verbesserungen erzielt werden könnten.
Ich will noch einmal ausdrücklich die Wiedereinführung der Regelung zur Bekämpfung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erwähnen. Mehr als die Hälfte aller Frauen hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz selbst erfahren. Da gibt es absolut Handlungsbedarf, und vor diesem Hintergrund ist es mir unbegreiflich, dass die CDU und die FDP die Regelungen dazu im Gesetz gestrichen haben. Sie können das an dieser Stelle rückgängig machen.
Meine Damen und Herren, es wäre natürlich mehr denkbar, als jetzt im Gesetzentwurf steht. Ich denke z. B. an ein Einspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragten zu den Gleichstellungsplänen. Aber die Forderungen sind richtig, und es ist ein Skandal, dass CDU und FDP bisher nicht einmal das wollen.
Springen Sie über Ihren Schatten! Wir jedenfalls werden die Ausschussempfehlung ablehnen.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Regierungsfraktionen unseren Antrag einfach vom Tisch fegen, ist nur als arm zu
bezeichnen. Sie täuschen ständig Interesse am demografischen Wandel vor und bejammern den Geburtenrückgang, dabei interessieren sie sich für die Situation der jungen Mütter überhaupt nicht. Denn wenn es anders wäre, hätten Sie zumindest einen Gegenvorschlag einbringen können. Ich hätte mir aber auch gewünscht, dass SPD und Grüne einen Alternativvorschlag machen, wenn sie unserem Vorschlag zur Umsetzung des Beschlusses des Europäischen Parlaments nicht zustimmen können.
Im Ausschuss wurde von einigen Seiten darauf verwiesen, dass es ja die Elternzeit gebe. Da haben Sie etwas nicht verstanden. Elternzeit ist keine Verlängerung des Mutterschutzes. Unser Anliegen - ich sagte es schon - geht auf einen Beschluss des Europaparlaments zurück und bezieht sich explizit auf den Ausbau von Arbeitnehmerinnenrechten, genauer: auf den Ausbau des Gesundheitsschutzes von jungen Müttern. Ganz unabhängig von der Frage, ob und wie schnell die jeweilige Frau wieder arbeiten gehen will oder auch muss, dient der Mutterschutz dazu, die Zeit vor und nach der Geburt stärker zu entzerren oder - neudeutsch gesprochen - zu entschleunigen, und zwar - das ist ganz wichtig - zu den Bedingungen der Lohnfortzahlung. Da macht es sehr wohl einen erheblichen Unterschied, ob es 14 oder 20 Wochen sind.
Immerhin hat man sich im Sozialausschuss dazu durchgerungen, eine Synopse über die Mutterschutzzeiten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu erstellen. Ein Blick darauf ist wirklich interessant. In fast allen anderen Ländern liegen die Zeiträume etwas oder sogar deutlich über den 14 Wochen in Deutschland. Zwar werden nicht überall 100 % des Lohns gezahlt, aber in vielen Ländern schon. Deutschland ist das reichste Land der Europäischen Union. Selbst in Litauen zahlt man 18 Wochen lang die gesamten 100 %.
Meine Damen und Herren, ich finde, Sie sollten Ihre Haltung noch einmal überdenken und mit uns für ein deutliches Zeichen im Bundesrat stimmen, damit endlich einmal die sozialen Belange in Sachen EU-Angleichung in den Mittelpunkt gestellt werden.
Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe das Open-Data-Prinzip hier im Landtag bei der Einbringung unseres Antrags erläutert, und ich freue mich, dass wir mit unserem Antrag die Debatte zu Open Data in Niedersachsen anstoßen konnten.
Es geht darum, dass Verwaltungen, Behörden, Regierung eine ganze Menge von Daten erzeugen. Darunter gibt es Daten, die aus guten Gründen nicht veröffentlicht werden dürfen, z. B. personenbezogene Daten. Da sind wir uns auch völlig einig. Es gibt aber Daten - und das ist der große andere Teil -, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, und zwar kostenfrei, weil ihre Erstellung schon aus Steuergeldern bezahlt worden ist.
Die CDU hat einen Änderungsvorschlag eingebracht, und meine Kollegin Frau Zimmermann hat im Innenausschuss im Sommer ausführlich erläutert, warum dieser Vorschlag nicht Open Data ist. Genau dieser Änderungsvorschlag ist aber jetzt Ausschussempfehlung geworden: mit all den Punkten, die dem Open-Data-Prinzip zuwiderlaufen, und obwohl unsere Argumentation im Ausschuss zumindest teilweise nachvollzogen wurde.
