Protocol of the Session on September 27, 2012

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Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 146. Sitzung im 47. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 17: Mitteilungen des Präsidenten

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 18, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 20.40 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Finanzminister Möllring bis zur Mittagspause, der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Herr Lindemann, von der Fraktion der SPD Frau StiefKreihe, Herr Aller und Herr Möhle, von der Fraktion DIE LINKE Herr Perli und Herr Humke bis zur Mittagspause sowie Frau Wegner.

Vielen Dank. - Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung von Dringlichen Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich nach wie vor schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 18 a:

Soll die A 7 in Südniedersachsen um jeden Preis privat ausgebaut und betrieben werden? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/5207

Dazu erteile ich dem Kollegen Schminke das Wort.

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die viel befahrene Bundesautobahn 7 ist bzw. soll zwischen den Autobahndreiecken Drammetal - A 38 - und Salzgitter - A 39 - in insgesamt acht Abschnitten sechsstreifig ausgebaut werden. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat im Jahr 2008 insgesamt vier Öffentlich-PrivatePartnerschaft(ÖPP)-Vorhaben als sogenannte A-Pilotprojekte gestartet. In einer zweiten Staffel wurden weitere acht ÖPP-Projekte angekündigt, darunter auch der Streckenabschnitt der A 7 zwischen den Autobahndreiecken Salzgitter und Drammetal.

Der Bundesrechnungshof hat schon in seinen Bemerkungen 2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes darauf hingewiesen, dass bei einem konventionellen Ausbau der A 7 Einsparungen in Höhe von 25 Millionen Euro möglich seien, dieser zudem zügiger möglich sei als durch einen Konzessionär, und gefordert, die Sanierungskosten in die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung einzubeziehen.

Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung beauftragte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, zu deren Erstellung die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr um Datenzulieferung gebeten wurde, soll einen Vorteil zugunsten eines ÖPP-Projektes ergeben haben. Dabei sollen verschiedene aus Niedersachsen zugelieferte Daten nicht in der abgestimmten Form in die Untersuchung eingeflossen sein. Entgegen der Forderung des Bundesrechnungshofes sollen auch die aufgezeigten Sanierungskosten für die nicht ausgebauten Abschnitte nicht enthalten sein. Hingegen hätten Plausibilisierungen auf niedersächsischer Seite einen finanziellen und zeitlichen Vorteil für einen konventionellen Ausbau herausgestellt.

Ungeachtet dessen hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Enak Ferlemann, im Rahmen des Baubeginns für einen weiteren Aus

bauabschnitt untermauert, dass für die weiteren Streckenabschnitte ein ÖPP-Modell verfolgt werde; so die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 21. August 2012, laufende Nummer 169/2012.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Zu welchem Ergebnis kommt die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in der Frage eines konventionellen oder konzessionären Ausbaus auch unter Berücksichtigung eines erheblichen Zeitgewinns bei konventioneller Bauweise?

2. Gibt es Stellungnahmen der niedersächsischen Landesstraßenbauverwaltung Bad Gandersheim und des zentralen Geschäftsbereichs Hannover, die Abweichungen zu Bauzeiten und Kosten in dem Gutachten aufzeigen, und, wenn ja, wie würde sich das Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unter Berücksichtigung der in den Stellungnahmen der niedersächsischen Landesstraßenbauverwaltung benannten Abweichungen verändern?

3. Weshalb wurden in den Unterlagen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung Erkenntnisse aus Wirtschaftlichkeitsberechnungen eines ÖPP-Projekts in Bayern als Referenzwert verwendet?

So, jetzt können Sie mal antworten.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Bode das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schminke, das will ich gern tun, und zwar nicht nur bilateral, sondern durchaus auch von hier vorne.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Was hat Ih- nen das Haus denn so aufgeschrie- ben?)

- Herr Jüttner, ich bin doch gerade dabei, Ihnen darzulegen, wie es wirklich ist, damit Sie nicht alles so übernehmen müssen, wie es Herr Schminke hier vorgetragen hat; denn da gibt es schon ein paar Unterschiede. Aber eines ist, glaube ich, klar: So, wie Sie die Frage bewusst provokant formuliert

haben, wird es hier im Saal wahrscheinlich niemanden geben, der nicht eindeutig Nein sagen würde; denn um jeden Preis macht man natürlich nichts, sondern man macht alles aufgrund von Abwägungen, Prüfungen und verantwortbarer Entscheidungen.

(Jens Nacke [CDU]: Jetzt warten wir so lange, bis Herr Schminke auch zu- hört!)

- Klar, gerne.

(Björn Thümler [CDU]: Herr Schminke hört nie zu!)

- Herr Schminke bespricht sich noch mit Herrn Lies. Ich würde die Frage jetzt aber gern beantworten.

Es ist also selbstverständlich nicht so, dass der Ausbau der A 7 zwischen Seesen und NörtenHardenberg sowie die Erhaltung und der Betrieb des Abschnitts zwischen dem Dreieck Salzgitter und Göttingen um jeden Preis als ÖPP-Projekt realisiert werden sollen. Das wissen Sie so gut wie ich. Die Landesregierung hat dazu ja auch mehrfach Erklärungen abgegeben.

Es ist allerdings so, dass öffentlich-private Partnerschaften - das möchte ich hier einmal deutlich in Erinnerung rufen - darauf abzielen, Leistungen effizienter, schneller und über den Lebenszyklus insgesamt wirtschaftlicher bereitzustellen.

