Ich übermittele Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche und wünsche Ihnen Gesundheit und Wohlergehen in dem vor Ihnen liegenden Lebensjahr.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 15, der Aktuellen Stunde. Anschließend werden wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fortsetzen. Die heutige Sitzung soll gegen 19.15 Uhr enden.
Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.
Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung der Herr Minister für Wissenschaft und Kultur Herr Stratmann ab 11 Uhr, von der Fraktion der CDU Herr Schobert und von der Fraktion der FDP Herr Rickert.
Zu diesem Tagesordnungspunkt sind mir fünf Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können. Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde getroffenen Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten als bekannt voraus.
Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, den Antrag der FDP-Fraktion in der Drs. 16/2326 und den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2316 gemeinsam aufrufen zu lassen, da sie das gleiche Themengebiet betreffen.
Zur Klarstellung sei noch darauf hingewiesen, dass der gemeinsame Aufruf mehrerer Anträge in der Aktuellen Stunde nicht zu einer Aufhebung der in § 49 Abs. 4 Satz 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehenen Einzelredezeit von fünf Minuten führt. Die einzelnen Redebeiträge dürfen nach wie vor höchstens fünf Minuten dauern.
Den demografischen Wandel nutzen - Bildung bringt die höchste Rendite - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/2326
Misst der Ministerpräsident mit zweierlei Maß: „Upgraden“ bei sich und „Downgraden“ bei der Bildung? - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2316
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der demografische Wandel beschäftigt uns in allen politischen Bereichen.
Ich unterbreche einmal. - Es ging gestern Morgen besser, und es wäre ganz gut, wenn wir es auch heute so fortsetzen könnten, was die Ruhe, die gebotene Sachlichkeit und auch die Aufmerksamkeit angeht. - Bitte!
In der letzten Legislaturperiode gab es eigens eine Enquetekommission, die sich mit diesem Problem auseinandergesetzt hat. Lassen Sie mich gleich zu Beginn klar und deutlich sagen: Der demografische Wandel ist ein Problem. Selbst wenn man in einzelnen Bereichen von demografischer Rendite spricht, dann geschieht dies nicht im Sinne von bedeutendem Profit, sondern vielmehr nach dem Motto: das Beste daraus machen.
Auch in der Bildungspolitik wird sich der demografische Wandel niederschlagen und Auswirkungen haben. Sind in 2010 noch knapp über 930 000 Schülerinnen und Schüler in Niedersachsens allgemeinbildenden Schulen, so werden es im Jahr 2025 voraussichtlich nur noch knapp über 700 000 Schülerinnen und Schüler sein. Das heißt, der Rückgang der Schülerzahl wird zwischen 20 und 25 % betragen. Er wird eher in Richtung 25 % tendieren.
Die Auswirkungen lassen sich für jeden von uns schon heute feststellen. In vielen Städten und Gemeinden wird darüber diskutiert, ob man Grundschulstandorte erhalten kann und wie man die Schullandschaft getreu dem Motto „kurze Wege für kurze Beine“ aufrechterhalten und weiterentwickeln kann. Die Tatsache, dass im Schuljahr 2008/2009 315 000 Schülerinnen und Schüler die 1 833 Grundschulen besuchten und diese Zahl bis 2025 auf 250 000 Schülerinnen und Schüler zurückgehen wird, zeigt doch deutlich, dass es Handlungsbedarf vor Ort geben wird. Es ist - das wissen wir alle aus der Praxis vor Ort - eine der größten Herausforderungen für die Kommunalpolitik, über die Schließung von Grundschulstandorten sachgerecht zu debattieren. Das Ganze funktioniert in der Regel nur dort, wo man parteiübergreifend einen Konsens im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Schullandschaft erreicht.
Vielleicht wünscht sich so mancher Kommunalpolitiker, dass wir von Hannover aus sagen, welche Standorte geschlossen werden sollen und welche Standorte erhalten bleiben sollen, weil wir dann diejenigen sind, die den Schwarzen Peter in der Hand haben. Ich sage dazu ganz deutlich: Das ist und bleibt auch in Zukunft die Aufgabe der Schulträger. - Wir hingegen müssen daran arbeiten, auch kleine Standorte zu erhalten, beispielsweise mit Schulverbünden. Wir werden uns im Kultusausschuss während unserer Ausschussreise mit dem Thema auseinandersetzen, wie man das or
ganisieren kann. Ich erwarte, dass wir in die Richtung gehen werden, dass wir Schulen an kleinen Orten zu Schulverbünden zusammenschließen und dass wir die Schulleitungen und auch die Standortleitungen entsprechend entlasten, damit wir einen Anreiz schaffen, vor Ort zu solchen Lösungen zu kommen. Natürlich kann auch die flexible Eingangsstufe in den Grundschulen ein probates Mittel sein, Standorte zu erhalten. Aber auch dort müssen letztendlich pädagogische Überlegungen die Grundlage einer solchen Entscheidung sein.