Wir haben Ihnen jetzt einen Kompromissvorschlag in Form eines Änderungsantrags auf Basis der Ausschussempfehlung vorgelegt, der genau diese Punkte korrigiert. Wir haben die Formulierung „soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist“ gestrichen, weil Ihr Gedanke, Open Data sei mit nennenswer
ten Kosten verbunden, falsch ist. Ich habe an Sie dazu heute noch einmal eine Information verteilt und verweise im Übrigen auf die Ihnen vorliegende Stellungnahme des Chaos Computer Clubs, die darlegt, dass Aufwand und Kosten mit Open Data sogar sinken können.
Meine Damen und Herren, aus Ihrem Entwurf spricht ein grundsätzliches Missverständnis. Die vorhandenen Daten sollen eben nicht, wie Sie schreiben, in geeigneter Weise aufbereitet werden, sondern sie sollen so bleiben, wie sie sind. Auch das haben wir mit unserem vorliegenden Änderungsantrag korrigiert. Weil dieser Aufwand, den Sie fälschlicherweise vermuten, nicht anfällt, müssen Sie auch keine Befürchtung haben, dass finanzielle oder arbeitsmäßige Belastungen ein Hindernis für die Umsetzung von Open Data sind.
Zum Open-Data-Prinzip gehört auch unabdingbar, dass die Daten unentgeltlich bereitgestellt werden. Immerhin ist ihre Erstellung schon aus Steuergeldern finanziert worden. Als Kompromiss haben wir die Geodaten, die in diesem Zusammenhang als Problem benannt wurden, von der Unentgeltlichkeit ausgenommen.
Meine Damen und Herren, ich kann Sie nicht daran hindern, der Ausschussempfehlung zuzustimmen. Eines muss Ihnen aber klar sein: Was Sie dann verabschieden, sind zwar erste Schritte, aber es ist nicht Open Data. Die Überschrift wäre also falsch, aber ein Nein zum Inhalt wäre wohl auch falsch. Wir würden uns dann ab Januar um die richtigen Inhalte unter dieser Überschrift kümmern.
Aber noch einmal: Open Data ist das, was in unserem Änderungsantrag steht. Deshalb sollten Sie diesem Änderungsantrag zustimmen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag in der Drs. 17/1323 zu MOXTransporten aufgeführt hat: „Zusätzlich wird für Transporte dieser radioaktiven Stoffe ein Doppelhüllenschiff entsprechend den Vorgaben der International Maritime Organisation gefordert“, frage ich die Landesregierung, wie sie die Tatsache bewertet, dass das Transportschiff Atlantic Osprey mit nur einer Wandhülle dieser Anforderung nicht entspricht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Kollegin Korter in der Drs. 16/5152 wird ausgeführt, dass die Genehmigung für einen MOXTransport zu erteilen ist, wenn „überwiegende öffentliche Interessen der Wahl der Art, der Zeit und des Weges der Beförderung nicht entgegenstehen“. Ich frage die Landesregierung, ob sie in den ablehnenden Resolutionen des Stadtrates Nordenham und des Landkreises Wesermarsch das überwiegende öffentliche Interesse nicht klar zum Ausdruck gebracht sieht, ob es also nicht klar formuliert ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns ja in einer Situation, in der zu erwarten ist, dass die europäischen Fördermittel zur Regional- und Strukturpolitik in der nächsten Förderperiode gekürzt werden. Da Sie bisher sehr abstrakt geantwortet haben, Herr Bode - das ist ja immer gut, wenn man sich nicht festlegen will; dann kann man das leicht so machen -, frage ich Sie noch einmal ganz konkret, nach welchen Kriterien und mit welchen Zielrichtungen Sie bei der Vergabe von Fördermitteln zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur in Niedersachsen vorgehen, wie Sie also die zu fördernden Betriebe eigentlich auswählen.
- Ja, das kann sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, Frau Lorberg, dass es eigentlich ein Grund wäre, sich zu schämen, dass Sie hier eben in den Raum gerufen haben, das sei aber traurig - in einer nicht ernst zu nehmenden Weise.
Die Situation ist gerade schon von Frau Dr. Andretta zutreffend geschildert worden. Meine Damen und Herren, an einem solchen Beispiel sehen wir wieder einmal genau, wie unsozial die Studiengebühren in Niedersachsen sind.
Wir alle im Landtag sind uns, wenn man den Worten zuhört, doch einig, dass die Durchlässigkeit im Bildungswesen erhöht werden muss, dass es also genau darum geht, dass nicht nur Kinder von Akademikerinnen und Akademikern, sondern auch Kinder aus Arbeiterfamilien studieren können.
Jetzt meldet sich dieser Schlosser und legt klipp und klar dar, dass es nicht geht: Die BAföGRegelungen sind zu strikt, die Studiengebühren sind zu hoch, mein Sohn muss das Studium an der Hochschule Wolfenbüttel abbrechen.
Meine Damen und Herren, das ist ein erneuter Beweis des Scheiterns der schwarz-gelben Bildungspolitik.
