Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, möchte ich Sie darüber in Kenntnis setzen, dass der Kollege Herr Dr. Sohn gestern Abend auf dem Rückweg von der Plenarsitzung auf dem Weg vom Bahnhof zu seinem Heimatort mit seinem Fahrrad von einem Auto erfasst worden ist und mit Verletzungen im Krankenhaus Peine liegt. Ich wünsche ihm von hier aus im Namen des ganzen Hauses alles erdenklich Gute und vor allem eine baldige und vollständige Genesung.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 15, der Aktuellen Stunde. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
Die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ wird in den kommenden drei Tagen wiederum mit einer online-Redaktion live aus dem Landtag berichten. Es handelt sich um Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule aus Hessisch Oldendorf. Der Abgeordnete Herr Deppmeyer hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, als Pate die Arbeit der jungen Leute nach Kräften zu unterstützen und als erster Ansprechpartner der Nachwuchsjournalisten zur Verfügung zu stehen.
Ich weise außerdem darauf hin, dass das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ wieder mit jungen und aufstrebenden Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Humboldt-Schule Seelze im Laufe der kommenden Tage Sendungen erstellen wird. Die einzelnen Sendungen stehen wie immer unmittelbar nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Multi-Media Berufsbildende Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit. Sie sollen auch über den Regionalsender h1 gesendet werden.
Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.
Guten Morgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich für heute entschuldigt von der Fraktion der CDU Herr Oesterhelweg ab 16.30 Uhr, von der Fraktion der FDP Herr Rickert und, wie eben der Präsident schon vorgetragen hat, von der Fraktion DIE LINKE Herr Dr. Sohn.
Für die Aktuelle Stunde sind fünf Themen benannt worden, die Sie im Einzelnen dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können.
Die Anträge der Fraktion der FDP und der Fraktion DIE LINKE, also die Punkte b und d, betreffen die gleiche Thematik und sollen daher gemeinsam aufgerufen werden. Wie Sie wissen, bleibt die in der Geschäftsordnung vorgesehene Einzelredezeit von fünf Minuten davon unberührt.
Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde im Übrigen geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.
Das Ende der Legende: Landesregierung in der Haushaltspolitik ratlos (zu Hause), machtlos (in Berlin), skrupellos (gegenüber den Kommu- nen)? - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2209
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ratlos, machtlos, skrupellos - das ist die Finanzpolitik dieser Landesregierung in der aktuellen Krise.
Was haben Sie sich aufgeplustert vor der Haushaltsklausur! Strukturbestimmende Entscheidungen sollten getroffen und die Details für den Haushaltsplan 2011 vorbereitet werden. Als der Termin näher kam, Herr Wulff, wurde die Haushaltsklausur zur Zukunftsklausur nach dem Motto: Wenn wir über 2020 reden, müssen wir uns keine Gedanken über heute und morgen machen.
Dabei geht es um die Entscheidungen für heute und morgen. Die Ausgangslage ist prekär. Diese Landesregierung weiß sich nicht anders zu helfen, als in den Jahren von 2011 bis 2013 eine Neuverschuldung von knapp 5 Milliarden Euro zu betreiben. Das ist nicht Konsolidierung, sondern eine immense Erhöhung der Schulden und damit ein Rieseneingriff in die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft. 5 Milliarden Euro, meine Damen und Herren!
Trotz dieser immensen Neuverschuldung weist die mittelfristige Finanzplanung einen Handlungsbedarf von knapp 5 Milliarden Euro aus. Diese Summe fehlt ebenfalls bis 2013. Um sich eine Vorstellung davon zu machen: Dieser Betrag entspricht ungefähr dem jährlichen Kultushaushalt mit seinen weit mehr als 80 000 Beschäftigten. Sie stehen vor der Herausforderung, diese Summe noch irgendwie einsparen zu müssen oder aber durch zusätzliche Einnahmen auszugleichen.
Und was war das Ergebnis der Haushaltsklausur? - 345 Millionen Euro haben Sie eingesammelt, obwohl der Handlungsbedarf allein im Jahre 2011 bei 1,3 Milliarden Euro liegt. 1 Milliarde Euro fehlt Ihnen, meine Damen und Herren! Die sind mit normalen Instrumenten im nächsten Jahr nicht aufzubringen. Sie werden zu finanztechnischen Tricks greifen müssen.
Vor dem Hintergrund der Unterfinanzierung der öffentlichen Ausgaben sollten wir wirklich einmal ernsthaft über die Zukunft des Sozialstaats reden. Aber das ist eine andere Debatte als die von Herrn Westerwelle angestoßene.
