Protocol of the Session on February 16, 2011

Login to download PDF

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen des Präsidenten

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung: Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor. Für die Aktuelle Stunde sind fünf Themen benannt worden. Es liegen im Übrigen vier Dringliche Anfragen vor, die morgen früh ab 9.10 Uhr beantwortet werden.

Auf der Grundlage der im Ältestenrat für die Beratung einzelner Punkte vereinbarten Redezeiten und des im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssels haben die Fraktionen die ihnen jeweils zustehenden Zeitkontingente so verteilt, wie Sie das aus der Ihnen vorliegenden Übersicht ersehen können. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen Redezeiten fest.

Die heutige Sitzung soll gegen 19 Uhr enden.

Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, passiert im Landtag doch ab und zu etwas Neues: In der oberen und unteren Wandelhalle stehen jetzt insgesamt vier Wasserspender bereit.

(Beifall)

In der unteren Wandelhalle steht je ein Wasserspender an den Eingängen zu den beiden Logen, und in der oberen Wandelhalle sind zwei Geräte an den Eingängen zu den Tribünen E und B zu finden. Damit wird einem Wunsch entsprochen, der verschiedentlich an uns bzw. an mich herangetragen worden ist. Ich gehe davon aus, dass das die breite Zustimmung des Hauses findet.

(Beifall)

Die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ wird in den kommenden Tagen wieder mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Es handelt sich um Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums aus Achim. Der Abgeordnete

Dr. Gero Hocker hat sich dankensweiterweise bereit erklärt, als Pate die Arbeit der jungen Leute nach Kräften zu unterstützen und erster Ansprechpartner der Nachwuchsjournalisten sein.

Ich weise außerdem darauf hin, dass das Modellprojekt „Landtagsfernsehen“ wieder mit jungen und aufstrebenden Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten im Laufe der kommenden Tage Sendungen erstellen wird. Die einzelnen Sendungen stehen unmittelbar nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Multi-Media Berufsbildende Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit. Sie sollen auch über den Regionalsender h1 gesendet werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, bitte geben Sie Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurück.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung die Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, Frau Özkan, für die Zeit nach der Mittagspause, von der Fraktion der SPD Herr Brinkmann, Herr Meyer, Herr Poppe und Herr Wulf, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Korter sowie von der Fraktion DIE LINKE Herr Dr. Sohn.

Vielen Dank. - Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir fünf Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen konnten.

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten - auch bei der Landesregierung - als bekannt voraus.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 2 a:

Freiwilligkeit reicht nicht mehr - die Quote muss jetzt her - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3334

Dazu erteile ich der Kollegin Groskurt von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Nicht alles kaputt machen da vorne!)

- Das habe ich jetzt heile gemacht! So ist das bei den Frauen: Sie machen erst einmal alles heile, wenn sie irgendwo hinkommen.

(Beifall - Zurufe - Glocke des Präsi- denten)

Aber jetzt Schluss mit freundlichen Appellen, sagt die SPD und sagt - oh Wunder! - auch Frau Dr. von der Leyen. Sie droht den deutschen Unternehmen wegen des geringen Anteils von Frauen in Toppositionen und angesichts der nur mit der Lupe erkennbaren Fortschritte der vergangenen Jahre mit einer gesetzlichen Frauenquote.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist doch kei- ne Drohung!)

Die CDU-Dame hat zum Sturm im Deutschen Medienblätterwald geblasen. Die Kolleginnen Schröder und Merkel haben Blitz und Donner herbeigebetet. Und übrig geblieben ist leider nur ein laues Lüftchen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Dass Frau von der Leyen im Streit um die Quote so schnell eingelenkt hat - nur drei Tage hat sie durchgehalten -, hat mich schwer enttäuscht. So kennt man sie aus Niedersachsen gar nicht. Hier ist sie keinem Streit aus dem Weg gegangen. Hat Berlin sie kraftlos gemacht? - Der Streit in der Union verhilft dem Thema Frauenquote zwar zu sehr viel Aufmerksamkeit. Wir brauchen aber keine Debatte mehr. Wir brauchen endlich eine Entscheidung.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Die Argumente sind gedreht und gewendet. Die Zahlen stagnieren. In den deutschen Topunternehmen haben mehr als 90 % der 100 größten Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Und doch geht ein Schock der Empörung und der Angst durch dieses Land, wenn eine Arbeitsministerin, ein Wirtschaftsboss oder eine EU-Kommissarin vorzuschlagen wagt, das in Ordnung zu bringen, was nicht von allein in Ordnung kommen will.

Vor zehn Jahren beschloss die deutsche Wirtschaft, um ein von der damaligen Frauen- und Familienministerin Christine Bergmann geplantes Gleichstellungsgesetz zu verhindern, eine Vereinbarung, allerdings auf freiwilliger Basis. Die Chancen von Frauen sollten nachhaltig verbessert werden.

Die Justizministerkonferenz hat im Herbst 2010 festgestellt: Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Frauenförderung ist in den vergangenen zehn Jahren ersichtlich wirkungslos geblieben. Im EUVergleich schneidet Deutschland schlecht ab. Das können wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Angesichts eines Frauenanteils von über 50 % bei den Hochschulabschlüssen müssen beide Geschlechter auch in den Führungsetagen der Wirtschaft in etwa gleich stark vertreten sein. Zehn weitere solcher Jahre kann sich Deutschland wirtschaftlich nicht leisten.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Der Rückblick auf die letzten zehn Jahre zeigt: Frauen brauchen Ausdauer. Da hat die Natur es schon gut eingerichtet, dass Frauen länger leben als Männer.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist, dass sich die Diskussion an den Tatsachen orientiert. Frankreich hat uns am 13. Januar 2011 vorbildlich gezeigt, wie man dahin kommt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nun habe ich einige Beispiele aufgezählt und Statements von maßgeblichen Personen und Institutionen genannt. Aber die Regierungsfraktionen unseres Landtags waren nicht dabei. Sie waren mucksmäuschenstill, abgesehen von der klitzekleinen überflüssigen Pressemitteilung der CDU-Fraktion, die erklärte, angesichts der demografischen Entwicklung kann

es sich die Wirtschaft nicht länger leisten, Frauen derart von Führungspositionen fernzuhalten.

(Johanne Modder [SPD]: Ach! Das ist ja neu!)

Habe ich das richtig verstanden? - Frauen sollen in Führungspositionen kommen, weil es nicht mehr genug fachlich qualifizierte Männer gibt,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

und nicht etwa, weil Frauen unerschöpfliche Potenziale haben? - Qualität durch Quote ist die Losung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU.

(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Genau!)

Schwarz-Gelb ist einfach ein Zukunftsrisiko.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht mehr aus. Hören Sie doch einmal auf Frau Dr. von der Leyen, die sagt: Man muss erst richtig Feuer in der Hütte machen. Erst wenn jeder Dritte eine Dritte ist, ändert sich die männlich dominierte Unternehmenskultur. Dann können Frauen ihre Stärken entfalten. - Dass ich als SPD-Frau sagen muss, dass sie recht hat, ist zwar für mich eine Qual, aber für eine gesetzliche Frauenquote in Chefetagen will ich mich gerne quälen.