Sie halten einen Schlossersohn vom Studium ab. Ihre Studiengebühren fördern die soziale Selektivität im Bildungssystem. Wir Linke sagen: Das muss aufhören! Deswegen beantragen wir „Berücksichtigung“.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Havarie der MSC Flaminia wirft ein Schlaglicht auf die Mängel in der EU-weiten Zusammenarbeit bei Schiffsunglücken in den Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten. Darüber sind wir uns in diesem Hause einig. Aber es gibt weitere, nicht weniger drängende Fragen, die leider zunehmend außer Acht geraten.
Das Ende der Irrfahrt der Flaminia darf nicht gleichzeitig das Ende der Diskussion über weiterhin strittige Fragen sein, z. B. nach der vollständigen Pack- und Ladeliste des Schiffs oder nach den Empfängern von in Europa teils verbotenen Chemikalien.
Wir Linke sehen uns angesichts der massiven Sicherheitsvorkehrungen auf dem Hafengelände des JadeWeserPorts in unserer Annahme bestätigt, dass mit der Flaminia im wahrsten Sinne des Wortes ein brandgefährlicher Cocktail aus Kampfstoffen, Raketentreibmitteln und verbotenen Chemikalien in Wilhelmshaven festgemacht hat. Sicherheitszonen, Überflugverbot und dergleichen konterkarieren doch die Medienberichte über eine Entspannung der Lage.
Die Aussagen der Landesregierung, nach denen man die Sache nunmehr im Griff habe und eine akute Gefährdung für die Bevölkerung ausgeschlossen werden könne, halten wir angesichts dessen für verfrüht. Solange nicht abschließend erwiesen ist, dass die Löschung der Fracht ohne eine Beeinträchtigung von Mensch und Umwelt erfolgen kann, ist Skepsis durchaus angebracht.
Auch beim Umgang mit den 20 Millionen l kontaminierten Löschwassers ist entgegen den Berichten, es sei weniger mit Giftstoffen belastet als zunächst befürchtet, keine Entwarnung gegeben. Erstens steht hier eine Bewertung durch weitere Fachleute noch aus. Zweitens steht nun einmal fest, dass man es mit durch verschiedene Giftstoffe kontaminiertem Wasser zu tun hat, dessen Entsorgung äußerst umsichtig erfolgen muss.
Die Landesregierung ist jetzt dafür verantwortlich, dass eine sichere Entsorgung der Fracht und des Löschwassers gewährleistet ist.
Völlig im Unklaren bleiben bisher die Ursachen für den Brand und die anscheinend durch die Löschversuche ausgelösten Explosionen auf der MSC Flaminia, die letztlich zur Havarie des Schiffes geführt haben. Nach IMDG-Code klassifizierte Handelsware ist im Seeverkehr aus Sicherheitsgründen grundsätzlich an Deck, also oberhalb der umschlossenen Laderäume, zu verladen. Ob dies bei der MSC Flaminia tatsächlich der Fall ist, scheint angesichts des bis tief in den Schiffsraum hinein ausgebrannten Laderaums IV fraglich. Die Untersuchungen durch die zuständigen Fachleute müssen daher mit größtmöglicher Transparenz unter Hinzuziehung neutraler Beobachter erfolgen.
Eines ist für uns in diesem Zusammenhang auch wichtig: Grundsätzlich ist es ein Skandal, dass ein deutsches Schiff, dessen Zielort zwischenzeitlich einmal mit Bremerhaven benannt war, Ladung an Bord hat, die in Deutschland und Europa zu großen Teilen verboten ist. Wenn auch Wochen nach der Havarie unklar ist, was sich genau in den Gefahrgutcontainern der MSC Flaminia befindet und für wen die mitgeführten Stoffe - darunter laut Medienberichten Weißer Phosphor, Nitromethan, Tetrafluorethan und PCBs - bestimmt sind, dann ist das ein Problem, und zwar ein großes Problem. Unsere Gewässer lassen sich nur dann schützen, wenn man zu jeder Zeit nachvollziehen kann, welche Güter auf einem Frachtschiff unterwegs sind. Nur dann kann man bei Havarien schnell über das
beste Vorgehen für Mensch und Umwelt entscheiden.
Die Landesregierung muss sich darum nach Kräften für Vorschriften einsetzen, nach denen Frachtgüter auf Schiffen bei den Reedern stets lückenlos dokumentiert sein müssen.
Wir haben jetzt zwei Anträge vorliegen. Zwar gibt es einen substanziellen Unterschied bei der Frage der Kompetenzen der EMSA. Nach meiner Einschätzung sind die Positionen ansonsten aber dicht genug beieinander, sodass es möglich sein müsste, hier im Landtag zu einer gemeinsamen Positionierung zu kommen.