Bei ÖPP-Vorhaben werden Bauerhaltung und Betrieb inklusive anteiliger Finanzierung über den gesamten Lebenszyklus - bei einer Straße sind das regelmäßig 30 Jahre - an Private übertragen. Der Staat bleibt auch bei einem ÖPP-Projekt Eigentümer der Strecke und ist gegenüber Dritten für das Projekt verantwortlich. Das heißt, er zieht sich aus seiner Verantwortung nicht zurück. Bei der konventionellen Umsetzung werden demgegenüber alle Leistungselemente - unterteilt in Fach- und Teillose - einzeln ausgeschrieben und an Private vergeben. Erhaltung und Betriebsdienst bleiben in öffentlicher Hand, wobei auch hierbei zahlreiche Einzelleistungen an Private vergeben werden.

Ob für den Lebenszyklus einer Straße ein ÖPPProjekt eine wirtschaftliche Alternative gegenüber der herkömmlichen Finanzierung ist, wird dann in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergebnisoffen geprüft. Entscheidender Maßstab für oder gegen ein ÖPP-Projekt ist und bleibt allein dessen Wirtschaftlichkeit. Diese Vorgehensweise, meine

sehr geehrten Damen und Herren, ist auch nicht neu. Das ist auch keine Erfindung der jetzigen Bundesregierung, geschweige denn dieser Landesregierung. Es sind die jetzt nach und nach konkret werdenden Projekte der damaligen Bundesregierung mit dem SPD-Bundesverkehrsminister Tiefensee. Man kann quasi sagen: Herr Tiefensee hat die Geister gerufen, die Sie als SPD-Landtagsfraktion heute nicht wieder loswerden.

Dessen ungeachtet wirft Ihnen der inhaltliche Teil Ihrer Anfrage inzwischen Gutes und Bekanntes noch einmal auf, auch wenn Sie Ihrer Zeit hier gerne etwas voraus sein möchten. Die in der angesprochenen Pressemitteilung des Bundesverkehrsministeriums wiedergegebene Äußerung von Herrn Staatssekretär Ferlemann entspricht nach wie vor den Intentionen der Bundesregierung. Um es einmal deutlich zu sagen: Ein abschließendes Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung liegt noch nicht vor.

Vielleicht ist es neu für Sie, aber Sie sollten an Folgendes denken: Die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wird vor dem Vergabestart erstellt. Sie basiert u. a. auf Kostenannahmen der Verwaltung für die ÖPP- und für die konventionelle Realisierung. Im Ausschreibungsfall wird dann das tatsächliche, im Wettbewerb ermittelte ÖPPAngebot mit der Variante konventionelle Realisierung im Rahmen der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung verglichen. Nur wenn hier - und zwar in diesem Schritt - ÖPP mindestens ebenso wirtschaftlich ist wie die konventionelle Realisierung, darf der ÖPP-Vertrag abgeschlossen werden.

Wenn Sie heute das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung veröffentlichen wollen, geben Sie jedem ÖPP-Anbieter eine kalkulatorische Steilvorlage, um die konventionelle Variante im Wettbewerb zu unterbieten oder mit ihr gleichzuziehen. Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, hätten Sie Ihrem eigentlichen Anliegen, das wir ja kennen, sogar einen Bärendienst erwiesen.

Nun zu Ihren drei Fragen, zunächst zu Frage 1. Ich habe es eben schon gesagt, und ich wiederhole es gerne: Nach wie vor wird vom Bundesverkehrsministerium in Abstimmung mit der Auftragsverwaltung des Landes Niedersachsen die nach der Bundeshaushaltsordnung vorgesehene vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt. Ein abschließendes Ergebnis liegt noch nicht vor.

Die Fragen 2 und 3 fasse ich wegen des Sachzusammenhangs zusammen. Die Ausführungen der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr wurden vom Fachreferat meines Hauses an das Fachreferat des Bundesverkehrsministeriums weitergeleitet. Ob und inwieweit diese in die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung einbezogen werden, hängt vor allem von deren Plausibilität ab. Das ist doch naheliegend, wenn der Maßnahmenträger sich vorbehält, Eingangsdaten der Untersuchung zu plausibilisieren, z. B. anhand von Zahlen aus anderen Projekten. Andernfalls und im Einzelfall muss es auch erlaubt sein, andere, d. h. plausible Daten der weiteren Bearbeitung zugrunde zu legen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Schminke stellt die erste Zusatzfrage.

Herr Minister Bode, es gibt Rückmeldungen der Landesbehörde an den Bund, die sich auf die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung beziehen. Diese Rückmeldungen beinhalten die Sichtweise des Landes: Zahlen und Daten, die völlig anders gesehen werden. Ich frage Sie: Sind diese Daten und Zahlen vollständig, also in allen Bereichen, an den Bund weitergeleitet worden?

Herr Minister Bode!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich eben noch einmal erkundigt. Meine Mitarbeiter aus dem Fachreferat sagen, dass alles, was aus der Straßenbauverwaltung zur Weiterleitung an uns gegeben wurde, auch weitergeleitet wurde.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Schneck stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Minister Bode, vor dem Hintergrund, dass wir wissen, dass Sie der Partei angehören, die am liebsten alles privatisieren würde, frage ich, warum, nachdem der Bundesrechnungshofes den soforti