Ich sage hier auch ganz deutlich, dass ein zusammengefasster Unterricht der Jahrgänge 1 bis 4 einzig und allein aus der Überlegung heraus, Standorte zu erhalten, dauerhaft nicht zielführend sein wird und keine Lösung darstellen wird.
Natürlich stellt sich auch für weiterführende Schulen die Frage der Zukunftsfähigkeit, weil sich der demografische Wandel ja fortsetzen wird. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es deshalb richtig und wichtig, dass gerade bei neu gegründeten Schulen über 14 Jahre die Mindestzügigkeit nachgewiesen werden muss. Das sollte auch in der Nachfolgeverordnung zur Schulentwicklungsplanung so geregelt werden.
Es wird natürlich auch vielfach darüber spekuliert, wie man die demografische Rendite im Bildungsbereich möglicherweise auch finanziell nutzen kann. Einige sagen, ein Rückgang der Schülerzahl um 25 % bedeute einen Rückgang der Lehrerzahl um 25 % und man könne dementsprechend Einsparungen vornehmen. Nicht zuletzt die Berechnungen des Landesrechnungshofes gingen ja in diese Richtung. Aber gleichwohl werden sich hier natürlich Chancen bieten, die es dahin gehend zu nutzen gilt, dass wir Fehler, die andere in den 90er-Jahren gemacht haben, korrigieren und nicht erneut machen. Zum einen - das wissen Sie - gilt es noch, das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto für die Gymnasiallehrer zurückzuzahlen - eine alte Hypothek, die uns die SPD hinterlassen hat -, und zum anderen darf man natürlich nicht den Fehler machen, über mehrere Jahre hinweg gar keine Lehrer einzustellen,
Das heißt, die Vermeidung sozialdemokratischer Fehler wird daher schon einen Teil der demografischen Rendite kosten.
Ich kann Ihnen heute versichern: Wir wollen den Klassenteiler von 32 Schülerinnen und Schülern senken, wir wollen die Schulleiter entlasten, und wir wollen auch das Maßnahmenbündel zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung nicht ewig weiterlaufen lassen. Die FDP steht gemeinsam mit der CDU in der Verantwortung für die kommenden Generationen. Wir werden weiterhin eine verlässliche und gute Bildungspolitik für dieses Land machen. Aber wir werden natürlich auch den kommenden Generationen einen handlungsfähigen Staat hinterlassen. Das ist die Aufgabe - beides zu tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Försterling, Sie haben eben gesagt, dass Sie die demografische Rendite, die im Bereich der Bildungspolitik erzielt wird, im System belassen und dazu nutzen wollen, die Bildungsqualität zu verbessern und möglicherweise neue Diskussionen über die Zusammenlegung von Schulen anzustoßen. Sie haben am 9. März eine Pressemeldung mit „Die Zukunft Niedersachsens ist nicht nur vom Geldbeutel abhängig“ betitelt. Die Worte höre ich wohl; aber Ostern steht vor der Tür, und da fragt man die FDP in Niedersachsen natürlich: Ist das etwa das gelbe Überraschungsei? - Man kauft die schöne gelbe Verpackung - Sie beschreiben das hier wunderbar, mit blumigen Worten -, aber nachher, wenn man sie aufmacht und dahinter guckt, ist die Überraschung umso größer, meine Damen und Herren.
So versprechen Sie z. B. auf Ihrem Parteitag in Wilhelmshaven - das haben Sie dort ja auch beschlossen - die Beitragsfreistellung des ersten und zweiten Kindergartenjahres, die Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Krippengruppen, den Einsatz von Sozialpädagoginnen und -pädagogen in Primarstufen, den Erhalt der Vollen Halbtagsschulen und kleinere Klassen mit einem Klassenteiler von 18 und 24.
Meine Damen und Herren, mein Kollege Herr Poppe hat es schon in der Sitzung vor Weihnachten gesagt. Man fragt sich wirklich: Ist denn schon Weihnachten? - Wäre es ein Antrag der Linken gewesen, dann würden Sie ihn doch ablehnen und fragen, wie das alles finanziert werden soll. Denn eines ist doch klar: Bildung ist nicht zum Nulltarif zu bekommen!
Wenn die FDP hier sozusagen so langsam die innere Oppositionspartei zur Regierung aus sich herauskehrt,
dann fragt man sich natürlich: Warum wird angesichts dieser ganzen Erkenntnisse nicht auch tatsächlich danach gehandelt? - Sie hätten in diesem Landtag die Chance, Farbe zu bekennen und mit Ihren Abstimmungen dazu beizutragen.