Deswegen beantrage ich auch für meine Fraktion noch einmal, dass über die Anträge nicht jetzt sofort abgestimmt wird - auch nicht über den CDU/FDP-Antrag -, sondern dass eine Überweisung an den Ausschuss erfolgt, damit wir schauen können, ob es hier nicht doch zu einer gemeinsamen Lösung kommen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Biester, zunächst einmal werden Sie in meinem Redebeitrag keinen Vorwurf an die Landesregierung gehört haben, dass sie nicht verantwortungsvoll damit umgegangen sei. Das müssten Sie mir dann, bitte schön, auch belegen. Das habe ich aber nicht gesagt.
Klar ist auch: Es war über Wochen hinweg unklar, wo auf dem Containerschiff Flaminia welche Güter geladen waren.
Die Reaktion lautete dann: So etwas wüssten zwar die Charterer, aber der Reeder nicht unbedingt. -
Das ist wochenlang so gewesen. Und ein solcher Zustand ist einfach nicht hinnehmbar.
Wenn die Gesetze bisher nicht vorschreiben, dass das zu jedem Zeitpunkt klar sein muss, und zwar auch dem Reeder in Gänze klar sein muss, dann müssen diese Gesetze geändert werden. Das erwarten wir schon.
Das ist etwas, was ich Ihnen hier nicht vorgeworfen habe. Es geht vielmehr darum, dass wir im Landtag Konsens darüber haben sollten, dass das geändert werden muss, damit darüber ständig Transparenz herrscht. Nicht mehr und nicht weniger habe ich hier in meinem Redebeitrag gefordert. Ich weiß also nicht, was Sie daran zu kritisieren haben.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich stelle sogar gleich zwei, wenn es recht ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass gerade gesagt wurde, nicht nur die vier Netzbetreiber würden in die Planung einbezogen, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine recht zentrale Energieerzeugung in großem Umfang in der Nordsee sehr viel und sehr umfangreiche Leitungskapazität erforderlich macht, frage ich die Landesregierung, wie sie eigentlich die Tatsache bewertet, dass der Landkreis Oldenburg, der da deutlich betroffen ist, von der öffentlichen Konsultation zum Netzentwicklungsplan Strom 2012 erst über den Niedersächsischen Landkreistag erfahren hat und nicht über die planende Einrichtung.
Nachdem die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Wort „Dialogoffensive“ in den Mund genommen hat, stelle ich die zweite Frage, wie Sie sich die aktive Einbindung der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger in den Prozess der Leitungsplanung konkret vorstellen.
Danke.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren, die Hannover Rück fordert mit Schreiben vom 17. September 2007 an Finanzminister Möllring und mit Schreiben vom 18. September 2007 an den damaligen Ministerpräsidenten Wulff das Land Niedersachsen sehr deutlich auf, im Bundesrat am 21. September 2007 so abzustimmen, dass Kautionsrückversicherungen weiterhin nicht der Versicherungssteuer unterliegen. Herr Möllring hat
heute hier ausgeführt, dass das Kabinett zwar anders entschieden hatte, dass aber der damalige Ministerpräsident am 21. September im Bundesrat den Wünschen der Hannover Rück gehorsam entsprochen hat. Das sind ja gleich drei Skandale auf einmal, und ich finde, das geht nun wirklich nicht.
Erster Skandal: Einmal mehr zeigt sich, dass die Landesregierung ihre Aufgabe offensichtlich darin sieht, das zu tun, was Konzernchefs wünschen, auch dann, wenn das zulasten der Staatskasse und damit zulasten des Gemeinwohls geht.
Die Hannover Rück zieht am Fädchen, und die Landesregierungsmarionette hebt im Bundesrat wunschgemäß das Ärmchen.
Das große Problem ist: Für die lassen Sie sich so am Bändchen führen, und für arbeitslose Rentner und Hartz-IV-Beziehende machen Sie das nicht. Das sind zwar viel mehr Menschen, aber die haben weniger Geld und damit offensichtlich auch weniger Macht.
Ich hatte das mit der parlamentarischen Demokratie so verstanden, dass die Menschen Parteien wählen, die dann eine Regierung bilden, die dann zum Wohl der Allgemeinheit regiert. Ihr Demokratieverständnis sieht offensichtlich so aus, dass Sie als Ausführungsorgan für eine paar Konzerne da sind.
Der zweite Skandal: Sie informieren das gewählte Parlament dieses Landes scheibchenweise - immer dann, wenn etwas öffentlich wird oder gerade öffentlich zu werden droht.
Kabinettsbeschlüsse, die zur heutigen Erklärung von Herrn Möllring gehören, enthalten Sie uns vor mit der Begründung, die seien nicht hier. Ich glaube das nicht. Herr Möllring hat vor seiner heutigen Erklärung sicherlich darin nachgelesen.