Neben dieser Grundsatzdebatte geht es natürlich auch um sofortige Antworten auf die drängenden Fragen. Sie haben sich aufgeblasen mit dem ambitionierten Programm, 1 500 Stellen bis 2015 einzusparen. Das bringt im Jahr 2015 Einsparungen von 50 Millionen Euro, meine Damen und Herren. Herr Wulff, hätten Sie im Dezember im Bundesrat der Mehrwertsteuerreduzierung für Hotels nicht zugestimmt, dann hätten Sie ab 2010 fast die gleiche Summe jedes Jahr im Haushalt zur Verfügung. So viel zu Vergleichen.
Und was leisten Sie in Berlin, um die Finanzierung in Niedersachsen zu gewährleisten, meine Damen und Herren? - Allein das Wachstumsbeschleunigungsgesetz kostet Niedersachsen bis 2013 735 Millionen Euro. Sie verschlechtern damit die Einnahmen des Landes zusätzlich. Herr Bode wird außerdem nicht müde, in den letzten Wochen über das Land zu ziehen und zu sagen „Die 20 Milliarden Steuersenkung sind doch kein Problem, das machen wir mit links“. - Das würde eine weitere Reduzierung der Einnahmen im Haushalt des Landes Niedersachsen von 1 Milliarde Euro bedeuten. Wie Sie das darstellen wollen, müssen Sie uns einmal erzählen.
Was uns aber am meisten umtreibt, ist Ihr skrupelloser Umgang mit den kommunalen Finanzen in Niedersachsen. Sie wissen wie ich, dass die Kassenkredite bei knapp 5 Milliarden Euro liegen. Sie wissen wie ich, dass im Jahre 2010 zusätzlich 1 Milliarde Euro in den kommunalen Kassen fehlen werden. Und was machen Sie in dieser Zeit? - Im kommunalen Finanzausgleich enthalten Sie den Kommunen 100 Millionen Euro vor. Im letzten Jahr haben Sie in einer Entscheidung des Bundesrates zum Thema SGB II dazu beigetragen, dass die niedersächsischen Kommunen bei den Unterkunftskosten jedes Jahr zusätzlich 150 Millionen Euro finanzieren müssen. Allein durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz verlieren die Kommunen in Niedersachsen bis zum Jahr 2013 512 Millionen Euro. Sie ruinieren die niedersächsischen Kommunen, anstatt einen Schutzschirm für die Kommunen in Niedersachsen aufzubauen.
- Ich bin gleich fertig. - Zu dem Schutzschild habe ich nichts gehört. Herr Wulff ist abgetaucht. Persönlich upgraden, politisch downgraden - so geht das nicht, meine Damen und Herren; das will ich einmal in aller Deutlichkeit sagen.
Der einzige Beitrag dieser Landesregierung zum Thema kommunale Finanzen war in der letzten Woche die Einsetzung einer Kommission zur Abschaffung der Gewerbesteuer. Diese Landesregierung plant einen systematischen Angriff auf die kommunale Demokratie in Niedersachsen und deren Zerschlagung. Das ist nicht zu akzeptieren!
(Oh! bei der SPD - Heiner Bartling [SPD]: Jetzt kommt die schärfste Waf- fe! - Gegenruf von Hans-Christian Bi- allas [CDU]: Zieht euch warm an! - Unruhe)
Herr Kollege, Sie sollten mit Ihren Ausführungen erst dann beginnen, wenn es im Plenarsaal etwas ruhiger ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da redet Herr Jüttner und blendet die größte Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir jemals in der Geschichte der Bundesrepublik hatten, völlig aus.
Die Wirtschaftsleistung ist in Deutschland um rund 5 % zurückgegangen. Einen solchen Rückgang hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.
Aber immerhin gibt es aufmunternde Signale: Die Wirtschaftsprognosen für 2010 wurden nach oben korrigiert. Wir erwarten nach einem Minus von 5 % im vergangenen Jahr ein Wachstum von 1,5 % - also auf dem niedrigen Sockel aufgelegt.
Die negativen Auswirkungen der Krise spiegeln sich im Bund, im Land und in den Kommunen insbesondere in den jeweiligen Haushalten wider. Die Verschuldung aller Ebenen nimmt dramatisch zu. Aber wir dürfen nicht vergessen: Die Ursache für diese dramatische Verschuldung aller staatlichen Ebenen ist die Finanzkrise.