Der dritte Skandal: Herr Möllring, Sie wollen uns hier weismachen, Sie hätten von diesem Vorgang nichts gewusst. Herr Möllring, Sie haben einen Tag
vor dem Ministerpräsidenten selbst einen Brief von der Hannover Rück bekommen. Und da wollen Sie nicht mitbekommen haben, dass Ihr Ministerpräsident entgegen dem Kabinettsbeschluss entsprechend dem Konzernwunsch abgestimmt hat, als für Steuern zuständiger Finanzminister in einer Steuerfrage, Herr Möllring? Ich bitte Sie! Wir sind doch hier nicht erst heute Morgen aus dem Mustopf gekrochen. Ich fordere Sie auf, legen Sie endlich vollständig die Liste Ihrer Gefälligkeiten für Ihre Auftraggeber vor.
Vielen Dank, Herr Präsident. In der Tat beantragen wir sofortige Abstimmung zu unserem vorliegenden Antrag, und zwar in der Fassung der Drs. 16/5047.
Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bank gleicht bis 2005 heimlich und ohne konkreten Tatverdacht die Daten Hunderttausender eigener und externer Angestellter mit anderen Daten ab, führt also eine Art Rasterfahndung durch. Lidl bespitzelt bis 2007 systematisch Angestellte bis in die Toiletten hinein mit Videoaufnahmen, bestellt vorgeschriebene Datenschutzbeauftragte nicht und speichert Daten von Angestellten zu lange.
Das sind nur zwei Bespiele dafür, dass es um den Beschäftigtendatenschutz in Deutschland schlecht bestellt ist. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass klare gesetzliche Regelungen fehlen und dass es bisher den Gerichten überlassen blieb, aus den vorhandenen gesetzlichen Regelungen ihre Beurteilung von Einzelfällen herzuleiten.
Alle im Bundestag vertretenen Parteien waren sich nach mehreren Datenschutzskandalen Anfang 2009 einig, dass im Beschäftigtendatenschutz
Klarheit und gesetzliche Eindeutigkeit geschaffen werden müssen und dass der Datenschutz für Beschäftigte deutlich verbessert werden muss.
CDU-Bundesinnenminister Schäuble versicherte im Februar 2009, er selbst sehe den Bedarf für ein spezielles, eigenes Gesetz zum Datenschutz abhängig Beschäftigter.
Was ist seitdem passiert? - Die Sache zieht sich und zieht sich. Bei aller Sympathie für ausführliche Vorbereitung ist es doch sehr enttäuschend, wenn erst im Februar 2011 ein Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten wird. Wenn dann auch noch selbst die Abgeordneten von CDU und FDP schon in dieser Debatte sagen, dass noch erheblicher Nachbesserungsbedarf besteht, wird noch deutlicher, wie wenig engagiert Sie auf dieser Seite des Hauses bei diesem Thema sind.
Und seither ist wieder fast nichts passiert. Doch - ich muss mich korrigieren -, es ist etwas passiert: Ihr Gesetzentwurf wurde heftig kritisiert, von Datenschützern, von Gewerkschaften und von vielen anderen Fachleuten. Ihr aktueller Entwurf ist voll von unbestimmten Rechtsbegriffen und Widersprüchen. Wir teilen die Sorge der Gewerkschaften, dass durch nicht wirklich freiwillige Betriebsvereinbarungen und Einwilligungen von Angestellten die von Ihnen im Gesetz definierten Standards noch unterlaufen werden könnten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar formuliert zu Recht, Sie würden mit Ihrem Gesetzentwurf und dem umfangreichen Ausnahmekatalog einen Freibrief für offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz ausstellen, und die Regelungen für medizinische Untersuchungen im Arbeitsleben seien zu weitgehend und zu ungenau. Er kritisiert auch, dass sich Beschäftigte bei datenschutzrechtlichen Problemen erst an den Arbeitgeber wenden sollen und sich dann erst an den Datenschutzbeauftragten wenden dürfen.
Entgegen der Ankündigung des Bundesinnenministers und gegen den Rat aller Fachleute legen Sie kein eigenständiges Gesetz vor, sondern puzzeln die Regelungen unübersichtlich in das Bundesdatenschutzgesetz hinein.
Juristisch nicht ausgebildete Angestellte hätten damit echte Probleme, sich über ihre Rechte zu informieren.
Sie wollen bisher nicht zulässige Vorgehensweisen ausdrücklich erlauben. Statt anlassloses Massenscreening wie beim Skandal der Deutschen Bahn zu verbieten, legalisieren Sie dieses mit Ihrem Gesetz ausdrücklich.
Sie wollen das Hinterherschnüffeln über Detekteien zur Aufdeckung von Pflichtverletzungen ausdrücklich erlauben, und zwar auch präventiv - das muss man sich mal überlegen -, also ohne Anlass, und andere Verschlechterungen mehr.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht der richtige Weg sein, die Anzahl von Datenschutzskandalen dadurch zu reduzieren, dass man gesetzlich erlaubt, was bisher ein Skandal war.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich wundere mich nicht wirklich, wie es zu einem derart untauglichen Gesetzentwurf kommen konnte. Der CSU-Abgeordnete Michael Friese hat im Bundestag am 25. Februar 2011 die Sicht der Koalition auf diese Frage deutlich gemacht. Ich zitiere:
„Worum geht es? Es geht darum, Unternehmen in die Lage zu versetzen, legal Daten zu sammeln, die dem Unternehmen dienen können“,
- und dann ein Nachsatz -
„wobei diese Daten des Mitarbeiters aber auch einem Schutz unterliegen müssen.“
Diese Äußerung zeigt klar Ihre Prioritäten, die darauf liegen, einseitig die Interessen der Arbeitgeber zu sichern. Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Wir brauchen ein Beschäftigtendatenschutzgesetz und kein Arbeitgeberdatensammelerlaubnisgesetz.
Die Linke fordert ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz, das seinen Namen verdient, das Massendatenscreening verbietet, das Videoüberwachung nur in sehr engen Grenzen und unter Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen zulässt, das die Kritik der Gewerkschaften und Datenschützer berücksichtigt, das die Kontrolle
von Telefonaten und E-Mails auf ein absolutes Minimum reduziert, das die Fragestellungen berücksichtigt, die sich aus der Nutzung sozialer Netzwerke ergeben, das die Befugnisse der Datenschutzbeauftragten und der Arbeitnehmervertretung im Bereich Datenschutz stärkt, das ein Verbandsklagerecht vorsieht und das die Grundrechte der Beschäftigten im Bereich Datenschutz wirklich sichert, statt der Arbeitgeberseite größtmögliche Spielräume für Überwachung, Kontrolle und Datenauswertung zu geben.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, der aktuell im Bundestag vorliegende Entwurf zementiert nur Missstände und verbessert die Situation im Bereich Datenschutz der Beschäftigten nicht. Darum sollten Sie unserem Antrag zustimmen. Sie sollten den aktuellen Gesetzentwurf über Ihre Bundestagsfraktion stoppen, notfalls, wenn es dann da nicht funktioniert, über die Landesregierung im Bundesrat. Sie sollten dafür Sorge tragen, dass es im Dialog aller Bundestagsfraktionen einen neuen Anlauf gibt. Entschließungsanträge oder Gesetzentwürfe liegen dazu aus allen Fraktionen vor.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Jahns, Sie haben gesagt, es tut sich ordentlich was. Wenn die Skandale auftauchen in den Jahren 2005 bis 2008 und sich im Februar 2009 alle Fraktionen im Bundestag einig sind, es muss etwas geschehen, Sie dann zwei Jahre brauchen, bis im Bundestag zum ersten Mal über einen Gesetzentwurf beraten wird, wenn Sie jetzt noch einmal eineinhalb Jahre brauchen, nachdem Ihre eigenen Abgeordneten, Herr Frieser und Frau Piltz, im Bundestag heftig kritisiert haben, es bestehe Verbesserungsbedarf, und Sie nach eineinhalb Jahren immer noch keinen neuen Entwurf vorgelegt haben, dann frage ich, wo Ihr Drive, Ihr Engagement, Ihr heftiges Bemühen um verbesserten Beschäftigtendatenschutz tatsächlich ist. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Sie haben gerade gesagt, man müsse abwägen zwischen den Interessen auf der Arbeitgeberseite und den Interessen auf der Arbeitnehmerseite. Jetzt frage ich Sie: Meinen Sie ernsthaft, dass Sie sich für die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einsetzen, wenn Sie zulassen wollen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne konkreten Verdacht Detektive auf den Hals gehetzt werden können, die deren Verhalten präventiv überwachen können, ohne dass irgendetwas vorliegt, einfach mal so pauschal? - Das wollen Sie erlauben. Ist das Ihr Beispiel dafür, dass es guten Arbeitnehmerdatenschutz geben muss? - Auch das kann wirklich nicht Ihr Ernst sein, Frau Jahns.
Dann noch zu der Frage, ob es angebracht ist, sich hier im Landtag zu diesem Thema zu positionieren. Selbstverständlich ist es angebracht, dass sich der Niedersächsische Landtag mit einem so wichtigen Thema befasst und dazu eine Position beschließt. Es ist außerdem angebracht, die Bundesregierung aufzufordern, hier ein Stoppzeichen zu setzen. Es
ist weiterhin angebracht, die Landesregierung aufzufordern, spätestens im Bundesrat zu sagen: Diesem Gesetzentwurf stimmen wir nicht zu.
Wir könnten ja zur Abwechslung auch mal, wie die Kollegin Leuschner gerade vorgeschlagen hat, die Moschee in der Stadt lassen oder die Synagoge im Ort, statt immer nur die Kirche im Dorf.
Herr Oetjen, ich finde, Sie haben hier eine relativ verzerrte Sicht auf die Dinge. Ich weiß auch nicht, was Sie an dieser Stelle alles nicht ernst nehmen und nicht aufnehmen. Wenn der Bundesdatenschutzbeauftragte sagt, dass die Regelungen für medizinische Untersuchungen im Gesetzentwurf zu uneindeutig sind und zu weit gehen und dass zu viel Auslegungsspielraum besteht, und wenn der Bundesdatenschutzbeauftragte sagt, dass Ihre Regelungen zu offener Videoüberwachung zu weit gehen und ein Freibrief sind, dann müssen Sie das doch auch einmal in Ihre Überlegungen einbeziehen.
Ich möchte an dieser Stelle einmal aus Ihrem Gesetzentwurf zitieren:
„Die Beobachtung nicht öffentlich zugänglicher Betriebsgelände, Betriebsgebäude oder Betriebsräume (Be- triebsstätten) mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwa- chung), die auch zur Erhebung von Beschäftigtendaten geeignet ist, ist nur zulässig“
- und jetzt kommt der ganze Katalog, wann das zulässig ist -:
„1. zur Zutrittskontrolle,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts,
3. zum Schutz des Eigentums,
4. zur Sicherheit des Beschäftigten,
5. zur Sicherung von Anlagen,
6. zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Betriebes,
7. zur Qualitätskontrolle“.
Was fehlt denn da eigentlich noch? Das ist doch eine nahezu vollständige Auflistung von auslegbaren Begriffen. Sie müssen sie nur beliebig auslegen. Dann können Sie so viel offene Videoüberwachung machen, wie Sie wollen.
Das sehen ja nicht nur wir so, sondern immerhin auch der Bundesdatenschutzbeauftragte, Gewerkschaften und andere.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Stratmann, ich finde, Sie müssen sich einmal entscheiden.
Entweder haben wir in diesem Bereich jetzt schon ganz tolle Gesetze, und es ist alles klar geregelt. Dann weiß ich überhaupt nicht, warum Sie überhaupt im Bundestag Gesetzentwürfe vorlegen. Dann lehnen Sie sich doch einfach zurück! - Dann kann ich Ihre mageren Aktivitäten nur als Populismus betrachten.
Oder Sie wollen Rechtsklarheit und sehen den Bedarf für ein eigenes Gesetz. Dann sollten Sie den Worten des damaligen Bundesinnenministers Schäuble folgen, der gesagt hat: Wir brauchen ein eigenes Gesetz dafür und nicht irgendwelche Paragrafen im Bundesdatenschutzgesetz. - Denn zur Rechtsklarheit gehört auch, dass sich unbedarftere, rechtlich nicht so gebildete Menschen über ihre eigenen Rechte informieren können. Das geht mit Sicherheit schlecht, wenn die Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz untergebracht sind.
Aber Sie müssen sich einmal entscheiden: Sehen Sie Regelungsbedarf, oder finden Sie jetzt schon alles ganz toll?
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, vor so wenigen Abgeordneten habe ich noch nie gesprochen. Aber irgendwann ist immer das erste Mal. Ich denke, das Thema hätte eigentlich eine höhere Anwesenheitsquote verdient.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Prostitution wird häufig als das älteste Gewerbe der Welt bezeichnet. Lassen wir diese schwer zu überprüfende These einmal außer Acht. Ich gehe davon aus, dass der Tauschhandel mit Lebensmitteln älter ist. Aber sei es drum.
Nach den Erfahrungen in der Ausschussberatung zu unserem Antrag müssen wir ergänzend feststellen: Prostitution ist das älteste, scheinheiligste und offenkundig unkaputtbarste Tabu in Niedersachsen. Etwa jeder fünfte Mann geht regelmäßig zu einer oder einem Prostituierten. Jetzt können Sie alle in Ihren Fraktionen ausrechnen, was das statistisch für Ihre Fraktion bedeutet. Ich habe das für unsere Fraktion schon ausgerechnet. Aber über Prostitution wollen Verantwortliche oft nicht sprechen und - schlimmer noch - auch nicht beraten lassen.
Als Totschlagargument wird beim Thema Prostitution immer gleich der pauschale Vorwurf der sogenannten Zwangsprostitution oder des kriminellen Milieus herausgeholt. Aber worum geht es wirklich?
Vor der Einführung des Prostitutionsgesetzes war Prostitution rechtlich als sittenwidrig definiert. Da war es z. B. Rechtsauffassung, dass bessere Arbeitsbedingungen wie gute hygienische Bedingungen durch Waschgelegenheiten auf den Zimmern und das Bereitstellen von Kondomen die bis dahin sittenwidrige Prostitution beförderten bzw. den Ausstieg erschwerten und daher strafbar waren.
Darum war die Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahre 2002 ein wichtiger Schritt. Prostitution ist seitdem nicht mehr pauschal sittenwidrig. Der Abschluss von Arbeitsverträgen wurde erlaubt, und bessere Arbeitsbedingungen wurden nicht mehr unter Strafe gestellt. Außerdem kann das von Freiern vorenthaltene Entgelt seither eingeklagt werden. Die Evaluierung 2007 hat aber u. a. gezeigt, dass immer noch fast alle Prostituierten ohne adäquate Renten- und Krankenversicherung arbeiten.
Jetzt geht es darum, durch zusätzliche Ausführungsverordnungen die Bedingungen der Sexarbeit weiter zu verbessern.
Wir wollen, dass für die Arbeit von Prostituierten Mindeststandards gewährleistet werden, dass sie ausreichend sozialversichert sind und dass sie ihre Interessen vertreten und sich in einer Gewerkschaft organisieren können.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren, sehr ernsthaft: Sind das nicht erstrebenswerte Ziele? - Gerade vor dem Hintergrund der Existenz von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, also weil es auch Menschen gibt, die zu Sex gezwungen werden und deren Peiniger dann das Geld dafür abkassieren, gilt es, die Interessen der frei gewählten Prostitution zu unterstützen.
Uns wurde vorgeworfen, dass wir in unserem Antrag nichts Konkretes stehen haben. Das ist in der Sache richtig. Wir haben keine konkreten Maßnahmen benannt, die es umzusetzen gilt. Wir haben es für deutlich klüger gehalten, diese Vorschläge auf einer Landeskonferenz erarbeiten zu lassen - unter Einbeziehung aller relevanten Akteurinnen und Akteure, von der Sexarbeiterin bis zum Bordellbetreiber, von der Fachberatungsstelle bis zum Sozialversicherungsträger. Diese Akteure können sicher viel fundierter als wir alle hier sagen, was nötig wäre, damit Prostitution unter vernünftigen, menschenwürdigen Bedingungen stattfindet.
CDU und FDP wollten weder diese Konferenz noch eine Verbandsanhörung. Ich frage Sie: Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen NordrheinWestfalen und Niedersachsen, dass es da einen runden Tisch geben kann und dass trotzdem noch nicht alle moralischen Werte den Rhein hinunter geflossen sind und in Niedersachsen eine Landeskonferenz zur Prostitution nicht möglich sein soll? - Meine Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck! Brechen Sie das vor Doppelmoral triefende Tabu! Stimmen Sie unserem Antrag für eine Landeskonferenz Prostitution zu!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es nicht ungewöhnlich, sondern eher ziemlich normal, dass man zehn Jahre nach Beschluss eines Gesetzes auch prüft, wie das Ganze gediehen ist, wie es sich entwickelt hat und ob es Dinge gibt, die anders, neu oder wie auch immer zu regeln sind oder die vergessen worden sind, weil man nicht daran gedacht hat. Das ist ein normaler Prozess in einem Gesetzgebungs- und dann auch Überarbeitungsverfahren.
Zu unserem Ansatz einer Landeskonferenz: Für die meisten von uns hier im Parlament ist das Feld der Prostitution eine eher fremde Welt. Ich wage einmal die Behauptung, dass wir alle dort nicht Tag für Tag Erfahrungen sammeln, dass wir nicht genau wissen, welche Probleme sich dort stellen, und dass wir nicht genau wissen, was diejenigen, die die Sexarbeit leisten, für Probleme haben. Deswegen ist es äußerst sinnvoll, sich mit denen zusammenzusetzen, die diese Erfahrungen eben tagtäglich machen. Sie können viel fundierter als wir sagen, wo möglicherweise Nachbesserungsbedarf besteht, was sinnvolle Regelungen zur Beseitigung durchaus vorhandener Probleme wären; es ist ja gar nicht strittig, dass es in diesem Bereich auch Probleme gibt.
Deswegen weiß ich nicht, warum Sie sich so dagegen sträuben, zu sagen: Setzen wir uns in Niedersachsen mit denjenigen zusammen, die in diesem Umfeld wirklich Bescheid wissen, hören wir sie an, und lassen wir uns von ihnen sagen, wo die Probleme liegen, wo der Handlungsbedarf liegt, was in Gesetzen und Ausführungsbestimmungen anders geregelt werden müsste als heute!
Geben Sie sich einen Ruck! Das ist doch wirklich nichts, wozu Sie sich nicht durchringen könnten, wenn Sie ernsthaft darum bemüht wären, in diesem Feld Verbesserungen zu erzielen.
Vielen Dank. - Herr Minister, würden Sie einräumen, dass wir in unserem Antrag nichts dazu geschrieben haben, dass wir im Privateigentum befindliche Waldflächen verstaatlichen wollen,